15. TAGUNG

HERBSTSITZUNG
(Straßburg, 2. – 3. Dezember 2008)

Lokale Auswirkungen des Konfliktes im Südkaukasus: Hilfe der europäischen Gebietskörperschaften

Entschließung 272 (2008)[1]


1. Die europäischen Gebietskörperschaften Europas dürfen, angesichts der großen Schwierigkeiten ihrer Kollegen, die von diesem Konflikt betroffen sind, nicht untätig bleiben;

2. Tatsächlich sind die betroffenen Gebietskörperschaften mit einer Notsituation konfrontiert, mit der sie gemeinsam in Abstimmung mit der Regierung, der Zivilgesellschaft und der internationalen Hilfe fertig werden müssen. Sie sind jedoch als erste gefordert, konkrete lokale Aktionen zu ergreifen, wobei die Herausforderungen und die Bedürfnisse in keinem Verhältnis zu den Finanz- und Humanressourcen und zu ihrer Erfahrung stehen;

3. Der Präsident des Kongresses besuchte Georgien (9. – 11. September 2008) [zweiter Besuch: Ort und Zeit sind noch festzulegen] [und der Kongress beobachtete ebenfalls die Gemeindewahlen in Adscharien, Georgien am 3. November 2008]. Nach den Begegnungen mit den Vertretern der Gemeindebehörden, Regierung und internationalen Organisationen bei diesen Gelegenheiten möchte der Kongress innerhalb seiner Kompetenzen seine Hilfe anbieten, aber auch die Hilfe der anderen europäischen Gebietskörperschaften für die betroffenen Gemeinden und Regionen überbringen;

4. Die europäischen Gebietskörperschaften können einzeln oder über ihre nationalen und internationalen Verbände ihre Kräfte und die ihrer lokalen Partner mobilisieren, um gemeinsam zu überlegen, wie sie den betroffenen Gebietskörperschaften in allen Bereichen, in denen sie kompetent sind und über Erfahrung verfügen, konkret helfen können;

5. Diese lokalen Aktionen können sich insbesondere auf bestehende Verbindungen im Rahmen von Städtepartnerschaften oder auf andere Arten von Verbindungen stützen;

6. Die Hilfe kann vielfältig sein, von Spenden und finanziellen Beiträgen bis hin zur Bereitstellung von Fachpersonal in bestimmten Bereichen. Insbesondere die Gemeinden, die nach Konflikten oder Naturkatastrophen selbst Erfahrungen mit ähnlichen Situationen gesammelt haben, könnten Fachwissen und Ratschläge beisteuern;

7. Die Hilfe sollte an die von dem Konflikt direkt betroffenen, aber auch an die, hauptsächlich von den großen Bevölkerungsströmen indirekt betroffenen Gemeinden gehen. Alle internationalen Hilfsprogramme sollten das Prinzip der Souveränität und territorialen Unversehrtheit der Mitgliedstaaten des Europarates berücksichtigen.

8. Kurzfristig sollte mit der Hilfe Folgendes erreicht werden:

a. Erleichterung des Leids und der Schwierigkeiten der Verletzten und derjenigen, die ihre Wohnung verlassen mussten. Materielle und logistische Hilfe ist nötig, um die Erstversorgung zu sichern, diese Personen bei ihren Verwaltungsgängen zu begleiten und sie zu erfassen;

b. Wiederaufnahme eines normalen Schulunterrichts für die vertriebenen Kinder und diejenigen, deren Schulen von dem Konflikt betroffen waren;

c. Wiederaufbau der betroffenen Infrastrukturen sowie Wiederherstellung der öffentlichen Dienste (Vertriebs- und Kommunikationsnetze, Verkehr, Verwaltungsdienste etc...);

d. Beratung und Unterstützung der betroffenen Gemeinden bei der Sensibilisierung der Bevölkerung für die Risiken nach dem Krieg (Antipersonen-Minen, zerstörte Gebäude...);

