17. PLENARTAGUNG
Straßburg, 13. – 15. Oktober 2009

Verbesserung der Innenraumluft: Eine neue Herausforderung für Gemeinden

Empfehlung 276 (2009)[1]

1. Die Gefahr durch eine Schadstoffbelastung der Innenraumluft wurde bisher von den öffentlichen Stellen und der Zivilgesellschaft in erheblichem Maße unterschätzt. Politik, Forschung und Ressourcen konzentrierten sich vorwiegend auf die atmosphärische Verschmutzung, obwohl zahlreiche Studien darauf hingewiesen haben, dass die Innenraumluft mehr als zweimal so hoch belastet ist wie die Außenluft. Die ist von noch größerer Bedeutung, wenn man bedenkt, dass der moderne Lebensstil der meisten Europäer bedeutet, bis zu 90% der Lebenszeit in Innenräumen zu verbringen.

2. Der Kongress der Regionen und Gemeinden Europas bittet die öffentlichen Stellen aller Regierungs- und Verwaltungsebenen, ihrer Verantwortung nachzukommen, eine gesunde und nachhaltige Umwelt für alle zu gewährleisten. Ein neuer Ansatz ist erforderlich, der eine eindeutige Politik für Luftreinheit definiert, welche die gesamte Schadstoffbelastung der Innenraum- und Außenluft berücksichtigt. Darüber hinaus besteht auch Bedarf nach einer größeren Anerkennung der Zusammenhänge zwischen den politischen Ansätzen in den Bereichen Umwelt, Gesundheit, Energie, Transport, Raumplanung und Landwirtschaft. 

3. Der Kongress stellt mit Befriedigung fest, dass viele kommunale Stellen bereits ehrgeizige Programme zur Verbesserung der Innenraumluftqualität eingeführt haben, die weit über die Auflagen der bestehenden Gesetzgebung hinausgehen. Diese Initiativen unterstreichen den Bedarf nach neuen Vorschriften, welche die bestehende Gesetzgebung zur Luftverschmutzung um die Innenraumluftverschmutzung ergänzen würde und die quantifizierbare Ziele für alle Arten von Schadstoffen vorgeben.

4. Jede umweltpolitisch verantwortungsvolle Politik muss in Zusammenarbeit mit allen Betroffenen ausgearbeitet werden; Vorschriften zur Luftverschmutzung können nur dann wirksam sein, wenn sie sowohl von den öffentlichen Stellen als auch von den Menschen, die sie schützen sollen, verstanden und beherzigt werden.

5. Informationen über den Umfang und die Auswirkungen der Gefahren der Innenraumluftverschmutzung sind unzureichend. Dieser Mangel an zuverlässigen Daten erschwert den öffentlichen Stellen, die Gefahren in angemessener Weise zu behandeln und geeignete Lösungen umzusetzen. Es verunsichert auch die Bürger, da sie nicht wissen, wie sie sich am besten schützen können. Die kommunalen Stellen sind besonders gut geeignet, die Öffentlichkeit zu schützen und ihr die Probleme bewusster zu machen und sie in die Lage zu versetzen, informierte Entscheidungen zu treffen.

6. Das Schaffen einer gesunden Innenraumumgebung ist profitabel, da es zu einer besseren Gesundheit und Produktivität führt. Darüber hinaus zeigt die Erfahrung, dass gezielte und frühzeitige Regulierungsmaßnahmen im Hinblick auf den Einsatz von Innenraumschadstoffen letzten Endes kostengünstiger sein können, als etwaige Schäden, die durch diese verursacht werden.

7. Der Kongress fordert eine aussagekräftige Verpflichtung der internationalen zwischenstaatlichen Organisationen im Kampf gegen die Innenraumluftverschmutzung und die durch sie verursachten Gesundheitsrisiken. In diesem Hinblick verweist er auf die Führung, die von der Weltgesundheitsorganisation durch die Anerkennung der Bedeutung der Innenraumluftverschmutzung ergriffen wurde und begrüßt die Veröffentlichung von Richtlinien über die Qualität von Innenraumluft.

8. Er begrüßt außerdem die Empfehlung der Parlamentarischen Versammlung des Europarats über „Umwelt und Gesundheit: Eine bessere Prävention umweltbezogener Gefahren“, insbesondere deren Hervorhebung neu entstehender Pathologien und der Notwendigkeit von Früherkennungsverfahren, Überwachungs- und Präventionsmaßnahmen in Bezug auf die Qualität von Innenraumluft.

9. Er unterstützt die Initiative der Parlamentarischen Versammlung zur Förderung einer nachhaltigen und gesunden Umwelt und die Empfehlung für die Ausarbeitung eines Zusatzprotokolls zur Europäischen Menschenrechtskonvention, welches das Recht auf eine gesunde Umwelt anerkennt. Der Kongress verpflichtet sich dazu, einen aktiven Beitrag zu den Arbeiten zu leisten, die diesbezüglich durchgeführt werden.

10. Daher fordert der Kongress das Ministerkomitee des Europarats auf, die Mitgliedstaaten zu bitten:

a. ihre Politik zur Luftverschmutzung auf Innenraumluft auszuweiten und in Zusammenarbeit mit den territorialen Stellen und NRO Programme über die Qualität von Innenraumluft zu verfassen. Diese Programme könnten eine regelmäßige Kontrolle der Innenraumluft und neu entstehender Gefahren, das Erstellen von Umweltindikatoren und gesundheitsbasierter Richtlinien sowie die Entwicklung spezifischer Kennzeichnungen von Materialien einschließen, insbesondere für Bau, Innenausstattung und Instandsetzung;

b. in Zusammenarbeit mit den kommunalen Stellen zuverlässige und gezielte Informationen über die Qualität von Innenraumluft bereitzustellen, um auf diesem Wege das Bewusstsein der Öffentlichkeit für die schädlichen Auswirkungen von Schadstoffen in der Innenraumluft zu schärfen;

c. ehrgeizige Forschungsarbeiten und Entwicklungsprogramme zu fördern, welche Innovation und technologischen Fortschritt fördern, um sicherere und ökologischere Produkte zu entwickeln und damit Ansätze auf allen Verwaltungsebenen praktikabel zu machen.

11. Der Kongress empfiehlt dem Ministerkomitee des Europarats, die Europäische Kommission aufzufordern:

a. die kommunalen Aktionen und die Pilotprojekte bezüglich Schadstoffbelastung von Innenraumluft zu unterstützen und den Austausch guter Praktiken und multidisziplinäre Forschungsarbeiten zu diesem Thema zu fördern;

b. den Umfang der REACH-Vorschriften bezüglich Registrierung, Evaluierung, Autorisierung und Restriktion von Chemikalien zu erweitern, um sicherzustellen, dass alle Chemikalien ausreichend reguliert werden, unabhängig vom Produktionsort.



[1] Diskussion und Zustimmung durch die Kammer der Gemeinden am 15. Oktober 2009 und Annahme durch den Kongress am 15. Oktober 2009, 3. Sitzung (siehe Dokument CPL(17)4, Begründungstext, Berichterstatter : P. Rondelli, San Marino (L, SOC)).