Kammer der Regionen

17. PLENARSITZUNG

CPR(17)2
29 September 2009

Regionen mit Gesetzgebungsbefugnissen: Hin zu einem Mehrebenen-Regierungssystem

Arbeitsgruppe „Regionen mit Gesetzgebungsbefugnissen“

Berichterstatter: Bernd Petrisch, Österreich (R,EVP/CD)[1])

A. Entschliessungsentwurf 2

B. Empfehlungsentwurf 5

Zusammenfassung

Der Europarat legt großen Wert auf die Stärkung der lokalen und regionalen Demokratie, da es vor allem die lokale und regionale Ebene ist, wo die Demokratie in Anwendung des Subsidiaritätsprinzips dem Bürger am nächsten ist. Die Regionen mit Gesetzgebungsbefugnissen spielen eine wichtige Rolle bei der Gestaltung der Politik und bei der Entscheidungsfindung, sie können vor allem unterschiedliche regionale und kulturelle Gegebenheiten berücksichtigen. Regionale Demokratie ist – vor allem in Bundesstaaten – ein starkes Element verfassungsrechtlicher Checks and Balances und eine Garantie für demokratische und effektive Mehrebenen-Regierungsführung. Diese Multi-level Governance muss von gegenseitiger Zusammenarbeit und Interaktion zwischen allen zuständigen Ebenen geleitet sein – der europäischen, nationalen, regionalen und lokalen – um Lösungen für die Herausforderungen unserer Tage zu finden.


A. ENTSCHLIESSUNGSENTWURF[2]

1. Der Europarat legt großen Wert auf die Stärkung der lokalen und regionalen Demokratie, da es vor allem die lokale und regionale Ebene ist, wo die Demokratie in Anwendung des Subsidiaritätsprinzips dem Bürger am nächsten ist. Regionale Demokratie ist ein wichtiges Element des konstitutionellen Systems der "checks and balances", vor allem in Bundesstaaten, und eine Garantie für ein effektives und demokratisches Mehrebenen-Regierungssystem. Die Bürgerinnen und Bürger identifizieren sich besonders stark mit ihrer Region auf Grund von kulturellen und sprachlichen Banden, aber auch aus historischen, geographischen und gesellschaftlichen Gründen.

2. Der Kongress ist überzeugt, dass gute regionale Regierungsführung einen zusätzlichen Wert darstellt, was sich darin zeigt, dass Regionalisierungen in den vergangenen Jahren in vielen Mitgliedstaaten stattgefunden haben. Neue regionale Institutionen wurden gegründet oder bestehende mit zusätzlichen Verantwortlichkeiten ausgestattet. Dies führte zu einer reichen Vielfalt von Regionen, die sich an unterschiedlichen Modellen orientieren.

3. Der Fortschritt der Regionalisierung in den einzelnen Staaten hängt in gewisser Weise einerseits von ihrem historischen Hintergrund und andererseits von den Erfahrungen in anderen Staaten ab. Der Prozess der europäischen Integration, vor allem die Schaffung des Kongresses der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften des Europarates und des Ausschusses der Regionen der Europäischen Union – beide im Jahr 1994 eingerichtet - trägt auch zu dieser Entwicklung bei. Der Prozess jedoch ist langsam und folgt keinem systematischen Muster. Der Kongress ist sich dieser Tatsache bewusst und überzeugt, dass im gegenwärtigen europäischen und internationalen Kontext der Prozess unumkehrbar ist.

4. Ein Mehrebenen-Regierungssystem muss von gegenseitige Kooperation und Interaktion zwischen europäischen, nationalen, regionalen und lokalen Behörden mit Rücksichtnahme auf die Rolle, Funktionen, Kompetenzen und Aktivitäten der jeweiligen Ebene geleitet sein. Frühere hierarchische Modelle der Unterordnung werden zugunsten eines lösungsorientierten Ansatzes der Kooperation aufgegeben. Eine klare Abgrenzung der Zuständigkeiten bei Querschnittsthemen ist eine Voraussetzung für ein intaktes und erfolgreiches Mehrebenen-Regierungssystem. Vor diesem Hintergrund begrüßt der Kongress das Weißbuch über das Regieren in einem Mehrebenen-Regierungssystem, das am 17. Juni 2009 vom Ausschuss der Regionen angenommen wurde (Dokument CDR 89/2009 fin).

