Kammer der Gemeinden

19..TAGUNG

CPL(19)4
13. Oktober 2010

Kommunale Demokratie in Montenegro

Institutioneller Ausschuss

Berichterstatter : Nigel MERMAGEN, Vereinigtes Königreich (L, ULDG[1])

Empfehlungsentwurf 2

Zusammenfassung

Die vorliegende erste Empfehlung des Kongresses und das erläuternde Memorandum dazu befassen sich mit dem Zustand der kommunalen Demokratie in Montenegro im Lichte der der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung und schlagen eine Reihe Empfehlungen vor, um das Kommunalwahlsystem zu reformieren, die Fähigkeiten der Gemeinden zu stärken, die Zusammenarbeit unter den Gemeinden zu fördern usw..

In den letzten zehn Jahren gab es beträchtliche Reformbemühungen hinsichtlich des Aufbaus und der Arbeitsweise der Kommunalverwaltung und der Finanzausstattung der kommunalen Selbstverwaltungsorgane in Montenegro. Dieser Prozess dauert an. 

Insgesamt hat der Berichterstatter den Eindruck, dass die Bestimmungen zur kommunalen Selbstverwaltung in der Verfassung und anderen einschlägigen Gesetzen der Charta entsprechen. Diese Situation ist das Ergebnis der bewussten Bereitschaft der montenegrinischen Regierung, der Gemeinden und des Gemeindeverbands, die kommunale Selbstverwaltung nach bestimmten Grundsätzen zu reformieren.

Die Delegation hatte jedoch in einigen Fällen Zweifel, ob auch die Praxis und nicht nur die Rechtslage der Charta entsprechen, z.B. wegen ungenügender Personalausstattung und unzureichender Haushaltsmittel zur Erfüllung der zugewiesenen Aufgaben, und kam zu diesbezüglichen Schlussfolgerungen und Empfehlungen.


EMPFEHLUNGSENTWURF [2]

1. Der Kongress der Gemeinden und Regionen des Europarats bezieht sich auf:

a. Artikel 2, Absatz 1.b der Satzungsgemäßen Entschließung (2007)6 betreffend den Kongress, wo es heißt, dass eine der Aufgaben des Kongresses darin besteht, “dem Ministerkomitee Vorschläge zur Förderung der kommunalen und regionalen Demokratie zu unterbreiten”;

b. Artikel 2, Absatz 3 der Satzungsgemäßen Entschließung (2007)6 betreffend den Kongress, der bestimmt, dass “der Kongress in regelmäßigen Abständen Länderberichte zur Situation der kommunalen und regionalen Demokratie in allen Mitgliedsstaaten sowie in Staaten, die um Beitritt zum Europarat nachgesucht haben, vorlegen und insbesondere die Einhaltung der Grundsätze der Charta der kommunalen Selbstverwaltung sicherstellen soll“;

c. das erläuternde Memorandum zur kommunalen Demokratie in Montenegro, verfasst vom Berichterstatter Nigel Mermagen nach seinem offiziellen Besuch in Montenegro vom 22. bis 24. März 2010. Bei seiner Arbeit wurde der Berichterstatter von Christopher Himsworth, einem Mitglied der Gruppe unabhängiger Experten zu Fragen der Europäischen Charta der kommunaler Selbstverwaltung als Berater sowie von Lilit Nikoghosyan, Kosekretärin des Institutionellen Ausschusses des Kongresses, unterstützt.

2. Der Kongress erinnert daran, dass :

a. Montenegro die Europäische Charta der kommunalen Selbstverwaltung am 24. Juni 2005 unterzeichnet und am 12. September 2008 ratifiziert hat und sich dabei verpflichtet hat, folgende Bestimmungen zu beachten :

Artikel 2;

Artikel 3, Absätze 1 und 2;

Artikel 4, Absätze 1, 2, 4 und 6;

Artikel 5;

Artikel 6, Absatz 1;

Artikel 7, Absätze 1 und 3;

Artikel 8, Absatz 1;

Artikel 9, Absätze 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7 und 8;

Artikel 10, Absätze 1, 2 and 3;

Artikel 11.

b. Montenegro das Zusatzprotokoll zur Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung zum Recht auf Mitsprache in kommunalen Angelegenheiten am 16. November 2009 unterzeichnet hat;

c. der Institutionelle Ausschuss am 15. Februar 2010 eine erste Überprüfung des Zustands der kommunalen Selbstverwaltung in Montenegro und ihrer Übereinstimmung mit der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung beschlossen hat. Nigel Mermagen, Vereinigtes Königreich, (L, ULDG), wurde beauftragt, als Berichterstatter einen Bericht über die kommunale Demokratie in Montenegro zu erstellen und dem Kongress vorzulegen.


