18. TAGUNG
Straßburg, 17. – 19. März 2010

Lokale Demokratie in Island

Empfehlung 283 (2010)[1]

1. Der Kongress, mit Bezug auf einen Vorschlag der Kammer der Gemeinden, unter Verweis auf:

a. Artikel 2 Abs. 1b der Statutarischen Entschließung (2000)1, die besagt, dass eine der Aufgaben des Kongresses ist, „dem Ministerkomitee Vorschläge zur Förderung der lokalen und regionalen Demokratie zu unterbreiten”;

b. Artikel 2, Abs. 3 der Statutarischen Entschließung (2000)1, die besagt: „Der Kongress verfasst regelmäßig länderspezifische Berichte über die Situation der lokalen und regionalen Demokratie in allen Mitgliedstaaten und in jenen Staaten, die eine Mitgliedschaft im Europarat beantragt haben, und er stellt insbesondere sicher, dass die Grundsätze der Europäischen Charta für lokale Selbstverwaltung umgesetzt werden”;

c. den Begründungstext CPL(18)3 über die Situation der lokalen Demokratie in Island, der von Frau Esther Maurer vorgestellt wird;

2. Erinnert daran, dass:

a. Island am 7. März 1950 Mitglied des Europarats wurde und am 25. März 1991 die Europäische Charta der kommunalen Selbstverwaltung ratifiziert hat (CETS Nr. 122, im Weiteren die Charta), die in Island am 1. Juli 1991 in Kraft trat.

b. der Zustand der lokalen Demokratie in Island seit der Ratifizierung der Charta durch das Land noch nicht Gegenstand eines Berichts des Kongresses war.

c. der Institutionelle Ausschuss der Kammer der Gemeinden des Kongresses Frau Esther Maurer (Schweiz, L, SOC) als Berichterstatterin ernannt und damit beauftragt hat, einen Bericht über die lokale Demokratie in Island zu verfassen.

d. Frau Maurer am 15. und 16. Juni 2009 einen offiziellen Besuch in Island absolviert hat, in Begleitung von Herrn Francesco Merloni (Italien), Berater und Vorsitzender der Gruppe der unabhängigen Sachverständigen.

3. Unterstreicht den Umfang der getätigten Bemühungen und die Fähigkeit der nationalen und kommunalen Stellen, mit der Finanzkrise und deren wirtschaftlichen und sozialen Folgen umzugehen, ohne dabei die kommunale Selbstverwaltung zu unterminieren.

4. Begrüßt die Unterzeichnung des Zusatzprotokolls zur Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung über das Recht auf Mitwirkung an den Angelegenheiten der kommunalen Behörden (CETS Nr. 207) durch Island am 18. November 2009, wobei davon ausgegangen wird, dass Island es in Kurzem ratifizieren wird.

5. Empfiehlt dem Ministerkomitee, die isländischen Behörden zu ersuchen:

a. ihre grundlegende Gesetzgebung auf der Basis des Subsidiaritätsprinzips zu klären und Vorkehrungen für eine klare Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen der Zentralregierung und den Gemeinden zu treffen;

b. der Stadt Reykjavik einen Sonderstatus zu gewähren, auf der Grundlage der Empfehlung 219 (2007) des Kongresses, und verschiedene rechtliche Regelungen zu treffen, um die besondere Situation der Hauptstadt im Vergleich zu anderen Gemeinden zu berücksichtigen;

c. Gesetze zu verabschieden, die der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung als unmittelbar anzuwendender Rechtsquelle im innerstaatlichen Rechtssystem Gesetzeskraft verleihen;

d. in der innerstaatlichen Gesetzgebung die Fälle festzulegen, in denen der für die kommunale Selbstverwaltung zuständige Minister eine Überwachung der Arbeit der Gemeinden ausüben und die entsprechenden Verfahren festlegen kann, die auf dem Grundsatz basieren müssen, dass die Gemeinden ein Recht auf Anhörung haben;

e. die Situationen zu prüfen, in denen die Gemeinden an der nationalen Entscheidungsfindung beteiligt werden können, z. B. durch das Bereitstellen des Rechts auf Konsultation der Gemeinden, an das der Staat gebunden ist, sowie der damit zusammenhängenden Verfahren;

f. die Grenze festzulegen, bei deren Unterschreitung die Zusammenlegung von Gemeinden zwingend ist, und Vorkehrungen für eine Kombination von Kriterien zu treffen, die sich insbesondere auf die wirtschaftlich und geografisch sinnvollen Aspekte der Zusammenlegungsprozesse konzentrieren und die bei einer Zusammenlegung die „Gemeindeidentität“ der Bewohner weitestgehend berücksichtigen;

g. einen Förderfonds für die Gemeinden einzurichten, die von der Krise besonders hart betroffen sind, damit sie weiterhin bestimmte soziale Dienste leisten können;

h. geeignete Gesetze zu verabschieden, um den Gemeinden das Recht zu geben, gegen Entscheidungen vorzugehen, die auf nationaler Ebene getroffen werden und die ggf. gegen die Grundsätze der in der Charta festgelegten kommunalen Selbstverwaltung verstoßen.



[1] Diskussion und Annahme durch den Kongress am 19. März 2010, 3. Sitzung (siehe Dokument CPL(18)3, Begründungstext, Berichterstatterin : E. Maurer, Schweiz (L, SOZ)).