18. TAGUNG
Straßburg, 17. – 19. März 2010

Nach Kopenhagen stellen Städte und Regionen sich der Herausforderung

Empfehlung 281 (2010)[1]

1. Die 15. Konferenz der Parteien des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen zum Klimawandel, die vom 7. bis 18. Dezember 2009 in Kopenhagen (Dänemark) stattfand, ging mit einer politischen Vereinbarung zu Ende, die nur teilweise Antworten auf die Problematik der Klimaerwärmung gibt. Die Frage des Abschlusses eines internationalen Abkommens wurde mithin bis zur nächsten Konferenz der Parteien vertagt, die vom 29. November bis zum 10. Dezember 2010 in Mexiko stattfinden wird.

2. Der Klimawandel betrifft das Geschick der gesamten Menschheit und stellt eine gewaltige Herausforderung für das 21. Jahrhundert dar. Es handelt sich nicht mehr nur um ein rein ökologisches Problem, sondern auch um ein wirtschaftliches, geopolitisches Problem, ein Problem der Gerechtigkeit, der Menschenrechte und der internationalen Solidarität. Das Kopenhagener Treffen führte zu einer ungeahnten Mobilisierung der Nichtregierungsorganisationen, der Bürger und der Gebietskörperschaften auf der ganzen Welt.

3. Auch wenn die Staaten sich nicht auf ein bindendes weltweites Abkommen einigen konnten, das jedes Land gemäß seiner Verantwortlichkeit zu bestimmten Maßnahmen verpflichtet hätte, beweist diese Mobilisierung doch, welchen Stellenwert die Frage der Klimaerwärmung mittlerweile in der öffentlichen Meinung sowie in der internationalen politischen Debatte einnimmt. 

4. In der Vereinbarung von Kopenhagen wurde die unleugbare Tatsache der Klimaerwärmung und dringende Notwendigkeit, sie einzudämmen, ausdrücklich anerkannt. Die Staaten sind folglich gehalten, die gesamte Welt dazu zu bewegen, ein bindendes Abkommen abzuschließen, das den derzeitigen Energie- und Klimaproblemen gerecht wird.


5. Der Kongress der Gemeinden und Regionen des Europarates ist überzeugt, dass ein bindendes weltweites Abkommen, das sowohl die Bedürfnisse der Industriestaaten als auch der Entwicklungsländer berücksichtigt, keine Option mehr sondern ein zwingendes moralisches und politisches Gebot ist.

6. Nachdem nun ein entscheidendes Verhandlungsjahr beginnt, darf es nicht dazu kommen, dass die Kluft zwischen der öffentlichen Meinung der Welt und den Regierungen noch größer wird. Der Kongress fordert die Staaten auf, einzeln sich zu engagieren und gemeinsam die gesamte internationale Gemeinschaft dazu zu bewegen, das Gleiche zu tun.

7. Die Gemeinden und Regionen sind sich ihrerseits sehr wohl der kommenden Herausforderungen bewusst und verfügen auf zahlreichen Gebieten über die Zuständigkeit, wirksame Maßnahmen gegen den Klimawandel vorzunehmen und ihre Gebiete den neuen Klimabedingungen anzupassen. Sie bleiben mobilisiert und politisch willens, ganz konkret vor Ort tätig zu werden. Sie sind entschlossen, ehrgeizige und nachhaltige Lösungen beizusteuern und zu diesem Zweck alle verfügbaren Möglichkeiten auszuschöpfen.

8. Der Kongress hat sich entschlossen für die Anerkennung der wesentlichen Rolle der Gebietskörperschaften beim Kampf gegen den Klimawandel eingesetzt, weil er der Auffassung ist, dass ihre Mitwirkung bei der Bewältigung der beispiellosen Energie- und Klimaprobleme unerlässlich ist. Daher nahm er aktiv an der Kopenhagener Konferenz teil und trug zur Mobilisierung der Städte und Regionen sowie ihrer Verbände bei, damit ihre Rolle anerkannt werde und ihre Initiativen gewürdigt werden.

9. Der Kongress ist der Meinung, dass angesichts des fehlenden Engagements der Staaten das Tätigwerden der Gemeinderegierungen und der Behörden unterhalb der gesamtstaatlichen Ebene weltweit erst recht erforderlich ist. Das beispiellose Ausmaß der Probleme erfordert in der Tat weltweit dringende Maßnahmen auf allen Ebenen der Verwaltung.

