16. PLENARTAGUNG
Straßburg, 3. - 5. März 2009

Good Governance: Schlüsselfaktor für eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung von Regionen

Empfehlung 265 (2009)[1]

1. Die Globalisierung, die weltweiten wirtschaftlichen Veränderungen und die Komplexität von deren Auswirkungen, die lokal spürbar sind, haben zu einer wachsenden Interdependenz zwischen den Staaten und Regionen und zu einer flexibleren Organisation traditioneller politischer Grenzen geführt.

2. Parallel dazu sind die Auswirkungen des Wirtschaftswachstums auf die Ressourcen und das Ökosystem der Erde allgemein eine große Herausforderung, die von den Regionen aufgegriffen werden kann, um die erforderliche Ausgewogenheit zwischen den wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und ökologischen Bereichen sicherzustellen.

3. Dies wird begleitet von einem schwindenden Vertrauen, da die Bürger den Glauben an politische Institutionen und das Vertrauen in die Fähigkeit ihrer gewählten Vertreter verlieren, eine wirtschaftliche, soziale und ökologische Stabilität zu garantieren. Die staatlichen Behörden müssen ihre Governance-Praktiken erneuern, um das Vertrauen der Bürger aufzubauen und zu stärken.

4. Der Kongress der Gemeinden und Regionen Europas glaubt, dass die Regionen die Pflicht haben, die wirtschaftlichen Veränderungen durch gute regionale Führung vorwegzunehmen und zu begleiten. Die Transparenz der Entscheidungsfindung, ein effizientes Management, die Ermächtigung der Bürger und das Rechtsstaatsprinzip sind unerlässlich, um das Verhältnis der Bürger zu ihrer Heimat zu stärken und Innovation und eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung zu unterstützen.

5. In diesem Kontext benötigen die Regionen eine gemeinsame Strategie, die Wettbewerbsfähigkeit und soziales Wachstum vor dem Hintergrund der Bereitschaft zur Entwicklung starker Partnerschaften garantiert. Durch die Einbindung staatlicher Akteure und der Zivilgesellschaft kann sich eine gemeinsame regionale Vision entwickeln. Durch die Einbindung der Bürger in die langfristige Politikgestaltung kann darüber hinaus eine Atmosphäre des Vertrauens entstehen und die Entscheidungsprozesse verbessern.

6. Solide Governance-Praktiken und Teamgeist sollten außerdem jede Region in die Lage versetzen, das Beste aus ihren Mitteln zu machen und ihre eigenen einzigartigen Lösungen zu finden, um ihre Attraktivität zu steigern. Die Qualität der Infrastrukturen und Humanressourcen ist Schlüsselfaktor für den wirtschaftlichen Erfolg und die Dynamik einer Region.


7. Eine gute regionale Governance bedeutet auch, eine Vision zu haben, die Verwaltungs- und geografische Grenzen überschreitet. Die regionalen Behörden sollten echte Führungskraft zeigen, welche die Schaffung von Verbänden, branchenspezifischen Vereinigungen und Synergien und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit fördern. Diese Formen der Zusammenarbeit sind nicht nur wichtige Antriebsfedern für Innovation und Unternehmertum, sondern können darüber hinaus dazu beitragen, Antworten auf die kulturellen und wirtschaftlichen Spannungen zwischen den Regionen zu finden.

8. Subsidiarität schließt eine Beurteilung der richtigen Ebene für die Implementierung politischer Ansätze ein und muss sicherstellen, dass diese durch einen tatsächlichen Machttransfer auf die am besten geeignete Ebene begleitet wird.  Momentan wirken sich viele politische Ansätze, die auf nationaler Ebene festgelegt werden, auf die regionale Entwicklung aus. Sie werden jedoch häufig ausgearbeitet, ohne den Regionen eine ausreichende Autonomie zu geben, lokal auf die globalen Anforderungen zu reagieren.

9. In ähnlicher Weise müssen die regionalen Behörden über ausreichende finanzielle und steuerliche Kompetenzen verfügen, um ihre Aufgaben umzusetzen, entweder durch direkte Besteuerung oder durch eine verfassungsrechtliche Einkommensgarantie in Übereinstimmung mit der Europäischen Charta für kommunale Selbstverwaltung.

