DREIZEHNTE TAGUNG

(Straßburg, 30. Mai – 1. Juni 2006)

Entschließung 218 (2006)1

über

den Zugang von Migranten zu den Sozialrechten:

Die Rolle der Gemeinden und Regionen

(1) Diskussion und Annahme durch den Kongress am 1. Juni 2006, 3. Sitzung (siehe Dok. CG(13)12), Entschliessungsentwurf vorgelegt durch M. Barker (Vereinigtes Königreich, L, SOC), Berichterstatter).


1. Ein Schlüsselelement für den sozialen Zusammenhalt und die Demokratie ist es, der gesamten Bevölkerung gleichen Zugang zu den Sozialrechten zu ermöglichen, insbesondere in den Bereichen Beschäftigung, Wohnung, Gesundheit und Bildung. Alle Migranten, unabhängig von ihrem Rechtsstatus, müssen in allen Mitgliedstaaten den gleichen Zugang wie die einheimische Bevölkerung zu diesen Rechten erhalten;

2. Die Gemeinden und Regionen ihrerseits sind aufgerufen, eine größere Rolle bei der Bereitstellung der sozialen Grunddienste zu spielen. Sie sollten daher allen Bevölkerungsgruppen den gleichen Zugang gewährleisten und für die Achtung der Sozialrechte der gesamten Bevölkerung eintreten;

3. Der Kongress weiß jedoch, dass trotz der Bemühungen einiger europäischer Städte und Regionen um die Integration und den Zugang von Migranten zu den sozialen Grundrechten diese Bevölkerungsgruppe immer noch keinen gleichberechtigten Zugang zu diesen Rechten hat und aus institutionellen, sozialen, kulturellen oder persönlichen Gründen oft unter verschiedenen Formen von Diskriminierung in Bereichen wie Beschäftigung, Wohnung, Bildung oder Gesundheitsversorgung leidet;

4. Daher hat die soziale Integration der Migranten eine starke lokale und regionale Dimension und die Gebietskörperschaften können und müssen in ihren jeweiligen Bereichen eine Politik zur Verhinderung der sozialen Ausgrenzung von Migranten betreiben;

5. Der Kongress ist insbesondere davon überzeugt, dass die Städte und Regionen tatsächlich den Zugang der Migranten zu Beschäftigung, dem Hauptintegrationsfaktor, der Zugang zu anderen Grundrechten gewährt, erleichtern können, indem sie mit den Handelskammern, Gewerkschaften der Arbeitnehmer und Arbeitgeber und Berufsgenossenschaften zusammenarbeiten, aber auch indem sie die Beschäftigung von Migranten in den örtlichen und regionalen Verwaltungen begünstigen;

6. Außerdem können die Gemeinden und Regionen dank ihrer Kompetenzen im Bereich Bildung sowohl den interkulturellen Dialog an den Schulen als auch die notwendigen Bildungsinstrumente für eine bessere Integration der Migranten, wie Alphabetisierung, fördern;

7. Der Kongress ist des Weiteren von der Rolle überzeugt, die die Gemeinden und Regionen beim Zugang der Migranten zu Wohnungen spielen können, insbesondere durch eine bessere Verteilung der Mietwohnungen, für die sie verantwortlich sind sowie durch die Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes bei der Zuweisung der Wohnungen;

8. In diesem Zusammenhang ist es auch notwendig, dass die Gemeinden und Regionen die Schwierigkeiten der Migranten, insbesondere die der illegalen Einwanderer, beim Zugang zur grundlegenden Gesundheitsversorgung berücksichtigen, da es ihnen an sozialem Schutz und angemessenen Mitteln mangelt;