5. Deshalb und weil er von den Verdiensten guter regionaler Regierungsführung überzeugt ist, hat der Kongress die Empfehlung 240 (2008) zum Entwurf einer europäischen Charta der regionalen Demokratie angenommen und arbeitet nun an der Entwicklung eines Referenzrahmens über regionale Demokratie mit.


6. Regionalisierung ist ein Mittel, um den Regionen mit Gesetzgebungsbefugnissen "Ownership" und anderen Regionen eine Mitsprache bei der Entwicklung von Politiken und interpolitischen Entscheidungsfindung zu geben. Direkt gewählte Regionalversammlungen sind ein Element zum Abbau des parlamentarischen Defizits auf der regionalen Ebene. Diese Nähe zu den europäischen Bürgerinnen und Bürgern stärkt die Demokratie und führt zu mehr direkter Bürgermitwirkung, und bringt (politische) Prozesse näher an das tägliche Leben der Bürgerinnen und Bürger. Dies führt dazu, dass die Entscheidungen auch besser regionale und kulturelle Unterschiede berücksichtigen. Die Exekutiven (regionale Regierungen) sind diesen Parlamenten politisch verantwortlich.

7. In Bundesstaaten übertragen im Allgemeinen die Gliedstaaten Verantwortlichkeiten auf die gemeinsam eingerichtete Bundesebene, während in den meisten Einheitsstaaten und regionalisierten Staaten gewisse Verantwortlichkeiten auf die substaatlichen Ebenen übertragen werden. In den letzten Jahrzehnten erhielten Regionen in zahlreichen Staaten gesetzgebende Befugnisse. Allerdings wurden ihre Rolle, Aufgaben und Verantwortlichkeiten grundsätzlich auf nationaler Ebene durch Verfassungen oder föderale Vereinbarungen festgelegt. Diese Vereinbarungen regeln das Ausmaß der Gesetzgebungsbefugnisse, die den Regionen übertragen werden. Regionale Behörden müssen die Zuständigkeiten haben, Gesetzgebung für die Organisation und das Management ihrer Aufgaben auf ihrem Gebiet zu erlassen. Darüber hinaus können sie nur effektiv und effizient arbeiten, wenn ihre wirtschaftlichen, verwaltungstechnischen und strukturellen Bedürfnisse dementsprechend berücksichtigt wurden. Unter diesen Rahmenbedingungen können Regionen mit Gesetzgebungsbefugnissen einen Teil der öffentlichen Angelegenheiten im Interesse ihrer Bevölkerung regulieren und umsetzen. Diese Art von Regionen kann in gewisser Weise als Speerspitze für andere Regionen gesehen werden, die keine vergleichbaren Kompetenzen haben.

8. Regionen sollten auch bei der Entwicklung von Politiken und der Entscheidungsfindung auf nationaler und internationaler Ebene eingebunden werden, wenn ihre Gesetzgebungsbefugnisse betroffen sind. Das Kolloquium über "Zweikammersysteme und die Vertretung von Regionen und Kommunen: Die Rolle zweiter Kammern", organisiert vom Kongress in Zusammenarbeit mit dem französischen Senat im Oktober 2008 hält in den Schlussfolgerungen fest, dass "…der Senat die Bevölkerung auf einer geografischen Basis und das Territorium als souveräne Körperschaft vertritt". Zweite Kammern sollten "den territorialen Einheiten einen Landes politische Repräsentation ermöglichen". Die Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten der zweiten Kammer müssen "regionale und andere territoriale Gebietskörperschaften in die Lage versetzen, Entscheidungen, die Auswirkungen auf sie haben, zu untersuchen und zu unterstützen. … das Prinzip der Territorialität scheint die einzige Grundlage zu sein, aus der ein Oberhaus [zweite Kammer] ihre Identität ableiten kann." [3]

9. Regionale Demokratie ist wegen ihrer Bürgernähe ein Mittel, um Minderheitenfragen zu behandeln. Die Übertragung von Gesetzgebungszuständigkeiten an regionale Behörden in Konfliktgebieten kann einen Beitrag zur Schaffung von Frieden und demokratischer Stabilität schaffen. "… den Regionen/Völkern/Nationalitäten oder Nationen eine wichtige Rolle als substaatliche Institutionen zu geben [ist] der einzige Weg, nationalistische Ansprüche zu befriedigen, die sonst mangels Alternativen, die Schaffung eines neuen Staates fordern würden". [4]