10. Vor diesem Hintergrund begrüßt der Kongress die Verabschiedung der Europäischen Charta für regionale Demokratie durch den Kongress im Mai 2008. Dieses Rechtsinstrument bietet den europäischen Regionen erstmalig einen gemeinsamen Referenzrahmen und eine Reihe von Richtlinien, um die Staaten bei der regionalen Entwicklung in Europa zu begleiten.

11. Er begrüßt die Unterstützung durch die Parlamentarische Versammlung im Hinblick auf die Europäische Charta für regionale Demokratie und insbesondere die Empfehlung 1811 (2207) über Regionalisierung in Europa, welche die Bedeutung der regionalen Selbstverwaltung als wirksames einigendes Mittel für eine größere politische Stabilität unterstreicht.

12. Im gleichen Kontext unterstützt der Kongress die Helsinki-Erklärung über regionale Selbstverwaltung und die Strategie über Innovation und Good Governance auf kommunaler Ebene, die von den für kommunale und regionale Verwaltung zuständigen europäischen Ministern verabschiedet wurde und die Instrumente zur Stärkung der partizipatorischen Demokratie auf kommunaler Ebene bereitstellt.

13. Angesichts des Vorstehenden empfiehlt der Kongress dem Ministerkomitee des Europarats:

a. die vom Kongress verfasste Europäische Charta für regionale Demokratie zu verabschieden;

b. die Empfehlungen des Kongresses über gute regionale Governance, die in den vorläufigen Arbeiten und der Ausarbeitung der Empfehlungen für die kommende Sitzungsperiode der für Raum-/ Regionalplanung zuständigen Minister des Europarats enthalten sind, zu berücksichtigen;

c. Die „Stakeholders´ Platform on the Strategy for Innovation and Good Governance at Local Level“ des Europarats zu bitten, diese Strategie auf regionaler Ebene anzuwenden.

14. Daher fordert der Kongress das Ministerkomitee des Europarats auf, die Mitgliedstaaten zu bitten:

a.innerstaatliche Gesetze zu verabschieden, welche die Regionalisierung und die Implementierung des Subsidiaritätsprinzips fördern und die:

i.          regionale Behörden mit der erforderlichen Verwaltungs- und Regulierungsbefugnis ausstatten, regionale Entwicklungsstrategien vollständig umzusetzen und geeignete Infrastrukturen zu schaffen;

ii.         die steuerlichen und haushaltspezifischen Kompetenzen der Regionen und deren Kapazität bei der Verteilung von Geldern garantieren;


b. mit allen Verwaltungsebenen zusammenzuarbeiten, um eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung zu fördern und um:

i.          die richtige Ebene für die Umsetzung der wirtschaftspolitischen Ansätze zu beurteilen und zusammenhanglose Entscheidungsprozesse und Überschneidungen in der Arbeit der Verwaltungsstellen zu vermeiden;

ii.         die Abstimmung wirtschaftlicher Informationen und Dienste zu fördern, die von europäischen, nationalen und regionalen öffentlichen Stellen bereitgestellt werden, und um Überschneidungen oder sogar die Fragmentierung bei der Bereitstellung von Wirtschaftsdiensten zu vermeiden.

15. Des Weiteren empfiehlt der Kongress dem Ministerkomitee des Europarats und der Europäischen Union, im Rahmen einer Absichtserklärung zwischen den beiden Organen Möglichkeiten zu prüfen, um:

a. Praktiken der guten Governance auf regionaler Ebene für einen besseren territorialen Zusammenhalt zu unterstützen;

b. die territoriale Vielfalt besser zu nutzen, um so eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung der Regionen zu fördern, die auf regionalen kulturellen Identitäten aufbaut, wie in der Territorialen Agenda der Europäischen Union empfohlen.



[1] Diskussion und Zustimmung durch die Kammer der Regionen am 4. März 2009 und Annahme durch den Kongress am 5. März 2009, 3. Sitzung (siehe Dokument CPR(16)3REP, Begründungstext, Berichterstatter: U. Aldegren, Schweden (R, SOC)).