18. TAGUNG
Straßburg, 17.–19. März 2010

Minderheitensprachen – ein wertvolles Gut für die regionale Entwicklung

Empfehlung 286 (2010)[1]

1. Regional- und Minderheitensprachen sind kein überflüssiger Luxus: Neben der Tatsache, dass sie ein integraler Teil des reichhaltigen kulturellen Erbes Europas sind, spielen sie eine wichtige Rolle bei der Integration und beim wirtschaftlichen Aufbau des gesamteuropäischen Gebietes.

2. Damit das wirtschaftliche Potenzial dieser Sprachen verwirklicht werden kann, müssen die Regierungen sicherstellen, dass sie ordnungsgemäß gefördert werden und ihre Nutzung in allen Gesellschaftsbereichen ermutigt wird. Vertreter von Regional- und Minderheitensprachen sollten auf allen Ebenen vollständig in die wirtschaftliche Entwicklung ihrer Regionen zum Nutzen aller einbezogen werden.

3. Der Europarat verfügt über wertvolle Rechtsinstrumente zum Schutz und zur Förderung europäischer Minderheitengruppen. Diese verdienen es, besser bekannt und systematisch umgesetzt zu werden.

4. Der Kongress,

a. in der Erkenntnis, dass der wirtschaftliche und kulturelle Wert der europäischen Regional- und Minderheitensprachen größtenteils ungenutzt ist und dass die Regional- und Minderheitensprachen immer noch seitens der Regierungen der Mitgliedstaaten zu wenig Aufmerksamkeit erhalten;

b. in Anerkennung der Arbeit des Expertenausschusses der Europäischen Charta für Regional- und Minderheitensprachen und der Arbeit des Beratungsausschusses zum Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten;

c. in Berücksichtigung der Empfehlung CM/Rec(2008)7 des Ministerkomitees über den Einsatz des Gemeinsamen europäischen Referenzrahmens für Sprachen des Europarats (CEFR) und die Förderung von Mehrsprachigkeit;

d. in Berücksichtigung der Tatsache, dass die Förderung von Regional- und Minderheitensprachen ein wichtiger Wettbewerbsvorteil für die Wirtschaft einer Region sein kann;

e. in Berücksichtigung der Empfehlung 1383 (1998) der Parlamentarischen Versammlung über sprachliche Diversifikation;

f. in Berücksichtung der Empfehlung 1740 (2006) der Parlamentarischen Versammlung über die Bedeutung der Muttersprache in der schulischen Bildung;

5. Fordert aus diesem Grund das Ministerkomitee des Europarats auf:

a. anzuerkennen, dass Sprachminderheiten ein wichtiges wirtschaftliches und kulturelles Gut sind;

b. den wirtschaftlichen Nutzen einer Förderung der Regional- und Minderheitensprachen anzuerkennen und die Förderung von Regional- und Minderheitensprachen und der mit diesen verbundenen Kulturen in ihrer Wirtschaftspolitik zu berücksichtigen;

c. die Rolle der sprachlichen Minderheiten bei der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit anzuerkennen und sie umfassend in grenzüberschreitende Projekte und in die Planung einzubeziehen;

d. anzuerkennen, dass die Sprachen von Immigrantengruppen ein wichtiges Gut für die Schaffung kultureller und wirtschaftlicher Verbindungen mit den Ursprungsländern sind.

6. Der Kongress fordert das Ministerkomitee auf, die Mitgliedstaaten zu bitten:

a. Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass Regional- und Minderheitensprachen nicht verkümmern, indem sie eine gemeinsame Verantwortung der  nationalen Regierung und den relevanten regionalen und lokalen Stellen gewährleistet;

b. sicherzustellen, dass alle Kinder die Chance erhalten, diese Sprachen bereits in jungen Jahren (Kindergarten) zu erlernen und in weiterführenden Schulen und Berufsschulen weiter lernen können;

c. die Bereitstellung von Kursen in Regional- und Minderheitensprachen in der Erwachsenen- und Weiterbildung zu fördern;

d. den Einsatz von Regional- und Minderheitensprachen im Kulturbereich und beim Kulturtourismus zu fördern;

e. den Unterricht in der Muttersprache für alle Minderheitengruppen zu fördern;

f. Sprachförderräte einzurichten, um sprachliche Diversifikation und die Entwicklung der Nutzung der Regional- und Minderheitensprachen in den Regionen zu unterstützen;

g. das Rahmenübereinkommen über den Schutz nationaler Minderheiten und die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen zu unterzeichnen und zu ratifizieren, wenn dies nicht bereits geschehen ist.



[1] Diskussion und Zustimmung durch die Kammer der Regionen am 18. März 2010 und Annahme durch den Kongress am 19. März 2010, 3. Sitzung (siehe Dokument CPR(18)3, Begründungstext), Berichterstatter : KH. Lambertz, Belgien (R, SOZ) und F. Mukhametshin, Russische Föderation (R, ULDG)).