3. Möchte den nationalen sowie kommunalen montenegrinischen Behörden, dem Gemeindeverband, den Experten sowie den übrigen Gesprächspartnern für die der Delegation erteilten Auskünfte danken;

4. Stellt mit Befriedigung fest, dass :

a. die Verfassung Montenegros eine klare Rechtsgrundlage für die kommunale Selbstverwaltung darstellt. Ihre einschlägigen Bestimmungen bilden zusammen mit dem Gesetz zur kommunalen Selbstverwaltung von 2003 (in seiner revidierten Fassung) und dem Gesetzesentwurf zur Gebietsgliederung eine gute Basis für die nach Artikel 2 der Charta geforderte formelle Anerkennung des Grundsatzes der kommunalen Selbstverwaltung in der Landesgesetzgebung sowie der Verfassung ;

b. dass weitgehend Einigkeit über die Notwendigkeit einer Reform der kommunalen Selbstverwaltung herrscht, besonders auf Regierungsebene, – wobei die Zuständigkeit derzeit beim Ministerium für Inneres und öffentliche Verwaltung liegt;

c. in den letzten zehn Jahren beträchtliche Reformanstrengungen unternommen wurden, die noch andauern und bei denen die Zusammenarbeit mit dem Europarat im Vordergrund stand ;

d. die Gemeindeaufsichtsbestimmungen  der kürzlich verabschiedeten Novelle zum Gesetz über die Verwaltungsaufsicht von 2009 mit der Charta vereinbar sind

e. der Aus- und Fortbildungsbeitrag verschiedener, in Montenegro tätiger Nichtregierungsorganisationen auch Ausbildungsprogramme für Gemeinderäte umfasst.

5. Schließt daraus, dass :

a. die Bestimmungen zur kommunalen Selbstverwaltung in der Verfassung, im Gesetz von 2009 und anderswo insgesamt mit der Charta vereinbar sind. Die allgemeine Rechtslage in Montenegro ist allerdings derzeit weiterhin in Bewegung. Verschiedene neue Gesetzesvorlagen liegen dem Parlament zur Behandlung vor oder sind noch in Vorbereitung ;

b. die jetzige Situation die in den letzte Jahren gezeigte  ernsthafte Bereitschaft des Ministeriums für Inneres und öffentliche Verwaltung und seiner Partner auf kommunaler Ebene, der Gemeinden und des Gemeindeverband, zur grundsätzlichen Reform der kommunalen Selbstverwaltung widerspiegelt ;

6. Empfiehlt dem Ministerkomitee, die montenegrinischen Behörden aufzufordern, sich bei ihren weiteren Reformen von folgenden Anregungen leiten zu lassen :

a. eine Reform des Wahlsystems für die Wahl der Bürgermeister und Gemeinderäte einzuleiten. Wesentliche Änderungen in Montenegros Kommunalwahlgesetz könnten statt einer Listenwahl entweder eine Wahl von Vertretern für die einzelnen Wahlkreise/Stadtbezirke (evtl. auf Grundlage des Systems, wonach die Einzelstimme übertragbar ist) oder wenigstens statt dessen ein System offener Listen vorsehen ;

b. völlig getrennte Wahlgesetze für die beiden Wahlsysteme, die Landeswahlen und die Kommunalwahlen, ins Auge zu fassen. Dies hätte den Vorteil, dass den Kommunalwahlen die gebührende unterschiedliche Beachtung zuteil würde. Es wäre dann auch leichter, das Wahlrecht vom Einwohnerstatus anstatt von der Staatsbürgerschaft abhängig zu machen ;

c. Maßnahmen zur Stärkung der Arbeitskraft der Gemeinden in Form geeigneter fortlaufender Ausbildungsprogramme und technischer Unterstützung des kommunalen Personals  zu ergreifen. Insbesondere sollten die Bemühungen der verschiedenen Verwaltungsebenen um Ausarbeitung und Umsetzung einer landesweiten Ausbildungspolitik mit tatkräftiger Unterstützung des Gemeindeverbands (auf der Grundlage der Bedarfsfeststellung von 2007) und internationaler Organisationen weiterverfolgt werden.  Mittel- und langfristig würde dies wesentlich zur Kompetenz des Personals in den Gemeinden beitragen ;


