DREIZEHNTE TAGUNG
(Frühjahrstagung, Straßburg, 27. – 28. März 2007)
Entschliessung 227 (2007) 1
über den Zugang von Menschen mit Behinderungen
zu Infrastrukturen und öffentlichen Räumen
1 Diskussion und Annahme durch den Ständigen Ausschuss des Kongresses am 27. März (siehe Dokument CG(13)41, Entschliessungsentwurf vorgelegt durch E. Haider (Österreich, R, SOC), Berichterstatter).
1. In den Städten und Regionen der Mitgliedstaaten des Europarates sind Menschen mit Behinderungen trotz der Fortschritte in den letzten Jahren, insbesondere durch die Anwendung von Artikel 15, Spiegelstrich 3 der Revidierten Europäischen Sozialcharta (1996) aufgrund von Alter (ältere Menschen, Kinder, Menschen mit Kinderwagen), Transport schwerer oder sperriger Gepäckstücke, besonderer gesundheitlicher Umstände (schwangere Frauen) oder aufgrund von physischen, kognitiven oder sensorischen Schwierigkeiten (eingeschränkte Bewegungsfreiheit), weiterhin täglich Einschränkungen ausgesetzt, die sie daran hindern, sich voll und ganz am gesellschaftlichen Leben zu beteiligen;
2. Der Kongress der Gemeinden und Regionen ist der Auffassung, dass die Städte und Regionen Europas so zugänglich sein sollten, dass möglichst viele Menschen alle öffentlichen Räume und Infrastrukturen ohne Einschränkung nutzen können;
3. Unter Zugänglichkeit versteht man: Zugänglichkeit von Orten, Einrichtungen und unter Erweiterung: Zugänglichkeit aller Gemeinschaftsdienste. Dieser Begriff wird in Anlehnung an den Begriff des „universal design“ definiert, ein Prinzip, das die Möglichkeit bietet, dank der Anwendung von integrativen Normen und Technologien für Räume und Infrastrukturen, ein unabhängiges Leben zu führen und die Hindernisse zu reduzieren;
4. Der Kongress ist übrigens davon überzeugt, dass der Begriff „universal design“ auf alle Personenkategorien und nicht nur auf Menschen mit Behinderungen anzuwenden ist;
5. Der Kongress ist der Auffassung, dass obwohl die Verantwortung für Maßnahmen in diesem Bereich größtenteils bei den nationalen Instanzen liegt, auch die Gemeinden und Regionen eine wichtige Rolle zu spielen haben: Menschen mit Behinderungen müssen unbedingt in ihrer Umgebung (Stadt oder Region) leben und sich bewegen können. Er ruft daher die Gemeinden und Regionen der Mitgliedstaaten auf:
a. lokale und regionale Aktionspläne für die Zugänglichkeit einzurichten, die die Entwicklung einer integrierten Politik, die sich auf das Prinzip des „universal design“ gründet, zum Ziel haben. Diese sollte:
i. basieren :
- auf Artikel 15 der Revidierten Europäischen Sozialcharta über das Recht von Menschen mit Behinderungen auf Selbstständigkeit, soziale Integration und Beteiligung am Leben der Gemeinschaft;
- auf dem Aktionsplan des Europarates (enthalten in der Empfehlung Rec (2006)5 des Ministerkomitees zur Förderung der Rechte und der Vollbeteiligung von Menschen mit Behinderungen an der Gesellschaft, um die Lebensqualität von Menschen mit Behinderungen in Europa für 2006-2015 zu verbessern);
- auf den verschiedenen transversalen Achsen des Aktionsplanes des Europarates zur Entwicklung der Aktionen im Kampf gegen alle Formen von Diskriminierung;
ii. die Einrichtung eines lokalen und regionalen mehrjährigen Leitplanes ermöglichen, der die Programme für die Zugänglichkeit der Infrastrukturen und öffentlichen Räume, die in seine Verantwortung fallen, festlegt und auch die notwendigen Finanzmittel und Investitionen für die Umsetzung vorsieht;
iii. Mittel und Evaluierungsverfahren zur kontinuierlichen Überwachung und Revision des Aktionsplanes und der damit verbundenen Programme umfassen;
b. die Kooperation mit den Behindertenorganisationen zu fördern, die ein wesentliches Element für die Umsetzung einer integrierten Sozialpolitik ist:
i. Einrichtung eines regionalen Beratungsgremiums, in dem die Gemeinden und Regionen zusammenkommen und das die Kohärenz der regionalen mehrjährigen Leitpläne garantiert. In diesem Gremium könnten die Nichtregierungsorganisationen Stellungnahmen und Empfehlungen in verschiedenen Bereichen abgeben;
ii. Auf lokaler Ebene einen „Ausschuss für den Zugang zu öffentlichen Räumen und Infrastrukturen“ einzurichten, der den Vertretern der lokalen Behindertenorganisationen offen stehen soll. Dieser sollte damit betraut sein, die Leitlinien, insbesondere im Bereich der Kontinuität ohne Einschränkung der Bewegungsfreiheit behinderter Menschen, auszuarbeiten;
iii. Auf lokaler Ebene das Amt des „Bürgerbeauftragten“ einzurichten. Dieser könnte mit der Beilegung außergerichtlicher Streitfälle betraut werden und ein bevorzugter Ansprechpartner der Gemeinden bei Interessenskonflikten sein;
iv. Die Standardregeln der Vereinten Nationen als Arbeitsgrundlage sowie die Prinzipien und Fragen, die in der Agenda 22 enthalten sind: Gemeinden, Planung für Behinderte, Anweisungen an die Gemeinden als Grundlage für die Organisation dieser Konzertierung, anzuwenden;
c. systematisch in Ausschreibungen oder bei der Vergabe öffentlicher Aufträge und Dienste (Architektur, Straßennetz, Verkehr) Forderungen an die Zugänglichkeit aufzunehmen;
d. alle Maßnahmen zu ergreifen, um das wilde Parken und das unzivilisierte Verhalten von Fahrzeugführern abzustellen;
e. alle Personen, die mit Menschen mit Behinderungen zu tun haben (Gemeindepersonal, Dienstleister), auszubilden, zu sensibilisieren und zu informieren;
6. Der Kongress beschließt:
a. den Aktionsplan des Europarates und die Agenda 22 in den Gemeinden und Regionen der Mitgliedstaaten des Europarates zu fördern;
b. das Referenzhandbuch – Bauen für alle, unterstützt von der Europäischen Kommission und den Partnern wie dem Rat der Gemeinden und Regionen Europas (RGRE), zu verbreiten und die darin enthaltenen Empfehlungen zur Vergabe öffentlicher Aufträge auf lokaler und regionaler Ebene für Infrastrukturen und öffentliche Einrichtungen in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union und darüber hinaus anzuwenden;
c. an dem Europäischen Koordinationsforum für den Aktionsplan für Behinderte des Europarates 2006-2015 (CAHPAH) teilzunehmen, dessen Mandat das Ministerkomitee am 13. September 2006 verabschiedete;
7. Schließlich beauftragt der Kongress seinen Ausschuss für Sozialen Zusammenhalt, die Schlussfolgerungen des nächsten zwischenstaatlichen Berichts des Ausschusses für die Rehabilitation und Integration von Menschen mit Behinderungen (CD-P-RR) und insbesondere des Expertenausschusses für Zugänglichkeit zu berücksichtigen.