Stellungnahme 20 (2003)1 über den ersten Entwurf der Empfehlung des Ministerkomitees für die Finanz- und Haushaltsverwaltung auf kommunaler und regionaler Ebene

Vorbemerkung

Der Entwurf der Empfehlung des Ministerkomitees an die Regierungen für die Finanz- und Haushaltsverwaltung auf kommunaler und regionaler Ebene legt die Grundprinzipien der kommunalen Finanz- und Haushaltsautonomie in den Mitgliedstaaten fest. Die Empfehlung ist in vier allgemeine Bestimmungen mit zwei Anhängen unterteilt, die die Leitlinien für die Zentralbehörden und für die kommunalen und regionalen Behörden festlegen.

Die allgemeinen Prinzipien in der Empfehlung resultieren aus der Bemühung, ein Gleichgewicht zwischen der Finanzautonomie - die für die Selbstverwaltung der Gemeinden und Regionen von großer Bedeutung ist – und den Regeln einer gesunden Finanz- und Haushaltsverwaltung zu finden, die erstens eine offene und effiziente Verwaltung mit sich bringt und zweitens einer unabhängigen Kontrolle bedarf, die im Einklang mit dem Gesetz ausgeübt wird. Diese allgemeinen politischen Ziele sind unbedingt zu empfehlen.

Die untenstehenden Bemerkungen beziehen sich auf die Bestimmungen der Empfehlung selbst, gefolgt von den Bestimmungen der beiden Anhänge.

I.- Empfehlung

Ziffer 1 der Empfehlung hebt zu Recht hervor, dass die Gemeinden und Regionen eine finanzielle Stabilität benötigen, da sie zur Umsetzung der Kommunalpolitik in der Lage sein müssen, sich auf stabile Ressourcen zu verlassen, die den anfallenden Ausgaben entsprechen. Weiterhin wird in Ziffer 1 darauf hingewiesen, dass die Kosteneffizienz der kommunalen öffentlichen Dienste ebenfalls von Bedeutung ist.

Die anderen beiden Ziele, die in dem gleichen Absatz erwähnt werden, sind ebenfalls wesentlich, wenn auch anders geartet. Sie setzen den Preis für die kommunalen öffentlichen Dienste in Verbindung mit der Qualität und Transparenz bei ihren Entscheidungen.

Ziffer 2 über die anzuwendenden Mittel bezieht sich auf die beigefügten Leitlinien, die unten kommentiert werden.

Eine weitere sehr wichtige Frage ist die Beteiligung der kommunal und regional gewählten Vertreter an den Aussprachen oder Reformen der kommunalen Finanz- und Haushaltsverwaltung, wie in Ziffer 3 empfohlen. Hier sind die kommunalen Verwalter aufgefordert, ihre Erfahrung einzubringen, damit die Veränderungen der Finanz- und Haushaltsbedingungen auf kommunaler und regionaler Ebene auf Akzeptanz stoßen und am besten an die Erwartungen und tatsächlichen Bedürfnisse der Bevölkerung angepasst werden können.

Ziffer 4 bezieht sich auf die Verbreitung der Empfehlung in den Sprachen der Mitgliedstaaten und bedarf keiner Bemerkung.

II.- Anhang

Teil I – Leitlinien für die Zentralbehörden

Die allgemeinen Prinzipien, die in §§ 1 bis 4 dargelegt werden, entsprechen dem kommunalen Finanz- und Haushaltsgesetz, das in zahlreichen europäischen Ländern mit positivem Ergebnis angewandt wurde.

Vielleicht sollte in § 3 spezifiziert werden, dass Finanztransfers die Kosten der übertragenen Aufgaben und die Verantwortung, wie zum Zeitpunkt der Übertragungen festgelegt, abdecken müssen. Dadurch könnte die progressive Art der verbundenen Kosten berücksichtigt werden.

§ 5 bezüglich der Anwendung der Regeln auf spezifische Situationen bezieht sich auf den Begriff der „Experimentierung“. Allgemein sollten streng definierte Regeln angesichts der unterschiedlichen Situationen auf kommunaler Ebene eine gewisse Möglichkeit der Anpassung zulassen.

