Empfehlung 69 (1999)1 betreffend wirtschaftliche Partnerschaft unter Regionen – ein Faktor der sozialen Kohäsion in Europa

Der Kongress,

mit Bezug auf den Vorschlag der Kammer der Regionen [und nach Kenntnisnahme der Stellungnahme der Kammer der Gemeinden],

1. In Anbetracht des von Herrn Suaud (Frankreich) an der gegenwärtigen Tagung vorgelegten Berichts über "Wirtschaftliche Partnerschaft unter Regionen, ein Faktor der sozialen Kohäsion in Europa";

2. Begrüssend den Erfolg des 5. Wirtschaftsforums der europäischen Regionen über "Investitions- sowie regionale und kommunale Entwicklungspolitiken auf gesamteuropäischer Ebene" vom 2.-4. Juli 1998 in Bukarest (Rumänien), das auf Einladung des Generalbürgermeisters von Bukarest in Zusammenarbeit mit der Stiftung für Wirtschaft und nachhaltige Entwicklung der europäischen Regionen, der rumänischen Regierung, der rumänischen Industrie- und Handelskammer und des rumänischen Arbeitgeberverbandes organisiert worden war;

3. Berücksichtigend die beim Abschluss des Forums angenommene und der vorliegenden Empfehlungen als Anhang beigefügte Schlusserklärung mit dem Titel "Wirtschaftliche Partnerschaft unter Regionen - ein Faktor der sozialen Kohäsion in Europa";

4. Begrüssend die Durchführung eines Kolloquiums im Rahmen des Forums, das betraf "Die Förderung der Regionalisierung in Europa und neue Initiativen in Rumänien zur Einleitung einer regionalen Entwicklungspolitik und zu Reformen der territorialen öffentlichen Institutionen";

5. Erinnernd an:

a. die an die Regierungen und internationalen Institutionen gerichteten Empfehlungen 23 (1996), 27 (1996) und 37 (1997) des KGRE betreffend die Resultate der vorangegangenen Foren im Hinblick auf eine Förderung der interregionalen und grenzüberschreitenden Zusammenarbeit unter den Regionen der Mitgliedstaaten des Europarats auf sozio-ökonomischen Gebiet und die Verstärkung ihrer Zuständigkeiten auf diesem Gebiet,

b. die Entschliessungen 38 (1996) und 42 (1996) des KGRE betreffend die vorangegangenen Foren, die Entschliessung 54 (1997) über "nachhaltige Entwicklung" und die Entschliessung 72 (1998) über "Regionen und Beschäftigung, ein Beitrag zur sozialen Kohäsion in Europa",

c. die Empfehlungen der Parlamentarischen Versammlung, welche die Politiken der Regierungen auf diesem Gebiet, vor allem hinsichtlich der zentral- und osteuropäischen Übergangsländer, unterstützen;

6. Eingedenk:

a. des vom Kongress 1997 als Empfehlung 34 (1997) angenommenen Entwurfs einer Europäischen Charta der regionalen Selbstverwaltung, der gegenwärtig dem Ministerkomitee des Europarats zur Prüfung im Hinblick auf seine Umgestaltung zu einem Europäischen Übereinkommen vorliegt,

b. des durch 21 Mitgliedstaaten des Europarats ratifizierten Europäischen Rahmenübereinkommens über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Gebietskörperschaften oder -behörden sowie seines zweiten Zusatzprotokolls über interterritoriale Zusammenarbeit, das bisher durch 8 Staaten unterzeichnet und durch einen Staat ratifiziert worden ist;

7. Erinnernd an:

a. die Schlusserklärung und den Aktionsplan des II. Gipfels der Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten des Europarats, worin festgehalten ist, dass die Belange der sozialen Kohäsion und der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zu den vorrangigen Arbeitsgebieten der Organisation gehören,

b. den Bericht "Aufbau des Grossen Europa ohne Trennungslinien" des Komitees der Weisen an das Ministerkomitee, worin die Notwendigkeit betont wird, dass der Europarat dafür sorgt, dass sich sämtliche Mitgliedstaaten nach den Standards der Organisation richten, und dass er sich den neuen Mitgliedstaaten zuwendet, um ihnen bei ihren rechtlichen, politischen und sozialen Umstrukturierungen zu helfen;

