19. TAGUNG

CG(19)8

8. Oktober 2010

Kommunalwahlen in Georgien (30. Mai 2010)

Berichterstatter: Günther KRUG, Deutschland (R, SOZ)[1]

A. Entschließungsentwurf.................................................................................................................... 2

B. Empfehlungsentwurf....................................................................................................................... 2

Zusammenfassung

Nach der offiziellen Einladung des georgischen Außenministeriums, die Kommunalwahlen am Sonntag, dem 30. Mai 2010 zu beobachten, ernannte der Kongress eine Beobachterdelegation unter Leitung von Günther Krug (Deutschland, SOZ), Mitglied des Landtags im Bundesland Berlin. Die Delegation bestand aus zehn Mitgliedern des Kongresses und vier Mitgliedern des EU-Ausschusses der Regionen und wurde vom Kongresssekretariat unterstützt.

Die Delegation kam zu dem Schluss, dass die Kommunalwahlen in Georgien erhebliche Fortschritte im Hinblick auf Demokratie und lokale Selbstverwaltung unter Beweise gestellt haben. Der Wahlkampf zeichnete sich durch eine konkurrierende Atmosphäre und wichtige Themen aus. Eine verbesserte allgemeine Wahlverwaltung stellte professionelle und transparente Abläufe sicher, insbesondere im Vorfeld der Wahlen. Der eigentliche Wahltag war im Allgemeinen gut organisiert und verlief ruhig. Allerdings wies die Delegation auf rechtliche und verfahrenstechnische Mängel und Störungen am Wahltag hin, welche das Vertrauen der Wähler in den Wahlprozess unterminieren und dadurch die Fortschritte gefährden könnten, die bereits erreicht wurden. Dies trifft insbesondere auf das lange Auszählen der Stimmen und die zweifelhaften Praktiken zur Wählermobilisierung und -kontrolle zu. Im Hinblick auf die Situation im Vorfeld der Wahlen gab es Berichte über Einschüchterungen und Schikanen. Des Weiteren ist die Zweckentfremdung von Verwaltungsressourcen nach wie vor ein Problem. Mängel wurden auch im Hinblick auf das Einspruchsverfahren festgestellt.


A. EntschlieSSungsentwurf[2]

1. Der Kongress der Gemeinden und Regionen nimmt den Vorentwurf der Entschließung über die Kommunalwahlen in Georgien vom 30. Mai 2010 zur Kenntnis und beauftragt den Ausschuss für institutionelle Fragen mit der Überwachung des Prozesses nach den Wahlen. Der Kongress:

a. bezieht sich auf seine Entschließung 306(2010) vom 18. Juni 2010 hinsichtlich der Beobachtung von kommunalen und regionalen Wahlen, die, in Bezug auf die Empfehlungen und Entschließungen des Kongresses, die sich aus den Beobachtungsberichten ergeben, besagt, dass, wenn nach einem Jahr keine Fortschritte gemacht wurden, der Kongress beschließen kann, falls anwendbar, eine Stellungnahme der Venedig-Kommission zu beantragen und die Parlamentarische Versammlung zu bitten, deren Veröffentlichung im Rahmen des Überwachungsprozesses zu erwägen;[3]

 

b. bittet das Ministerkomitee, die vorliegende Empfehlung und deren erläuterndes Memorandum zur Kenntnis zu nehmen, und diese den relevanten Organen im zwischenstaatlichen Bereich des Europarats, der Venedig-Kommission, der Generaldirektion für Demokratie und politische Angelegenheiten, dem CPT, GRECO und dem Kommissar für Menschenrechte vorzulegen;

c. fordert die Parlamentarische Versammlung des Europarats auf, die obige Empfehlung in ihr Verfahren zur Überwachung der Verpflichtungen und Zusicherungen Georgiens aufzunehmen;

d. unterstreicht, angesichts der oben genannten Entschließung 306(2010), sein Interesse, die Zusammenarbeit mit anderen internationalen Wahlbeobachtern zu verstärken, insbesondere mit der OSZE/dem ODIHR. Der Kongress erwägt, mit dem Ziel die Arbeitsbeziehungen mit anderen Institutionen im Rahmen der Internationalen Wahlbeobachtungsmission (IEOM) zu optimieren, einen Vorschlag einzureichen, Mitarbeiter zu entsenden, um an Missionen anderer Institutionen im Vorfeld von Wahlen teilzunehmen (z. B. an der Langzeit-Wahlbeobachtungsmission des ODIHR).

B. Empfehlungsentwurf[4]

1. Der Kongress der Gemeinden und Regionen Europas bezieht sich auf:

a. die Statutarische Entschließung (2000)1 des Ministerkomitees über die Gemeinden und Regionen des Europarats;

b. die Grundsätze, die in der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung (ECLSG), die am 8. Dezember 2004 von Georgien ratifiziert wurden.

2. Der Kongress unterstreicht seine besondere Rolle bei der Beobachtung von Kommunal- und Regionalwahlen in den Mitgliedsstaaten des Europarats.


3. Der Kongress zeigt sich zufrieden mit den Maßnahmen, die von Georgien in Bezug auf die technische Vorbereitung und die Durchführung der Kommunalwahlen am 30. Mai 2010 ergriffen wurden. Diese berücksichtigen insbesondere die Rolle des Zentralen Wahlvorstands (CEC) - und anderer relevanter Organe - im Hinblick auf die Prüfung von Wählerlisten, die in professioneller, transparenter und einbeziehender Weise erfolgte.

4. Der Wahlkampf zeichnete sich durch eine wettstreitende Atmosphäre und durch lebhafte, themenbezogene Debatten aus. Der eigentliche Wahltag war im Allgemeinen gut organisiert und verlief ruhig.

