15. PLENARSITZUNG
Straßburg, 27. - 29
. Mai 2008

Öffentliche Maßnahmen auf lokaler und regionaler Ebene: für eine neue Energiekultur

Empfehlung 243 (2008)[1]

1. Energie ist das Herzstück der Zukunft unseres Planeten und zentrales Problem der modernen Gesellschaften. Die heutigen globalen Herausforderungen verlangen ein entschlossenes Handeln, um den Klimawandel zu kontrollieren und einzudämmen und um die lokalen und regionalen Energiereserven abzusichern;

2. Die Notwendigkeit für einen dringenden Wandel wird insbesondere an der Tatsache deutlich, dass die fossilen Energiereserven begrenzt sind und daher vorausschauende Maßnahmen verlangen, einerseits eine Einschränkung des konstanten und wachsenden Energiebedarfs und andererseits die Notwendigkeit einer radikalen Umstellung auf erneuerbare und nachhaltige Energiequellen;

3. Der Kongress der Gemeinden und Regionen des Europarats ist der Ansicht, dass diese Herausforderungen gemeistert werden können, und dass die dafür erforderlichen Maßnahmen eine sehr enge Verbindung von Energie- und Klimapolitik einschließen müssen, vorausgesetzt natürlich, dass die Energiepolitik die Umwelt als Schlüsselaspekt der Klimapolitik respektiert;

4. Der Kongress ist der Überzeugung, dass die Weiterführung des aktuellen Energiemodells unweigerlich zu dramatischen Entwicklungen führen würde, nicht nur für die Zukunft unseres Planeten, sondern auch im Hinblick auf die internationale Stabilität, die Weltwirtschaft und soziale Unsicherheiten. Alle Mitgliedstaaten des Europarats sollten umgehend entschlossene Maßnahmen im Hinblick auf eine Energieumstellung ergreifen, die signifikant die Treibhausgasemissionen senken und sie bis 2050 in den Industriestaaten um ein Viertel reduzieren;

5. Dies erfordert die Konzeption eines Entwicklungsmodells, das sich erheblich vom jetzigen unterscheidet.  Wir müssen unsere Art der Energiegewinnung und des Energieverbrauchs überprüfen. Wir müssen effektive Maßnahmen ergreifen, um den Einsatz fossiler Brennstoffe zu senken, Energie einzusparen und alternative Energien zu entwickeln;

6. Zu diesem Thema müssen die Staaten diese neuen Wege unterstützen. Die gemeinsame Nutzung der Technologie und Marktmechanismen stellt nicht nur eine Energieeffizienz sicher, sondern ermutigt auch die Mitwirkung von Entwicklungs- und Schwellenländern an den notwendigen Veränderungen;

7. Der Kongress erachtet Energieeffizienz als echte und kosteneffektive Ressource, da es die kostengünstigste Möglichkeit birgt, Treibhausgase zu senken und zur Förderung nachhaltiger und sicherer Energiequellen beizutragen. Umfassende Investitionen in die Energieeffizienz tragen auch dazu bei, eine CO2-arme Wirtschaft zu entwickeln und die Entstehung neuer Wirtschaftsfelder zu stimulieren;


8. Des Weiteren ist der Kongress der Ansicht, dass, trotz des technologischen Fortschritts seit Empfehlung 161 (2005) zu erneuerbaren Energien, die weltweit natürlich vorkommen, diese Energien immer noch gegenüber Energienformen benachteiligt werden, die kurzfristig zwar kostengünstiger, aber wesentlich umweltfeindlicher sind. Erneuerbare Energien werden heute in wesentlich angemessener und wirtschaftlich praktikabler in einer Vielzahl von Bereichen eingesetzt. Es ist Aufgabe des Staates und der Gemeinden und Regionen, ihre Einführung zu fördern;

9. Der Kongress begrüßt die ehrgeizige Politik der Europäischen Union im Bereich Energie und Umwelt. Die strikten Zielsetzungen im Hinblick auf erneuerbare Energien und die Reduzierung von Treibhausgasen setzen ein Beispiel für die internationale Gemeinschaft und die Nichtmitgliedstaaten. Er begrüßt außerdem die Anerkennung der wichtigen Funktion der Städte und Großstädte beim Erreichen von Energiezielen und den „Bürgermeisterkonvent“ der EU, der die Mobilisierung der zahlreichen Gemeinden und deren Netzwerke unterstützt;

10. Gemeinden und Regionen spielen eine zentrale Rolle bei der Bekämpfung des Klimawandels und eine strategische Rolle bei der Entwicklung einer neuen Energiekultur. Sie sind heute der ideale Ort, um neue Ideen und innovative Projekte umzusetzen, die auf eine Bekämpfung der globalen Erwärmung abzielen, die Luftverschmutzung durch fossile Brennstoffnutzung verhindern und eine nachhaltige Energiezukunft für die kommenden Generationen sicherstellen;

11. Städte, Großstädte und Regionen, zusammen mit ihren Bewohnern und lokalen Betroffenen, sollten an vorderster Front die umsetzenden Akteure einer neuen Energiepolitik sein. Die Staaten müssen sie in diesem Bemühen um die Förderung der Energieeffizienz unterstützen, indem sie ihnen die notwendigen Befugnisse und Ressourcen zur Verfügung stellen, um ihre Rolle in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Europäischen Charta der lokalen Selbstverwaltung effektiv erfüllen zu können;