8. Feststellend:

a. dass die interregionale Zusammenarbeit in Europa heute eine Dimension der europäischen Kooperation darstellt, die sich in den allerletzten Jahren entwickelt und verstärkt hat und die auf dem Willen der Regionen beruht, sich aktiv am Aufbau Europas zu beteiligen;

b. dass diese Zusammenarbeit heute die Phase der einfachen kulturellen und administrativen Berührungen, des Eingehens von Partnerschaften und der gelegentlichen Kontakte hinter sich gelassen hat. Sie entwickelt sich faktisch zu einer Strömung der Solidarität unter den Regionen und veranlasst neue Partnerschaften auf vielerlei Gebieten, insbesondere dem sozio-ökonomischen und dem ökologischen Gebiet, im Ausbildungswesen sowie im Verkehrs- und Kommunikationswesen,

c. dass die Regionen der europäischen Übergangsländer vor vielfältigen politischen, administrativen und legislativen Problemen stehen, was sich als Bremse auswirkt für die Initiative regionaler Akteure, Konzepte auszuarbeiten für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung ihres Territoriums - welche Konzeptualisierung ihnen tatsächlich leichter fiele, wenn sich die betreffenden Staaten vermehrt einer Politik der Dezentralisierung und Regionalisierung zuwenden würden,

d. dass Hilfsprogramme und solche für die Übermittlung von Know-how aufseiten der alten, pluralistischen Demokratien notwendig sind, um den Regionen der neuen Mitgliedstaaten mit ihren Erfahrungen und ihrer Kenntnis der Marktwirtschaft, der Integration der regionalen und der nationalen Strukturen im System der gesamteuropäischen Zusammenarbeit sowie der Regionalisierungspolitiken beizustehen,

e. dass der Kongress sich, vor allem auch im Rahmen eines Programms von Kolloquien und Expertendebatten, erfolgreich für die Beratung der nationalen (Regierungen und Parlamente) und regionalen Organe der neuen Mitgliedstaaten des Europarats auf dem Gebiet der kommunalen und regionalen Selbstverwaltung eingesetzt hat, um ihnen dabei behilflich zu sein, ihre administrativen und politischen Strukturen und Regelungen an die Normen und Werte des Europarats anzupassen,

f. dass sich auf nationaler wie auf regionaler Ebene Investitionspolitiken nur dann entwickeln können, wenn es eine transparente und leistungsfähige Verwaltung sowie eine klare und stabile Gesetzgebung gibt, welche Privatbesitz anerkennt und Rechtssicherheit, besonders auch im Sektor Handel und Banken, schafft,

g. dass die wirtschaftliche Entwicklung einer Region nicht nur vom industriellen und wirtschaftlichen Geflecht in ihrem Territorium, sondern in hohem Masse von der Qualität und Ausbildung ihres Humanvermögens und von dessen Arbeits- und Lebensbedingungen abhängt,

h. dass administrative und finanzielle Anstrengungen vonseiten der Behörden nötig sind, um Lehr- und Ausbildungsinstitutionen für die jungen Generationen zu schaffen, worin insbesondere die Gesetze und Mechanismen des Marktes, des interregionalen und internationalen Wettbewerbs und der verantwortungsbewussten Bewirtschaftung der Naturschätze gepflegt werden,

i. dass die sozio-ökonomische Entwicklung einer Region nur dann erfolgreich verlaufen kann, wenn die diesbzügliche Politik die kulturelle Dimension mit einbegreift. Die kulturelle Identität der Region ist wichtig, damit sie sich gegenüber anderen Regionen abgrenzen und ihre kulturellen Vorzüge, die in einer auf ihrer Geschichte und ihren Traditionen, ihrer Bevölkerung und deren Sprache sowie dem Einsatz der Menschen für ihre Region fussenden regionalen Identität beruhen, auch wirtschaftlich fruchtbar machen kann,

j. dass die Aktivitäten des Kongresses und seiner Kammer der Regionen dadurch, dass sie die interregionale Zusammenarbeit in sozio-ökonomischen Belangen fördern, zur gesellschaftlichen Kohäsion eines Landes und zum Ausgleich der regionalen Disparitäten von Handel und Wirtschaft beitragen, was den Bewohnern eine Lebens- und Arbeitsqualität in ihrer eigenen Region beschert, welche die Wanderungsströme in die grossen städtischen Zentren abnehmen lässt;

