Empfehlung 62 (1999)1 betreffend gemeinden und Beschäftigungsfähigkeit

Der Kongress,

mit Bezug auf den Vorschlag der Kammer der Gemeinden,

1. Begrüsst den von Sir John Harman im Namen seiner Arbeitsgruppe "Politiken für die Stadt" ausgearbeiteten vorläufigen Bericht über Gemeinden und Beschäftigungsfähigkeit;

2. Drückt seinen Dank aus gegenüber einer Reihe von Mitgliedstaaten, welche Material für den Bericht beigetragen haben, und gibt seiner Hoffnung Ausdruck, dass noch weitere Staaten geeignetes Material beisteuern werden sowohl im Hinblick auf die mögliche Erarbeitung eines weiteren Berichts im Jahr 2000 als auch für das damit einhergehende KGRE-Seminar;

3. Erinnert an den Bericht mit Empfehlung der Kammer der Regionen von 1998 "Regionen und Beschäftigung" und die von Herrn Burgeon ausgearbeitete Stellungnahme hierzu vonseiten der Kammer der Gemeinden, welche beiden Texte die grundlegende Rolle der Gemeinden und Regionen für die Unterstützung von Beschäftigungsprogrammen hervorhoben;

4 Stellt jedoch fest, dass die Berichte sich mehr auf die Beschaffung von Arbeitsplätzen durch die einschlägigen Verwaltungen konzentrierten als auf die Entwicklung der Fähigkeiten von Individuen, die ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt erhöhen sollen;

5. Glaubt, dass aufgrund sich wandelnder Anforderungen auf dem Arbeitsmarkt neue Arten des Herangehens an die Arbeitslosigkeit nötig werden;

6. Erwägt, dass die an der Schaffung von Beschäftigungspotential beteiligten Politiken den verschiedensten Bereichen der Politik entstammen;

7. Diesbezüglich die Initiativen der Europäischen Union zur Förderung von territorialen Beschäftigungsverträgen begrüssend, die eine erste Einschätzung des potentiellen Bedarfs jedes Territoriums erlauben und darauf abzielen, sämtliche territorial wichtigen Partner einzubeziehen, um so zu einer kohärenten Beschäftigungspolitik zu gelangen;

8. Erinnert an die Europäische Städtecharta, welche erklärt: "Jeder Bürger im arbeitsfähigen Alter hat das Recht auf eine Stelle, um dank seiner Arbeit in der Lage zu sein, von den Früchten der Aktivität der Stadt zu profitieren.";

9 Glaubt, dass eine der wichtigsten Aufgaben von Gemeinden darin besteht, die wirtschaftliche Entwicklung allgemein anzuregen und dass in diesem Zusammenhang die Beschaffung von Beschäftigung, besonders auch für junge Menschen am Beginn ihres Arbeitslebens, zu den wichtigsten Herausforderungen gehört, vor denen öffentliche Stellen heute stehen;

10. Erwägend, dass es ebenso wichtig ist, noch weiteren Kategorien von Arbeitslosen Beschäftigung zu verschaffen, etwa Älteren, Behinderten, alleinerziehenden Eltern, Langzeitarbeitslosen und Menschen, die von der Arbeitslosenunterstützung weg und zurück an die Arbeit gebracht werden sollten;

11. Glaubt, dass zwar die Hauptdeterminante von Arbeitslosigkeit in mangelnder Nachfrage vonseiten der Wirtschaft liegt, dass aber mangelnde Fähigkeiten einschliesslich mangelnder Arbeitsbereitschaft dazu führt, dass die Wirtschaft noch weniger Arbeitsplätze bietet als sie könnte, was illustriert wird durch die in manchen europäischen Wirtschaften bestehende hohe Nachfrage nach Arbeit bei zugleich hoher Arbeitslosigkeit;

12. Ist daher überzeugt, dass ein richtiger Ansatz darin bestünde, die Beschäftigungsfähigkeit der Menschen, besonders der jungen Menschen, zu erhöhen und damit ihre Chancen zu verbessern, an ihrem Arbeitsplatz zu bleiben und darin voranzukommen;

13. Überzeugt somit, dass Bildung, Ausbildung und Vorbereitung auf das Arbeiten, unterstützt durch erheblichere finanzielle Mittel, dringend vonnöten sind, um Angebot und Nachfrage in ein Gleichgewicht zu bringen;

14. Glaubt, dass der Erfolg dieses Ansatzes von dem vollen und gemeinsamen Einsatz der Gemeinschaften abhängt, welche Leute am Ort finden müssen, die für die örtlichen Probleme örtliche Lösungen entwickeln;

15. Anerkennt, dass viele Gemeinden mit Leichtigkeit Arbeit ausfindig machen können, die zum Wohl der Allgemeinheit getan werden sollte, und dass die Beschäftigungspolitik ihrer Gemeinschaften sie dazu befähigen sollte, diese Arbeit zusammenzubringen mit Menschen, die arbeiten sollten und Ausbildung brauchen;

16 Ist der Ansicht, dass eine solche örtliche Strategie das Einbeziehen (nach vorheriger Konsultation) einer Reihe von Partnern, besonders von möglichen Arbeitgebern, erfordert, und dass für solche Systeme viel Werbung gemacht werden müsste;

17. EMPFIEHLT DAHER DEN ZUSTÄNDIGEN NATIONALEN BEHÖRDEN,

18. dass zu nationalen Beschäftigungsprogrammen die Gemeinden angehört werden und dass sie in den einschlägigen nationalen Organen Einsitz nehmen;

