Empfehlung 89 (2001)1 betreffend die Situation der Gemeinde- und Regionaldemokratie in Slowenien

Der Kongress,

1. Gemäss der Entschliessung 58 (1997) betreffend die Lage der Gemeindedemokratie in den Mitgliedstaaten und gemäss Artikel 2, Abschnitt 3, der Statutarischen Entschliessung 1 (2000) des Ministerkomitees vom 15. März 2000, worin festgehalten ist: "Der Kongress arbeitet regelmässig - Land für Land - Berichte über die Situation der Gemeinde- und Regionaldemokratie in sämtlichen Mitgliedstaaten sowie in den sich um einen Beitritt zum Europarat bewerbenden Staaten aus und sorgt insbesondere für die tatsächliche Umsetzung der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung";

2. Nach Entsendung einer Delegation, bestehend aus den beiden Co-Berichterstattern Gerhard Engel und Owen Masters in Begleitung des Beraters Heinrich Hoffschulte, nach Slowenien im Dezember 2000 und im März 2001;

3. Den slowenischen Behörden, vor allem dem slowenischen Amt für kommunale Selbstverwaltung, für die im Zusammenhang mit den Besuchen geleistete Unterstützung dankend;

4. Hält es für notwendig, gestützt auf den zur Vorlage an der 8. Plenartagung des Kongresses (29.-31. Mai 2001) bestimmten Bericht 2001 [CG(8)6], die folgenden Erwägungen und Empfehlungen an die Regierungbehörden Sloweniens zu richten:

a. begrüsst die Tatsache, dass die slowenische Regierung die Europäische Charta der kommunalen Selbstverwaltung am 15. November 1996 ohne Inanspruchnahme der in Artikel 12 der Charta enthaltenen Möglichkeiten und somit einschliesslich aller Bestimmungen ratifiziert hat;

b. begrüsst die im Bereich der kommunalen Selbstverwaltung erreichten Fortschritte, macht indes die slowenischen Behörden darauf aufmerksam, dass die meisten neuen Gemeinden finanziell nicht autonom sind und empfiehlt ihnen deshalb, zusammen mit den Gemeinden einen Selbstfinanzierungsmechanismus einzustellen, sodass die Gemeinden nicht von staatlichen Beihilfen abhängig sind;

i. fände eine strengere Durchsetzung des slowenischen Gesetzes über kommunale Selbstverwaltung, das für die Schaffung einer neuen Gemeinde ein Minimum von 5000 Einwohnern fordert, wünschenswert und hält es deshalb zur Vermeidung noch weiterer Fragmentierung und damit verbundener ungenügender Finanzierung für angezeigt, keine neuen Gemeinden mehr zu gründen;

ii. wünscht eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen Finanz-, Innenministerium und den kommunalen Verbänden, sowie die Teilnahme der Gemeinden an den Debaten, vor allem hinsichtlich des kommunalen Finanzwesens, und bedauert, dass die Gemeinden in die Diskussion über die Gemeindefinanzen sowie in die Ausarbeitung der Gesetzesvorlagen betreffend die kommunale und regionale Selbstverwaltung nach den Bestimmungen von Artikel 94 des Gesetzes über kommunale Selbstverwaltung nicht genügend einbezogen werden;

iii. fordert die slowenischen Behörden auf, Artikel 10 der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung betreffend das Recht der Gemeinden, sich frei im Rahmen eines oder mehrerer Verbände nach ihrer Wahl zusammenzuschliessen, voll zu respektieren und in Erwartung einer endgültigen Entscheidung über die Zuerkennung des Statuts eines nationalen Verbandes die Zusammensetzung ihrer Delegation beim KGRE so zu revidieren, dass beide Verbände - die Versammlung der Städte und Gemeinden Sloweniens (SOS) wie auch der Verband der Gemeinden Sloweniens (ZOS) - darin vertreten sind. Diese Änderung soll spätestens zur 9. Plenartagung des KGRE (Mai 2002) vollzogen sein;

iv. fordert das slowenische Parlament hinsichtlich der Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Statut der Stadt Koper auf, eine Lösung zu finden, die es Koper ermöglicht, so weiterzubestehen wie bisher - dies in Anbetracht der Tatsache, dass die Gemeinde finanziell selbständig ist und ihre Bevölkerung sich in mehreren Referenden gegen eine Teilung ausgesprochen hat;

c. erfreut über den zur Zeit im Gange befindlichen Regionalisierungsprozess und insbesondere über den Wunsch der slowenischen Behörden, die Verfassung entsprechend abzuändern; fordert diese jedoch auf, angesichts der finanziellen Schwierigkeiten, in die zahlreiche Gemeinden nach der Einführung des Gesetzes über kommunale Selbstverwaltung (1994) geraten sind, sicherzustellen, dass die neu als grössere Gebiete kommunaler Selbstverwaltung geschaffenen Regionen in den Genuss der in der Verfassung sowie in der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung festgeschriebenen Garantien kommen; fordert sie ausserdem auf, in Anlehnung an den Entwurf einer Europäischen Charta der regionalen Selbstverwaltung dafür zu sorgen, dass diese Regionen mit angemessenen finanziellen Mitteln ausgestattet werden. Der Kongress, hinsichtlich des Themas Regionalisierung:

