14. TAGUNG

HERBSTSITZUNG
(
Straßburg, 20. – 21. November 2007)

Lokale Demokratie in der Türkei

Empfehlung 229 (2007)[1]


Der Kongress, in Reaktion auf einen Vorschlag seines Plenarpräsidiums,

1. Verweist auf Artikel 2, Absatz 1 b der Statuarischen Entschließung (2000) 1 über den Kongress, die besagt, dass es ein Ziel des Kongresses sei, „Vorschläge beim Ministerkomitee einzureichen, um die lokale und regionale Demokratie zu fördern“;

2. Nimmt Bezug auf den Bericht der Erkundungsmission des Kongresses in der Türkei vom 8.‑10. August 2007 ((CG/BUR(14)29REV2), der von Herrn Anders KNAPE (Schweden, L, EPP/CD), Vizepräsident des Kongresses; Herrn Hans Ulrich STÖCKLING (Schweiz, R, ILDG), Vizepräsident des Kongresses; Frau Irina PEREVERZEVA (Russische Föderation, L, SOC), Vizepräsidentin des Institutionellen Ausschusses des Kongresses verfasst wurde;

3. Dankt den Regierungsstellen, den gewählten Vertretern der Kommunalverwaltungen der Türkei, dem nationalen Verband der Gemeinden und den Vertretern der Nichtregierungsorganisationen und der internationalen Gemeinschaft im Land für die Informationen und Kommentare, die während ihrer Treffen mit der Delegation übermittelt wurden;

4. Unter Berücksichtigung, dass die Türkei die Europäische Charta der lokalen Selbstverwaltung am 9. Dezember 1992 unterzeichnet hat, die mit dem Beitritt am 1. April 1993 in Kraft trat;

5. Verweist auf die folgenden Probleme in der Funktionsweise der lokalen Demokratie in der Türkei:

a. die türkischen Behörden erlauben eine restriktive Interpretation der „türkischen Identität“, welche die kulturellen Rechte und Freiheiten jener türkischen Bürger beeinträchtigt, die eine andere Sprache als Türkisch benutzen;

b. die gegen die kommunalen Behörden ergriffenen Maßnahmen zur Verwendung anderer Sprachen als Türkisch in der Bereitstellung öffentlicher Dienstleistungen werden nicht für alle Sprachen in beständiger Weise umgesetzt;

c. das Kommunalgesetz erlaubt den Gerichten, Bürgermeister und Vertreter der kommunalen Gebietskörperschaften rechtlich zu verfolgen und sie wegen „politischer“ Entscheidungen aus ihren Ämtern zu entfernen. Dem steht Art. 3, Abs. 1 der Europäischen Charta der lokalen Selbstverwaltung entgegen, in dem es heißt, die lokale Regierung „hat das Recht und die tatsächliche Fähigkeit (...), einen wesentlichen Teil der öffentlichen Angelegenheiten in eigener Verantwortung zu regeln und zu gestalten“;

d. die Türkei hat bisher nicht die Rahmenkonvention zum Schutz von nationalen Minderheiten oder die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen unterzeichnet und ratifiziert;

6. Empfiehlt der türkischen Regierung:

a. den Stadträten zu gestatten, andere Sprachen als Türkisch in der Bereitstellung öffentlicher Dienstleistungen zu verwenden, wo dies angeraten ist;

b. das Kommunalrecht zu ändern, um Bürgermeistern und Stadträten ohne Angst vor einer strafrechtlichen Verfolgung zu gestatten, „politische“ Entscheidungen zu treffen;

c. die Rahmenkonvention zum Schutz von nationalen Minderheiten zu unterzeichnen und zu ratifizieren;

d. die Europäische Charta der Regional- und Minderheitensprachen zu unterzeichnen und zu ratifizieren;

7. Empfiehlt dem Ministerkomitee, diese Empfehlung den türkischen Stellen zu übermitteln;


8. Empfiehlt der Parlamentarischen Versammlung, die vorliegenden Beobachtungen und Empfehlungen bei der Überwachung des Ausmaßes zu berücksichtigen, in dem die von der Türkei eingegangenen Verpflichtungen eingehalten wurden.



[1] Diskussion und Zustimmung durch den Ständigen Ausschuss der Kammer der Gemeinden am 20. November 2007 und Annahme durch den Ständigen Ausschuss des Kongresses am 21. November 2007 (siehe Dokument CPL(14)10REC, Empfehlungsentwurf vorgelegt durch I. Pereverzeva (Russische Föderation, L, SOC) im Namen von A. Knape (Schweden, L, EPP/CD) und H.-U. Stöckling (Schweiz, R, ILDG), Berichterstatter).