19..TAGUNG

Straßburg, 26. – 28. Oktober 2010

Rechte und Pflichten von lokal und regional gewählten Vertretern:

Das Risiko der Korruption

Entschliessung 316 (2010)[1]

1. Der Kongress bestätigt erneut die Bedeutung der lokalen und regionalen Selbstverwaltung und zeigt sich zufrieden mit dem, was bisher in Bezug auf die Übertragung von Befugnissen auf die demokratisch gewählten lokalen und regionalen Vertreter in Europa erreicht wurde.

2. Dementsprechend ist sich der Kongress der Tatsache bewusst, dass neue Amtszeiten und neue Befugnisse auch neue Verantwortungen und Pflichten für die kommunalen und regionalen Politiker bedeuten. In dieser Hinsicht ist die Umsetzung guter Regierungsmethoden von ausschlaggebender Bedeutung für die Gemeinden und Regionen, da sie unter Beweis stellen müssen, dass sie den Herausforderungen einer dezentralisierten Demokratie gewachsen sind.

3. Gegenwärtig verwalten die Kommunen in Europa einen wichtigen Teil der öffentlichen Gelder, sind aber darüber hinaus mit großen Problemen in Bezug auf Wirtschaftskriminalität konfrontiert. Heute sind auch die Regionen, die verstärkt an der Kofinanzierung und der Verwaltung europäischer Gelder beteiligt sind, unmittelbar der Korruption ausgesetzt. Die Gemeinden und Regionen sollten sich der neuen Verantwortung bewusst sein, die sie durch die Übertragung neuer Zuständigkeiten erhalten.

4. Für seinen Teil ist der Kongress der Überzeugung, dass, wenn öffentliche Angelegenheiten auf kommunaler und regionaler Ebene verwaltet werden, dies nicht notwendigerweise zu einem höheren Grad an Korruption führen muss. Im Gegenteil, je höher der Grad der öffentlichen Kontrolle, desto weniger „geheime Geschäfte". Die Nähe gestattet den Bürgern zu sehen, wie, wo und wann öffentliche Gelder ausgegeben werden. Es ist unerlässlich, dass die europäische Gesellschaft an der Basis gesund bleibt und dass die Rechtsstaatlichkeit in den Gemeinden aufrecht erhalten wird.

5. Bürgermeister und Gouverneure sollten sich eines großen öffentlichen Vertrauens erfreuen; dieses Vertrauen sollte für kommunale und regionale Vertreter eine Verpflichtung darstellen. Die Beseitigung von Korruption ist nicht nur eine gesetzliche Pflicht, sondern auch eine Möglichkeit, die Regierungsführung auf kommunaler und regionaler Ebene zu verbessern.

6. In Folge ist es unerlässlich, die ethischen Standards, die allen kommunal und regional gewählten Vertretern gemein sind, zu fördern. Die kommunalen und regionalen Vertreter müssen über das von Ihnen erwartete Verhalten bei der Erbringung ihrer öffentlichen Pflichten informiert werden und sich dieses Verhaltens bewusst sein.

7. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse der internationalen Konferenz über „Die Bekämpfung von Korruption auf lokaler und regionaler Ebene” (Messina, 6. Mai 2010), die gemeinsam vom Kongress, dem Ausschuss der Regionen der Europäischen Union und der Stadtverwaltung von Messina organisiert wurde, ist der Kongress der Überzeugung, dass die Schlüsselelemente für die Bekämpfung der Korruption auf lokaler und regionaler Ebene gemeinsame ethische Werte, die Achtung der Rechtsstaatlichkeit und des öffentlichen Interesses, Transparenz und die Einbeziehung der Bürger in die Verwaltung des öffentlichen Wohls sind.

8. Der Kongress ist von der Bedeutung überzeugt, die öffentliche Bekanntmachung im Hinblick auf Entscheidungen, die die Leistungen der Kommunen und Regionen betreffen, gesteigert werden muss. Wenn Transparenz das Leitprinzip bei der Ausübung öffentlicher Pflichten ist, sollte dies bedeuten, dass alle Entscheidungen, die das Erbringen öffentlicher Pflichten betreffen, öffentlich gemacht werden sollten.