10. Im Hinblick auf die gegenwärtige Wirtschafts- und Finanzkrise bemühen sich die Regionen, ihre regionale Wirtschaft zu unterstützen. Im Gefolge des G20-Gipfels vom April 2009 wurden internationale Regulierungen und Beobachtungsaufgaben an internationale Finanzinstitute übertragen. Im Hinblick auf ihre spezifischen Gesetzgebungsbefugnisse auf wirtschaftlichem und finanziellem Gebiet können die Regionen mit Gesetzgebungsbefugnissen jedoch wichtige Beiträge leisten, um die Krise zu bewältigen. Dies nicht nur, weil sie regionale Wiederaufbaupläne entwickeln können, die direkte Wirkungen auf Wachstum und Beschäftigung haben, sondern auch weil sie auf Grund ihrer Bürgernähe, Maßnahmen viel schneller als die nationale oder europäische Ebene entwickeln und umsetzen können.

11. Finanzielle Autonomie ist ein Schlüsselfaktor für eine adäquate Bekämpfung der gegenwärtigen Wirtschaftskrise. Die budgetären und fiskalen Entscheidungen von regionalen gesetzgebenden Körperschaften können sicherstellen, dass die Besteuerung der Bevölkerung fair, vernünftig und, vor allem dem regionalen wirtschaftlichen und sozialen Kontext entsprechend angepasst ist.

12. Die Arbeitsgruppe "Regionen mit Gesetzgebungsbefugnissen" initiierte die erste Konferenz der Präsidenten von Regionen mit Gesetzgebungsbefugnissen im Jahr 2000 unterhält seither enge Beziehungen mit der Konferenz der Präsidentinnen und Präsidenten von Regionen mit Gesetzgebungsbefugnissen (REGLEG). Sie hält auch engen Kontakt mit der Konferenz europäischer gesetzgebender Regionalparlamente (CALRE). Der Kongress hält es für äußerst wichtig, Möglichkeiten einer intensiveren Kooperation mit diesen Organisationen zu prüfen, die regionale Regierungen und regionale Parlamente vertreten.

13. Der Kongress begrüßt die fortwährende Unterstützung durch die Parlamentarische Versammlung des Europarates für regionale gesetzgebende Parlamente, die durch die Unterzeichnung eines Abkommens zwischen ihr (der Parlamentarischen Versammlung) und der CALRE Form angenommen hat. Der Kongress bekräftigt die Bedeutung dieser Zusammenarbeit und möchte seinerseits die Zusammenarbeit mit dieser Organisation ausbauen.

14. Vor diesem Hintergrund:

a. begrüßt der Kongress die Stärkung der Beziehungen zwischen ihm, der Konferenz der Präsidentinnen und Präsidenten von Regionen mit Gesetzgebungsbefugnissen (REGLEG) und der Konferenz europäischer gesetzgebender Regionalparlamente (CALRE);

b. tritt der Kongress dafür ein, die Vertretung von Regionen in den zweiten Kammern der nationalen Parlamente zu untersuchen und fördern;

c. wird der Kongress seine Überlegungen über den Sonderautonomiestatus von Regionen in Europa fortsetzen, die anlässlich der Herbstsession im Jahr 2008 in der Kammer der Regionen begonnen wurden;

15. Empfiehlt der Kongress die Arbeitsgruppe "Regionen mit Gesetzgebungsbefugnissen":

a. die Schlussfolgerungen des Kolloquiums über "Zweikammersysteme und die Vertretung von Regionen und lokalen Gebietskörperschaften: Die Rolle zweiter Kammern" vom 21. Februar 2008 umzusetzen, vor allem durch eine Untersuchung der Rolle der Regionen in ihrer zweiten Kammern; dies soll durch einen Bericht und eine Follow-up-Konferenz geschehen. In diesem Zusammenhang dankt der Kongress der Präsidentin der Region Piemont und Präsidentin von REGLEG im Jahr 2009, Frau Mercedes Bresso, für ihre Einladung, eine solche Konferenz in ihrer Region im Jahr 2009 oder 2010 abzuhalten;

b. ihre Arbeit über das Thema Sonder-Selbstverwaltungsstatus und Konfliktlösung fortzusetzen, vor allem im Hinblick auf jüngste Entwicklungen im Südkaukasus und eine Konferenz zu diesem Thema im Jahr 2010 zu organisieren. In diesem Zusammenhang dankt der Kongress dem Präsident der autonomen Region Madeira, Portugal, Alberto Joao Jardim, für seine Einladung, eine solche Konferenz in seiner Region im Jahr 2010 abzuhalten;

