18. TAGUNG

CG(18)4
16. Februar
2010

Nach Kopenhagen stellen Städte und Regionen sich der Herausforderung

Präsidium des Kongresses

Berichterstatter : Dubravka Suica, Kroatien (L, EVP/CD[1])

A. Entschließungsentwurf 2

B. Empfehlungsentwurf 3

Zusammenfassung

Die Vereinbarung von Kopenhagen hat zahlreiche Beobachter enttäuscht, auch wenn sie die Tatsache der Klimaerwärmung und die Notwendigkeit ihrer Begrenzung anerkannt hat. Angesichts der Mühe der Staaten, zu einer abgestimmten Haltung zu finden, ist es umso unerlässlicher, dass die Gemeinden und Regionen etwas unternehmen.  

In der Tat liegt es in erster Linie an den Städten und Regionen, die Klimaerwärmung zu bekämpfen und ihr Gebiet entsprechend anzupassen. Sie bleiben problembewusst und entschlossen, auch künftig zugunsten des Klimas tätig zu werden.

Der Kongress ist der Auffassung, dass die Staaten die grundlegende Rolle der Gebietskörperschaften anerkennen und sie als unerlässliche Partner bei den erforderlichen Bemühungen voll in die diplomatischen Klimaverhandlungen einbeziehen sollten. In diesem Zusammenhang sollten sie ihre Fähigkeit zu möglichst bürgernahem Handeln verstärken.  

Der Kongress fordert zugleich ein neues Klimaabkommen, das der Problematik der Umwelt, der Wirtschaft, der Ethik, der sozialen Gerechtigkeit und der Menschenrechte besser gerecht wird, um nachhaltige Antworten auf den Klimawandel zu finden.


A. ENTSCHLIESSUNGSENTWURF[2]

1. Die 15.Konferenz der Parteien des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen zum Klimawandel hat vom 7. bis 18. Dezember 2009 in Kopenhagen (Dänemark) die Vertreter von 193 Regierungen sowie eine sehr große Anzahl von Gemeinden und Regionen und Nichtregierungsorganisationen der ganzen Welt zusammengebracht, um ein Folgeabkommen des Kyoto-Protokolls auszuarbeiten.

2. Diese Konferenz war durch die von ihr hervorgerufene Mobilisierung und die von ihr geweckten Erwartungen der öffentlichen Meinung gekennzeichnet und hat somit zu einer historischen Wende in der weltweiten Reaktion auf die Herausforderung der Klimaerwärmung geführt.

3. Leider blieb die geschlossene politische Vereinbarung unzureichend angesichts der gegenwärtigen Probleme, die nicht nur die Umwelt, sondern auch die Wirtschaft betreffen und zugleich Fragen der Gerechtigkeit und der Menschenrechte aufwerfen.

4. Der Kongress der Gemeinden und Regionen des Europarats bedauert zwar das mangelhafte Ergebnis von Kopenhagen, hofft jedoch, das die getroffene Vereinbarung nichtsdestoweniger einen ersten Schritt zur inhaltlichen Ausgestaltung eines neuen bindenden Abkommens darstellt, das unbedingt auf der nächsten Konferenz der Parteien vom 29. November bis 10. Dezember 2010 in Mexiko verabschiedet werden sollte.

5. Zahlreiche Vertreter von Gemeinden und Regionen aus aller Welt waren in Kopenhagen zugegen, manche von ihnen als Mitglieder ihrer nationalen Delegation, wie es der Kongress mit Empfehlung 271 (2009) und Entschließung 288 (2009) gefordert hatte.

6. Der Kongress nimmt mit Befriedigung ihre Mobilisierung und  – nach Kopenhagen womöglich noch stärkere – Entschlossenheit zur Kenntnis, etwas gegen den Klimawandel zu unternehmen, sei es im Rahmen des Kommunalen Klimaplans (der sog. Local Government Climate Roadmap) oder im Rahmen ihrer Netzwerke und entsprechenden Zusammenschlüsse.

7. Der Kongress selbst war auch in Kopenhagen vertreten und ist, vor allem an der Seite des Ausschusses der Regionen der Europäischen Union, mit Nachdruck dafür eingetreten, dass die Rolle der Gebietskörperschaften in einem neuen globalen Abkommen voll anerkannt werde.