12. Außerdem müssen die Staaten, obwohl der Kongress überzeugt ist, dass eine solche Politik vor Ort auf lokaler und regionaler Ebene und unterstützt durch die ganze Bevölkerung implementiert werden muss, nichtsdestotrotz durch ein beispielhaftes Handeln im Hinblick auf ihre eigenen Gebäude, Einkäufe, Transportflotten und Abfallverwertungsmethoden ein Beispiel setzen;

13. Der Kongress empfiehlt dem Ministerkomitee des Europarats, die Europäische Raumordnungsministerkonferenz (CEMAT) aufzufordern, die Herausforderungen im Bereich Energie in ihrer Raumplanungs- und Managementpolitik zu berücksichtigen und Fragen der Energieeffizienz und des Klimawandels in ihre Empfehlungen aufzunehmen;

14. Daher fordert der Kongress das Ministerkomitee des Europarats auf, die Mitglieder zu bitten:

a. ehrgeizige nationale Aktionspläne für Energieeffizienz zu implementieren, um:

i.          Gemeinden und Regionen und eine große Bandbreite öffentlicher und privater Akteure an deren Formulierung, Ausarbeitung und Implementierung zu beteiligen;

ii.          bereichsspezifische Zielsetzungen zu formulieren, um eine Beurteilung zu erleichtern;

b. eine nationale Gesetzgebung zu verabschieden, um in größerem Maße die Bedeutung der Energieeffizienz berücksichtigen zu können, und die Rolle der Gemeinden und Regionen zu betonen, die:

i.          Anreize einführen, um die Energieeffizienz auf allen Ebenen zu verbessern und die Energierechnungen für Haushalte, öffentliche Verwaltungsstellen und die Industrie zu senken;

ii.          die Einführung moderner Finanzinstrumente zur Verbesserung der Energieeffizienz fördern;

iii.         die Gesetzgebung und rechtliche Regulierung gemäß den höchsten Standards harmonisieren, z. B. aktuell durch jene der Europäischen Union;

iv.         die Autonomie der Gemeinden und Regionen erhöhen, wo dies noch nicht der Fall ist, und deren Fähigkeiten für effektives Handeln erweitern, indem man ihnen die angemessenen Befugnisse und nachhaltigen finanziellen Mittel zur Verfügung stellt, die erforderlich sind, um die Schwachstellen in ihren Bereichen zu reduzieren;

c. Investitionen und die Forschung für technologische Entwicklungen im Bereich Energieeffizienz und den Ausbau erneuerbarer Energien zu fördern;

d. diese Bemühungen mit starken, nachhaltigen Initiativen zu unterstützen, um das Wissen und das Bewusstsein über diese Themen zu vertiefen und die Notwendigkeit zu verdeutlichen, alle Bürger an den verabschiedeten Maßnahmen zu beteiligen;

e. eine „Nachfrage“-Kultur zu fördern, insbesondere in den Staaten, die von einer traditionellen „Angebot“-Monokultur bestimmt sind.  Dies ist eine der dringlichsten Voraussetzungen für die Verbesserung der Energieeffizienz, die auf allen Ebenen Bildung und Aufklärung verlangt;

f. bezahlbare und nachhaltige Energieangebote zu entwickeln;

g. eine exemplarische Energieeffizienzpolitik für ihre Verwaltungen, Ministerien und Gebäude zu entwickeln;

h. eine Kooperation im Bereich der Energiebereitstellung und Sicherstellung der Energiebereitstellung zu entwickeln;

i. dem Faktor Mensch die angemessene Bedeutung zukommen zu lassen, da die erforderlichen Änderungen nach neuen Kompetenzen vor Ort verlangen, die auf die Förderung einer neuen Energiekultur und einer politischen Neuorientierung abzielen.

15. Der Kongress empfiehlt des Weiteren dem Ministerkomitee des Europarats, die Europäische Union aufzufordern:

a. eine integrierte europäische Energie- und Klimawandelpolitik mit den ehrgeizigen Zielen der Reduzierung der Treibhausgase und einer signifikant erhöhten Energieeffizienz zu verfolgen und entschlossen erneuerbare Energien zu fördern;

b. die Arbeit der Gemeinden und Regionen und von deren Verbänden zu unterstützen, ihren Zugang zu Finanzierungen für innovative Projekte zu erleichtern und den interterritorialen Austausch von Wissen und die optimale Ausnutzung erfolgreicher Erfahrungen zu fördern.

16. Der Kongress fordert die Parlamentarische Versammlung des Europarats auf, ihre Arbeit fortzusetzen, um sicherzustellen, dass die nationalen Parlamente ihre Gesetzgebung und Vorschriften auf Energiethemen abstimmen, insbesondere im Hinblick auf Energieeffizienz und erneuerbare Energien.



[1] Diskussion und Annahme durch den Kongress am 29. Mai 2008, 3. Sitzung (siehe Dokument CG(15)13REC, Empfehlungsentwurf vorgelegt durch O. Luk'Ianchenko (Ukraine, L, EVP/CD) und M. Spinosa (Italien, R, SOC), Berichterstatter).