16. PLENARTAGUNG
Straßburg, 3. - 5. März 2009

Good Governance: Schlüsselfaktor für eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung von Regionen

Entschließung 283 (2009)[1]

1. Die Regionen Europas befinden sich in Folge globaler Ereignisse in einem grundlegenden Wandel. Sie sehen sich wachsenden wirtschaftlichen Herausforderungen gegenüber, während sie sich gleichzeitig an demografische Trends anpassen, ihre Energieeffizienz verbessern und den Klimawandel bekämpfen müssen. Es hängt größtenteils von ihrer Kreativität, ihrer Innovationsfähigkeit und ihren Möglichkeiten zur Förderung der Zusammenarbeit ab, ihren Platz in einer globalen Welt zu finden.

2. Im Hinblick auf den territorialen und sozialen Zusammenhalt muss der Entwicklung schwächerer Gebiete, seien diese nun isoliert, klein oder dünn besiedelt, sowie der Interaktion zwischen städtischen und ländlichen Gebieten besondere Aufmerksamkeit zuteil werden. Es ist wichtig, dass die regionalen Behörden in der Lage sind, an der globalen Wirtschaft teilzunehmen und die in diesem Rahmen gebotenen Möglichkeiten zu ihrem Vorteil zu nutzen. Tatsächlich kommt ihnen bei der Förderung des Unternehmertums und der Verbesserung der Umwelt, innerhalb derer diese Unternehmen betrieben werden, eine wichtige Rolle zu.

3. Der Kongress der Gemeinden und Regionen Europas ist der Überzeugung, dass eine gute Governance auf regionaler Ebene die Antworten auf diese Herausforderungen erleichtern und regionale Unterschiede bekämpfen kann. Gute Governance bietet durch seine Betonung der Mitwirkung der Bürger und den Zugang zu Informationen einerseits und das ethische Verhalten andererseits greifbare Elemente, um wirtschaftliche und politische Prozesse zu festigen und die institutionellen Kapazitäten zu stärken.

4. Die regionale Ebene der Governance, angesiedelt zwischen Bürgern und globalem Markt, ist besonders gut positioniert, um nachhaltige wirtschaftliche Strategien zu fördern. Tatsächlich sind die Regionen groß genug, um die erforderliche kritische Masse für wirtschaftliche Innovation zu stellen. Da sie nah an den Bürgern sind, können sie deren Bedenken berücksichtigen. Diese Realität spiegelt sich in der steigenden Verantwortung der territorialen Behörden für die wirtschaftliche Entwicklung ihrer Gebiete und in ihrer Bereitschaft wider, mit Unternehmen in Dialog zu treten und verschiedene Interessengruppen in Bezug auf die Zukunft ihrer Regionen zu konsultieren.


5. Die Regionen müssen eine klare Führung zeigen und eine gemeinsame Vision für die langfristigen Aussichten der Region fordern, wie durch die Interessengruppen und die Zivilgesellschaft als Ganzes festgelegt. Tatsächlich stärkt die Einbeziehung der Bürger an der Ausarbeitung nachhaltiger politischer Ansätze deren Engagement für die Gebiete und schafft eine Atmosphäre des Vertrauens.

6. Eine nachhaltige regionale Entwicklung erfordert auch, dass die öffentlichen Stellen ihre Begrenzungen der Marktwirtschaf durch eine Politik kompensieren, die soziale Gleichheit und den territorialen Zusammenhalt fördert. Diese Dimensionen müssen von Beginn an Teil der Entwicklungspolitik sein und sollten nicht in fragmentierter Weise angegangen werden.

7. Der regionale wirtschaftliche Erfolg hängt in gleichem Maße von den immateriellen Vermögenswerten ab, u. a. Vertrauen und Dialog, wie von den materiellen Werten, wie Kapital. Wettbewerbsorientierte, dynamische Regionen sind in der Lage, auf ihren Stärken aufzubauen und ihre eigenen, einzigartigen Lösungen zu finden, um ihre Attraktivität zu stärken. Die gewählten Strategien hängen von den Merkmalen jeder Region, ihrer Geografie und ihrer Dynamik ab.

8. In dieser Hinsicht ist es die Verantwortung der Regionen, Unternehmen, Industrien und qualifizierte Arbeitskräfte anzuziehen, die für ein wirtschaftliches und sozialen Wachstum unerlässlich sind. Es ist des Weiteren essenziell für ihre Attraktivität, dass sie eine Politik fördern, die kulturelle und regionale Identitäten stärkt und die Menschen motiviert, dort zu leben und zu arbeiten, jetzt und in Zukunft.

9. Die Qualität der Arbeitskräfte einer Region, insbesondere deren Qualifikation und Ausbildung, ist ein entscheidender Faktor für den regionalen Erfolg. Denn eine Region muss hohe Standards in Bildung, Ausbildung, Forschung und Entwicklung fördern, um als Region zu gedeihen.

10. Außerdem sollte eine gute regionale Governance die Entwicklung der Infrastruktur, insbesondere des Transports und der Telekommunikation, Priorität einräumen, da diese Bereiche ausschlaggebend für eine territoriale Nachhaltigkeit sind. Darüber hinaus sind die Bereitstellung hochwertiger und zugänglicher öffentlicher Dienste und die Förderung natürlicher und kultureller Angebote für die Attraktivität einer Region wichtige Faktoren.