c. die Auswirkungen der Globalisierung auf die Regionen mit Gesetzgebungsbefugnissen, die als ein Gegengewicht wirken können, zu untersuchen;

d. die politischen und wirtschaftlichen Maßnahmen der Regionen mit Gesetzgebungsbefugnissen und ihren Beitrag zu den wirtschaftlichen Wiederaufbauplänen als konkrete Beispiele für den zusätzlichen Wert von Regionen mit Gesetzgebungsbefugnissen für Bürger, Unternehmen und Gemeinden zu untersuchen (Analyse und Vergleich von regionalen Wiederaufbauplänen);


e. in Übereinstimmung mit der Resolution des Kongresses Nummer  265 (2008), die Schlüssel-Themen im Hinblick auf regionale Finanzen anzusprechen, vor allem, wie die Regionen zur Lösung der gegenwärtigen Wirtschafts- und Finanzkrise beitragen können und wie die Regionen aus den Vorteilen des Fiskalföderalismus Nutzen ziehen können;

f. die Zusammenarbeit mit der interregionalen Gruppe "Regionen mit Gesetzgebungsbefugnissen" im Ausschuss der Regionen der Europäischen Union zu stärken;

g. die Zusammenarbeit mit der Venedig–Kommission des Europarates in ihrer Arbeit über Regionen mit Gesetzgebungsbefugnissen und Föderalismus fortzusetzen.

16. Macht die Regionen Europas aufmerksam auf:

a. die Schlüsselrolle, die Regionen mit Gesetzgebungsbefugnissen bei der Entwicklung regionaler Demokratie und bei der Gewährleistung von Dienstleistungen für die Bürger spielen;

b. die Notwendigkeit sich selbst als aktive Partner bei der Suche nach Lösungen von Querschnittsthemen in einem Mehrebenen-Regierungssystem einzubringen, das auf Kooperation und gegenseitigem Respekt der verschiedenen involvierten Ebenen basiert;

c. die gute Regierungsführung, die auf den Status, die Zuständigkeiten, Finanzen, gemeinsamer Entscheidungsfindung, Teilhabe und die administrative Strukturen zurückzuführen ist, über die Regionen mit Gesetzgebungsbefugnissen verfügen;

d. den Mehrwert, den autonome Regionen mit Sonderstatus einbringen, da sie eher in der Lage sind, für die Friedenssicherung und die Gewährleistung von Sicherheit einzutreten, und dadurch zur Einheit des Staates beitragen;

17. Da die Arbeitsgruppe als anspornendes Element in regionalistischen Bemühungen mit dem Ziel, eine breitere und besser organisierte Selbstverwaltung zu erreichen, dient, beauftragt der Kongress sein Präsidium, das Mandat der Arbeitsgruppe "Regionen mit Gesetzgebungsbefugnissen" für den Zeitraum 2010-2012 zu erneuern.

B. EMPFEHLUNGSENTWURF[5]

1. Der Europarat legt großen Wert auf die Stärkung der lokalen und regionalen Demokratie, da es sich um die Anwendung des Subsidiaritätsprinzips und der Umsetzung von Bürgernähe handelt. Die Anwendung dieser Prinzipien steht dafür, dass Demokratie bürgernah umgesetzt wird. Regionale Demokratie ist ein wichtiges Element des konstitutionellen Systems der "checks and balances", vor allem in Bundesstaaten, und eine Garantie für ein effektives und demokratisches Mehrebenen-Regierungssystem. Die Bürgerinnen und Bürger identifizieren sich besonders stark mit ihrer Region auf Grund von kulturellen und sprachlichen Banden, aber auch aus historischen, geographischen und gesellschaftlichen Gründen.

2. Der Kongress ist überzeugt, dass gute regionale Regierungsführung einen Mehrwert darstellt. Dies zeigt sich auch in der Tatsache, dass Regionalisierungen in den vergangenen Jahren in vielen Mitgliedstaaten stattgefunden haben. Neue regionale Institutionen wurden geschaffen oder bestehende mit zusätzlicher Verantwortung ausgestattet. Dies führte zu einer reichen Vielfalt von Regionen, die sich an unterschiedlichen Modellen orientieren.


