17. PLENARTAGUNG
Straßburg, 13. – 15. Oktober 2009
Prävention von Gewalt gegen Kinder
Empfehlung 272 (2009)[1]
1. Obwohl Gewalt gegen Kinder ein weltweites Problem ist, ist es auch ein verstecktes; viele Fälle werden nie gemeldet und an vielen Orten wird diese Misshandlung leider immer noch weitestgehend akzeptiert und als normal angesehen.
2. Ein politisches Dokument, ausgehend und aufbauend auf der UN-Konvention über die Rechte des Kindes und den entsprechenden Dokumenten des Europarats sowie anderer relevanter internationaler Standards und mit dem Ziel der Förderung der Entwicklung und Umsetzung multidisziplinärer nationaler Rahmenwerke zur Verhinderung von und Reaktion auf jede Gewalt gegen Kinder war längst überfällig.
3. Der Kongress der Gemeinden und Regionen begrüßt daher die Politischen Leitfäden für nationale integrierte Strategien für den Schutz von Kindern vor Gewalt, die im Rahmen des Programms „Aufbau eines Europas für Kinder und mit Kindern“ entworfen wurde, und die Aktionen und die Praxis , die in diesem Leitfaden auf nationaler, regionaler und kommunaler Ebene skizziert werden.
4. Es ist häufig der Fall, dass es Aufgabe der Zentralregierung ist, die Hauptausrichtung staatlicher Politik oder den grundlegenden Umfang von Diensten festzulegen, die im Land im Bereich der Sozial- und Gesundheitspolitik angeboten werden. Nichtsdestotrotz ist vor Ort die Prävention von Gewalt gegen Kinder und deren Schutz die Verantwortung der Gebietskörperschaften.
5. Eine überzeugende Sozialpolitik auf der Grundlage lokaler, integrierter Dienstangebote für Kinder und Familien können eine wirksame Reaktion für die Optimierung geringer Mittel in einer Zeit sein, in der das Risiko für soziale Ausgrenzung und Armut gestiegen ist. Verbesserungen in diesen Bereichen befassen sich mit einigen der wichtigsten Risikofaktoren für familiäre Gewalt gegen Kinder und sollten aus diesem Grund zur Reduzierung der Misshandlungen von Kindern führen.
6. Darüber hinaus verfügen die Gemeinden und Regionen häufig über konkrete gesetzgeberische und regulierende Befugnisse in den Bereichen Soziales und Gesundheit, Wohlfahrt und Bildung und können aus diesem Grund ein grundlegendes Handeln beeinflussen, um die Prävention von Gewalt gegen Kinder zu einem übergreifenden Ziel aller politischen Ansätze zu machen, die direkt oder indirekt das Leben von Kindern und Familien beeinflussen.
7. Das Ziel des Berichts, der Empfehlungen und Entschließungen des Kongresses ist daher, die Leitfäden umfassend zu unterstützen und zu diesen beizutragen und diese zu ergänzen, indem man die besonderen Möglichkeiten der kommunalen und regionalen Stellen im Kontext des oben erwähnten nationalen Rahmenwerks untersucht und die wichtigsten Aspekte hervorhebt.
8. Angesichts des Vorstehenden bittet der Kongress das Ministerkomitee, die Politischen Leitfäden für nationale integrierte Strategien für den Schutz von Kindern vor Gewalt umfassend zu unterstützen, die ihnen zur Annahme im November 2009 vorgelegt werden.