19. dass örtliche Partnerschaften für Beschäftigungsfähigkeit eingegangen werden, welche alle zuständigen örtlichen Partner auf der Ebene der Konzeption, der Strategie und der Leistung zusammenbringen, um sicherzugehen, dass die Fähigkeiten, Erfahrung und Begeisterung einer Anzahl örtlicher Partner zum Tragen kommen, um das Funktionieren des jeweiligen Systems zu sichern, das heisst eine breite Palette echter Berufsaussichten anzubieten;

20. Solche Partnerschaften sollten geeignetenfalls die Form einer Körperschaft öffentlichen Rechts, etwa von Arbeitsmarktzentren oder regionalen Beschäftigungszentren, annehmen und über hochqualifiziertes Personal verfügen;

21. Vorrangige Zielgruppe für solche Systeme der Beschäftigungsfähigkeit sollten gewisse Altersgruppen, beispielsweise die 18-24jährigen, und solche Personen sein, die bereits seit sechs Monaten Arbeitslosenunterstützung erhalten;

22 Diese Systeme sollten eine Zeitspanne konzentrierter Berufshilfe umfassen, in welcher die individuellen Bedürfnisse, Bestrebungen und Wahlmöglichkeiten abgeklärt werden im Hinblick auf die Erarbeitung eines Tätigkeitsplans, mit dessen Hilfe sodann offene Stellen gefunden und für einschlägig Befähigte Bewerbungen eingesandt werden; wenn es an Fähigkeiten fehlt, wird eine Zusatzausbildung und Berufsberatung eingeschoben;
23. Im übrigen sollten die Systeme in echte Berufsmöglichkeiten münden, beispielsweise in Form von subventionierter oder nicht subventionierter Arbeit; Arbeit bei einer Einrichtung der öffentlichen Wohlfahrt, beispielsweise im Umweltdienst; bezahlte Arbeit im Freiwilligensektor; Vollzeitbildung oder -ausbildung; finanzielle Förderung als Selbständigerwerbender;

24. Es muss eingeräumt werden, dass solche Systeme eine erhebliche öffentliche Investition bedingen und dass mit den Rechten und Vorteilen, die sie den Individuen bieten, selbstverständlich die persönliche Verantwortung einhergeht, eine Arbeit tatsächlich anzunehmen und somit einen Beitrag an die bürgerliche Gesellschaft zu leisten;

25 Die Anerkennung dieser Tatsache könnte ihren Niederschlag darin finden, dass Personen, die Arbeitsgelegenheiten ausschlagen, Sanktionen an ihren Vergünstigungen oder andere Strafen auferlegt werden; jedenfalls ist die Chance gering, dass Beschäftigungssysteme, die keine echte persönliche Verpflichtung erfordern, von Erfolg gekrönt sind.

26. Vor allen Dingen wird anerkannt, dass die Gemeinden in solchen Systemen eine Schlüsselrolle innehaben, nicht nur aufgrund ihrer Stellung als grössere Arbeitgeber, sondern beispielsweise auch, um (a) sicherzugehen, dass die Systeme mit anderen, soziale und wirtschaftliche Angelegenheiten aufgreifenden Initiativen integriert werden; sodann, um (b)sicherzugehen, dass solche Systeme die örtlichen Bedürfnisse, und vor allem diejenigen der randständigen und staatsbürgerlich am schwächsten eingebundenen Bevölkerungsteile, widerspiegeln; (c) weil sie Anhörungen bei den Arbeitgebern durchführen können zu der Frage, welche Fähigkeiten und Kenntnisse benötigt werden; (d) weil sie als Agenturen für die Koordination der verschiedenen Elemente der Systeme fungieren können und (e) im Hinblick auf den interkommunalen Austausch von erfolgreichen Erfahrungen.

27. Die weitere Entwicklung solcher Systeme muss regelmässig überprüft werden, um sie an sich wandelnde Bedürfnisse und veränderte Situationen anzupassen und um sicherzustellen, dass sie auf professionelle, leistungsfähige und wirtschaftliche Weise geleitet werden;

28. Es müssen geeignete finanzielle Mechanismen entwickelt werden, um diese Systeme zu finanzieren;

29. Es sollte anerkannt werden, dass solche Systeme nicht nur eine Antwort auf eine grosse wirtschaftliche Herausforderung und ein moralisches Gebot darstellen, sondern auch zu einer Verringerung der sozialen Ausgrenzung beitragen und den Gemeinden überdies in vielen Hinsichten Nutzen verschaffen.

30. ERSUCHT DAS MINISTERKOMITEE,

31. In den Mitgliedstaaten den Aufbau solcher ortsinterner Partnerschaften für die Beschäftigungsfähigkeit entsprechend den in der vorliegenden Empfehlung angegebenen Leitgedanken zu unterstützen;

32. Den Europäischen Ausschuss für sozialen Zusammenhalt mit einer Erhebung der in den Mitgliedstaaten bereits laufenden oder für die Zukunft geplanten derartigen Systeme zu beauftragen.

1 Diskussion und Zustimmung durch die Kammer der Gemeinden am 15. Juni 1999 und Annahme durch den Ständigen Ausschuss des Kongresses am 17. Juni 1999 (siehe Dok. CPL(6) 2, Empfehlungsentwurf, vorgelegt durch Herrn J. Harman, Berichterstatter)