d. in Zusammenarbeit mit dem Gemeindeverband Montenegros die nötigen Bedingungen zu schaffen und geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um zu einer zusammenhängenden und engen Zusammenarbeit der Gemeinden untereinander zu gelangen, um so gemeinsam gewisse Dienstleistungen anbieten zu können. Wenn kleinere und finanzschwache Gemeinden bestimmte Aufgaben gemeinsam erledigen könnten, so wäre dies besser als unangemessene Staatseingriffe oder überhaupt fehlende Dienstleistungen; weder die Regierung noch die Gemeinden begeistern sich nämlich für eine Zusammenlegung von Gemeinden ;

e. in Zusammenarbeit mit dem Gemeindeverband Montenegros eine stärkere regionale Zusammenarbeit zwischen montenegrinischen Gemeinden und ihren Partnern in den Nachbarländern anzuregen und zu fördern ;

f.  sicherzustellen, dass die normale Finanzausstattung aller Gemeinden ausreicht, um sie in die Lage zu versetzen, ihre gesetzlichen Zuständigkeiten wahrzunehmen, ohne dauernd Ausgleichszahlungen fordern zu müssen ;

g. die hinsichtlich der Reichweite der für Montenegro bindenden Charta-Bestimmungen gemachten Einschränkungen zu überprüfen, um einige oder gar alle Vorbehalte fallen zu lassen.

7. Empfiehlt dem Gemeindeverband Montenegros, seinen politischen Einfluss voll geltend zu machen und zu einem ausgewogenen Verhältnis zwischen Zusammenarbeit mit der Staatsgewalt  und entschlossener Verteidigung der kommunalen Selbstverwaltung zu gelangen.

8. Empfiehlt der Parlamentarischen Versammlung des Europarats, diese Bemerkungen und Empfehlungen bei der Überprüfung der von Montenegro anlässlich des Beitritts zum Europarat  übernommenen Engagements und Verpflichtungen zu berücksichtigen.

9. Empfiehlt den für die kommunale Selbstverwaltung zuständigen Behörden Montenegros, einen hochrangigen Regierungsvertreter zur Teilnahme an einer der Kongress-Sitzungen zu benennen, um dort über Fortschritte bei der Reform der kommunalen Selbstverwaltung in Montenegro zu berichten.



[1] L: Kammer der Gemeinden / R: Kammer der Regionen

ULDG: Unabhängige und liberaldemokratische Gruppe des Kongresses

EVP/CD: Europäische Volkspartei – Christdemokraten des Kongresses

SOZ: Sozialistische Gruppe des Kongresses

NR: Mitglieder, die keienr politischen Gruppe des Kongresses angehören

[2] Vorläufiger Empfehlungsentwurf, vom Institutionellen Ausschuss der Kammer der Gemeinden am  2. Juli 2010 angenommen.

Ausschussmitglieder:

E. Calota(Vorsitz), M. Y. Barcina Angulo, J. Brons, M. Catovic, V. Chilikov (Stellvertreterin: D. Ruseva), M. Cohen (Stellvertreter: I. Micallef), B. Collin-Langen, M. Cools, J. Costa (Stellvertreter: A. Torres Pereira), A.Ü. Erzen (Stellvertreter: G. Doganoglu), A. Gravells (Stellvertreter: N. Mermagen), M. Guégan, M. Gulevskiy (Stellvertreter: V. Belikov), G. Illes, W. Kelsch, O. Kidik, I. Kulichenko (Stellvertreter: Y. Kartashov), F. Lec, Y. Mischeriakov, L. O. Molin, J. Mrazek, A. Muzio (Stellvertreter: F. Pellegrini), C. Newbury, P.R. Paun-Jura (Stellvertreter), A. Rokofillou, B. Rope, M.G. Sassi, J. Wienen, E. Yeritsyan (Stellvertreter), D. Zmegac.

N.B. : Die Namen der Mitglieder, die an der Abstimmung teilgenommen haben, sind kursiv gedruckt.

Ausschusssekretariat: S. Poirel, L. Nikoghosyan