9. Empfiehlt dem Ministerkomitee:

a. den Stellenwert der Regionen in der neuen gesamteuropäischen Zusammenarbeit und ihre Rolle als Vektoren der Förderung von Gemeinde- und Regionaldemokratie, politischer und kultureller Solidarität, demokratischer Stabilität und sozialem Frieden dadurch anzuerkennen, dass es im Rahmen seines Programmes für demokratische Stabilität die Initiativen der Regionen der Mitgliedstaaten, vor allem derjenigen Zentral- und Osteuropas, zur Schaffung von Kooperations- und Partnerschaftsnetzen auf sozio-ökonomischem, ökologischem, technologischem und kulturellem Gebiet unterstützt,

b. dem Lenkungsausschuss für Gemeinde-und Regionaldemokratie den Auftrag zu geben, in seinem Arbeitsprogramm den Problemen der Regionalisierung, den regionalen Strukturen und der regionalen Entwicklungspolitik der Mitgliedstaaten mehr Interesse zu schenken,

c. die Arbeit an der Herstellung und für die Annahme eines zwingenden Rechtsinstruments, das in Form eines Übereinkommens die Garantie der regionalen Selbstverwaltung in den Mitgliedstaaten sicherstellt, zu beschleunigen,

d. dem KGRE angemessene Verwaltungs- und Haushaltsmittel einzuräumen, die ihn befähigen, im Rahmen seines Programms von Expertengesprächen mit zentralstaatlichen, regionalen und kommunalen Behörden, direkt unterstützt durch die jeweiligen Volksvertreter, kommunale und regionale Initiativen zu entwickeln, die zur sozialen Kohäsion beitragen;

10. Empfiehlt dem Fonds für soziale Entwicklung:

a. in die Projekte, deren Finanzierung den Mitgliedstaaten zugeprochen wird, unter Berücksichtigung des demokratischen Funktionierens ihrer nationalen, regionalen und kommunalen Institutionen, vermehrt die regionale Dimension einzubeziehen,

b. die ihm eingereichten Finanzierungsprojekte nach Kriterien der dauerhaften Entwicklung, der Auswirkung auf die soziale Kohäsion sowie des Beitrags zum Abbau der regionalen Disparitäten in dem betreffenden Lande zu beurteilen,

c. die verschiedenen Möglichkeiten zu untersuchen, wie die Regionen über ihre zentralstaatlichen Behörden direkt oder indirekt aus dem Fonds Nutzen ziehen können und zusammen mit der Kammer der Regionen die Mittel und Möglichkeiten zu prüfen, wie durch den Einbau seiner Projekte in ein nationales, zusammen mit den regionalen Volksvertretern auszuarbeitendes Konzept der Regionalentwicklung die Wirksamkeit seiner Politik erhöht werden könnte;

11. Empfiehlt den Regierungen der Mitgliedstaaten:

a. den Stellenwert der Regionen in der sozio-ökonomischen Entwicklung des Landes und die Vorzüge der regionalen Kooperationsnetze auf nationaler und auf europäischer Ebene bezüglich der Fähigkeit des Landes zu erkennen, auf die wirtschaftlichen Herausforderungen der neuen Strukturen Europas und der Welt besser zu reagieren,

b. in diesem Sinne transparente Verwaltungsregeln und eine entsprechende Gesetzgebung zu schaffen, sodass Investitionen aus dem Ausland angezogen werden, für welche das Recht auf Privateigentum, Mobilität, Überweisung von Geldern und ein leistungsfähiges Bankensystem auf nationaler wie auf regionaler Ebene gesichert sein sollten,

