Empfehlung 88 (2001)1 betreffend die Gemeinde- und Regionaldemokratie in der Slowakischen Republik

Der Kongress,

1. Erinnernd:

a. an Artikel 2.3 der Statutarischen Entschliessung des Ministerkomitees (2000) 1 betreffend den KGRE, worin der Kongress beauftragt wird, regelmässig - Land für Land - Berichte über die Situation der Gemeinde- und Regionaldemokratie in den Mitgliedstaaten sowie in den sich um einen Beitritt zum Europarat bewerbenden Staaten auszuarbeiten;

b. an seine Entschliessungen 31 (1996), 58 (1997) und 106 (2000), worin die bei der Ausarbeitung der oben erwähnten Berichte zu befolgenden Grundsätze festgehalten sind;

2. Erinnernd an das zusammen mit dem Verband der slowakischen Städte und Gemeinden (ZMOS) am 4.- 5. Dezember 2000 in Bratislava durchgeführte Kolloquium über die Regionalisierung in der Slowakischen Republik;

3. Nach der Entsendung einer aus den beiden Co-Berichterstattern, den Herren Anders Knape (Schweden, Kammer der Gemeinden) und Miljenko Doric (Kroatien, Kammer der Regionen), einem Fachberater, Professor Angel-Manuel Moreno Molina (Spanien), und dem Sekretariat bestehenden Delegation am 4.-5. Dezember 2000 sowie am 22.-23. Februar 2001 und nach Kenntnisnahme des erarbeiteten Berichts;

4. Allen slowakischen Gesprächspartnern dankend, die es den Berichterstattern ermöglicht haben, das gegenwärtige System der Gemeinde- und Regionaldemokratie sowie die geplanten Reformen zu untersuchen, insbesondere auch dem Verband der slowakischen Städte und Gemeinden dankend für seine Hilfe bei der Organisation der Besuche der KGRE-Delegation in der Slowakischen Republik;

5. Die am 1. Februar 2000 erfolgte Ratifizierung der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung durch die Slowakische Republik begrüssend, allerdings bedauernd, dass die Slowakische Republik bei Gelegenheit der Ratifizierung Vorbehalte angebracht hast hinsichtlich Artikel 3, Abschnitt 1, Artikel 4, Abschnitte 3 und 5, Artikel 6, Abschnitt 2, Artikel 9, Abschnitte 1, 5, 6 und 7 sowie Artikel 10, Abschnitte 2 und 3; daher seiner Besorgnis Ausdruck gebend hinsichtlich einer wirksamen Umsetzung der in der Charta festgelegten Grundsätze in dem Lande;

6. Die am 1. Februar 2000 erfolgte Ratifizierung des Europäischen Rahmenübereinkommens über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Gemeinden oder Gebietskörperschaften sowie die am 1. Februar bzw. 31. Oktober 2000 erfolgte Ratifizierung der beiden Zusatzprotokolle zu dem Rahmenübereinkommen begrüssend;

7. Es wünschenswert findend, dass Änderungen an der Gebietsverwaltung des Landes angebracht würden, um die Gemeindedemokratie zu verbessern, die Praxis der Gemeindeverwaltung den Normen der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung anzupassen und angemessene Regionalstrukturen zu schaffen; '

8. Zur Kenntnis genommen habend, dass die slowakische Regierung entschlossen ist, die Gebietsreform des Landes sowie die allgemeine Reform der öffentlichen Verwaltung, welche gegenwärtig zu ihren Prioritäten gehören, so bald wie möglich zu verwirklichen;

9. Auch die neuen Verfassungsänderungen in der slowakischen Republik begrüssend, die es der Regierung ermöglichen, ihre Politik der Dezentralisierung und Regionalisierung fortzusetzen;

10. Kenntnis genommen habend von den Schwierigkeiten, innerhalb der slowakischen Parteien zu einem Konsens zu gelangen über die Namen, die Hauptorte und vor allem die Anzahl der zukünftigen Regionen ;

11. Dem Vorentwurf zu einem Gesetz über die Regionen der slowakischen Republik, der allerdings vom slowakischen Parlament noch nicht geprüft worden ist, Rechnung tragend;

12. Die beim Fortschreiten der Reform der öffentlichen Verwaltung eingetretene Verzögerung wie auch die Verzögerung des Gesetzgebungsprozesses bedauernd, der die rechtliche Basis für die Organisation der ersten Regionalwahlen Ende 2001 und für die tatsächliche Einführung der Regionen anfangs 2002 schaffen soll;