8. Er begrüßt es, dass bestimmte Länder ebenso wie die Europäische Union ihre wichtige Rolle bei der Abschwächung der Folgen des Klimawandels und der entsprechenden Anpassung ihres Gebiets ausdrücklich anerkannt haben.

9. Der Kongress ist der Ansicht, dass Bemühungen der kommunalen Stellen und der Behörden unterhalb der gesamtstaatlichen Ebene zur Bewältigung der Energie- und Klimaprobleme umso dringender gefordert sind als die Staaten zu keinen konkreten Beschlüssen gelangt sind. Er hofft, dass die Städte und Regionen sich auch künftig als die treibende Kraft für wesentliche Umstellungen auf ihrem Gebiet erweisen.


10. Folglich fordert der Kongress zur Fortsetzung dieses Engagements und zur aktiven Mitwirkung während der ganzen Dauer des Verhandlungsprozesses des Jahres 2010 und darüber hinaus auf. Seinerseits wird der Kongress in derselben Richtung tätig werden und die Bemühungen der internationalen Zusammenschlüsse und Netzwerke der Gemeinden und Regionen in den diplomatischen Klimaverhandlungen unterstützen.

11. Angesichts dessen fordert der Kongress die Gemeinden und Regionen der Mitglieds- und Beobachterstaaten des Europarats auf :

a. sich, ohne auf die Regierungen zu warten, in Fragen des Klimawandels zu engagieren und sich dabei ehrgeizige Ziele zu setzen ;  

b. gleichzeitig mit ihren entsprechenden Regierungen Kontakt aufzunehmen, um zu den Vorschlägen eines jeden Staats beizusteuern und die Staaten dazu zu bewegen, auf europäischer wie auf weltweiter Ebene klare und ehrgeizige Verpflichtungen einzugehen ;

c. bei ihren nationalen Regierungen darauf zu dringen, dass sie :

i.          ihre grundlegende Rolle beim Kampf gegen den Klimawandel voll und ganz anerkennen ;

ii.          Vertreter der Gebietskörperschaften in die für die nächste Konferenz der Parteien (im Dezember 2010 in Mexiko) zu bildenden Delegationen aufnehmen und während der gesamten Dauer der Verhandlungen über ein neues Abkommen einbeziehen.

12. Der Kongress bittet seinen Ausschuss für nachhaltige Entwicklung, die Energie- und Klimaprobleme auch weiterhin zu verfolgen.

B. EMPFEHLUNGSENTWURF[3]

1. Die 15. Konferenz der Parteien des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen zum Klimawandel, die vom 7. bis 18. Dezember 2009 in Kopenhagen (Dänemark) stattfand, ging mit einer politischen Vereinbarung zu Ende, die nur teilweise Antworten auf die Problematik der Klimaerwärmung gibt. Die Frage des Abschlusses eines internationalen Abkommens wurde mithin bis zur nächsten Konferenz der Parteien, die vom 29. November bis zum 10. Dezember 2010 in Mexiko stattfinden wird, vertagt.

2. Der Klimawandel betrifft das Geschick der gesamten Menschheit und stellt eine gewaltige Herausforderung für das 21. Jahrhundert dar. Es handelt sich nicht mehr nur um ein reines Umweltproblem, sondern ist auch ein wirtschaftliches, geopolitisches Problem und eines der Gerechtigkeit, der Menschenrechte und der internationalen Solidarität. Das Kopenhagener Treffen war Anlass einer ungeahnten Mobilisierung der Nichtregierungsorganisationen, der Bürger und der Gebietskörperschaften auf der ganzen Welt.

3. Während die Staaten sich nicht auf ein bindendes weltweites Abkommen einigen konnten, das jedes Land gemäß seiner Verantwortlichkeit zu bestimmten Maßnahmen verpflichtet hätte, beweist diese Mobilisierung, welchen Stellenwert die Frage der Klimaerwärmung mittlerweile in der öffentlichen Meinung sowie in der internationalen politischen Debatte einnimmt.  

4. Die Vereinbarung von Kopenhagen hat die unleugbare Tatsache der Klimaerwärmung und dringende Notwendigkeit, sie zu begrenzen, ausdrücklich anerkannt. Die Staaten sind folglich gehalten, die gesamte Welt dazu zu bringen, ein bindendes Abkommen abzuschließen, das den derzeitigen Energie- und Klimaproblemen gerecht wird.