c. eine Politik der Privatisierung des öffentlichen Sektors einzuleiten und die Gemeinden und Regionen an den aus dieser Politik resultierenden Mitteln teilhaben zu lassen, sodass sie diese in eigene Projekte investieren und damit die kommunale und regionale Wirtschaftsentwicklung beleben können,

d. zusammen mit den Regionen Politiken auszuarbeiten zur Förderung der kleinen und mittelständischen Unternehmen, da diese bei der Schaffung von Arbeitsplätzen in Europa an erster Stelle stehen,

e. zusammen mit den Regionen Ausbildungsinstitute für die zukünftigen Führungskräfte der regionalen Wirtschaftsentwicklung und der Bewirtschaftung der ökonomischen, industriellen und ökologischen Regionalvermögen zu schaffen,

f. zusammen mit den gewählten Regionalorganen regionale Entwicklungspolitiken auszuarbeiten, die den Grundsätzen der Subsidiarität, der nachhaltigen Entwicklung und der Dezentralisierung bzw. der Regionalisierung nachkommen,

g. gestützt auf den 1997 durch den KGRE angenommenen Entwurf einer Charta im Ministerkomitee des Europarats die Ausarbeitung und Annahme eines Europäischen Übereinkommens für die regionale Selbstverwaltung zu unterstützen;

12. Empfiehlt der Parlamentarischen Versammlung:

a. den Problemen der Dezentralisierung und der Regionalisierung in den Mitgliedstaaten sowie dem Beitrag, den diese Vorgänge zur demokratischen Stabilität leisten, die ihnen zukommende politische Bedeutung zuzubilligen und die Regionalentwicklung innerhalb der Mitgliedstaaten in ihrem neuen, gesamteuropäischen Kontext neu zu prüfen,

b. die Annahme eines internationalen Rechtsinstruments für die Stärkung der regionalen Selbstverwaltung durch das Ministerkomitee politisch dadurch zu unterstützen, dass sie die Annahme eines auf den Entwurf der Europäischen Charta der regionalen Selbstverwaltung (angenommen 1997 durch den Kongress) gründenden Europäischen Übereinkommens begünstigt,

c. bei der Ausarbeitung der nationalen Analysen des Standes der kommunalen und regionalen Demokratie in den Mitgliedstaaten (Monitoring) vermehrt mit dem KGRE zusammenzuarbeiten, indem sie sich auf die diesbezüglich im Kongress verfassten Berichte und Stellungnahmen stützt,

d. der regionalen Dimension der durch ihre Ausschüsse bearbeiteten Bereiche (wie ländliche und landwirtschaftliche Entwicklung, kulturelle Aktivitäten, Politiken im Hinblick auf Wirtschaft, Technologie und Umwelt) mehr Aufmerksamkeit zu schenken;

13. Empfiehlt der EBWE:

a. bei der Prüfung von Kredit- und Beihilfebegehren vonseiten der zentral- und osteuropäischen Länder den Grad ihrer demokratischen Stabilität und des Funktionierens ihrer kommunalen und regionalen Selbstverwaltungsstrukturen zu berücksichtigen,

b. finanziell und wirtschaftlich jene Staaten zu unterstützen, die überzeugende Beweise ihrer wirtschaftlichen und administrativen Umwandlung liefern können und ihre kommunale und regionale Selbstverwaltung durch eine Politik der Dezentralisierung und der Regionalisierung auf eine sichere Grundlage stellen.

Anhang

AM 4. JULI 1998 ANGENOMMENE SCHLUSSERKLÄRUNG

5. Wirtschaftsforum der europäischen Regionen
Bukarest (Rumänien), 2.-4. Juli 1998

WIRTSCHAFTLICHE PARTNERSCHAFT UNTER REGIONEN – EIN FAKTOR DER SOZIALEN KOHÄSION IN EUROPA

1. Die Teilnehmer am 5. Wirtschaftsforum der europäischen Regionen - Vertreter von Gemeinden und Regionen der Mitgliedstaaten des Europarats, Minister, hohe Beamte, Vertreter internationaler Organisationen und hochrangige Delegierte aus Kreisen der Wirtschaft, Verwaltung und Politik - danken den Behörden der Stadt Bukarest, dem Kongress der Gemeinden und Regionen Europas des Europarats und der Stiftung für Wirtschaft und nachhaltige Entwicklung der europäischen Regionen für die Organisation dieses Forums vom 2.-4. Juli 1998 in der rumänischen Hauptstadt.