§ 6 gesteht den Gemeinden eine größere Flexibilität und Genauigkeit bei der Umsetzung der Jahreshaushalte zu. Gleichermaßen bietet sie einen zusätzlichen Grund für die Vorbereitung verlässlicher mehrjähriger Haushalte zur Umsetzung der großen Projekte.

Einschränkungen der Finanzautonomie

§§ 7 bis 15 geben Anlass zu folgenden allgemeinen Bemerkungen: Nach dem Grundsatz der Dezentralisierung sollte den Kommunalpolitikern Verantwortung übertragen werden, die jedoch der Kontrolle der Vertreter der Zentralregierung unterliegt, aber nur falls notwendig rechtlich unter Strafe gestellt werden kann. So kann eine gesunde Verwaltung am besten garantiert werden.

Die Möglichkeit des Staates, der kommunalen Finanzautonomie nach § 7 andere Einschränkungen aufzuerlegen, kann Tür und Tor für Maßnahmen öffnen, die nachteilig für die kommunale Selbstverwaltung sind. Diese Möglichkeit des Staates sollte daher in die Befugnis des nationalen Parlaments fallen, d.h. eine Angelegenheit sein, die nicht von der Exekutive, sondern von demokratisch gewählten Vertretern entschieden wird. Die Finanzkontrolle darf nie unvereinbar sein mit der kommunalen Finanzautonomie und der Dezentralisierung allgemein.

In § 9 zielen die Einschränkungen darauf ab, „eine gesunde, vorsichtige“ Verwaltung gemäß den Interessen der Steuerzahler sicherzustellen, keine Regeltreue, die selbstverständlich ist und den Gemeinden und Regionen keine besondere Garantie bietet. Aus dieser Sicht wäre es besser von der Einhaltung des Gesetzes oder des Verwaltungsgesetzes zu sprechen.

§ 11 bedarf vermutlich einer Klärung. Es heißt, Einschränkungen seien notwendig für eine effektive Verwaltung. Bedeutet dies, Einschränkungen allgemeiner Art, die auf nationaler Ebene im Interesse eines allgemeinen Finanzgleichgewichts beschlossen werden oder Einschränkungen aufgrund von Unzulänglichkeiten bei der kommunalen Verwaltung? Im letzteren Fall sollte es eine vordefinierte Rechtsgrundlage geben und das Prinzip einer gerechten Verhandlungsführung sollte respektiert werden.

Finanz- Schätzverfahren

Die Empfehlungen in §§ 16, 17 und 18 sind voll und ganz angemessen.

Es ist festzustellen, dass Schätzungen dieser Art immer dann vorzunehmen sind, wenn eine weitreichende Reform bevorsteht, die potentielle Auswirkungen auf die Ressourcen und Ausgaben der Gemeinde hat.

Einschätzung der Finanzrisiken

§§ 19, 21, 22 und 23 bedürfen keiner besonderen Bemerkung.

Ist es bei den Spekulationspapieren (§ 20) notwendig, alle Risikoinvestitionen zu verbieten?

Kommunal gewählte Vertreter und Arbeitnehmer

§§ 24, 25 und 26 zeigen den Wunsch nach transparenten Informationen über Finanzen und Haushalt der Gemeinden und Regionen.

Bezüglich der notwendigen Unabhängigkeit der Beamten, die für die Tätigung der Einnahmen und die Bezahlung der Ausgaben zuständig sind, haben eine Reihe von europäischen Ländern sich für die Lösung entschieden, die öffentlichen Ausgaben (für die die gewählten kommunalen oder regionalen Behörden zuständig sind) von der Verwaltungsbuchhaltung zu trennen, die Aufgabe der Staatsbeamten ist und einer besonderen gerichtlichen Kontrolle unterliegt, die die kommunale Unabhängigkeit bei Finanzentscheidungen achten, vorausgesetzt, diese stehen im Einklang mit den geltenden Regeln. Diese Situation sollte berücksichtigt werden.

