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14. PLENARTAGUNG
(Straßburg, 30. Mai – 1. Juni 2007)

Klimawandel: Vorgehensweise auf lokaler und regionaler Ebene

Entschliessung 236(2007)[1]


1. Die territorialen Behörden kämpfen in vorderster Linie gegen die Auswirkungen des Klimawandels und den Einfluss des Klimawandels auf das Leben der Bürger. Extreme Wetterbedingungen, wie z. B. Hitzewellen, Überflutungen, Stürme und Dürren, führen zu weitverbreiteten Störungen in ganz Europa, und die Arbeiten und die finanziellen Kosten als Folge dieser Ereignisse entfallen häufig in disproportionaler Weise, sei es direkt oder indirekt, auf die lokalen und regionalen Behörden;

2. Die lokalen und regionalen Behörden haben in vielen Fällen die Führung bei den Bemühungen übernommen, eine der schwerwiegendsten wirtschaftlichen, sozialen und umwelttechnischen Herausforderungen dieses Jahrhunderts anzugehen. Viele setzen innovative und effektive Milderungs- und Anpassungsstrategien um und nehmen aktiv in den Verbänden und Netzwerken der lokalen Behörden teil, die eingerichtet wurden, um den Klimawandel durch das Aufstellen von Standards, Austausch bester Praktiken und Aufklärung zu bekämpfen;

3. Der Kongress der Regionen und Gemeinden des Europarats ist zutiefst besorgt über die Schnelligkeit und das zunehmende und eindeutige Ausmaß des Klimawandels. Er ist der Überzeugung, dass der Kampf gegen den Klimawandel mehr Beachtung und eine höhere politische Priorität bei den Entscheidungsträgern aller Ebenen verdient;

4. Der Kongress fordert konsequente Maßnahmen auf allen Ebenen, um dieser ernsten, von Menschenhand geschaffenen Herausforderung zu begegnen, und betont die Förderung von Partnerschaften und einer verbesserten Zusammenarbeit in Europa, um die durch den Klimawandel verursachten Schäden zu begrenzen;

5. Der Kongress begrüßt die Führerschaft und das Engagement der Europäischen Union in Europa hinsichtlich Klimawandel und insbesondere die von den Staatsführern und Regierungen der Europäischen Union am 9. März 2007 getroffene Entscheidung, sich auf ein das Kyoto-Protokoll übersteigendes Ziel zur Reduzierung der CO2-Emissionen um 30% vor 2020 zu verpflichten;

6. Der Kongress berücksichtigt, dass die Erfahrungen der lokalen und regionalen Behörden bei ihrer Reaktion auf die drohende globale Erwärmung signifikante Ergebnisse erbracht haben und erheblich dazu beitragen können, die Zielsetzungen zur Bekämpfung des Klimawandels auf nationaler und europäischer Ebene zu erfüllen;

7. Der Kongress ist der festen Überzeugung, dass es nicht nur wichtig ist, die Verpflichtungen des Kyoto-Protokolls umzusetzen, sondern diese zu übertreffen; und dass jede lokale und regionale Behörde den Klimawandel einbeziehen muss und über das Potenzial verfügt, mehr zur Milderung der negativen Auswirkungen des Klimawandels beizutragen. Alle territorialen Behörden sollten politische Ansätze und Strategien zur Reduzierung der CO2-Emissionen entwickeln und Anpassungsmaßnahmen ergreifen;

8. Der Kongress glaubt, dass der Klimawandel nicht nur eine Bedrohung ist, sondern auch die Gelegenheit darstellt, eine nachhaltigere Zukunft für den Kontinent zu schaffen. Der Kampf gegen den Klimawandel bringt positive Resultate, da er neben der Reduzierung von Treibgasesmissionen und Innovationen in diesem Bereich dazu führt, dass der öffentliche und private Sektor Geld spart, Arbeitsplätze geschaffen werden und die Wettbewerbfähigkeit der regionalen Wirtschaft erhöht wird. Die lokalen und regionalen Behörden sollten politische Ansätze gegen den Klimawandel nicht als teure Last, einen Luxus oder als nicht dringlich betrachten;

9. Die territorialen Behörden befinden sich in einer starken Position, integrierte Klimapolitik und Anpassungsstrategien zu erstellen, da sie in den meisten Mitgliedsstaaten die Verantwortung für Sektoren haben, die sich unmittelbar auf den Grad der Kohlendioxidemissionen auswirken. In einigen Bereichen, wie z. B. Auftragsvergabe, Flächennutzungspläne, Stadtentwicklung und Transport, die den Privatsektor involvieren, haben sie einzigartige Möglichkeiten, den Klimawandel zu bekämpfen. In allen anderen Bereichen, wie z. B. Energieverbrauch und –produktion, nachhaltige Mobilität, Ressourcenmanagement, Abfallmanagement, Forst- und Landwirtschaft können sie einen erheblichen Beitrag leisten;


