Stellungnahme 22 (2003)1 zum Entwurf einer Empfehlung des Ministerkomitees an die Mitgliedsstaaten zum elektronischen Verwaltungsverfahren

Der Kongress,

1. Vom Sekretariat des Integrierten Projekts I „Wie erfüllt man demokratische Institutionen mit Leben ?“um Stellungnahme zum Entwurf einer Empfehlung des Ministerkomitees an die Mitgliedsstaaten zum elektronischen Verwaltungsverfahren gebeten;

2. Ist der Meinung, dass elektronische Verwaltungsverfahren zu stärkerer Beteiligung der Bürger in Fragen der kommunalen und regionalen Verwaltung und allen Fragen der Gesellschaft schlechthin führen kann;

3. Stellt fest, dass elektronische Verfahren die Verwaltung auf allen Ebenen kostengünstiger zu gestalten und zu beschleunigen vermag;

4 Ist sich dessen bewusst, dass allzu weitgehende Verwendung elektronischer Verwaltungsverfahren bestimmte Bevölkerungsgruppen ausschließen könnte;

5. Begrüßt den Entwurf einer Empfehlung des Ministerkomitees an die Mitgliedsstaaten;

6. Ist mit der grundsätzlichen Stoßrichtung der Vorschläge und Richtlinien in dieser Empfehlung einverstanden;

7. Befürwortet und unterstützt den durchlaufenden Bezug der Empfehlung auf die Rolle der Gemeinden und Regionen bei der wachsenden Verwendung elektronischer Verfahren, insbesondere die Empfehlung unter „Grundsatz 10“ hinsichtlich der Finanzierung elektronischer Verfahren auf kommunaler Ebene;

8. Ist zwar grundsätzlich für alles, was die wachsende Verwendung elektronischer Verfahren in der Verwaltung angeht, betont jedoch, dass dies nicht dazu führen darf, dass bestimmte gesellschaftliche Gruppen ausgeschlossen werden, d.h. nicht mehr mithalten können; Ausbildung in den neuen Technologien sollte daher möglichst weiten Kreisen der Bevölkerung angeboten werden, doch sollte es den Bürgern auch weiterhin möglich bleiben, sich bei der Beteiligung am öffentlichen Geschehen und im Behördenverkehr traditioneller Mittel zu bedienen;

9. Möchte folgende Bemerkungen machen, um die vorgeschlagene Empfehlung noch stärker und wirksamer zu machen:

a. Abstimmungsverfahren per Computer sollten die Einhaltung demokratischer Grundsätze bei Wahlen gewährleisten und sich vor allem auf die Regeln eines korrekten Wahlverfahrens (Code of Good Conduct for Electoral Matters) stützen, wie sie von der Europäischen Kommission für Demokratie durch Recht (der sog. Venedig-Kommission, Drucksache CDL-EL (2002) 5) veröffentlicht wurden;

b. staatliche, regionale und kommunale Behörden sollten sich zum Ziel setzen, allen Bürgern entweder zu Hause oder an öffentlichen Orten Zugang zum Internet zu gewähren und den Internet-Zugang eventuell sogar einer öffentlichen Dienstleistung wie der Versorgung mit Strom und Wasser gleichzusetzen;

c. staatliche, regionale und kommunale Behörden sollten den Ausbildungsbedarf ihrer Bürger anerkennen und somit dafür sorgen, dass allen Bürgern entsprechende Ausbildung geboten wird, auch denen, die nicht das Geld haben, sich in Fortbildungskurse einzuschreiben;

d. staatliche, regionale und kommunale Behörden sollten danach trachten, schon von der Grundschule an alle Schulen mit Computern zu versorgen;

e. die staatlichen Behörden sollten die Verbreitung und Verwendung von Daten sowie die Verwendung elektronischer Methoden bei kommerzieller Tätigkeit per Internet gesetzlich regeln;

f. die Bürger sollten zu anständigen Preisen Internet-Zugang erhalten; der Preis sollte nicht wesentlich über den Gestehungskosten liegen;

g. sofern private Firmen im Auftrag öffentlicher Stellen elektronische Dienstleistungen anbieten und Daten sammeln, sollte eine bestimmte Gewinnspanne gestattet sein. Grundsatz sollte jedoch sein, dass lediglich die Kosten für die Bereitstellung der fraglichen Dienstleistung berechnet werden und dass die gespeicherten Daten ohne übermäßige Kosten auch öffentlichen Stellen, die für andere Dienstleistungen zuständig sind, zur Verfügung gestellt werden;

h. es sollten klare und rechtsverbindliche Fristen festgelegt werden, innerhalb derer öffentliche Stellen die Eingaben von Bürgern zu beantworten haben. Per E-Mail erteilte Antworten sollten ebenso wie mit Unterschrift und Dienstsiegel auf Papier erteilte Bescheide Gültigkeit beanspruchen. Zu diesem Zweck sollte die Entwicklung verlässlicher Sicherheitsnormen für den elektronischen Behördenverkehr und elektronische Unterschriften gefördert werden;

i. die öffentliche Verwaltung sollte die Bürger dazu anhalten, sich elektronischer Dienste zu bedienen, wann immer diese helfen können, den Behördenverkehr zu verbessern und zu beschleunigen. Für diesen Fall sollten bestimmte Anreize geboten werden, zum Beispiel sollte jemand, der seine Steuererklärung per E-Mail abgibt, mit schnellerer Steuerrückvergütung rechnen können;

j. Einfallsreichtum bei öffentlichen elektronischen Dienstleistungen sollte ermutigt werden, z.B. könnte man die Gegenstände im Fundbüro auf dem Computer-Bildschirm sichtbar machen;

k. innovative Verwendung elektronischer Verwaltungsverfahren sollte sich nicht auf computer-gestützte Vorgänge beschränken, sondern auch sonstige elektronische Möglichkeiten einbeziehen wie z.B. Verwendung von Handies und SMS-Botschaften und interaktives Fernsehen;

l. zur Verbesserung der Beteiligung der Bürger sollten die staatlichen Behörden, wenn dies technisch möglich ist, Informationen über ihre Internetseiten geben, um den Entscheidungsfindungsprozess offener und transparenter zu gestalten und die Tagungen des Stadtrates und andere Sitzungen auf verschiedenen Ebenen der Verwaltung ausstrahlen, damit Bemerkungen oder Fragen zur Tagesordnung auch während der Sitzung vorgebracht werden können;

m. verweist insbesondere auf die Notwendigkeit, sicherzustellen, dass der breite Einsatz der Informations- und Kommunikationstechnologie in der öffentlichen Verwaltung nicht nur der Verbesserung der Dienste dient, sondern auch zu einer größeren Produktivität dieser Verwaltung beiträgt.

1 Diskussion und Annahme durch den Ständigen Ausschuss des Kongresses am 26. November 2003 (siehe Dok. CG (10) 26, Entwurf einer Stellungnahme, vorgelegt durch die Herren Dr. I. Micallef und F. Dohnal, Berichterstatter).