13. Möchte die folgenden Empfehlungen an Parlament und Regierung der slowakischen Republik richten:

a. den Umsetzungsprozess der Reform der öffentlichen Verwaltung zu beschleunigen und die legislative Arbeit im Hinblick auf die tatsächliche Bildung von mit wirklichen Kompetenzen ausgestatteten Regionen und die Schaffung der für deren Funktionieren unverzichtbaren, in regionalen Wahlen beschickten, gewählten Organen fortzusetzen;

b. die Anzahl Regionen unter gebührender Berücksichtigung der Wünsche der Bevölkerung und unter Respektierung der beträchtlichen Minderheiten festzulegen;

c. in einer angemessenen Gesetzgebung die den regionalen Gebietskörperschaften zugewisenen Befugnisse, ihre Finanzmittel und ihren Verwaltungsrahmen klar festzulegen;

d. die Reform der öffentlichen Verwaltung mit der Annahme der ergänzenden, ihre wirksame Umsetzung gewährleistenden Gesetzgebung fortzusetzen;

e. nach der besten Möglichkeit einer mit der fortschreitenden Aufhebung der Bezirke gekoppelten Rationalisierung der territorialen Ministerialdelegationen zu suchen;

f. die Möglichkeit einer Reduktion der Vorbehalte zu prüfen, welche die slowakische Republik bei der Ratifizierung der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung angebracht hat, dies vor allem betreffend den Artikel 3, Abschnitt 1, über das Recht und die tatsächlichen Fähigkeiten der Gemeinden, einen wesentlichen Teil der öffentlichen Angelegenheiten selbst zu gestalten (was im Grunde zum harten Kern des Begriffs der kommunalen Selbstverwaltung gehört);

g. die Sachdienlichkeit des Vorbehalts zu Artikel 10, Abschnitte 2 und 3 der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung betreffend das Recht der Gemeinden auf Zugehörigkeit zu den nationalen und internationalen Vereinigungen;

h. die grenzüberschreitende Zusammenarbeit weiterhin zu entwickeln und insbesondere die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der kommunalen und regionalen Gebietskörperschaften weiter zu fördern;

i. im Sinne von Artikel 9 der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung dafür zu sorgen, dass ein fester Prozentsatz des öffentlichen Einkommens in dauerhafter Weise den kommunalen Gebietskörperschaften zugewiesen und es ihnen ermöglicht wird, ihre eigenen Finanzmittel durch Steuern oder zusätzliche Erhebungen beträchtlich zu erhöhen und zumindest einen Teil der den kommunalen Gebietskörperschaften zugewiesenen spezifischen durch pauschale Subventionen zu ersetzen, die den Gemeinden mehr Handlungsspielraum belassen;

j. im Rahmen der vorgesehenen Gesetzesreformen den Gemeinden mehr Befugnisse zu geben und dadurch ihre aus den vom Staat delegierten Befugnissen entstehende Abhängigkeit zu verringern, überdies die Zuteilung von Grundbefugnissen in Form einer generellen Zuständigkeit für örtliche Angelegenheiten an die Gemeinden vorzusehen;

k. den Gemeinden und den zukünftigen Regionen im Rahmen allgemeiner Prinzipien, die ihren Niederschlag in einer Beamtenordnung finden, Autonomie hinsichtlich ihres Personals zu gewähren;

l. die kommunalen Gebietskörperschaften und die zukünftigen Regionen systematisch zu konsultieren bei der Ausarbeitung und Diskussion der sie betreffenden Gesetzesentwürfe;

m. eine Verwaltungsgerichtsbarkeit zu schaffen, um den rechtlichen Schutz der kommunalen Selbstverwaltung durch Ausübung des Rechts auf Inanspruchnahme eines Gerichts sicherzustellen, wie dies in Artikel 11 der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung vorgesehen ist, und entsprechende Einrichtungen auch für die zukünftigen Regionen vorzusehen;

n. eine echte Finanzreform in Form einer wirksamen und raschen Übertragung der Steuerhoheit auf die kommunale und später auch die regionale Ebene sowie angemessene Mechanismen für einen horizontalen Finanzausgleich vorzusehen;

o. ihre Anstrengungen im Bereich der Ausbildung des Gemeinde- und des zukünftigen Regionalpersonals zu intensivieren, hängen doch die Resultate jeder Dezentralisierung weitgehend von der fachlichen Qualifikation, der Motivation und der Leistungsfähigkeit der territorialen Verwaltungsbeamten ab;

p. im Zuge einer Umsetzung des Europäischen Rahmenübereinkommens über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Gemeinden oder Gebietskörperschaften sowie seiner Zusatzprotokolle zwischenstaatliche Abkommen mit fast allen Nachbarländern zu schliessen;

q. Zusammenlegungen von Gemeinden und die Zusammenarbeit zwischen Gemeinden zu fördern, um so die kommunalen Gebietskörperschaften in die Lage zu versetzen, leistungsfähige öffentliche Dienste anzubieten und umfassendere Investitionsprojekte durchzuführen;

r. während der im Gange befindlichen Reform den Dialog mit dem Kongress - in Form von Konsultationen und Meinungsaustausch mit den Mitgliedern und den Experten des Kongresses - aufrechtzuerhalten und dadurch aus den Erfahrungen anderer europäischer Länder im Bereich der Gemeinde- und Regionaldemokratie Nutzen zu ziehen;

s. nach der Einrichtung von Regionen und der Wahl ihrer Abgeordneten so rasch wie möglich eine entsprechende Delegation bei der Kammer der Regionen des Kongresses zu ernennen.

1 Diskussion durch den Kongress und Annahme am 30. Mai 2001, 2. Sitzung (siehe Dok. CG (8) 5, Empfehlungsentwurf, vorgelegt durch die Herren A. Knape und Doric, Berichterstatter)