15. PLENARSITZUNG
Straßburg, 27. - 29
. Mai 2008

Verbesserte Integration von Migranten durch kommunale Wohnungspolitik

Empfehlung 252 (2008)[1]


1. Die Immigration unter den Mitgliedstaaten des Europarats sorgt zusammen mit der Immigration aus Drittstaaten sowohl für Herausforderungen als auch Chancen für das wirtschaftliche, soziale und kulturelle Leben in Europa;

2. Es liegt in der Verantwortung der politischen Führer Europas, die Lage von Migranten zu überwachen und deren effektive Partizipation in unseren Gemeinschaften sicherzustellen;

3. Die Integration von Migranten wird vorwiegend auf der nationalstaatlichen Ebene festgelegt (nationale Politik, rechtlicher und verwaltungsrechtlicher Rahmen), allerdings findet die Integration in der Praxis in einem konkreten lokalen Kontext statt. Der Kongress der Gemeinden und Regionen hat wiederholt die Einbeziehung dieser lokalen Ebene in die Gestaltung der Integrationspolitik gefordert und deren wichtige Rolle bei der erfolgreichen Umsetzung dieser Politik betont;

4. Eines der wichtigsten Ziele des CLIP-Netzwerks (Cities für Local Integration Policies = Europäisches Städtenetzwerk für die kommunale Migranten-Integrationspolitik), deren Mitbegründer der Kongress ist, ist die Identifizierung guter Praktiken auf lokaler Ebene und die Kommunikation der politisch relevanten Erfahrungen für europäische Entscheidungsträger, um die Entwicklung einer europäischen Integrationspolitik zu unterstützen;

5. In seinem ersten Jahr konzentrierte sich CLIP auf das Problem der angemessen Unterbringung von Migranten und die negativen Auswirkungen der Absonderung im Hinblick auf die kulturelle, soziale, strukturelle und identifikatorische Integration;

6. Unter erneuter Bestätigung seiner Überzeugung, dass eine angemesse Unterbringung nicht nur ein grundsätzliches soziales Recht ist, sondern gleichermaßen ein wichtiges Element der Integration von Migranten in die Gastgesellschaft, befürwortet der Kongress der Gemeinden und Regionen vollständig die Arbeit von CLIP und empfiehlt den Mitgliedstaaten insbesondere:

a.sicherzustellen, dass die nationalen und regionalen Wohnungsprogramme den Städten den Ermessensspielraum und die finanziellen Mittel zur Verfügung stellen, die erforderlich sind, um der Nachfrage der Migrantenfamilien gerecht zu werden:

b. eine langfristige Bereitstellung von Unterkünften für die schutzbedürftigsten Gruppen sicherzustellen, indem sie eine kontrollierte Anzahl an staatlichen Unterkünften parallel zum freien Wohnungsmarkt zur Verfügung stellt und zu diesem Zweck:

i.       rechtliche Rahmenbedingungen auf nationaler Ebene schafft, die den Städten und Gemeinden erlauben:

-        in bezug auf den Wohnungsmarkt eine aktive Rolle einzunehmen (z. B. als Bauherren, Vermieter oder Eigentümer von Immobilien);

-        Formen der Mietbindung einzuführen;

ii.       Untersuchungen über Beispiele guter Praxis im Bereich des sozialen Wohnungsbaus zu fördern und nationale Richtlinien für den sozialen Wohnungsbau in den Gemeinden zu erlassen;

iii.      Bedingungen für den Zugang zu öffentlich geförderten und organisierten Wohnungen zu schaffen, dergestalt, dass die Voraussetzungen Migranten nicht (indirekt) diskriminieren;

c. die Bezahlbarkeit von Wohnungen zu erhöhen und zu unterstützen, indem:

i.       sie rechtliche Bestimmungen für die Gewährung von Bausubventionen und Subventionen schaffen, die direkt an die Haushalte gehen, und die sicherstellen, dass die entsprechende soziale Gruppe durch Festsetzen einer Einkommensgrenze erreicht wird;

ii.       sie rückzahlbare Finanzierungen (Niedrigzinsdarlehen) im Rahmen eines geschlossenen Finanzierungskreislaufes für den Kauf neuer Grundstücke oder für die Renovierung bestehender Unterkünfte einsetzen;

iii.      sie die Bereitstellung von Subventionen für Gebäude an soziale, ökologische und Planungsziele knüpfen (z. B.:Häuser mit geringen oder gar keinen Emissionen, gemischtethnische Wohnkomplexe, etc.)