5. Das Einheitliche Wahlgesetz (UEC) wurde im Hinblick auf gesetzliche Bestimmungen wesentlich im Dezember 2009 nach einer umfassenden Reform geändert. Der Kongress freut sich insbesondere über die Tatsache, dass - zum ersten Mal - die Direktwahl des Bürgermeisters von Tbilisi eingeführt wurde.

6. Der Kongress ist sich der Verbesserungen und Fortschritte der letzten Jahre im Hinblick auf die politische und wirtschaftliche Stabilität des Landes bewusst.

7. Dessen ungeachtet bedauert der Kongress, feststellen zu müssen, dass der gesetzliche Rahmen, sowohl in Bezug auf den Wahlprozess als auch auf die lokale Selbstverwaltung in Georgien, weiterhin Mängel aufweist.

8. Des Weiteren ist der Kongress der Überzeugung, dass rechtliche und verfahrenstechnische Mängel im Allgemeinen, unerwünschte Entwicklungen im Vorfeld der Wahlen sowie technische Probleme und atmosphärische Störungen am Wahltag weiterhin das Vertrauen der Wähler in den Wahlprozess unterminieren und somit die Fortschritte, die erzielt wurden, gefährden könnten. 

9. Angesichts des Vorstehenden fordert der Kongress die georgischen Stellen auf, alle erforderlichen Schritte zu unternehmen:

a. um, in Übereinstimmung mit den Empfehlungen der Venedig-Kommission, die Grundsätze der kommunalen Selbstverwaltung in die Verfassung aufzunehmen (dies ist umso wichtiger, als Georgien im Rahmen seiner Verfassungsreform beabsichtigt, die Kategorie der „organischen Gesetze” abzuschaffen, die in der Normenhierarchie eine höhere Position einnehmen als einfache Gesetze);

b. um die gesamte Gesetzgebung, die Wahlprozesse betrifft, konkreter zu machen (insbesondere das Wahlgesetz von Georgien, aber auch das organische Recht auf lokale Selbstverwaltung);

c. um in Übereinstimmung mit den Empfehlungen der Venedig-Kommission und dem Kopenhagener Dokument der OSZE unabhängigen Kandidaten zu gestatten, sich in kommunalen und regionalen Wahlen zur Wahl zu stellen;

d. um in Übereinstimmung mit den Empfehlungen der Venedig-Kommission die extrem strikten Einschränkungen des aktiven und passiven Wahlrechts der Bürger zu überarbeiten (im Hinblick auf die Wahlrechte von Personen in Gefängnissen, aber auch im Hinblick auf Wohnsitzauflagen, um sich in kommunalen Wahlen zur Wahl stellen zu können);

e. um die gesetzlichen Bestimmungen zu überprüfen und Aufklärungskampagnen durchzuführen, um zu verhindern, dass Verwaltungsressourcen - Gelder, Technik, Mitarbeiter - für Wahlkampfzwecke missbraucht werden;

f. um die Effektivität der Inter-Agency Task Force for Free and Fair Elections (IATF) im Vorfeld von Wahlen zu stärken (im Hinblick auf greifbare Ergebnisse bei Untersuchungen von Verstößen und konkrete Konsequenzen für die Täter und im Hinblick auf eine proaktivere Informationspolitik);

g. um Ausbildungsprogramme zur Verbesserung der Kenntnisse und Kompetenzen von Wahlhelfern durchzuführen (insbesondere um zukünftig zu lange dauernde Auszählungen zu vermeiden);

h. um rechtliche und verfahrenstechnische Mängel im Beschwerde- und Prüfungsprozess zu beseitigen (insbesondere im Hinblick auf Fristen und Verfahren konkreter zu sein und unangemessene Antworten auf Beschwerden zu vermeiden);

i. um angemessene Maßnahmen einzuführen, um die Transparenz des Wahlkampfes und der Parteienfinanzierung sicherzustellen, und Unterstützungsmaßnahmen für politische Parteien zu gewähren;

j. um langfristige Programme für die Wählerbildung zu entwickeln, insbesondere im Hinblick auf ethnische Minderheiten, mit dem Ziel, in Regionen mit ethnischen Minderheiten ein Gefühl der Zugehörigkeit zu wecken;

k. um Initiativen zu schaffen, die junge Menschen, Frauen und Vertreter von Minderheiten ermutigen, sich aktiver in die Politik einzubringen und sich in Zukunft als Kandidaten zu bewerben;

l. um mit den Kooperationsprogrammen fortzufahren, die den politischen Dialog zwischen der Regierung und der Opposition stärken sollen.



[1] L: Kammer der Gemeinden / R: Kammer der Regionen

ULDG: Unabhängige und liberaldemokratische Gruppe des Kongresses

EVP/CD: Europäische Volkspartei – Christdemokraten des Kongresses

SOZ: Sozialistische Gruppe des Kongresses

NI: Mitglieder, die keiner politischen Gruppe des Kongresses angehören

[2] Vorentwurf der Entschließung, am 17. September 2010 vom Präsidium des Kongresses angenommen.

Mitglieder des Präsidiums:

Y. Mildon, Präsident des Kongresses, I. Micallef, Präsident ad interim des Kongresses und Präsident der Kammer der Gemeinden, L. Sfirloaga, Präsident der Kammer der Regionen, D. Suica, G. Krug, A. Knape, H. Zach, I. Borbely, J-C. Frécon, S. Orlova, F. Pellegrini, K. Andersen, E. Yeritsyan, I. Michas, O. Van Veldhuizen und N. Romanova

N.B.: Die Namen der Mitglieder, die an der Abstimmung teilnahmen, sind kursiv gedruckt.

Sekretariat des Präsidiums: D. Rios, Linette Taesch

[3] Entschließung 306(2010) des Kongresses

[4] Siehe Fußnote 2