10. Die lokalen und regionalen Behörden müssen Partnerschaften entwickeln, um politische Ansätze abzustimmen, Fachwissen zu fördern und Kenntnisse und beste Praktiken zu verbreiten. Solche Partnerschaften können den Zugang zu Informationen, Know-how und Fachwissen für gewählte Vertreter und für lokale und regionale Verwaltungsstellen erleichtern. Es kann auch die Ergebnisse relevanter wissenschaftlicher Forschungsarbeiten optimieren und verbreiten;

11. Die Industriestaaten sollten auch Partnerschaften mit weniger weit entwickelten Ländern eingehen, denn sie sind, obwohl sie die niedrigsten Emissionswerte aufweisen, am verletzlichsten und am meisten durch den Klimawandel bedroht. Die lokalen und regionalen Behörden sollten ihre Zusammenarbeit mit den entsprechenden Stellen in diesen Ländern ausweiten, um sie dabei zu unterstützen, die negativen Auswirkungen des Klimawandels zu minimieren;

12. Der Kongress ist der Überzeugung, dass die von Einzelpersonen sowie strukturierten und informellen Bürgergruppen, in ihren Gemeinden arbeiten, durchgeführten Maßnahmen zur Begrenzung des Klimawandels und zur Reduzierung seiner Auswirkungen, ermutigt und unterstützt werden sollten. Diese Aktionen sind häufig spannend, innovativ und effektiv und sie können die Lösungen beeinflussen, die dieses komplexe Problem erfordert;

13. Angesichts des oben Aufgeführten ruft der Kongress die lokalen und regionalen Behörden in den Mitgliedstaaten des Europarats und den Beobachterstaaten auf:

a. sich auf ihren jeweiligen Ebenen an den internationalen Bemühungen zu beteiligen, um die das Kyoto-Protokoll übersteigenden Zielsetzungen zu erreichen, und ihre nationalen Regierungen aufzufordern, konsequente Maßnahmen zu ergreifen, um die Einhaltung dieser Verpflichtungen sicherzustellen;

b. Milderungs- und Anpassungsstrategien zu entwickeln, die den Klimawandel begrenzen und ihre Kapazitäten zu erhöhen und sicherzustellen, dass die Bürger, die Ressourcen und das Eigentum vor den Bedrohungen des Klimawandels geschützt werden;

c. umgehend vorrangige politische Ansätze und lokale Maßnahmenkataloge zur Eindämmung des Klimawandels mit messbaren und realistischen Zielvorgaben, Zeitplänen und Zuständigkeiten zu verabschieden, die alle Beteiligten einschließen, und:

i.          ein Umweltaudit über das Ausmaß der CO2-Emissionen durch ihren aktuellen Energieverbrauch durchzuführen und eine umfassende Strategie zur Reduzierung dieser Emissionen zu entwickeln;

ii.          die Klimapolitik in alle Verantwortungsbereiche aufzunehmen, die relevant sind, um die Herausforderung anzugehen, einschließlich Energiefragen, öffentliche Transportmittel und eine koordinierte und effiziente Mobilität, Flächennutzung, Bau- und Bauplanung, Wasser- und Abfallmanagement, Forst- und Landwirtschaft;

iii.         als Vorbild in allen Aktivitäten zu agieren, namentlich als Produzent von Emissionen und als Verbraucher erheblicher Mengen an Energie, als öffentlicher Anbieter und als Raumplaner;

iv.         ihre öffentlichen Auftragsvergaberichtlinien zu überarbeiten und sicherzustellen, dass diese klimafreundlich sind, insbesondere beim Kauf lokal produzierter Waren und Dienstleistungen;

v.         die Flexibilität im Hinblick auf den Klimawandel zu verstärken, indem sie bestehende private und öffentliche Einrichtungen und den Lebensstil anpassen, um besser auf unvorhersehbare, extreme Wetterereignisse reagieren zu können, und verbesserte Notprogramme zu entwickeln;


vi.         bestehende politische Instrumente zu untersuchen und anzuwenden, wie z. B.:

-       Flächenutzungspläne (z. B. für eine kompakte Stadt; Bevorzugung von erneuerbaren Energieformen durch Standortpolitik);

-       Gesetzgebung (z. B. Energiestandards für Gebäude, Prioritätsbereiche für klimafreundliche Bezirksheizanlagen, Verpflichtung zur Nutzung erneuerbarer Energien in Gebäuden);

-       neue Finanzierungspläne (z. B. leistungsabhängige Vertragsvergabe und kommunale Finanzierung von Projekten zum Klimaschutz);

-       Anreize (z. B. Energieverbrauchsreduzierung bei Privathäusern und anderen Gebäuden)