9. Die Arbeit auf kommunaler und regionaler Ebene sollte sich vorwiegend auf Präventivmaßnahmen, welche private Interessen bei den öffentlichen Pflichten verhindern, sowie auf die Einführung effizienter Überwachungsmechanismen stützten. Die öffentlichen Stellen haben in letzter Zeit signifikante Fortschritte bei der Bekämpfung von Finanzverbrechen und Korruption gemacht: Praktische Instrumente, die sich als erfolgreich erwiesen haben, sollten angewendet und auf alle Bereiche ausgedehnt werden, die einem hohen Korruptionsrisiko ausgesetzt sind.

10. Der Kongress unterstützt die Initiativen, die eingeleitet wurden, um Korruptionsgrundlagen zu eliminieren, so z. B. die Überarbeitung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge, die Einführung neuer Systeme zur Überwachung der Entscheidungsprozesse, die Einführung von „Integritätspakten" (anwendbar auf Kommunen) und die Schaffung von Antikorruptionsagenturen auf kommunaler und regionaler Ebene. Darüber hinaus sollten Präventivmaßnahmen, wie z. B. die Möglichkeit der anonymen Meldung von Korruptionsfällen, die verpflichtende Verlegung von Personal an sensible Stellen und ein Risikoanalysemanagement auf kommunaler und regionaler Ebene eingeführt werden.

11. Seit der Verabschiedung seines Verhaltenskodex für die politische Integrität lokal und regional gewählter Vertreter im Jahr 1999, ist sich der Kongress der Notwendigkeit ethischer Richtlinien bewusst, die in der Lage sind, Verhaltensstandards für kommunale und regionale Politiker festzulegen. Diese Richtlinien nutzen auch den Bürgern, die sich des Verhaltens bewusst sein sollten, das sie von ihren gewählten Vertretern erwarten dürfen.

12. In letzter Zeit ist es vermehrt zu Verstößen gegen ethische Grundsätze und zu Korruptionspraktiken gekommen: Neue Mechanismen zur Umgehung der Gesetze werden sowohl von jenen praktiziert, die Korruptionsfälle untersuchen, als auch von jenen, die der Versuchung der Korruption erliegen. Dementsprechend wünscht der Kongress eine Kultur zu fördern, die auf ethischen Werten und neuen Wegen zur Sicherstellung der Integrität der kommunalen und regionalen Verwaltungsbeamten im Hinblick auf die Verhinderung von Korruption beruht.

13. Angesichts des Vorstehenden beschließt der Kongress:

a. nach neuen Möglichkeiten zur Förderung eines ethischen Verhaltens und der Integrität lokaler und regionaler Politiker zu suchen, in Zusammenarbeit mit den zwischenstaatlichen Organen des Europarats, die sich mit diesem Thema auf nationaler Ebene befassen, sowie dem Ausschuss der Regionen der Europäischen Union;

b.Aufklärungskampagnen (i.e. Seminare, Fortbildungskurse und Gesprächsgruppen) in den Kommunen über die Bedeutung eines ethischen Verhaltens durchzuführen, um so die Kommunen in ihrem Kampf gegen Korruption und Vetternwirtschaft zu unterstützen;


c. den Ausschuss der Regionen der Europäischen Union einzuladen, mit dem Kongress an diesen wichtigen Themen zu arbeiten, mit dem Ziel, die Möglichkeiten der kommunalen und regionalen Behörden zu stärken und ihrem Mandat in effizienter und transparenter Weise nachzukommen;

d. die europäischen Gemeinden und Regionen und deren Verbände einzuladen, die Initiative des Kongresses voll zu unterstützen und an der kommenden Arbeit mitzuwirken.



[1] Diskussion und Annahme durch den Kongress am 28. Oktober 2010, 3. Sitzung (siehe Dokument CG(19)10, Begründungstext), Berichterstatter: D. Suica, Kroatien (L, EVP/CD).