9. Der Kongress unterstreicht auch die Tatsache, dass jede örtliche oder regionale Politik, die den Zugang der Migranten zu Sozialrechten gewährleisten soll, unbedingt die betroffene Bevölkerung konsultieren muss. Er verweist in diesem Zusammenhang auf Entschließung 181 (2004) über „Ein Pakt für die Integration und die Partizipation von Einwanderern in den Städten und Regionen Europas“, 153 (2003) betreffend Beschäftigung und empfindliche Gruppen und 141 (2002) betreffend die Partizipation der ausländischen Einwohner am öffentlichen Leben der Gemeinde: Die Beratungsorgane;


10. Angesichts des Vorangegangenen empfiehlt der Kongress dem Ministerkomitee des Europarates, die Mitgliedstaaten aufzufordern:

a. bei den sozialen Diensten relevante und messbare Instrumente zur Bekämpfung jeder Form von Diskriminierung aus ethnischen oder rassistischen Gründen einzurichten;

b. auch die Bürger auf ihrem Hoheitsgebiet für die Gleichbehandlung, insbesondere durch Informationskampagnen, zu sensibilisieren;

c. die Fähigkeiten der lokalen und regionalen Verwaltungsbeamten, der Gemeindepolizei, der Lehrkräfte und des Gesundheitspersonals zu verstärken und zu erweitern, damit sie mit der kulturellen Vielfalt arbeiten, auf die kulturellen Besonderheiten der verschiedenen Einwanderergruppen eingehen und einen allgemeinen Ansatz festlegen können;

d. Einwanderer von Bürgerbeauftragten aus ihrer Kultur in den verschiedenen lokalen und regionalen Verwaltungen sowie im Krankenhaus begleiten zu lassen;

e. darauf zu achten, dass das Erlernen der Sprache des Gastlandes wesentlich für die Integration der Migranten ist, aber nicht die Erneuerung ihrer Aufenthaltsgenehmigung davon abhängig gemacht wird;

f. mit Hilfe von geeigneten Mitteln und ausgehend von ihrer besonderen Situation die Einwanderergemeinschaften auf ihrem Hoheitsgebiet besser kennen zu lernen und sich auch über die Hindernisse zu informieren, vor denen diese Gruppen beim Zugang zu den Sozialdiensten stehen und wenn notwendig Zielgruppen zu benennen;

g. die Nichtregierungsorganisationen, die sich für eine bessere Integration von Migranten einsetzen, insbesondere durch Subventionen zu unterstützen;

h. den Zugang von Migranten zu kostengünstigen Wohnungen zu ermöglichen und zu vermeiden, dass diese Gruppen alle in den gleichen Stadtvierteln leben;

i. territoriale Orientierungsdienste und persönliche Beratungsdienste sowie Datenbanken und Beschäftigungsstipendien zur Verbesserung der Beschäftigungsmöglichkeiten für Migranten einzurichten und ihnen zu helfen, die Hindernisse für ihre sozio-professionelle Integration zu überwinden;

j. ihnen Zugang zur Bildung, insbesondere durch Einrichtung oder Verstärkung von Schülerhilfezentren, zu gewähren;

k. im Rahmen ihrer Kompetenzen und Möglichkeiten den Migranten, insbesondere den Illegalen Einwanderern, eine medizinische Mindestversorgung zu garantieren;

l. interterritoriale Partnerschaften für die Integration zu fördern und sich von den guten Praktiken und Richtlinien leiten zu lassen, die im Rahmen des Netzes europäischer Städte für eine örtliche Integrationspolitik aufgestellt wurden, deren Gründungsmitglieder der Kongress neben der Stadt Stuttgart und der Europäischen Stiftung für die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen der Europäischen Union sind;


m. dezentralisierteKooperationsabkommen zwischen den Gaststädten und den Herkunftsstädten zu schließen, um das interkulturelle Verständnis zu erleichtern und die Rückkehr der Migranten in ihre Heimat zu ermöglichen, die dies wünschen;

n. Konsultationsmechanismen zur Einbeziehung der Einwanderergemeinden in die Entscheidungen einzurichten, im Sinne von Entschließung 141 (2002) des Kongresses.