Empfehlung 109 (2002)1 betreffend die Lage der Gemeinde- und Regionaldemokratie in Griechenland

Der Kongress,

1. Ruft in Erinnerung:

a. die Statutarische Entschliessung (2000)1 des Ministerkomitees, die fordert, dass der Kongress in regelmässigen Abständen, Land für Land, Berichte über die Lage der Gemeinde- und Regionaldemokratie in allen Mitgliedstaaten sowie in den sich um einen Beitritt zum Europarat bewerbenden Staaten ausarbeitet und insbesondere für die Anwendung der Grundsätze der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung sorgt;

b. seine Entschliessungen 31 (1996), 58 (1997) und 106 (2000), worin die grundlegenden Prinzipien für die Erstellung der erwähnten Berichte festgelegt sind;

c. die durch die Nationale Vereinigung der Präfekturen Griechenlands (ENAE) an den Institutionellen Ausschusses der Kammer der Regionen gerichtete Bitte um die Ausarbeitung eines Berichts über den Stand der Regionaldemokratie in Griechenland nach der Einleitung verschiedener Massnahmen durch den Staat, die, der Klage von ENAE zufolge, den Präfekturen (Gebietskörperschaften) wesentliche Kompetenzen entziehen, um sie den zentralstaatlichen Verwaltungsbehörden, in erster Linie den regionalen Generalsekretären, zuzuteilen;

d. den Beschluss des Institutionellen Ausschusses, gestützt auf die ersten Ergebnisse eines offiziellen Besuches in Athen vom 19. und 11. April 2001 einen Bericht über den Stand der Gemeinde und Regionaldemokratie in Griechenland auszuarbeiten;

e. den durch die Herren Berichterstatter Guido Rhodio (Italien, G) und Lambert Van Nistelrooij (Niederlande, R) nach zwei offiziellen Besuchen in Athen (vom 10. und 11. April 2001 sowie vom 28. bis 30. Oktober 2001) verfassten Informationsbericht;

2. Dankt:

a. den Regierungs- und parlamentarischen Stellen Griechenlands für die Zusammenarbeit und konstruktive Einstellung während der Erarbeitung des Berichts;

b. den Kommunalverbänden (Zentralverband der Städte und Gemeinden Griechenlands, KEDKE) und der Vereinigung der Präfekturen (Verband der hellenischen Präfekturen ENAE) für die zur Verfügung gestellten Informationen sowie für die gastfreundliche Aufnahme;

c. dem Experten des KGRE, Herrn Prof.Gérard Marcou, sowie dem Sekretariat für die den Berichterstattern bei der Ausarbeitung des genannten Berichts geleistete Hilfe;

3. Bedenkt,

a. dass die gegenwärtige Verwaltungsstruktur Griechenlands zwei Ebenen von kommunalen Gebietskörperschaften mit gewählten Abgeordnetenversammlungen kennt, nämlich einmal die Demoi (1033 Städte und Gemeinden) und die Nomoi (5o Präfekturen), sowie andererseits eine Ebene der landesweiten zentralstaatlichen Verwaltung mit ihren Periferiaie; das sind 13 Regionen, die jeweils durch einen von der zentralstaatlichen Regierung ernannten regionalen Generalsekretär geleitet werden;

b. dass die den Artikel 102 ändernde Verfassungsrevision vom April 2001 zwei Stufen von kommunalen Gebietskörperschaften erwähnt, ohne jedoch zu sagen, welches diese beiden Stufen sind, und dass der Revision zufolge das Gesetz die Ausübung staatlicher Kompetenzen an kommunale Gebietskörperschaften delegieren könne unter der Bedingung, dass auch die entsprechenden Finanzmittel übertragen würden;

c. dass die Erneuerungswahlen für die gewählten Gremien der Demoi und Nomoi für die nächste vierjährige Amtszeit (bis 2006) am 13. Oktober dieses Jahres stattfinden werden;

d. dass das Gemeinschaftliche Förderungskonzept der Europäischen Union 2001-2006, welches umfangreiche, durch die regionalen Generalsekretäre verteilte Finanzierungen zuhanden der kommunalen und regionalen Gebietskörperschaften Griechenlands leistet, ebenfalls 2006 endet, und dass die Reform dieses Förderungskonzepts den zu erwartenden Beitritt mehrerer zentral- und osteuropäischer Länder zur Europäischen Union berücksichtigen wird;

