15. PLENARSITZUNG
Straßburg, 27. - 29
. Mai 2008

Sozialer Ansatz im Kampf gegen Rassismus auf lokaler und regionaler Ebene

Entschliessung 264 (2008)[1]


1. Europäische Städte und Regionen sehen sich mit allen Arten von Rassismus konfrontiert, die von Gewalt und Hassverbrechen bis zu subtileren Formen der ethnischen Diskriminierung reichen. Ziele dieses alltäglichen Rassismus können ethnische Minderheiten, die bereits seit langer Zeit im fraglichen Land leben, Immigranten oder Gruppen sein, die mit der Kolonialgeschichte des Landes verbunden sind;

2. Trotz der Fortschritte, die in der Gesetzgebung und der Politik gemacht wurden, müssen die öffentlichen Stellen aufmerksamer sein und einen proaktiven Ansatz einnehmen;

3. Angesichts der Beobachtung, dass das Gesamtbild im Hinblick auf alle Formen des Rassismus und der ethnischen Diskriminierung sehr komplex und besorgniserregend ist, fordert die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz des Europarats (ECRI) zusätzliche Maßnahmen auf lokaler Ebene, insbesondere in seiner Allgemeinen Politik-Empfehlung Nr. 7 (13. Dezember 2002) über nationale Gesetzgebung zur Bekämpfung von Rassismus und ethnischer Diskriminierung;

4. Die Konvention über die Mitwirkung von Ausländern am öffentlichen Leben auf Gemeindeebene des Europarats, die 1992 zur Unterzeichnung aufgelegt wurde und bis heute von 13 der 47 Mitgliedstaaten unterzeichnet und von 8 ratifiziert wurde, versucht eine integrierte Gesellschaft zu fördern, die alle Bürger an öffentlichen und lokalen Entscheidungsverfahren involviert. Die Konvention fordert z. B., dass ausländische Bewohner das passive und aktive Wahlrecht bei Kommunalwahlen erhalten;

5. Der Kongress der Gemeinden und Regionen Europasbekräftigt erneut, dass alle Bürger, einschließlich jene, die zu Minderheiten gehören, in der Lage sein müssen, vollständig ihre Bürger- und politischen Rechte zu nutzen, insbesondere das aktive und passive Wahl bei Kommunalwahlen. Er versucht auch, den interkulturellen Dialog zu fördern und wiederholt seine Verpflichtung, die Gleichbehandlung aller zu fördern, alle Mitglieder der Gemeinschaft zu integrieren und Rassismus und Diskriminierung auf erkennbare und konkrete Weise zu verhindern;

6. Die lokalen und regionalen Behörden verfügen über die Mittel, diese Ziele durch ihre zahlreichen Rollen als Arbeitgeber und Dienstleistungsanbieter zu erreichen, wenn sie Verträge für öffentliche Ausschreibungen vergeben, sowie als Anbieter von finanziellen Zuschüssen für lokale und regionale Nichtregierungsorganisationen und manchmal auch als Gesetzgeber. Sie können somit als Vorbild agieren und aussagestarke Botschaften an jene aussenden, die Ziel von rassistischen Übergriffen werden, und an andere lokale und regionale Akteure;

7. Angesichts des Vorstehenden ruft der Kongress die Gemeinden und Regionen die Mitgliedstaaten des Europarats auf, aktive Schritte zur Bekämpfung aller Formen von Rassismus zu ergreifen, insbesondere:

a. indem sie sicherstellen, dass die relevanten internationalen Vorschriften und nationalen Gesetze auf lokaler und regionaler Ebene angewendet werden;

b. indem sie Strategien in ihren verschiedenen Fachbereichen entwickeln, u.a.:

i.       das Verfassen und Umsetzen umfassender Aktionspläne und –programme, die auf einer Analyse der lokalen und regionalen Bedürfnisse basieren, und anschließendes Prüfen der bestehenden Gleichheitsvorschriften (z. B. durch Überprüfen der Reaktionen von Arbeitgebern auf Stellenbewebungen von Kandidaten mit fremdländisch klingenden Namen);

ii.       Implementierung dieser Aktionspläne durch konkrete Maßnahmen in den folgenden Bereichen:

-        Antidiskriminierungsausschüsse und/oder Ombudsleute: indem einem lokalen und/oder regionalen Ausschuss, zu dem eine für Beschwerden zuständige Ombudsperson gehört, die politische Verantwortung übertragen wird, lokale und regionale Programme und Ansätze zur Förderung der Gleichbehandlung und zur Bekämpfung von Diskriminierung zu verfassen, zu analysieren, zu implementieren, zu überwachen und zu überarbeiten;


-        Bereitstellen von Diensten: indem sie Dienste bereitstellen (insbesondere Sozialdienste, medizinische Versorgung, Kinderbetreuung, Schulen, Alten- und Behindertenbetreuung , Polizei und Wohnraum), bei denen es keine direkte oder indirekte Diskriminierung gibt und indem sie dieses Kriterium bei der Beförderung von zuständigen Personen zugrunde legen und rassistisches und diskriminierendes Verhalten schwer bestrafen;

-        Beschäftigung: indem sie sicherstellen, dass die Angestellten der kommunalen und regionalen Stellen in gewissem Umfang die Vielfalt der lokalen und regionalen Bevölkerung widerspiegeln;

-        Verträge bei öffentlichen Ausschreibungsverfahren: indem sie Antidiskriminierungsklauseln in Verträge der öffentlichen Hand aufnehmen, die festlegen, dass der Vertrag storniert werden kann, wenn diese Auflage nicht erfüllt wird, und indem sie sich weigern, mit Dienstanbietern zu arbeiten (z. B. Banken oder Versicherungsgesellschaften), die Diskriminierung betreiben;

-        Zuschüsse: indem sie Nichtregierungsorganisationen nur dann Zuschüsse gewähren, wenn sie die Antidiskriminierungsvorschriften der Behörde erfüllen;

-        Genehmigungen: indem sie die Gewährung von Genehmigungen/Lizenzen (z. B. für den Alkoholausschank) von Antidiskriminierungsauflagen abhängig machen, mit der Möglichkeit, die Genehmigung für den Fall diskriminierender Praktiken zurückzuziehen;

-        Bildung: indem sie das Bewusstsein der Schüler über die Kultur der anderen erhöhen und antirassistische Botschaften in die Schulen tragen und indem sie die Geschichte des Landes in bezug auf Rassismus und Diskriminierung unterrichten;

-        Zivilgesellschaft: indem sie Antirassismusnetzwerke und Netzwerke lokaler und regionaler Akteure gegen Rassismus effektiv unterstützen, z. B. von NRO geleitete Antidiskriminierungsbüros, damit sie Sensibilisierungs-, Informations- und Trainingsprogramme durchführen und zu Veranstaltungen zur kulturellen Vielfalt beitragen können;

iii.      durch die Evaluierung, Überwachung und Überprüfung lokaler und regionaler Aktionspläne und Programme und Bereitstellung der erforderlichen Mittel;

iv.      durch die Einbeziehung von Nichtregierungsorganisationen, die die Ziele und Opfer von Rassismus im vollständigen Prozess vertreten und durch Unterstützung der Fähigkeiten und Möglichkeiten dieser Gruppen zur Kooperation mit den Gemeinden und RegionenZ;

c. durch Einbeziehung der 10 Punkte, die von der UNESCO gestarteten Europäischen Städte-Koalition gegen Rassismus[2] in den Bereichen Prävention und positive Aktionen, Überwachung und Wachsamkeit, Partizipation an den Entscheidungsprozessen, Mediation und Bestrafung verabschiedet wurden, in ihre Analysen und Aktionspläne, indem sie Mitglieder der Koalition werden;

d. durch Sicherstellung, dass die „Integrationsmaßnahmen“, einschließlich von Kriterien wie Kenntnis der nationalen Sprache, keine bestimmten Gemeinschaften diskriminieren und langfristig nicht zur Ausgrenzung führen (z. B. durch die Verweigerung von Sozialleistungen);

8. Abschließend wird der Kongress, unter besonderer Betonung der Notwendigkeit für die Städte und Großstädte, ihre Bemühungen zu bündeln, die Aktivitäten der Europäischen Städte-Koalition gegen Rassismus eingehend verfolgen und nach geeigneten Wegen suchen, die Kooperation zwischen den beiden Organisationen zu stärken.



[1] Diskussion und Annahme durch den Kongress am 29. Mai 2008, 3. Sitzung (siehe Dokument CG(15)16RES, Entschliessungsentwurf vorgelegt durch S. Batson (Vereinigtes Königreich, R, SOC) und V. Rogov (russische Föderation, L, ILDG), Berichterstatter).