FRÜHJAHRSTAGUNG
Malaga, 13. – 14. März 2008

Klimawandel: Stärkung der Anpassungsfähigkeit der Gemeinden und Regionen

Empfehlung 231 (2008)[1]

1. Die Klimaänderungen, die durch die Erderwärmung entstehen, bedrohen Europa und die Welt jeden Tag mehr. Nach den letzten Schätzungen der Wissenschaftler ist heute die Hoffnung, die Erhöhung der Durchschnittstemperatur auf 2°C bis 2050 zu begrenzen, utopisch und die Phänomene und erwarteten Auswirkungen werden sich in Zukunft noch verstärken.

2. Der Kongress der Gemeinden und Regionen des Europarates ist besorgt über die Bedrohung, die der Klimawandel für den Menschen und die Umwelt darstellt. Der sozialen und wirtschaftlichen Dimension der Auswirkungen der Erderwärmung sollte größere Bedeutung beigemessen werden. Der Kongress sorgt sich über die Migration sowohl weltweit aus den Nicht-Mitgliedstaaten des Europarates als auch zwischen den Mitgliedstaaten, ihren Regionen und innerhalb dieser Regionen. 

3. Die Häufung von außergewöhnlichen Klimaereignissen auf dem Planeten sowie auf dem europäischen Kontinent stellt uns heute vor eine doppelte Herausforderung: Einerseits die Notwendigkeit, unverzüglich und beträchtlich die Treibhausgasemissionen zu verringern, damit der Klimawandel nicht noch schlimmer und unkontrollierbarer wird, andererseits eine entschlossene Politik[2] der Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels und der Verringerung der Verwundbarkeit. 

4. Der Kongress verweist auf sein stetiges Eintreten für die nachhaltige Entwicklung. Er ist der Auffassung, dass die Klimapolitik sinnbildlich für „Global denken, lokal handeln" steht. Er bedauert, dass das „Klimaproblem" erst vor kurzem angegangen wurde. Er begrüßt jedoch die Tatsache, dass die Klimapolitik derzeit auf allen Entscheidungsebenen insbesondere auf lokaler und regionaler Ebene betrieben wird.

5. Die große Unbekannte des Klimawandels ist die Intensität des Phänomens und die unsichere und unterschiedliche Verbreitung. Der Kongress bekräftigt die Notwendigkeit von Anpassungsmaßnahmen zur Verringerung der Verwundbarkeit auf dem gesamten Gebiet, selbst dort, wo die Auswirkungen des Klimawandels noch nicht zu spüren sind. Sie sind durch die Klimaentwicklung gerechtfertigt und könnten sehr kosteneffizient sein, insbesondere für Infrastrukturen mit einer langen Lebensdauer.

6. Der Kongress begrüßt die zunehmende internationale Mobilisierung für die Erderwärmung, bedauert jedoch die Probleme bei der Mobilisierung der Bevölkerung für Klimafragen. Er stellt fest, dass diese Situation weitreichende Aktionen nicht gerade erleichterte und dass die Anpassung der Klimapolitik noch in den Kinderschuhen steckt. Diese Situation verstärkt die Hebelwirkung und die Rolle, die die Gebietskörperschaften spielen können.


7. Außerdem stellt der Kongress fest, dass die Klimapolitik oft nach dem Aggregationsmodus der sektoriellen Maßnahmen betrieben wird, die nicht ausreichend untereinander verbunden sind. Kohärenz und Synergie sind jedoch wichtig, damit die Klimaaktionen effizient sind. Er stellt auch fest, dass die Anpassungspolitik, die derzeit umgesetzt wird, oft erst nach einer Katastrophe oder einem außergewöhnlichen Ereignis eingerichtet wird. Auch hier ruft er zu einer verantwortlicheren Einstellung aller staatlichen und privaten Entscheidungsträger auf.

8. Er ist fest überzeugt, dass eine freiwillige und entschlossene staatliche Aktion der Anpassung an den Klimawandel dringend auf allen Entscheidungsebenen und von allen Akteuren vor Ort vorzusehen ist, darunter Unternehmen, Vereinigungen, Bürger sowie Medien. Hierbei erinnert er an die Bedeutung, Erfahrungen und Kenntnisse auf lokaler Ebene auszutauschen sowie die Notwendigkeit, die Initiativen zu koordinieren.