4. Überzeugt, dass das Parlament und die Regierung Griechenlands in den kommenden Monaten die verschiedenen Optionen für eine Reform des territorialen Verwaltungsrahmens prüfen und neue Gesetze für die Umsetzung von Artikel 102 entwerfen, prüfen und annehmen werden, vor allem aber, dass sie hierbei die beiden Stufen kommunaler Gebietskörperschaften definieren und instituieren werden;

5. Empfiehlt,

a. dass das Parlament, die Regierung und die übrigen Behörden Griechenlands bei der Neustrukturierung der Gemeinden die folgenden Empfehlungen, Vorschläge und Überlegungen berücksichtigen:

i. die Neustrukturierung der administrativen Aufteilung sollte entsprechend den Grundsätzen der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung (von Griechenland ratifiziert am 6. September 1989) sowie denjenigen des Entwurfs einer Europäischen Charta der regionalen Selbstverwaltung (vom Kongress 1997 angenommen) erfolgen;

ii. die durch die administrative Neustrukturierung betroffenen kommunalen Gebietskörperschaften und Präfekturen (ENAE und KEDKE) müssen entsprechend Artikel 4, Abschnitt 6, der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung vor jedem definitiven Beschluss konsultiert und nach Möglichkeit aufgefordert werden, sich an den Arbeiten der die neue Verwaltungsaufteilung vorbereitenden Parlamentsausschüsse oder Expertenkomitees zu beteiligen;

iii. die Einrichtung einer administrativen Zwischenstufe mit in allgemeinen, direkten und geheimen Wahlen gewählten Abgeordneten würde eine den Wünschen der Bürger besser angepasste Vertretung ihrer Interessen ermöglichen und politische Repräsentativität mit administrativer Leistungsfähigkeit vereinbaren;

iv. mit der administrativen Dezentralisierung müsste eine echte finanzielle Dezentralisierung einhergehen;

b. dass das Ministerkomitee des Europarats den Lenkungsausschuss für Gemeinden und Regionen (CDLR) beauftragt, jede von den griechischen Behörden allenfalls erbetene legislative oder technische Hilfe zu leisten, sei dies durch Sachverständigengutachten, wie sie von den Institutionen erhältlich sind, welche Mitglieder des CDLR sind, sei dies vonseiten der Generaldirektion I - Direktion für Gemeinde- und Regionaldemokratie;

c. dass die Verbände KEDKE und ENAE und sämtliche gewählten Gremien auf kommunaler oder präfektoraler Ebene sowie insbesondere die Mitglieder der griechischen Delegation beim KGRE:

i. den gegenwärtig im Lande stattfindenden Reformprozess vor allem vor und unmittelbar nach den Wahlen vom Oktober 2001 beobachten und verlangen, gemäss Artikel 4, Abschnitt 6, der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung in den verschiedenen Stadien dieser Reform konsultiert zu werden;

ii. den Kongress über die Fortschritte dieser Reform, über die Konsultationen sowie über allfällig auftretende Probleme regelmässig informiert halten und sich unverzüglich an ihn wenden, wenn zu irgendeinem spezifischen Punkt Rat gewünscht sein sollte.

1 Diskussion und Annahme durch den Kongress am 5. Juni 2002, 2. Sitzung (siehe Dok. CG (9) 5, Empfehlungsentwurf, vorgelegt durch die Herren Rhodio und Van Nistelrooij, Berichterstatter)