5. Der Kongress der Gemeinden und Regionen des Europarats ist überzeugt, dass ein bindendes weltweites Abkommen, das die Bedürfnisse der Industriestaaten und der Entwicklungsländer unter einen Hut bringt, nicht mehr nur eine von verschiedenen Möglichkeiten, sondern ein zwingendes moralisches und politisches Gebot ist.

6. Nachdem nun ein entscheidendes Verhandlungsjahr beginnt, darf es nicht dazu kommen, dass die Kluft zwischen der öffentlichen Meinung der Welt und den Regierungen sich erweitert. Der Kongress fordert die Staaten auf, jeweils für sich bindende Verpflichtungen zu übernehmen und die gesamte internationale Gemeinschaft kollektiv dazu zu bewegen, das Gleiche zu tun.

7. Die Gemeinden und Regionen sind sich ihrerseits sehr wohl der kommenden Herausforderungen bewusst und verfügen auf zahlreichen Gebieten über die Zuständigkeit, wirksame Maßnahmen gegen den Klimawandel vorzunehmen und ihr Gebiet den neuen Klimabedingungen anzupassen. Sie bleiben mobilisiert und politisch willens, ganz konkret vor Ort zu handeln. Sie sind entschlossen, ehrgeizige und nachhaltige Lösungen beizusteuern und zu diesem Zweck alle verfügbaren Möglichkeiten auszuschöpfen.

8. Der Kongress hat sich entschieden für die Anerkennung der wesentlichen Rolle der Gebietskörperschaften beim Kampf gegen den Klimawandel eingesetzt, weil er der Auffassung ist, dass ihre Mitwirkung unerlässlich ist, um die beispiellosen Energie- und Klimaprobleme zu bewältigen. Folglich hat er aktiv an der Kopenhagener Konferenz teilgenommen und zur Mobilisierung der Städte und Regionen sowie ihrer Zusammenschlüsse beigetragen, damit ihre Rolle anerkannt werde und ihre Initiativen gewürdigt werden.

9. Der Kongress ist der Meinung, dass angesichts des fehlenden Engagements der Staaten das Tätigwerden der kommunalen Stellen und der Behörden unterhalb der gesamtstaatlichen Ebene weltweit erst recht gefordert ist. Das beispiellose Ausmaß der Probleme erfordert in der Tat weltweit dringende Maßnahmen auf allen Ebenen der Verwaltung.

10. Der Kongress stellt fest, dass die Kommunal- und Regionalpolitiker, auch wenn sie die Unzulänglichkeiten der diplomatischen Verhandlungen und das Fehlen konkreter Ergebnisse auf internationaler Ebene bedauern mögen, auf kein zwischenstaatliches Abkommen gewartet haben, um in ihren Städten und Regionen neuartige Initiativen zu ergreifen, um die Bevölkerung zur Änderung ihres Verhaltens zu bewegen.

11. Der Kongress erinnert daran, dass die Gemeinden und Regionen diejenige Verwaltungsebene bilden, die den Bürgern am nächsten ist, und die Verantwortung für die Bewahrung ihrer Lebensqualität tragen. Sie werden auch künftig in Partnerschaft sowohl auf nationaler wie internationaler Ebene tätig sein und mit ihren Zusammenschlüssen auf einen möglichst umfassenden Beitrag zur Erreichung der nationalen und internationalen Ziele hinwirken.

12. Der Kongress begrüßt es, dass die Gemeinden und Regionen sich unter Hintanstellung aller politischen, geografischen und bevölkerungsmäßigen Unterschiede gemeinsam engagiert haben und darauf hinarbeiten, dass es im Jahr 2010 zu einem bindenden weltweiten Abkommen im Kampf gegen den Klimawandel kommt. Er fordert einen nationalen Dialog, um zu den Vorschlägen der einzelnen Staaten beizusteuern.

13. Der Kongress ist auch der Ansicht, dass die Europäische Union bis jetzt eine bedeutende Rolle im Kampf gegen den Klimawandel gespielt hat und dass sie, ohne die einzelnen Stellungnahmen der nichteuropäischen Staaten abzuwarten, über ihr ursprüngliches Engagement hinaus die nötigen Mittel bereitstellen sollte, um sowohl den europäischen Kontinent als auch die Entwicklungsländer an den Klimawandel anzupassen.

