14. PLENARTAGUNG
(Straßburg, 30. Mai – 1. Juni 2007)

Herausforderungen und Chancen für periphere und dünn besiedelte Regionen

Entschliessung 245(2007)[1]


1. Die Herausforderungen und Chancen, mit denen sich viele periphere, dünn besiedelte, Insel- und Gebirgsregionen aufgrund ihrer geografischen, physischen und demografischen Nachteile konfrontiert sehen, müssen auf allen Verwaltungsebenen angegangen werden;

2. Der Kongress der Regionen und Gemeinden Europas ist sich bewusst, dass Regionalismus allgemein als Katalysator für Modernisierung und innovative Planung wirkt und dass die lokalen und regionalen Behörden eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der erforderlichen regionalen und grenzüberschreitenden Kooperationsstrukturen und Netzwerke spielen, die regionale Unterschiede mindern und diese Gebiete in die Lage versetzen, vollständig am demokratischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben teilzunehmen;

3. Er unterstreicht, dass die Instrumente und Netzwerke deswegen bestehen, um die Zusammenarbeit und Partnerschaften zwischen den Regionen zu strukturieren und sie schließen das Europäische Rahmenübereinkommen über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Gebietskörperschaften (1980), die Europäische Konvention der lokalen Selbstverwaltung (1985), die Leitprinzipien für nachhaltige Raumentwicklung des europäischen Kontinents (2002) und die neue Empfehlung (2007)4 des Ministerkomitees an die Mitgliedstaaten über lokale und regionale öffentliche Dienstleistungen ein. Der Kongress bereitet momentan auch ein Rechtsinstrument über regionale Demokratie in Europa vor;

4. Der Kongress begrüßt neue Formen polyzentrischer Entwicklung und überlappender Netzwerke, die Gelegenheiten für eine innovative, integrierte und effektive Zusammenarbeit zwischen den Regionen und grenzübergreifend bieten;

5. Der Kongress unterstützt insbesondere den Grundsatz der Subsidiarität, der starke lokale und regionale Behörden fördert, die in der Lage sind, die Leistungsfähigkeit peripherer oder dünn besiedelter Gebiete zu optimieren, um die für eine nachhaltige Entwicklung erforderlichen politischen Ansätze umsetzen zu können;

6. Der Kongress weiß, dass viele periphere und dünn besiedelte Regionen besonderen Herausforderungen ausgesetzt sind, u.a.:

a. den destabilisierenden Auswirkungen der Globalisierung auf jene Regionen, deren Wirtschaft gering ist und die über keinen optimal großen lokalen Markt für ihre Güter verfügen;

b. der größeren Auswirkung des Klimawandels auf bestimmt Regionen, einschließlich: kleine Inseln und Küstenregionen, die der Gefahr steigender Meeresspiegel ausgesetzt sind; Gebirgsregionen, deren Gletscher schmelzen, und periphere Gebiete, deren Permafrostböden auftauen;

c. die Auswirkungen demografischer Trends, da der Einfluss des europaweiten Phänomens einer immer älter werdenden Bevölkerung zusammen mit einer regionalen Entvölkerung bedeutet, dass die verbleibende Bevölkerung immer schneller älter wird als in anderen europäischen Gebieten;

d. die verminderte Kapazität, öffentliche und allgemeine Dienstleistungen zu erbringen, da die Effizienzschwellen nicht erreicht werden und die Kosten der Infrastrukturen relativ hoch sind;

7. Der Kongress weist jedoch darauf hin, dass bestimmte periphere, dünn besiedelte, Insel- und Gebirgsregionen über extensive Erzvorkommen und andere Naturressourcen verfügen, die Chancen für eine wirtschaftliche Entwicklung und für die Entwicklung nichtfossiler Energiequellen bieten;

8. Darüber hinaus sind diese Regionen Orte außergewöhnlicher Schönheit und Biodiversität und sind oftmals auch Heimat von Minderheitskulturen, deren Sprache, Kultur und Lebensart immer stärker bedroht sind, obwohl sie einen einzigartigen, wertvollen und häufig sehr verletzlichen Teil des europäischen Erbes, ja letztendlich des Welterbes darstellen;