9. Der Kongress begrüßt die Maßnahmen der Europäischen Union zum Klima und insbesondere das Grünbuch der Europäischen Kommission für die Anpassung an den Klimawandel, das eine erste Stufe der Mobilisierung darstellt und unterstützt die jüngste Stellungnahme des Ausschusses der Regionen hierzu.

10. Er begrüßt auch die Verleihung des Friedensnobelpreises 2007 an den ehemaligen amerikanische Vize-Präsidenten Al Gore und die Sachverständigengruppe über Klimaänderung (IPCC). Diese Entscheidung zeigt eine neue Vision und ein neues Konzept des Friedens in der Welt für das dritte Jahrtausend.

11. Der Kongress empfiehlt dem Ministerkomitee des Europarates:

a. das Teilabkommen EUR-OPA größere Natur- und Technologierisiken aufzufordern, die Klimaaktionen stärker in seine Arbeiten aufzunehmen und für alle Regierungsebenen Anpassungsprogramme an den Klimawandel mit einem neuen Risikoansatz auszuarbeiten;

b. die Europäische Konferenz der Minister zuständig für Raumordnung (CEMAT) aufzufordern, eine Raumordnungspolitik und Territorialverwaltung zu entwickeln und zu harmonisieren und die Dimension des Klimawandels in ihre Empfehlungen aufzunehmen;

c. die Herausforderungen des Klimawandels bei allen Arbeiten und Aktivitätenprogrammen des Europarates zu berücksichtigen wie zum Beispiel bei der Reflexion über den Ursprung des Migrationphänomens oder die Gesundheitsrisiken;

d. die Entwicklungsbank des Europarates aufzufordern, spezielle Mittel für die Bewertung der Verwundbarkeit und die Anpassungsprojekte an den Klimawandel zur Verfügung zu stellen.

12. Der Kongress fordert das Ministerkomitee des Europarates auf, auf die Mitgliedstaaten und Beobachter einzuwirken:

a. in Kooperationmit den Gemeinden und Regionen eine globale Klimapolitik einzurichten, die sich auf zwei Pfeiler stützt: Eine verstärkte Politik zur Verminderung der Treibhausgasemissionen und eine Anpassungspolitik, um dem Klimawandel vorzugreifen und die Personen und Güter vor den Folgen zu schützen;

b. eine nationale Anpassungspolitik für die Folgen des Klimawandels einzurichten und auf ein soziales Gleichgewicht und die territoriale Solidarität zu achten, die in Katastrophensituationen der Garantie des Staates bedarf;

c. darauf zu achten, dass die privaten und staatlichen Entscheidungsträger in die Definition der nationalen Anpassungspolitik eingebunden werden;

d. die Forschung an der Verwundbarkeit und der Anpassung an die Erderwärmung zu unterstützen und dafür zu sorgen, dass die Ergebnisse den Gemeinden und Regionen zugänglich sind;

e. die staatlichen und privaten Akteure sowie die breite Öffentlichkeit für die verschiedenen Szenarien zu Einschätzung des Klimas und seiner sozioökonomischen Folgen zu sensibilisieren, indem allgemein verständliche Informationen gegeben werden;

f. den Informationsaustausch und den Austausch von Fachwissen und Erfahrungen zwischen den verschiedenen Akteuren, die von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen sind, auf territorialer, nationaler und internationaler Ebene zu verbessern.

13. Der Kongress fordert die Parlamentarische Versammlung des Europarates auf, ihre Bemühungen fortzusetzen, um die Aufmerksamkeit der nationalen Parlamente auf die Notwendigkeit einer angemessenen Gesetzgebung in diesem Bereich zu lenken, die insbesondere die Harmonisierung der bestehenden Gesetzgebungen für die Verringerung der Verwundbarkeit der Gebiete erlaubt.



[1]Diskussion und Annahme durch den Ständigen Ausschuss des Kongresses am 13. März 2008, (siehe Dokument CG(14)33REC, Empfehlungsentwurf vorgelegt durch I. Franzen (Deutschland, R, SOC) und S. Orlova (Russische Föderation, R, EVP/DC), Berichterstatter).

[2] Anpassung: Angleichung der natürlichen oder menschlichen Systeme an eine sich ändernde Umwelt; die Anpassung kann vorausschauend oder reaktiv, öffentlich oder privat, autonom oder geplant sein.