Kontrolle

§§ 27 bis 32 legen wichtige Prinzipien fest, die die Ausübung einer gesunden, effizienten und unabhängigen Kontrolle garantieren sollen.

Es wäre ratsam, § 28 wie folgt zu ergänzen:

a) in Bezug auf die Eigenkompetenzen und –verantwortung der kommunalen und regionalen Behörden, unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Kontrolle sich auf eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit beschränkt;

b) vorausgesetzt, dass bei Unstimmigkeiten, die Kontrollbehörde die Angelegenheit an die Gerichtsbehörden überweist.

In § 32 sollte der Begriff „Vorkehrungen“ sicherheitshalber erklärt werden. Die Veröffentlichung von Informationen, die Vergleiche von Haushalt und Leistung zulassen, insbesondere im Internet, sollten den Gemeinden die notwendigen Instrumente für eine gute Verwaltung der kommunalen Haushalte an die Hand geben.

Erholung der Gemeinden und Regionen von finanziellen Schwierigkeiten

Zu §§ 34, 37, 38, 41 und 42 sind keine Bemerkungen erforderlich.

Die Empfehlung in § 33 entspricht der derzeitigen Tendenz in der Europäischen Union, in der die Garantien der Zentralregierung verschwinden, um das Risiko unehrlichen Verhaltens zu beseitigen.

§ 35 über die Zusammenstellung der Finanzinformationen und ihre Veröffentlichung sollte verbunden werden mit § 32, die sich auf die Verfügbarkeit der immer größeren, allgemein zugänglichen, regelmäßig aktualisierten Informationen bezieht.

§ 36 über die Behandlung von kurzfristigen örtlich begrenzten Finanzkrisen nennt als Beispiel die Konkurs- und Insolvenzverfahren der Gemeinden und Regionen. Vorbehaltlich der Überprüfung der Auswirkungen eines solchen Systems, falls verfügbar, hat der Konkurs (wenn er sich auf das Firmenkonkurssystem stützt) den Nachteil, dass er zum Verschwinden der Gemeinde oder Region führt, die Finanzprobleme hat. Daher wäre es vorzuziehen, Verfahren zur allmählichen Erholung einzuleiten, die sich auf Vorschläge gründen, die von den Regionalbüros der Abteilung des Präsidenten des Rechnungshofes oder ähnlichen ausgestellt werden.

Bei einem strukturellen Einkommensdefizit empfiehlt § 39 die Ursachen für dieses Defizit zu beseitigen. Eine Lösung wäre es, die Ausgaben an das tatsächliche Einkommensniveau der Gemeinde oder Region anzupassen.

Teil II – Leitlinien für Gemeinden und Regionen

Vorbemerkung:

Dieser Teil, der hauptsächlich die derzeitige Praxis in einer Reihe von europäischen Ländern widerspiegelt, erfordert wenig Bemerkungen.

Allgemeine Prinzipien

Allgemeine Bemerkungen:

Dies sind gesunde Verwaltungsgrundsätze. Jedoch ist es für kleine Gemeinden oder Regionen nicht immer leicht, sie anzuwenden.

Für §§ 43, 45, 46, 47 und 48 sind keine besonderen Bemerkungen erforderlich.

Bei der mehrjährigen Haushaltsplanung entsprechen die Empfehlungen in § 44 der Tendenz, der die staatlichen Behörden in der Europäischen Union seit Unterzeichnung des Maastrichter Vertrages folgen.

Information und Offenheit

§§ 49, 50, 53 und 54 erfordern keine besonderen Bemerkungen.

Bei den Empfehlungen in § 51 über die Vorlage der Ausgaben und Einnahmen in den Haushaltsdokumenten und in § 52 über Informationen über die Verwaltungsleistung der kommunalen und regionalen Dienste, kann die Information nach Kategorie oder Funktion je nach Vorliebe der betroffenen Behörde vorgelegt werden.

Ausarbeitung des Haushalts

§§ 55 bis 58 erfordern keine besonderen Bemerkungen.