9. Dementsprechend fordert der Kongress die lokalen und regionalen Behörden der Mitgliedstaaten des Europarats auf:

a. die bestehenden Instrumente, welche Rahmenbedingungen für die Entwicklung von Subsidiarität, Dezentralisierung, Polyzentralismus, grenzüberschreitende Kooperationen und Euroregionen bieten, vollständig zu nutzen, um sicherzustellen, dass öffentliche und allgemeine Dienstleistungen in entfernt oder dünn besiedelten Gebieten aufrecht erhalten und in der Nähe der Bürger erbracht werden;

b. zusammen mit dem Kongress und dem Komitee der Regionen an Wegen zu arbeiten, die regionalen Identitäten, die territoriale Vielfalt und die nachhaltige Entwicklung der Regionen und Städte durch neue Formen von Partnerschaften und Netzwerke auf der Grundlage von Innovation und Erfahrungsaustausch zu stärken;

c. Partnerschaften zwischen öffentlich-privaten Akteuren zu fördern, um die Entwicklung einer integrierten Infrastruktur in peripheren und dünn besiedelten Regionen sicherzustellen, insbesondere:

i.          regionale Transportleistungen zu überdenken und den Infrastrukturen für öffentliche Verkehrsmittel in Anbetracht der Möglichkeiten Vorrang einzuräumen, die eine grenzüberschreitende und transregionale Raumentwicklung bietet;

ii.          sicherzustellen, dass im Hinblick auf die flächendeckende Versorgung in ganz Europa die erforderlichen Breitband- und Mobilfunkinfrastrukturen eingerichtet werden, um entfernt gelegene und periphere Gebiete zu erreichen;

iii.         den weit verbreiteten Einsatz neuer Informationstechnologien zu fördern, um die Kommunikation und die Lebensqualität auf allen Ebenen zu verbessern, insbesondere E-Governance, E-Gesundheit, E-Learning und die Förderung von Telearbeit;

d. die regionalen Entwicklungsansätze an der Entwicklung erneuerbarer Energiequellen auszurichten, inkl. Biomasse, Hydroenergie, Geothermie und Solarenergie, und das Bewusstsein für die Notwendigkeit der Umstellung auf diese neuen Energieformen bei den Bürgern zu fördern;

e. Milderungs- und Anpassungsstrategien im Hinblick auf den Klimawandel zu entwickeln, insbesondere in jenen Regionen, die bereits steigende Meeresspiegel, schmelzende Gletscher und zurückgehende Permafrostböden verzeichnen;

f. Optionen für den nachhaltigen und ausgewogenen Abbau der reichen Erzvorkommen zu untersuchen, die in manchen peripheren und dünn besiedelten Gebieten vorhanden sind, und gleichzeitig den Schutz ihrer einzigartigen Identität, Landschaft, Biodiversität und ihres kulturellen Erbes sicherzustellen;

g. lokal durch die Entwicklung von Projekten in den Bereichen nachhaltiger Tourismus, neue Energiequellen, neue Technologien und dezentralisierte öffentliche Dienste eine nachhaltige Beschäftigung in peripheren und dünn besiedelten Gebieten zu schaffen;

h. sicherzustellen, dass die erforderlichen Maßnahmen ergriffen werden für die Erhaltung einheimischer Völker, traditioneller Lebensweisen und Sprachen, die immer noch in peripheren Gebieten des europäischen Kontinents anzutreffen sind und die heute vom Verschwinden bedroht sind;

i. bei politischen Entscheidungen der Notwendigkeit Rechnung zu tragen, der Entvölkerung peripherer und dünn besiedelter Regionen entgegenzuwirken und durch die Einführung von integrierenden Ansätzen für Immigranten, die in entlegene Regionen ziehen wollen, nach innovativen Lösungen für eine Verhinderung der Entvölkerung zu suchen.



[1] Diskussion und Zustimmung durch die Kammer der Regionen am 31. Mai 2007 und Annahme durch den Kongress am 1. Juni 2007, 3. Sitzung (siehe Dokument CPR(14)7RES, Entschliessungsentwurf vorgelegt durch I. Linge (Schweden, R, EVP/CD), Berichterstatter).