d. den Prozess der städtischen Abwertung aufzuhalten durch:

i.       die systematische Überwachung der sozioökonomischen Entwicklung der Regionen, Städte und Bezirke, um frühzeitig Gegenmaßnahmen ergreifen zu können, z. B. städtische Erneuerung,

ii.       den Einsatz der staatlichen Finanzierung, um Prozesse zu initiieren und private Investoren aufzufordern, sich zu engagieren (durch Gewährung von Beihilfen und Steigerung der Attraktivität der Lokalität);

iii.      die Unterstützung städtischer Erneuerungs- und Aufwertungsmaßnahmen durch staatliche Finanzierung in einer Form, die nicht zu einem zyklischen „über das Ziel hinausschießen“ führt, da dies zu einer Abwanderung der örtlichen Bevölkerung und einer verstärkten Absonderung führt;

e.sicherzustellen, dass den nationalen Forschungsprogrammen der Wohnungspolitik und deren Auswirkungen auf die Integrationsprozesse eine gesteigerte Aufmerksamkeit zuteil wird und die Forschungsergebnisse den kommunalen Entscheidungsträgern zugänglich gemacht werden;

f. die Mitwirkung der Betroffenen und die Effizienz der kommunalen Verwaltungsstrukturen zu verbessern, indem sichergestellt wird, dass die staatliche Politik:

i.       die politischen Ansätze für Interkulturalität und Diversität der staatlichen und lokalen Institutionen fördert;

ii.       die Kooperation und die Partnerschaft zwischen lokalen NRO und Wohlfahrtsorganisationen, Kirchen, lokalen Handelskammern, lokalen Gewerkschaften, Vermieter- und Mietervereinigungen, insbesondere im Bereich Wohnen, Bildung und Zugang zum Arbeitsmarkt, gefördert werden;

iii.      Präventivmaßnahmen im Hinblick auf die Absonderung von Migranten gefördert werden, u.a. Unterstützung bei der Entwicklung eines Frühwarnsystems mit sozialen und räumlichen Indikatoren;

7. Der Kongress bekräftigt erneut seinen Willen, den Dialog mit den europäischen Städten im Bereich der sozialen Eingrenzung und der Integration von Migranten und insbesondere seine Unterstützung von CLIP fortzusetzen, und bittet:

a. das Ministerkomitee, diese Empfehlungen an die Regierungen und regionalen Stellen der Mitgliedstaaten und an die Europäische Union weiterzuleiten;

b. die Mitgliedstaaten des Europarats und der Europäischen Union, die Städte als strategische Akteure bei der Implementierung der europäischen Programme zur Integration von Migranten zu unterstützen und:

i.       wo anwendbar, die Einrichtung eines neues Integrationsfonds für Migranten aus Drittstaaten zu erwägen und die Städte zu ermutigen, Mittel zu beantragen;

ii.       die Integration von Migranten allgemein und die Integration in den lokalen Wohnungsmarkt im besonderen in die Nationalen Aktionspläne (NAP) für soziale Eingrenzung aufzunehmen;

c. die Europäische Union im Hinblick auf Erfahrungsaustausch und Netzwerkarbeit:

i.       die Aktivitäten fortzusetzen, so z. B. die Schaffung einer Sozialplattform für Städte und sozialen Zusammenhalt durch die Generaldirektion Forschung, und die Kooperation der DG Freiheit, Sicherheit und Recht mit Eurocities weiterzuentwickeln und eine jährliche Konferenz über lokale Erfahrungen bei der Integration von Migranten zu organisieren (Prozess zur Integration der Städte);

ii.       die bestehenden Netzwerke zu unterstützen, u.a. das City Network against Racism der Europäischen Agentur für Grundrechte (FRA) oder das CLIP-Netzwerk;

d. die Europäische Kommission, die effektive Implementierung der Richtlinie gegen ethnische Diskriminierung der Europäischen Union aus dem Jahr 2000 zum Schutz von Migranten vor Diskriminierung aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit im Hinblick auf Zugang zu Wohnraum zu überwachen.



[1] Diskussion und Zustimmung durch die Kammer der Gemeinden am 28. Mai 2008 und Annahme durch den Kongress am 29. Mai 2008, 3. Sitzung (siehe Dokument CPL(15)5REC, Empfehlungsentwurf vorgelegt durch E. Maurer (Schweiz, L, SOC), Berichterstatter).