Risikobewertung und Verwaltung

§§ 60, 62, 63, 64, 65, 66, 68 und 69 erfordern keine besonderen Bemerkungen.

§ 59 dient dazu, sicherzustellen, dass die Vorlage des Haushalts und der Konten ein möglichst umfassendes Bild zeichnet, insbesondere durch die Ausarbeitung von Gruppenabschlüssen. Dies spiegelt den derzeitigen Trend in Europa wider. Die Rechnungsführung der Kommunalregierung wurde modernisiert, damit die Finanzinformationen ein wahres, umfassendes Bild der Verhältnisse der Gemeinden geben können.

§ 61 über ein Versicherungs-/Rückversicherungssystem gegen Verlust der Vermögenswerte der Gemeinde, die bei einer Bank hinterlegt sind, ist im Falle des Konkurses des letzteren in einigen Ländern irrelevant, in denen die Finanzmittel obligatorisch beim Staat hinterlegt werden.

§ 66: Die Bildung einer Partnerschaft zwischen einer Reihe von kommunalen und/oder regionalen öffentlichen Organen zur Umsetzung eines großen Projekts ist eine gängige Praxis, die es den Gemeinden ermöglicht, vom System der „Kreuzfinanzierung“ zu profitieren. Dies ist eine pragmatische Lösung, die die Zusammenlegung der Finanzressourcen einer Reihe von Gemeinden und Regionen oder Organen für ein weitreichendes Projekt ermöglicht, jedoch bringt dies einige Risiken wegen der ungenauen Definition unterschiedlicher Verantwortungsbereiche mit sich. So entsteht der Begriff einer „führenden“ Gemeinde. Trotzdem funktioniert das System am besten, wenn die richtige Verantwortungsebene für jede Aufgabe definiert wird, d.h. die Ermöglichung der Eigenfinanzierung, selbst wenn das bedeutet, dass ein übergreifendes Organ (eine übergreifende Kooperative zum Beispiel) eingerichtet wird.

Annahme des Haushalts

Keine besonderen Bemerkungen zu §§ 70 to 72.

Umsetzung des Haushalts

§§ 73 bis 75: keine besonderen Bemerkungen.

Haushaltskonten

§§ 76 bis 78: keine besonderen Bemerkungen.

Kontrolle

§§ 79 und 80: keine besonderen Bemerkungen.

Finanzielle Schwierigkeiten

§§ 81 bis 83: keine besonderen Bemerkungen.

Allgemeine Schlussfolgerung

Teil II enthält Empfehlungen für die Gemeinden und Regionen und legt die Prinzipien für eine gesunde Verwaltung, für Offenheit und Verantwortlichkeit fest, die bereits in vielen europäischen Ländern angewendet werden, wo die kommunalen Verwaltungsverfahren seit einiger Zeit ständig verbessert werden.

Die Erfahrung der Dezentralisierung zeigt, dass eine größere kommunale Selbstverwaltung Hand in Hand geht mit einer effizienteren Verwaltung der kommunalen öffentlichen Dienste und ein verringertes Finanzrisiko mit sich bringt. Die Selbstverwaltung sollte jedoch grundsätzlich mit einem effektiven Kontrollsystem kombiniert werden, das von einer Gerichtsbehörde ausgeübt wird, um die Achtung der kommunalen Freiheiten und des Prinzips einer gerechten Verfahrensführung zu gewährleisten.

Teil I könnte daher weiter gehen und die Abschaffung des Konzeptes der Rolle des Staates als „Finanzhüter“ vorschlagen und dieses durch die kommunale Selbstverwaltung ersetzen, das weiterhin der parlamentarischen Kontrolle unterliegt, wobei die Gemeinden im zuständigen parlamentarischen Organ angemessen vertreten sind.

1 Diskutiert und verabschiedet vom Ständigen Ausschuss des Kongresses am 22. Mai 2003 (siehe Dok. CG (10) 13, Entwurf der Stellungnahme, vorgelegt von E. Calota und J.-C. Frecon, Berichterstatter).