19. TAGUNG

Straßburg, 26. - 28. Oktober 2010

Kommunalwahlen in Georgien (30. Mai 2010)

Empfehlung 291 (2010)[1]

1. Der Kongress der Gemeinden und Regionen Europas bezieht sich auf:

a. die Statutarische Entschließung (2000)1 des Ministerkomitees über die Gemeinden und Regionen des Europarats;

b. die Grundsätze, die in der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung (ECLSG), die am 8. Dezember 2004 von Georgien ratifiziert wurden.

2. Der Kongress unterstreicht seine besondere Rolle bei der Beobachtung von Kommunal- und Regionalwahlen in den Mitgliedsstaaten des Europarats.

3. Der Kongress zeigt sich zufrieden mit den Maßnahmen, die von Georgien in Bezug auf die technische Vorbereitung und die Durchführung der Kommunalwahlen am 30. Mai 2010 ergriffen wurden. Diese berücksichtigen insbesondere die Rolle des Zentralen Wahlvorstands (CEC) - und anderer relevanter Organe - im Hinblick auf die Prüfung von Wählerlisten, die in professioneller, transparenter und einbeziehender Weise erfolgte.

4. Der Wahlkampf zeichnete sich durch eine wettstreitende Atmosphäre und durch lebhafte, themenbezogene Debatten aus. Der eigentliche Wahltag war im Allgemeinen gut organisiert und verlief ruhig.

5. Das Einheitliche Wahlgesetz (UEC) wurde im Hinblick auf gesetzliche Bestimmungen wesentlich im Dezember 2009 nach einer umfassenden Reform geändert. Der Kongress freut sich insbesondere über die Tatsache, dass - zum ersten Mal - die Direktwahl des Bürgermeisters von Tbilisi eingeführt wurde.

6. Der Kongress ist sich der Verbesserungen und Fortschritte der letzten Jahre im Hinblick auf die politische und wirtschaftliche Stabilität des Landes bewusst.

7. Dessen ungeachtet bedauert der Kongress, feststellen zu müssen, dass der gesetzliche Rahmen, sowohl in Bezug auf den Wahlprozess als auch auf die lokale Selbstverwaltung in Georgien, weiterhin Mängel aufweist.

8. Des Weiteren ist der Kongress der Überzeugung, dass rechtliche und verfahrenstechnische Mängel im Allgemeinen, unerwünschte Entwicklungen im Vorfeld der Wahlen sowie technische Probleme und atmosphärische Störungen am Wahltag weiterhin das Vertrauen der Wähler in den Wahlprozess unterminieren und somit die Fortschritte, die erzielt wurden, gefährden könnten. 

9. Angesichts des Vorstehenden fordert der Kongress die georgischen Stellen auf, alle erforderlichen Schritte zu unternehmen:

a. um die gesamte Gesetzgebung, die Wahlprozesse betrifft, konkreter zu machen (insbesondere das Wahlgesetz von Georgien, aber auch das organische Recht auf lokale Selbstverwaltung);

b. um in Übereinstimmung mit den Empfehlungen der Venedig-Kommission und dem Kopenhagener Dokument der OSZE unabhängigen Kandidaten zu gestatten, sich in kommunalen und regionalen Wahlen zur Wahl zu stellen;

c. um in Übereinstimmung mit den Empfehlungen der Venedig-Kommission die extrem strikten Einschränkungen des aktiven und passiven Wahlrechts der Bürger zu überarbeiten (im Hinblick auf die Wahlrechte von Personen in Gefängnissen, aber auch im Hinblick auf Wohnsitzauflagen, um sich in kommunalen Wahlen zur Wahl stellen zu können);

d. um die gesetzlichen Bestimmungen zu überprüfen und Aufklärungskampagnen durchzuführen, um zu verhindern, dass Verwaltungsressourcen - Gelder, Technik, Mitarbeiter - für Wahlkampfzwecke missbraucht werden;

e. um die Effektivität der Inter-Agency Task Force for Free and Fair Elections (IATF) im Vorfeld von Wahlen zu stärken (im Hinblick auf greifbare Ergebnisse bei Untersuchungen von Verstößen und konkrete Konsequenzen für die Täter und im Hinblick auf eine proaktivere Informationspolitik);

f. um Ausbildungsprogramme zur Verbesserung der Kenntnisse und Kompetenzen von Wahlhelfern durchzuführen (insbesondere um zukünftig zu lange dauernde Auszählungen zu vermeiden);

g. um rechtliche und verfahrenstechnische Mängel im Beschwerde- und Prüfungsprozess zu beseitigen (insbesondere im Hinblick auf Fristen und Verfahren konkreter zu sein und unangemessene Antworten auf Beschwerden zu vermeiden);

h. um angemessene Maßnahmen einzuführen, um die Transparenz des Wahlkampfes und der Parteienfinanzierung sicherzustellen, und Unterstützungsmaßnahmen für politische Parteien zu gewähren;

i. um langfristige Programme für die Wählerbildung zu entwickeln, insbesondere im Hinblick auf nationale Minderheiten, mit dem Ziel, in Regionen mit ethnischen Minderheiten ein Gefühl der Zugehörigkeit zu wecken;

j. um Initiativen zu schaffen, die junge Menschen, Frauen und Vertreter von nationalen Minderheiten ermutigen, sich aktiver in die Politik einzubringen und sich in Zukunft als Kandidaten zu bewerben;

k. um mit den Kooperationsprogrammen fortzufahren, die den politischen Dialog zwischen der Regierung und der Opposition stärken sollen.



[1] Diskussion und Annahme durch den Kongress am 27. Oktober 2010, 2. Sitzung (siehe Dokument CG(19)8, Begründungstext), Berichterstatter: G. Krug, Deutschland (R, SOZ).