2. Sie erinnern daran, dass das Hauptziel des Forums darin besteht, den politischen und wirtschaftlichen Vertretern der Regionen eine Plattform für Kontakte und Gespräche, für den Austausch von Informationen und Erfahrungen und für Zusammenarbeit und Partnerschaften im Bereich wirtschaftlicher und regionaler Entwicklung zu bieten, womit es sich einreiht in die Tradition der in Genf (Januar 1996), Dortmund (Juni 1996), Moskau (November 1996) und Wien (September 1997) bereits stattgefundenen Foren mit der selben Ausrichtung.

3. Es lässt sich feststellen, dass die interregionale Zusammenarbeit aufgrund dieses 5. Forums neue Impulse erhalten hat, konnten hier doch auf gesamteuropäischer Ebene die verschiedenen Aspekte der Investitions- und regionalen Entwicklungspolitiken im einzelnen vertieft werden. Es wurde festgestellt, dass die rumänische Regierung die Entwicklung neuer Initiativen zur Heranziehung ausländischer Investitionen eingeleitet hat und zugleich die legislativen und administrativen Grundlagen für die Anforderungen der Marktwirtschaft legt. Diese Anstrengungen sind Teil der Bestrebungen, die demokratischen und administrativen Reformen mithilfe einer geeigneten Wirtschaftspolitik zu stabilisieren mit dem Ziel der Förderung der sozialen und wirtschaftlichen Kohäsion im gesamten Lande. Gleichzeitig tragen sie dazu bei, Rumänien in die neuen Mechanismen der europäischen Zusammenarbeit zu integrieren und damit Aussichten auf einen dereinst möglichen Beitritt zur Europäischen Union zu eröffnen.

4. Die Besonderheit des Bukarester Forums ist es, eine enge Zusammenarbeit unter den Vertretern der zentralstaatlichen, regionalen und kommunalen Ebene in Gang zu setzen mit dem Ziel, die Trümpfe und Wirtschaftspotentiale aller Gebietskörperschaften zu valorisieren, um ausländische Investitionen anzuziehen und für deren Verteilung im gesamten nationalen Territorium zu sorgen.

5. Die kürzlich erfolgte Annahme des Gesetzes über eine Politik der regionalen Wirtschaftsentwicklung durch die Abgeordnetenkammer stellt einen wichtigen Schritt in diese Richtung, eine interessante Erfahrung und einen Meilenstein auf dem Weg zu einer echten Regionalisierung dar.

6. Allerdings hat sich im Laufe der Arbeiten gezeigt, dass die Umwandlung der Wirtschaft im Hinblick auf die Erfordernisse der Marktwirtschaft und die Herausforderungen der Globalisierung noch erhebliche Probleme stellt. Die Einbeziehung der Wirtschaftsakteure mithilfe einer Messe und Partnerschaftsbörse in die politischen Überlegungen des Forums trug jedoch bei zur Originalität dieses speziellen Forums und zu der Eröffnung neuer Zugänge zur europäischen interregionalen Zusammenarbeit sowohl für die politischen Vertreter als auch für die Wirtschaftsakteure.

7. Die Privatisierung sowie die Zusammenarbeit zwischen öffentlichem und privatem Sektor sind Gebiete, die noch besonderer Anstrengungen bedürfen. Die Mobilisierung der Wirtschaftsakteure auf regionaler Ebene bezweckt die Ankurbelung einer Eigenentwicklung, was jedoch eine Dezentralisierung der Zuständigkeiten und eine Politik der Regionalisierung voraussetzt. Eine solche Politik trägt ausserdem dazu bei, die Abwanderung vom Lande und deren Folge, die wirtschaftliche und industrielle Konzentration in den grossen städtischen Agglomerationen, zu bremsen. Die Politik der Wirtschaftsförderung müsste einhergehen mit einer Politik des Schutzes der Naturschätze und der Umwelt.

