14. PLENARTAGUNG
(Straßburg, 30. Mai – 1. Juni 2007)

Öffnung der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung
für den Beitritt der Europäischen Gemeinschaft
und der Nichtmitgliedstaaten des Europarates

Empfehlung 218(2007)[1]


Der Kongress, mit Bezug auf einen Vorschlag seiner Kammer der Gemeinden,

1. Unter Hinweis auf :

a. die Europäische Charta der kommunalen Selbstverwaltung (SEV Nr. 122);

b. seine Entschließung 195 (2005) betreffend „20 Jahre Europäische Charta der kommunalen Selbstverwaltung" ;

c. seine Entschließung 222 (2006) über den Entwurf von Richtlinien zum Siedlungsprogramm der Vereinten Nationen (UN-HABITAT) betreffend Dezentralisierung und Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung;

d. die Entschließung 1290 (2002) der Parlamentarischen Versammlung des Europarates betreffend zukünftige Kooperation zwischen den europäischen Institutionen;

e. die Empfehlung 1770 (2006) der Parlamentarischen Versammlung des Europarates betreffend Förderung der kommunalen Selbstverwaltung an den Grenzen des Europarates;

f. den Protokollentwurf zur Änderung der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung im Hinblick auf den Beitritt der Europäischen Gemeinschaft und der Nichtmitgliedstaaten des Europarates, seinen erläuternden Bericht (Anhang I und Anhang II) und den Begründungstext (CPL(14)3REP), vorgelegt von Christopher Newbury (Vereinigtes Königreich, EVP/CD) und ausgearbeitet in Kooperation mit einer Gruppe unabhängiger Experten;

2. Verweist darauf, dass die Europäische Charta der kommunalen Selbstverwaltung („die Charta“) der einzige internationale juristisch bindende Vertrag bleibt, der die Merkmale der kommunalen Selbstverwaltung festlegt und den Gemeinden der Mitgliedstaaten die Ausübung ihrer Rechte und Befugnisse in einem Staat garantiert, in dem die Macht zwischen den verschiedenen Regierungsebenen aufgeteilt ist;

3. Ist der Auffassung, dass die Bestimmungen der Charta Grundprinzipien für alle Mitgliedstaaten des Europarates enthalten, deren Bedeutung jedoch nicht auf den europäischen Kontinent beschränkt ist;

4. Ist der Auffassung, dass die Existenz von lokalen Gebietskörperschaften, die echte Verantwortung übernehmen und eine effektive Autonomie haben, die öffentlichen Angelegenheiten, gemäß dem Prinzip der Subsidiarität, effizienter und bürgernäher verwalten können;

5. Ist außerdem der Auffassung, dass die Annahme der Richtlinien über die Dezentralisierung und Stärkung der Gemeinden am 17. April 2007 durch die Vereinten Nationen zeigt, dass sich weltweit ein Konsens für die Prinzipien der Gemeindedemokratie entwickelt und eine bedeutende Entwicklung für den Frieden, die Demokratie und den sozialen und wirtschaftlichen Fortschritt darstellt;

6. In dem Bewusstsein, dass die Charta bei ihrer Ausarbeitung Anfang der achtziger Jahre als „geschlossenes“ Instrument vorgesehen war, d.h. nur für die Unterzeichnung durch die Mitgliedstaaten des Europarates offen stand;

7. Begrüßt die Empfehlung 1770 (2006) der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, die dem Ministerkomitee empfiehlt, die Charta auch für Nichtmitgliedstaaten zur Unterzeichnung zu öffnen;

8. Entschlossen, die Anerkennung der Werte der kommunalen Selbstverwaltung und Gemeindedemokratie außerhalb des Europarates zu fördern;

9. Verweist darauf, dass das Ziel des Europarates und der Europäischen Union eine größere Einheit zwischen den Mitgliedstaaten und den Völkern Europas bedeutet, „in der die Entscheidungen so offen und bürgernah wie möglich getroffen werden» (siehe Artikel 1 in Kapitel I des Unionsvertrages);

10. Überzeugt, dass die Achtung der Prinzipien der Gemeindedemokratie eine der Grundlagen des Aufbau Europas ist und dass die Gebietskörperschaften als Akteure dieses Prozesses, die dem Europäischenrecht und dem Gemeinschaftsrecht unterliegen, dazu beigetragen haben;