3. Aufbauend auf seiner Empfehlung 240(2008) über den Entwurf einer Europäischen Charta der regionalen Demokratie und im Hinblick auf das Zögern des Ministerkomitees, die Arbeiten für ein rechtlich verbindliches Instrument über die regionale Demokratie fortzusetzen, arbeitet der Kongress in der Überzeugung um die Verdienste einer guten regionalen Regierungsführung mit dem Europäischen Ausschuss für lokale und regionale Demokratie (CDLR) an der Erarbeitung eines Referenzrahmens für regionale Demokratie. Dieser Rahmen wird die regionalen Reformen der Mitgliedstaaten beflügeln und die wesentlichen Grundsätze der regionalen Demokratie enthalten, auf deren Einhaltung der Kongress besteht. Diese Grundsätze sind: ein demokratisches Funktionieren und eine Zusammensetzung auf der Grundlage der Bürgerbeteiligung; Achtung der Autonomie der Regionen in der Verfassung oder in Gesetzen; das Prinzip der Subsidiarität; die Verantwortlichkeiten von Integrität und Souveränität der Regionen im Hinblick auf die Staaten und das Prinzip der Loyalität und des gegenseitigen Respekts zwischen den verschiedenen Regierungsebenen (Staat, Regionen, lokale Gebietskörperschaften).

4. Multi-level Governance muss von gegenseitiger Zusammenarbeit und Interaktion zwischen europäischen, nationalen, regionalen und lokalen Behörden geleitet sein und die jeweiligen Rollen, Funktionen, Zuständigkeiten und Aktivitäten jeder Ebene berücksichtigen. Frühere Ansätze werden zugunsten eines lösungsorientierten Ansatzes der Kooperation abgelöst. Eine klare Kompetenzabgrenzung ist aus Fragen der Unterordnung eine Voraussetzung für eine funktionierende und erfolgreiche Zusammenarbeit der verschiedenen Ebenen. Vor diesem Hintergrund begrüßt der Kongress das Weißbuch des Ausschusses der Regionen über das Mehrebenen-Regierungssystem, das am 17. Juni 2009 angenommen wurde (Dokument CDR 89/2009 fin).

5. Regionalisierung ist ein Mittel um den Regionen mit Gesetzgebungsbefugnissen „ownership“ und anderen Regionen ein Mitspracherecht bei der Gestaltung von Politiken und der politischen Entscheidungsfindung zu geben. Allerdings müssen sich in einer immer stärker werdenden wechselseitigen Welt und in einem System des Mehrebenen-Regierungssystems auch die innerstaatlichen Verantwortlichkeiten der Regionen besser auf internationaler Ebene widerspiegeln. Denn sie müssen schließlich durch ihre Position und Maßnahmen die verbindlichen Abkommen des Europarates und die wichtigsten Politikziele umsetzen. Dies gilt auch für die EU-Rechtssetzung. Innerstaatliche Konsultations- und Koordinationsverfahren können die Einbeziehung der Regionen als Teil der kohärenten Maßnahmen der Mitgliedstaaten gewährleisten. Es ist daher selbstverständlich, dass die Regionen an der Gestaltung und Vorbereitung dieser Ziele, Vereinbarungen und der Rechtsakte teilnehmen können – in Ausschüssen, Arbeitsgruppen und anderen Gremien des Europarates und der Europäischen Union – um die spezifischen regionalen Bedürfnisse zum Ausdruck zu bringen. Ein Erfahrungsaustausch zwischen dem Kongress und dem CDLR könnte gute Erfahrungen auf diesem Gebiet identifizieren und die Modalitäten dieser Kooperation und Konsultation definieren.

6. Den Regionen mit Gesetzgebungsbefugnissen obliegt die Durchführung von vielfältigen und weitreichenden Politikvorgaben, die sowohl rechtliche als auch fachliche Angelegenheiten umfassen und die Organisation legislativer und politischer Konsultations- und Koordinationsverfahren. Dementsprechend müssen auch die nötigen personellen und finanziellen Ressourcen und Verwaltungsstrukturen zur Verfügung stehen. Dies geschieht etwa durch die Anwendung der Prinzipien des Finanzausgleiches bei der Teilung der Steuereinnahmen zwischen dem Föderalstaat und den regionalen Ebenen.