8. Besondere Aufmerksamkeit wurde der Entwicklung der Grenzregionen und ihrer Integration in die nationalen und transnationalen Transport- und Kommunikationsnetze geschenkt. Ihre Entwicklung müsste im Hinblick auf ihre Zusammenarbeit mit den Nachbarregionen im Rahmen von Strukturen einer permanenten grenzüberschreitenden Zusammenarbeit konzipiert werden.

9. Eine fruchtbare Partnerschaft unter Regionen setzt voraus, dass diese mit echten Zuständigkeiten und geeigneten Aktionsinstrumenten versehen sind, was vor allem in Zentral- und Osteuropa noch nicht überall verstanden worden ist.

10. Und doch haben die im Oktober 1997 zu ihrem zweiten Gipfel in Strassburg versammelten Staats- und Regierungschefs in ihrer Schlusserklärung die grundlegende Bedeutung der gemeindedemokratischen Institutionen für die Aufrechterhaltung der Stabilität in Europa anerkannt. Bereits anlässlich ihres ersten Gipfels 1993 hatten sie übrigens die Rolle der grenzüberschreitenden interregionalen Zusammenarbeit für die Stabilität in Europa hervorgehoben.

11. Es ist begrüssenswert, dass sich die zentral- und osteuropäische grenzüberschreitende Zusammenarbeit, auch in den Karpaten, in den letzten Jahren beschleunigt entwickelt hat. Wie Rumänien, so haben auch die Nachbarländer Ungarn und Ukraine diese Zusammenarbeit freigegeben und sich damit an die Grundsätze des Europäischen Rahmenübereinkommens über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Gebietskörperschaften sowie dessen Zusatzprotokoll gehalten.

12. Damit sich die grenzüberschreitende und interregionale Zusammenarbeit aber wirklich entfalten kann, muss eine breite Dezentralisierung von Zuständigkeiten und eine Ausstattung der kommunalen und regionalen Gebietskörperschaften mit den für eine solche Zusammenarbeit nötigen Mitteln, auch auf wirtschaftlichem Gebiet, vorgenommen werden.

13. Die Wirtschaftskreise, Finanzministerien und internationalen Finanz- und Wirtschaftsorganisationen müssen heute anerkennen, dass eine Regionalisierung die wirtschaftliche Entwicklung nicht behindert, sondern, ganz im Gegenteil, ein Mittel ist, um einen wirtschaftlichen Aufschwung herbeizuführen und Austauschbeziehungen in Gang zu setzen, die auf den Potentialen sämtlicher Regionen eines Landes beruhen; dies zeigt auch der Erfolg der reichsten Länder, wo eben - was für unser Thema sicher nicht belanglos ist - eine politische und wirtschaftliche Dezentralisierung bereits stattgefunden hat.

14. Der Erfahrungsaustausch in anderen zentral- und osteuropäischen Ländern wie auch die in den osteuropäischen Ländern betriebenen Politiken haben die Notwendigkeit einer Politik der Unterstützung für die Schaffung kleiner und mittelständischer Unternehmen (KMU) aufgezeigt, die als dynamische Strukturen Arbeitsplätze schaffen und eine rasche Anpassung an den nationalen und internationalen Wettbewerb in einer freien Marktwirtschaft leisten können. In diesem Bereich sind neue interregionale Initiativen gefragt zur Förderung des Geflechts kleiner und mittelständischer Unternehmen, das in den Ländern Zentral- und Osteuropas besonders schwach ist. Eine solche Ausrichtung ist ein wichtiger Faktor in der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, jener alle Länder Europas heimsuchenden Plage. Die Gemeinden und Regionen leiden unter ihren Folgen und sind genötigt, Initiativen gegen die neue Armut und die soziale Ausgrenzung zu entwickeln.