11. Ebenfalls in der Überzeugung, dass das europäische Gemeinschaftsrecht in den Bereichen, die in die Kompetenz der Gemeinden fallen, immer mehr Einfluss gewinnt, z.B. Umwelt, Verwaltung der Mittel und Bildung;

12. Ist der Auffassung, dass bei der Ausübung der eigenen oder geteilten Kompetenzen die Europäische Union/die Europäische Gemeinschaft, wie auch die Mitgliedstaaten, dafür eintreten, die Prinzipien der kommunalen Selbstverwaltung und der Subsidiarität zu achten, das gute Regieren auf europäischer, nationaler und lokaler Ebene zu fördern und auf die Kohärenz und Vereinfachung des Regelwerks zu achten;

13. Ist der Auffassung, dass die Frage der Umsetzung des Subsidiaritätsprinzips bei den Arbeiten der Europäischen Union für den zukünftigen Verfassungsprozess unumgänglich ist;

14. Verweist darauf, dass der Verfassungsvertrag der Europäischen Union die ausdrückliche Anerkennung der regionalen und lokalen Selbstverwaltung sowie das Recht des Ausschusses der Regionen vorsieht, den Europäischen Gerichtshof bei Fragen der Subsidiarität anzurufen;

15. Stellt in diesem Zusammenhang fest, dass die Charta von fast allen Mitgliedstaaten des Europarates und allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ratifiziert wurde;

16. Ist daher der Auffassung, dass aus Gründen der Kohärenz und der Konsolidierung der Rechtsstaatlichkeit in Europa, die Europäische Union/ die Europäische Gemeinschaft der Charta beitreten sollten;

17. In dem Bewusstsein, dass die Europäische Union keine Rechtspersönlichkeit besitzt, fällt es der Europäischen Gemeinschaft zu, gegebenenfalls der Charta beizutreten;

18. Angesichts der Tatsache, dass die Charta für den Beitritt der Europäischen Gemeinschaft abgeändert werden muss;

19. Nimmt zur Kenntnis, dass der vorliegende Protokollentwurf technischer Natur ist und den Beitritt der Europäischen Gemeinschaft und der Nichtmitgliedstaaten des Europarates zur Charta ermöglichen soll, ohne Entscheidungen vorzugreifen, die zu einem späteren Zeitpunkt über diese Beitritte und die möglichen Modalitäten zur Beteiligung der Europäischen Gemeinschaft und der Drittstaaten an den Kooperationsstrukturen des Europarates zu treffen sind;

20. Ist ebenfalls der Auffassung, dass ein Protokollentwurf zur Abänderung der Charta für das Inkrafttreten vom Ministerkomitee zu verabschieden ist, der von allen Vertragsstaaten der Charta unterzeichnet und ratifiziert wird;

21. Ausgehend von diesen Feststellungen, empfiehlt der Kongress:

a. dem Ministerkomitee:

i.              den Protokollentwurf im Anhang zu prüfen, der eine Änderung der Charta darstellt, um den Beitritt der Europäischen Gemeinschaft und der Nichtmitgliedsstaaten des Europarates zu ermöglichen;

ii.          den Protokollentwurf zur Abänderung der Charta zu verabschieden und den Entwurf des erläuternden Berichts zur Kenntnis zu nehmen;

iii.         sie zur Unterzeichnung durch die Mitgliedstaaten des Europarates aufzulegen, wenn möglich bei der Konferenz der europäischen Minister für Gebietskörperschaften, die am 15. Oktober 2007 in Valencia (Spanien) stattfindet;

iv.         die Mitgliedstaaten des Europarates aufzufordern, diese schnellstmöglich zu ratifizieren.

b. fordert  die Parlamentarische Versammlung des Europarates auf, den vorliegenden Text, der technischer Natur ist und der Kooperation zwischen dem Europarat und der Europäischen Union einerseits und zwischen dem Europarat und den Nichtmitgliedstaaten andererseits entspricht, zur Kenntnis zu nehmen.

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Anhang I (Entwurf des Protokolls zur Abänderung der Charta) und Anhang 2 (Entwurf des erläuternden Berichts) liegen nicht in deutscher Sprache vor. Richten Sie sich bitte nach der englischen oder französischen Fassung der Empfehlung.



[1] Diskussion und Zustimmung durch die Kammer der Gemeinden am 30. Mai 2007 und Annahme durch den Kongress am 1. Juni 2007, 3. Sitzung (siehe Dokument CPL(14)3REC, Empfehlungsentwurf vorgelegt durch C. Newbury (Vereinigtes Königreich, L, EPP/CD), Berichterstatter).