14. Folglich erneuert der Kongress seine Bitte an das Ministerkomitee, den Kongress bei seinen Bemühungen gegenüber den Mitglieds- und Beobachterstaaten um volle Einbeziehung der Gebietskörperschaften in die diplomatischen Verhandlungen zur Klimafrage zu unterstützen.


15. Der Kongress fordert das Ministerkomitee des Europarats auf, die Mitglieds- und Beobachterstaaten zu bitten :

a. sich gemäß dem Ausmaß der anstehenden Probleme zu engagieren und dafür zu sorgen, dass die politischen Verhandlungen im Verlauf des Jahres 2010 nicht ins Stocken geraten und die 16. Konferenz der Parteien des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen zum Klimawandel im Dezember 2010 in Mexiko zum Abschluss eines neuen bindenden Klimaabkommens führt;

b. anzuerkennen, dass es in erster Linie an den Gemeinden und Regionen liegen muss, sich um entsprechende Maßnahmen gegen die Klimaerwärmung und zur Anpassung ihres Gebiets an deren Folgen zu bemühen ;

c. den Gebietskörperschaften zu gestatten, direkt an den diplomatischen Klimaverhandlungen teilzunehmen und sie folglich in die nationalen Delegationen aufzunehmen, die das Jahr 2010 über auf ein Abkommen zum Klimawandel hinarbeiten, und sie schon im Vorfeld der Verhandlungen als unumgängliche Partner bei den vorzusehenden Schritten einzubeziehen ;

d. die Gemeinden und Regionen bei der Verwirklichung von Maßnahmen im Kampf gegen den Klimawandel zu unterstützen und die staatliche Gesetzgebung entsprechend zu ergänzen, um ihre Fähigkeit zu möglichst bürgernahem Handeln zu stärken.

16. Der Kongress bittet ferner das Ministerkomitee, die Europäische Union aufzufordern :

a. sich über ihren gegenwärtigen Einsatz hinaus zugunsten eines bindenden weltweiten Klimaabkommens zu engagieren, das dem Ausmaß der Energie- und Klimaprobleme gerecht wird ;

b. in noch stärkerem Maße den Beitrag der Gebietskörperschaften im Kampf gegen den Klimawandel zu würdigen, ihnen den Zugang zu finanziellen Hilfen zu erleichtern und ihren Zusammenschluss in Netzwerken sowie ihren Erfahrungsaustausch zu fördern.

17. Der Kongress fordert die Parlamentarische Versammlung des Europarats auf, seine Bemühungen zu unterstützen, damit die nationalen Parlamente die Rolle der Gebietskörperschaften in vollem Umfang berücksichtigen und im Einklang mit den Grundsätzen der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung und dem Bezugsrahmen für regionale Demokratie angemessene Gesetzgebung zur Stärkung ihrer Handlungsmöglichkeiten zur Milderung der und Anpassung an die Folgen des Klimawandels fördern.



[1] L : Kammer der Gemeinden / R : Kammer der Regionen

UILDG : Unabhängige und Liberaldemokratische Gruppe des Kongresses  

EVP/CD : Gruppe der Europäischen Volkspartei – Christdemokraten des Kongresses

SOZ : Sozialistische Gruppe des Kongresses

NG : Mitglied, das keiner politischen Gruppe des Kongresses angehört

[2] Vorentwurf der Entschließung und Empfehlung vom Präsidium des Kongresses am 5. Februar 2010 angenommen.

Mitglieder des Präsidiums::

Y. Mildon, Präsident des Kongresses, I. Micallef (Interimspräsident des Kongresses und Präsident der Kammer der Gemeinden), L. Sfirloaga (Präsident der Kammer der Regionen), D. Suica, G. Krug, A. Knape,  S. Rihtniemi, H. Zach, I. Borbely, J.‑C. Frécon, S. Orlova, F. Pellegrini, K. Andersen, E. Yeritsyan, I. Michas, O. Van Veldhuizen, N. Romanova.

N.B. : Die Namen der Mitglieder, die an der Abstimmung teilgenomme haben, sind kursiv gedruckt.

Sekretariat des Präsidiums : D. Rios, L. Taesch

[3] Siehe Fußnote auf Seite 2