10. Der Kongress stellt fest, dass die Kommunal- und Regionalpolitiker, auch wenn sie die Unzulänglichkeiten der diplomatischen Verhandlungen und das Fehlen konkreter Ergebnisse auf internationaler Ebene bedauern mögen, nicht auf ein zwischenstaatliches Abkommen gewartet haben, um in ihren Städten und Regionen innovative Initiativen zu ergreifen, um die Bevölkerung zur Änderung ihres Verhaltens zu bewegen.

11. Der Kongress erinnert daran, dass die Gemeinden und Regionen die Verwaltungsebene bilden, die den Bürgern am nächsten ist, und die Verantwortung für die Wahrung ihrer Lebensqualität tragen. Sie werden auch künftig sowohl auf nationaler wie auch auf internationaler Ebene zusammenarbeiten und mit ihren Verbänden sich bemühen, einen möglichst umfassenden Beitrag zur Erreichung der nationalen und internationalen Ziele zu leisten.

12. Der Kongress begrüßt es, dass die Gemeinden und Regionen alle politischen, geografischen und demographischen Unterschiede hinten angestellt und sich gemeinsam engagiert haben, damit es im Jahr 2010 ein bindendes weltweites Abkommen im Kampf gegen den Klimawandel gibt. Er fordert einen nationalen Dialog über die Vorschläge der einzelnen Staaten.

13. Der Kongress ist auch der Ansicht, dass die Europäische Union bisher eine bedeutende Rolle im Kampf gegen den Klimawandel gespielt hat und dass sie, ohne die einzelnen Stellungnahmen der nichteuropäischen Staaten abzuwarten, über ihr ursprüngliches Engagement hinaus die nötigen Mittel bereitstellen sollte, damit sowohl der europäische Kontinent als auch die Entwicklungsländer sich an den Klimawandel anpassen können.

14. Folglich erneuert der Kongress seine Bitte an das Ministerkomitee, den Kongress bei seinen Bemühungen gegenüber den Mitglieds- und Beobachterstaaten zu unterstützen, die Gebietskörperschaften in die diplomatischen Verhandlungen über die Klimafrage voll und ganz einzubeziehen.


15. Der Kongress fordert das Ministerkomitee des Europarates auf, die Mitglieds- und Beobachterstaaten zu bitten :

a. sich den Herausforderungen zu stellen, dafür zu sorgen, dass die politischen Verhandlungen im Verlauf des Jahres 2010 nicht ins Stocken geraten und dass die 16. Konferenz der Vertragsparteien des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen zum Klimawandel im Dezember 2010 in Mexiko zum Abschluss eines neuen bindenden Klimaabkommens führt;

b. anzuerkennen, dass in erster Linie die Gemeinden und Regionen sich um entsprechende Maßnahmen gegen die Klimaerwärmung bemühen und die Gebiete an deren Folgen anpassen müssen;

c. den Gebietskörperschaften zu gestatten, direkt an den diplomatischen Klimaverhandlungen teilzunehmen und sie folglich in die nationalen Delegationen aufzunehmen, die während des Jahres 2010 ein Abkommen zum Klimawandel aushandeln. Sie sollten schon im Vorfeld der Verhandlungen als unumgängliche Partner bei den vorzusehenden Schritten einbezogen werden;

d. die Gemeinden und Regionen bei der Verwirklichung von Maßnahmen im Kampf gegen den Klimawandel zu unterstützen und die staatliche Gesetzgebung entsprechend zu ändern, damit sie bürgernäher handeln können.

16. Der Kongress bittet ferner das Ministerkomitee, die Europäische Union aufzufordern :

a. sich über ihren gegenwärtigen Einsatz hinaus für ein bindendes weltweites Klimaabkommen einzusetzen, das dem Ausmaß der Energie- und Klimaprobleme gerecht wird;

b. in noch stärkerem Maße den Beitrag der Gebietskörperschaften im Kampf gegen den Klimawandel zu würdigen, ihnen den Zugang zu finanziellen Hilfen zu erleichtern und ihre Vernetzung sowie den Erfahrungsaustausch zu fördern.

17. Der Kongress fordert die Parlamentarische Versammlung des Europarates auf, sich dafür einzusetzen, dass die nationalen Parlamente die Rolle der Gebietskörperschaften in vollem Umfang berücksichtigen und im Einklang mit den Grundsätzen der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung und dem Bezugsrahmen für regionale Demokratie eine angemessene Gesetzgebung zu fördern, damit diese Maßnahmen zur Milderung  und Anpassung an die Folgen des Klimawandels ergreifen können.



[1] Diskussion und Annahme durch den Kongress am 18. März 2010, 2. Sitzung (siehe Dokument CG(18)4, Begründungstext, Berichterstatterin : D. Suica, Kroatien (L, EVP/CD)).