9. Mittel- und langfristig sollte die Hilfe der europäischen Gebietskörperschaften und die des Kongresses Folgendes anstreben:

a. Konsolidierung der Gemeinde- und Regionaldemokratie in der Konfliktzone;

b. Dialog und Aussöhnung;

c. Erleichterung der Rückkehr der Vertriebenen;


10. Außerdem sollte der Kongress gemeinsan mit dem Gemeindeverband Georgiens (NALAG) und der nationalen Delegation Georgiens dazu beitragen:

a. die Aktionen des Verbindungsbüros der lokalen Demokratie (ADL) von Kutaisi in Georgien zu unterstützen und verstärkt bei den europäischen lokalen Partnern um Hilfe zu bitten;

b. die Entwicklung des Netzes der Verbindungsbüros der lokalen Demokratie in Georgien und in den Ländern des Südkaukasus zu fördern, um dank der dezentralisierten multilateralen europäischen Kooperation aktiv zur Stabilisierung der Region beizutragen;

c. die Gemeindedemokratie zu konsolidieren und da, wo sie nützlich sein könnte, auch die Regionaldemokratie zu entwickeln. Es ist notwendig, den Status von Adscharien zu überprüfen, insbesondere im Hinblick auf die Ernennung des Regierungschefs durch die zentralen Behörden;

d. Fachwissen und Unterstützung für den Erfahrungsaustausch der Gemeindepolitiker der betroffenen Gebiete und ihrer Verbände zu fördern, insbesondere mit Hilfe des Europäischen Netzes der Schulungszentren für die Gebietskörperschaften (ENTO), um sie und ihr Personal zu schulen.

11. Der Kongress

a. beschließt, diesen Appell bei seinen Mitgliedern und den europäischen Gebietskörperschaften mit Hilfe der nationalen und internationalen Verbände der Gemeinden und Regionen bekannt zu machen;

b. äußert den Wunsch, dass alle Parteien das Waffenstillstandsabkommen einhalten;

c. fordert die Gemeinden und Regionen aller Konfliktparteien auf, d.h. Georgien, Russland und die de facto Behörden in Südossetien, zur Wiederherstellung einer echten kommunalen Selbstverwaltung in den betroffenen Gebieten beizutragen und alles dafür zu tun, damit die Infrastruktur und die öffentlichen Dienste sobald wie möglich wieder funktionieren, die Sicherheit der Personen und Güter gewährleistet wird und die Hilfe tatsächlich ankommt;

d. beauftragt sein Präsidium, die lokalen Auswirkungen des Konfliktes zu verfolgen und konkrete Maßnahmen im Rahmen seiner Kompetenzen und im Rahmen seiner Prioritäten für 2009-2010 wie oben erwähnt zu ergreifen;

e. verpflichtet sich, die Entwicklung der Gemeinde- und Regionaldemokratie in diesem Teil Europas und insbesondere in den Konfliktzonen zu verfolgen und zu unterstützen;

f. beauftragt den Institutionellen Ausschuss, rechtzeitig einen neuen Monitoringbericht über die Gemeinde- und Regionaldemokratie in Georgien auszuarbeiten;

g. teilt die Position der Parlamentarischen Versammlung in ihrer Entschließung 1633 (2008) und ihrer Empfehlung 1846 (2008) sowie die Prioritäten für den Schutz der Menschenrechte, die der Kommissar für Menschenrechte des Europarates nach seinen Sonderbesuchen in den Konfliktzonen hervorgehoben hat;

h. unterstützt die Aktionen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, des Ministerkomitees, des Kommissars für Menschenrechte und der Entwicklungsbank des Europarates.



[1] Diskussion und Zustimmung durch den Ständigen Ausschuss am 2. Dezember 2008 (siehe Dokument CG(15)31RES, Entschließungsentwurf, vorgelegt durch D. Suica (Kroatien, L, EVP/DC), Berichterstatter).