7. Vor diesem Hintergrund fordert der Kongress das Ministerkomitee des Europarates auf:

a. zu empfehlen, dass die für die Gemeinde- und Regionalangelegenheiten zuständigen Minister, die am 16. und 17. November 2009 zu einer Konferenz in Utrecht (Niederlande) zusammentreffen, die wichtige Rolle der Regionen und speziell der Regionen mit Gesetzgebungsbefugnissen bestätigen; dass sie als einen Politischen Leitfaden den Referenzrahmen über regionale Demokratie annehmen, der vom Europäischen Ausschuss für lokale und regionale Demokratie (CDLR) in Zusammenarbeit mit dem Kongress ausgearbeitet wurde; und dass sie bei der Fortsetzung des Regionalisierungsprozesses in Europa helfend mitwirken;


b. den Europäischen Ausschuss für lokale und regionale Demokratie (CDLR) mit einem Erfahrungsaustausch über die Beteiligung der Regionen mit Gesetzgebungsbefugnissen bei der Gestaltung der Positionen der Mitgliedstaaten im Europarat und in anderen internationalen Foren zu beauftragen, etwa durch die Einbeziehung regionaler Vertreter - und damit deren Expertise – in die Delegationen von Mitgliedstaaten in Ausschüsse, Arbeitsgruppen und andere Gremien des Europarates vergleichbar mit der Praxis der Komitologie der EU. Dieser Erfahrungsaustausch könnte durch ad hoc Workshops auf der Grundlage freiwilliger Teilnahme erfolgen;

c. den Europäischen Ausschuss für lokale und regionale Demokratie (CDLR) einzuladen, zu untersuchen, wie die Teilnahme von Regionen mit Gesetzgebungsbefugnissen in den Delegationen der Mitgliedstaaten im Rahmen des Europarates verstärkt werden könnte;

8. Der Kongress fordert die Regierungen der Mitgliedstaaten auf,

a. die regionale Ebene der Regierungsführung zu stärkern, wo sie bereits existiert. Wo es keine innerstaatliche Ebene zwischen den lokalen und nationalen Behörden gibt, sollten sie über die Nützlichkeit der Einrichtung einer solchen Ebene nachdenken, vor allem im Hinblick auf die Verbesserung der demokratischen Regierungsführung, des sozialen Zusammenhalts und der wirtschaftlichen Entwicklung;

b. die Mitgliedstaaten zu ermutigen, in jenen Ländern, wo es in Frage kommt, die Beziehungen zwischen dem Zentralstaat und den regionalen Behörden so zu definieren, dass regionale Vertreter in die Delegationen für Ausschüsse und Arbeitsgruppen des Europarates einbezogen werden;

c. in den Staaten mit föderalen Systemen die Grundsätze des Finanzausgleiches bei der Aufteilung von Steuereinnahmen zwischen dem Föderalstaat und den regionalen Ebenen anzuwenden.

9. Der Kongress begrüßt die fortwährende Unterstützung der Parlamentarischen Versammlung für die regionalen gesetzgebenden Parlamente, welche durch die Unterzeichnung eines Abkommens mit der Konferenz Europäischer Gesetzgebender Regionalparlamente (CALRE) Form angenommen hat.



[1] L: Kammer der Gemeinden / R: Kammer der Regionen

ULDG : Unabhängige und Liberaldemokratische Gruppe des Kongresses

EVP/CD : Gruppe Europäische Volkspartei – Christdemokraten des Kongresses

SOZ : Sozialistische Gruppe des Kongresses

NI : Mitglied, das keiner politischen Gruppe des Kongresses angehört

[2] Vorentwurf der Entschließung und der Empfehlung am 6. Mai 2009 von der Arbeitsgruppe angenommen.

Mitglieder des Ausschusses:

B.Petrisch, A. Ibrahimov (Stellvertreter H. Hashimli), J‑C. Van Cauwenberge (Vorsitzender), A. Ryynänen, (Stellvertreter: P. Zambakhidze), G. Pieper, M. Spinosa, A‑J. Jardim (Stellvertreter: R. Oliveira), A. Uss, P. Bosch i Codola (Stellvertreter: A. Clemente Olivert), U. Wüthrich‑Pelloli, A. Grytsenko (Stellvertreterin: L. Tuysuzova), (Stellvertreterin: J. Watson)

N.B.: Die Namen der Mitglieder, die an der Abstimmung teilnahmen, sind kursiv gedruckt.

Sekretariat des Ausschusses: J. Hunting

[3] Zweikammersysteme und die Vertretung von Regionen und Kommunen, die Rolle zweiter Kammern, 21. Februar 2008, Senat, Paris (Frankreich), Schlussfolgerungen von Jean-Claude Van Cauwenberghe, Vorsitzender der Arbeitsgruppe "Regionen mit Gesetzgebungsbefugnissen"

[4] Regionalisierung in Europa, Parlamentarische Versammlung des Europarates, Berichterstatter : Lluis Maria de PUIG (Dokument 11373 vom 14.September 2007)

[5] Siehe Fußnote 2.