9. Der Kongress bittet das Ministerkomitee des Weiteren, die Mitgliedstaaten aufzufordern:
a. sicherzustellen, dass mittels eines gemeinschaftlichen Prozesses, der Zentralverwaltungen, Regionen und Gemeinden sowie Vertreter der Zivilgesellschaft vereint, ein nationaler Aktionsplan eingesetzt wird oder, wo dieser bereits existiert, ordnungsgemäß umgesetzt wird, in Übereinstimmung mit den Leitfäden und unter besonderer Berücksichtigung der spezifischen Bedürfnisse von Kindern mit Behinderungen, Flüchtlings- und vertriebenen Kindern, Kindern aus Minderheitengruppen oder Kindern ohne Begleitung;
b. Gründung eines Koordinierungsmechanismus zwischen den Ministerien mit konkreter Zuständigkeit für die Umsetzung nationaler Präventionsstrategien, um eine optimale Integration der Politik, ihre gemeinsame Überwachung und Bewertung sowie die Kooperation bei der Verabschiedung eines Aktionsplans sicherzustellen;
c. die Prävention von Gewalt, den Schutz von Kindern und deren Behandlung als wesentliche und nicht temporäre Dienste zu verstehen und diese zu einem integralen Bestandteil der normalen Maßnahmen in den Bereichen Gesundheit und Soziales zu machen;
d. die erforderlichen gesetzgebenden Veränderungen im nationalen Recht vorzunehmen, damit:
i. das Melden von Fällen vermuteter Gewalt gegen Kinder Pflicht für alle Berufsvertreter wird, die mit ihnen im staatlichen und privaten Sektor arbeiten;
ii. kinderfreundliche juristische Verfahren eingeführt werden;
iii. Kinder informiert und aufgeklärt werden, was im Rahmen ihres Umgangs mit den Sozialdiensten und Rechtsbehörden geschieht;
iv. Kinder auf dem gesamten juristischen Weg durch einen Mediator begleitet und unterstützt werden, der ihre rechtlichen und anderweitigen Interessen vertritt;
e. nationale Standards und Dienste zu definieren, um einheitliche Maßnahmen zur Unterstützung gefährdeter Familien zu gewährleisten und schutzbedürftige Kinder und Kinder, die Opfer von Gewalt wurden, zu schützen;
f. sicherzustellen, dass jede eingeleitete Dezentralisierungsreform ihre umfassenden Verpflichtungen und Pflichten im Hinblick auf europäische und andere internationale und regionale Rechtsinstrumente widerspiegeln, die die Rechte von Kindern bestätigen, insbesondere die UN-Konvention über die Rechte des Kindes und deren Zusatzprotokolle und die Konvention über den Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch des Europarats;
g. eine stabile Finanzierung der Kinderschutzdienste zu gewährleisten und sicherzustellen, dass die kommunalen und regionalen Stellen diesbezüglich die notwendigen personellen und finanziellen Mittel erhalten, insbesondere bei der Übertragung von Aufgaben an dezentralisierte Ebenen;
h. eine dauerhafte politische und verwaltungstechnische Koordinierung zwischen Staat und den dezentralisierten Verwaltungsebenen durch Einrichten eines Mechanismus für die Überwachung der nationalen/regionalen Aktionspläne, die Schaffung eines Konsenses, für gemeinsame Aufgaben und die allgemeine Gewaltprävention und die Kinderrechte in nationalen und regionalen Gesetzen, Programmen und Verwaltungsakten sicherzustellen,
i.sicherzustellen, dass ihre regionalen und kommunalen Stellen wissen, dass eine nationale Anlaufstelle mit der Aufgabe betraut wurde, als Mittler zwischen ihren Kinderschutzstellen und dem Europarat zu agieren und diese zu kennen.
10. Der Kongress ist den zwei Hauptzielen der Europarat-Initiativen verpflichtet, i.e. die Umsetzung der internationalen Standards im Bereich Kinderrechte zu unterstützen, die Verantwortung und die Rechenschaftspflicht der Behörden auf nationaler, regionaler und kommunaler Ebene zu betonen und allgemein in der Politik und in den Maßnahmen der Mitgliedstaaten eine Kinderrechtsperspektive einzuführen und einen solchen Ansatz auf regionaler und kommunaler Ebene zu unterstützen. Aus diesem Grund verpflichtet sich der Kongress, sich über seinen Ausschuss für sozialen Zusammenhalt weiter für das Programm „Aufbau eines Europas für Kinder und mit Kindern“ einzusetzen und zur Mitwirkung an der im Juni 2009 gestarteten Plattform für Kinderrechte.