11. Der Kongress der Regionen und Gemeinden weist darauf hin, dass im Kontext eines starken regionalen Wettbewerbs Netzwerke, Partnerschaften und eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit die Eckpfeiler einer guten regionalen Governance sind. Sie bieten eine Möglichkeit, eine Politik der gegenseitigen Interessen zu koordinieren, die Effizienz von Diensten zu verbessern und wirtschaftliche, umweltpolitische, soziale und kulturelle Spannungen abzubauen. In dieser Hinsicht erinnert er an das Europäische Rahmenübereinkommen über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Gebietskörperschaften, das ein Instrument zur Förderung solcher Netzwerke ist.

12. Die Regionalpolitik sollte Innovation vorantreiben und die Entwicklung von Wissensgruppen oder –zentren fördern. Das Zusammenführen von öffentlichen, privaten, Bildungs- und Forschungseinrichtungen kann die Wechselwirkung stärken und das Verhältnis zwischen Unternehmen und ihren Umgebungen festigen.

13. Wenn territoriale Stellen die regionale Dynamik fördern und die Anforderungen des wirtschaftlichen Sektors und der Zivilgesellschaft antizipieren sollen, müssen sie auch jene unterstützen, die für Entwicklung verantwortlich sind, insbesondere durch geeignete und vereinfachte Verwaltungs- und Regulierungsverfahren.

14. Schließlich begrüßt der Kongress die Verabschiedung der Europäischen Charta für regionale Demokratie, die von seiner Versammlung im Mai 2008 erfolgte. Diese neue Charta ist das erste Instrument, welches die Lehren einer robusten regionalen Demokratie niederlegt. Sie erweitert den Umfang der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung und stellt ein nützliches politisches Instrument für die demokratische Stabilität, für eine solide Anwendung des Subsidiaritätsprinzips und für stärkere gute Governancepraktiken dar, alles unerlässliche Bestandteile für eine gesunde Demokratie.

15. Angesichts des Vorstehenden fordert der Kongress die Regionen der Mitgliedstaaten des Europarats auf:

a. Druck auf ihre jeweiligen Regierungen auszuüben, um sicherzustellen, dass die Europäische Charta für regionale Demokratie vom Ministerkomitee des Europarats verabschiedet wird;


b. auf regionaler Ebene einen Rahmen für die Ausarbeitung integrierter Wirtschaftsentwicklungsstrategien bereitzustellen und:

i.          umwelttechnische, wirtschaftliche, soziale und kulturelle staatliche Ansätze vollständig zu berücksichtigen und den territorialen und sozialen Zusammenhalt zu garantieren, insbesondere durch die Bereitstellung gleichberechtigter öffentlicher Dienste;

ii.         langfristige Ziele für die Region auszuarbeiten, welche den Erfordernissen der Wirtschaftsakteure Rechnung tragen und eine von allen lokalen Interessengruppen gemeinsam getragene Vision bieten;

iii.        die regionale Attraktivität festigen und regionale Identitäten, Kulturen und natürliche Schätze betonen, um das Beste aus den einheimischen Potenzialen und einmaligen Merkmalen zu machen;

iv.        parallel zu den Investitionen in Forschung und Entwicklung auch die Investitionen in die Infrastrukturen zu fördern, die wesentlich für die Mobilität von Ideen, Menschen und Gütern sind;

v.      transparente und rechenschaftspflichtige Verwaltungsverfahren und wirtschaftliche Mechanismen zu festigen und Hürden abzubauen, welche Innovation und Entwicklung behindern;

c. eine nachhaltige regionale Wirtschaftsentwicklung durch finanzielle Hilfen in Form von Zuschüssen, Darlehen, Garantien und Risikokapital und einerseits durch Unterzeichnung von Garantien für geeignete finanzielle Mechanismen und andererseits durch die Bereitstellung nichtfinanzieller Dienste zu unterstützen, z. B. in Form von Entwicklungsagenturen, Informationsfluss und Beratung, Technologietransferagenturen, technologische Überwachung und wirtschaftliche Förderpläne und Wirtschaftstraining;

d. die regionalen Synergien zu fördern, welche die verschiedenen Interessengruppen zusammenbringen, um Wissensbereiche und Wettbewerbszentren zu schaffen und parallel dazu lokale Wirtschaftsstrukturen zu entwickeln, die diesen Prozess unterstützen (Unternehmenszentren, Gründerzentren, Industrieparks, Wissenschafts- und Technologieparks und Anlaufstellen...);

e. eine überregionale und interregionale Zusammenarbeit für ein nachhaltiges Wachstum zu entwickeln, die über Verwaltungs-, soziale und kulturelle Grenzen hinweg geht;

16. Der Kongress der Gemeinden und Regionen kann entscheiden, eine Veranstaltung über die Verknüpfungen zwischen lokaler und regionaler Entwicklung und gute Governance auszurichten, mit einem besonderen Schwerpunkt auf einer besseren Analyse der Prozesse zwischen städtischen und ländlichen Gebieten.



[1] Diskussion und Zustimmung durch die Kammer der Regionen am 4. März 2009 und Annahme durch den Kongress am 5. März 2009, 3. Sitzung (siehe Dokument CPR(16)3REP, Begründungstext, Berichterstatter: U. Aldegren, Schweden (R, SOC)).