-       Abschreckungsmaßnahmen (z. B. Zufuhrgebühren für Privatfahrzeuge im Innenstadtbereich) zu erlassen;

vii.        entsprechende Ausbildungsangebote für gewählte Kommunalvertreter und für das Personal kommunaler und regionaler Verwaltungsstellen im Hinblick auf die Chancen, Bemühungen und Methoden durchzuführen, die für eine bereichsübergreifende Arbeit und für das Erstellen umfassender Klimaschutzmaßnahmen wichtig sind;

viii.       die Auswirkungen der Klimapolitik zu überwachen, indem man quantifizierbare Zielvorgaben und geeignete Methoden einsetzt, wie z. B. nachhaltige Indikatoren, und die Resultate einem breiteren Publikum vorstellt;

d. die Zusammenarbeit auszubauen und Partnerschaften auf der Basis gemeinsamer Verantwortung zwischen allen Ebenen zu gründen – lokal, regional und national – da sich eine solche Kooperation als effektiv und finanziell vorteilhaft in mehreren europäischen Ländern erwiesen hat;

e. die regionalen Behörden und Gruppierungen lokaler Behörden zu ermutigen, als Katalysatoren und Förderer kleiner lokaler Behörden in ihrem Territorium zu agieren, indem sie lokale Netzwerke und gemeinsame Agenturen einrichten und Richtlinien und Unterstützung anbieten, um klimafreundliche Aktionen umzusetzen und die Ergebnisse dieser Politik zu verbessern;

f. ihre privilegierte Position nah am Bürger zu nutzen, um Umweltfragen und Herausforderungen des Klimawandels zu erklären, Aufklärung hinsichtlich der Rolle jedes einzelnen Bürgers im Kampf gegen den Klimawandel zu betreiben, Verhaltensmuster zu ändern und Basisorganisationen zu ermutigen, die sich dem Klimawandel widmen und den Kohlendioxidausstoß vermindern;

g. mit allen Beteiligten in den Kommunen und in Partnerschaft mit dem Privatsektor gemeinsam an wichtigen Fragen zu arbeiten, inkl. Energie, Transport, Gesundheit und Bildung, um Privathaushalte und Unternehmen über die Realitäten des Phänomens, dessen Auswirkungen und die Wege zu informieren und zu beraten, wie man eine klimafreundliche Gemeinde kreiert und die Beteiligten zu motivieren. Dies wird zu einem stärkern Zusammengehörigkeitsgefühl und Engagement in den Kommunen führen;

h. Öffentlich-Private Partnerschaften (PPP) zu gründen, um kommunale Klimaschutzprogramme zu entwerfen und umzusetzen, und Projekte zum Einsatz kohlendioxidarmer Technologien zu identifizieren und in diese zu investieren, die zu einem niedrigen Energieverbrauch in der Zukunft führen;

i. eine Kooperation mit Forschungsinstituten einzugehen, um größeres Fachwissen und weitere Fähigkeiten zu entwickeln und den Schwerpunkt auf einen verbesserten Zugang zu verifizierbaren Daten über Kohlendioxidauswirkungen zu legen und Tools zur Beurteilung dieser Auswirkungen und den erforderlichen Gegenmaßnahmen zu entwickeln;

j. den bestehenden international agierenden kommunalen und regionalen Netzwerken und Verbänden beizutreten und an ihrem Austausch bester Praktiken und der Ausweitung von Überwachungssystemen, Richtlinien und Indikatoren teilzunehmen und Partnerschaften und Unterstützungsnetzwerke mit Gemeinden in den Entwicklungsländern zu gründen, um ihnen dabei zu helfen, die Auswirkungen der globalen Erwärmung zu mildern und sich anzupassen;


14. Der Kongress bittet seinen Ausschuss für nachhaltige Entwicklung:

a. den Klimawandel auch weiterhin im Auge zu behalten und den lokalen und regionalen Behörden dabei zu helfen, ihrer Verantwortung im Hinblick auf die schwierigste Herausforderung dieses Jahrhunderts vollständig gerecht zu werden;

b. die Prioritäten in seinem Arbeitsprogramm für 2007-2008 umzusetzen und eine Anhörung und einen Bericht über Anpassungsstrategien zur Minderung der Anfälligkeiten wegen des Klimawandels vorzubereiten und das Thema Energie zu überprüfen, da energiebezogene Zielvorgaben und Maßnahmen ein Schlüsselelement der Klimaschutzprogramme und –politik sind;

c. eine Kooperation mit dem entsprechenden Ausschuss des Ausschusses der Regionen und den Netzwerken der Regionen und Gemeinden zu entwickeln, die in diesem Bereich tätig sind, im Hinblick auf den Entwurf einer gemeinsamen Strategie für internationale Organisationen und nationale Regierungen zur Annahme einer gemeinsamen und konkreten Politik zum Klimawandel und zu Energiefragen und zur Einbeziehung der lokalen und regionalen Behörden in die internationalen Verhandlungsprozesse.



[1] Diskussion und Annahme durch den Kongress am 31. Mai 2007, 2. Sitzung (siehe Dokument CG(14)5RES, Entschliessungsentwurf vorgelegt durch A. Mediratta (Vereinigtes Königreich, L, EVP/CD), Berichterstatter).