i. ist - in Übereinstimmung mit Artikel 3, Abschnitt 2, der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung betreffend den Begriff der kommunalen Selbstverwaltung sowie mit Artikel 12, Abschnitt 2, des Entwurfs einer Europäischen Charta der regionalen Selbstverwaltung, worin festgehalten ist, dass "die Regionalversammlung in freien, geheimen, direkten und allgemeinen Wahlen gewählt wird" - der Ansicht, dass die Mitglieder der Regionalräte in allgemeinen direkten Wahlen gewählt werden sollten, was Gewähr für die regionale Selbstverwaltung und für deren Legitimität gegenüber der Bevölkerung bieten würde;

ii. ist der Ansicht, dass mit dem Inkrafttreten des Gesetzes über die Regionen eine klare und eindeutige Definition der regionalen Zuständigkeiten, insbesondere auch im Vergleich zu den Gemeinden, einhergehen müsse. In diesem Zusammenhang ist der Kongress der Meinung, dass die von den Gemeinden auf die Regionen übertragenen Zuständigkeiten, je nach Grösse der Gemeinden, von Region zu Region unterschiedlich sein können. Das bedeutet: der Kongress fordert die Regierung Sloweniens auf, das Subsidiaritätsprinzip zu beachten und dafür zu sorgen, dass kommunale Zuständigkeiten nur insoweit an die Regionen abgetreten werden, als die Gemeinden aufgrund ihrer Grösse die betreffenden Aufgaben nicht selbst übernehmen können;

iii. fordert in diesem Sinne die slowenischen Behörden auf, für die Übertragung zahlreicher zentralstaatlicher Kompetenzen an die Gemeinden sowie dafür zu sorgen, dass diese Übertragung jeweils begleitet ist von angemessener Finanzierung entweder in Form eigener regionaler Aufkommen oder aber in Form von durch den Zentralstaat überwiesenen Mitteln. Im Hinblick hierauf werden die slowenischen Behörden aufgefordert, die unter zentralstaatlicher Zuständigkeit verbleibenden Kompetenzen der Verwaltungseinheiten neu festzulegen, ist doch der Kongress der Ansicht, dass die meisten der gegenwärtig bei den Verwaltungseinheiten liegenden Aufgaben auf die zukünftigen Regionen übertragen oder an sie delegiert werden sollten;

iv. begrüsst die Tatsache, dass die Parteien der Regierungskoalition für die Schaffung einer Region ein Minimum von 100 000 Einwohnern festgelegt haben, fordert die slowenische Regierung und vor allem das Parlament jedoch auf, für die strikte Einhaltung dieser Mindestzahl zu sorgen, ausgenommen in einigen Sonderfällen, für welche strenge und restriktive Kriterien im voraus festgelegt werden müssen;

v. ist der Ansicht, dass die Grenzen der neuen Regionen in einem Gesetz festgelegt werden sollten, das den bestehenden Unterteilungen - wie den statistischen Regionen oder den Verwaltungseinheiten - Rechnung trägt;

vi. nimmt mit Befriedigung die starke Zunahme der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zwischen slowenischen, österreichischen, kroatischen, ungarischen und italienischen Gemeinden bzw. Regionen sowie die Tatsache zur Kenntnis, dass Slowenien das Rahmenübereinkommen über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Gebietskörperschaften sowie dessen zwei Zusatzprotokolle zu ratifizieren gedenkt, erachtet er doch diese Ratifikation, insbesondere auch im Hinblick auf die spätere Schaffung von Euroregionen, als vorrangig;

d. begrüsst die Ratifikation (am 25. März 1998 bzw. am 4. Oktober 2000) des Rahmenübereinkommens zum Schutz nationaler Minderheiten sowie der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen und fordert die Regierung auf, ihre Anstrengungen für den Schutz der Rechte auch der übrigen, viel neuerer Einwanderung entstammenden Minderheiten fortzusetzen;

5. Ersucht das Ministerkomitee, die vorliegenden Empfehlungen bei der Beurteilung der Einhaltung der durch Slowenien anlässlich des Beitritts zum Europarat eingegangenen Verpflichtungen zu berücksichtigen und, wenn möglich mit Unterstützung durch andere internationale Organisationen sowie von der Europäischen Union, Kooperationsprogramme auszuarbeiten und zu diesen auch den Kongress beizuziehen, um Slowenien dabei zu helfen, die im Bereich der kommunalen und regionalen Selbstverwaltung anstehenden Reformen einschliesslich grenzüberschreitender Zusammenarbeit zu bewältigen; verweist dabei auf die Tatsache, dass die slowenischen Behörden trotz etwelcher Schwierigkeiten beachtliche Fortschritte gemacht und Unterstützung somit voll verdient haben;

6. Erklärt sich in diesem Zusammenhang bereit, den slowenischen Behörden bei einer Vertiefung der Diskussion der oben erwähnten Themen zu helfen und ihnen in Zusammenarbeit mit der zwischenstaatlichen Sektion des Europarats bei der Vorbereitung neuer Gesetzgebungen beizustehen, sodass während der Umsetzung der geplanten Reformen ein Dialog aufrechterhalten bleibt. Dieser könnte auch die Frage der Vor- und Nachteile einer Wahl der Bürgermeister durch die Gemeinderäte beziehungsweise durch die Bevölkerung betreffen.

1 Diskussion und Annahme durch den Kongress am 30. Mai 2001, 2. Sitzung (siehe Dok. CG (8) 6, Empfehlungsentwurf, vorgelegt durch die Herren G. Engel und O. Masters, Berichterstatter)