15. Es gehört zu der Rolle der insbesondere mit den wirtschaftlichen Kreisen zusammenarbeitenden Regionen, die Ausbildung der Jugendlichen und die ständige Fortbildung der Erwachsenen sicherzustellen, um sie auf das Berufsleben und die durch die moderne Wirtschaft diktierten Wiedereingliederungen in neue Berufe vorzubereiten. Auch in diesem Bereich ist der interregionale Austausch - von Ausbildnern und Lernenden - entwicklungsfördernd.

16. Eine dauerhafte Entwicklung verlangt nach einer mit den langfristigen Erfordernissen des Umweltschutzes vereinbaren Bewirtschaftung der Naturschätze. Marktwirtschaft setzt ausserdem parallel laufende Fortschritte im Bereich der Demokratie sowie die Respektierung der nationalen und regionalen kulturellen Identitäten und die Umsetzung von Massnahmen auf dem Gebiet der sozialen Gerechtigkeit voraus. Eine Nichtachtung dieser demokratischen, kulturellen und sozialen Werte birgt die Gefahr einer neoliberalistischen Krise, einer Entwicklung, wie sie kürzlich gewisse asiatische Länder heimsuchte.

17. Wie die übrigen zentral- und osteuropäischen Länder, so muss auch Rumänien eigene, in den wirtschaftlichen, kulturellen, sozialen und ökologischen Kontext seiner Regionen passende Entwicklungsmuster erarbeiten.

18. Eine interregionale wirtschaftliche Partnerschaft ist ein moderner Mechanismus zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit einer Region, und zwar gemeinsam mit den - und nicht gegen die - nationalen wie auch den jenseits der Grenzen gelegenen Regionen.

19. Die regionale Entwicklung und die Wirtschaftspartnerschaft unter Regionen tragen bei zum wirtschaftlichen Aufschwung und damit zur sozialen Kohäsion in den europäischen Ländern.

20. Das Forum begrüsst die erstmalige Mitwirkung eines Vertreters der autonomen Republik Adscharien (Georgien) und eines Vertreters von Podgorica, der Hauptstadt der Republik Montenegro (BRJ), und unterstützt die in diesen beiden Republiken unternommenen Bemühungen um eine Annäherung an Europa, welche Ermutigung auch durch interregionale Partnerschaften verdienen.

* * *

Die Teilnehmer

Fordern die rumänischen Behörden, den Kongress der Gemeinden und Regionen Europas (KGRE) und die Stiftung für Wirtschaft und nachhaltige Entwicklung der europäischen Regionen (FEDRE) auf, in ihren jeweiligen Kompetenzbereichen Folgearbeiten zu dem Bukarester Forum zu übernehmen, und zwar insbesondere:

i. Partnerschaften zu fördern, die nicht nur die wirtschaftliche Entwicklung, sondern auch den Austausch in den eine nachhaltige und ausgewogene Entwicklung mitbegründenden Bereichen Kultur, berufliche Ausbildung und soziale Kohäsion umfassen;

ii. ein Konzept zu entwerfen für die Förderung von Partnerschaften zwischen einerseits den Regionen, Städten und Wirtschaftskreisen Rumäniens und andererseits deren Entsprechungen in anderen europäischen Ländern, die in Koordination mit dem KGRE und der FEDRE handeln würden;

iii. 1999 auf Einladung des Landes Thüringen (Deutschland) ein sechstes Wirtschaftsforum der europäischen Regionen in Weimar zu organisieren, das insbesondere die Rolle der Kulturpolitik und der regionalen kulturellen Identität für die wirtschaftliche Entwicklung betreffen sollte;

iv. nach Ablauf einer angemessenen Frist den Stand der Erfahrungen der regionalen Entwicklungsagenturen in Rumänien sowie der Fortschritte zu ermitteln, die das Land in Richtung einer vermehrten Dezentralisation von Zuständigkeiten auf die regionale Ebene getan hat.

1 Diskussion und Zustimmung durch die Kammer der Regionen am 16. Juni 1999 und Annahme durch den Ständigen Ausschuss des Kongresses am 17. Juni 1999 (siehe Dok. CPR(6) 5, Empfehlungsentwurf, vorgelegt durch Herrn B. Suaud, Berichterstatter)