Kammer der Gemeinden

19. TAGUNG

CPL(19)5
15. Oktober 2010

Gemeindedemokratie in Estland

Institutioneller Ausschuss

Berichterstatter: Jos WIENEN, Niederlande (L, EVP/CD[1])

Empfehlungsentwurf 2

Zusammenfassung

Dieser Bericht behandelt die Lage der Gemeindedemokratie in Estland. Er folgt auf den Monitoringbesuch im Jahr 2000 und soll die nach der Annahme der Empfehlung 81(2000) ergriffenen Maßnahmen bewerten. Er kommt zu dem Schluss, dass sich die Gemeindedemokratie in Estland seit dem letzten Monitoringbericht verbessert hat. Die vorliegende Empfehlung weist die estnischen Behörden darauf hin, dass es, nach Ansicht der Delegation, die diesen Besuch durchgeführt hat, einige Bereiche gibt, in denen noch Reformen vonnöten sind. Hierzu gehören die Verleihung des Sonderstatus an die Stadt Tallin, die Revision der nationalen Gesetzgebung, damit die Gemeinden Finanzressourcen zugewiesen bekommen, die ihrer gestiegenen Verantwortung entsprechen, die Möglichkeit der Gemeinderegierungen Gemeindesteuern zu erheben, um ihre Einnahmen zu erhöhen sowie die Anpassung des Verfahrens zur Konsultation der kommunalen und nationalen Verbände, damit es in Einklang mit Artikel 4, Absatz 6 der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung steht.


EMPFEHLUNGSENTWURF[2]

1. Der Kongress der Gemeinden und Regionen unter Bezug auf:

a. Artikel 2, Abs. 1b, der Statutarischen Entschließung CM/Res(2007)6, die vorsieht, dass eine der Aufgaben des Kongresses darin besteht, “dem Ministerkomitee Vorschläge zur Förderung der Gemeinde- und Regionaldemokratie zu unterbreiten ”;

b. Artikel 2, Abs 3 der Statutarischen Entschließung CM/Res(2007)6, die vorsieht, dass “der Kongress regelmäßig Länderberichte über die Lage der Gemeinde- und Regionaldemokratie in allen Mitgliedstaaten sowie in den Staaten ausarbeitet, die den Beitritt zum Europarat beantragt haben und insbesondere sicherstellt, dass die Prinzipien der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung umgesetzt werden ”;

c. Empfehlung 81 (2000) für die Gemeindedemokratie in Estland;

d. Begründung [CPL(19)5] für die Lage der Gemeindedemokratie in Estland, dargelegt von Jos Wienen;

2. Verweist darauf, dass:

a. Estland am 14. Mai 1993 Mitglied des Europarates wurde und am 16. Dezember 1994 die Europäische Charta für kommunale Selbstverwaltung (SEV Nr.. 122, im Folgenden die Charta) ratifizierte, die für Estland am 1. April 1995 in Kraft trat und das Zusatzprotokoll zur Europäischen Charta der lokalen Selbstverwaltung über das Recht zur Beteiligung an den Angelegenheiten der kommunalen Verwaltung (SEV Nr. 207) am 16. November 2009 unterzeichnete;

b. der Institutionelle Ausschuss des Kongresses Herrn Jos Wienen (Niederlande, L, EVP/CD) als Berichterstatter zur Ausarbeitung und Vorlage eines Berichtes über die Gemeindedemokratie in Estland ernannte;

c. Herr Wienen am 26. und 27. April 2010 Estland einen offiziellen Besuch abstattete, begleitet von Herrn Zoltán Szente, Berater, Mitglied der Gruppe Unabhängiger Experten;

3. Dankt der estnischen Regierung und dem Parlament, dem Präsidenten des Obersten Gerichtshofes, den Bürgermeistern von Tallin und Haapsalu für die Informationen und die Bemerkungen während und nach den Sitzungen mit der Delegation sowie der Delegation des estnischen Kongresses, dem Sekretariat und den Vertretern der estnischen Gemeindeverbände;  

4. Begrüßt die Fortschritte der estnischen nationalen Behörden in einigen Bereichen gemäß Empfehlung 81 (2000), sowie die Ausweitung des Mandats der Gemeinderäte von drei auf fünf Jahre und den Zusammenschluss kleiner Gemeinden auf freiwilliger Basis;

5. Der Kongress hebt jedoch hervor, dass einige wichtige Teile der Empfehlung 81 (2000) überarbeitet werden müssen.

6. Daher empfiehlt der Kongress dem Ministerkomitee, die estnischen Behörden aufzufordern:

a. der Stadt Tallin einen Sonderstatus zu verleihen, ausgehend von Empfehlung 219 (2007) des Kongresses, in der ein anderes Rechtssystem festgelegt wird, um die besondere Situation der Hauptstadt im Vergleich zu anderen Städten zu berücksichtigen;

b. ihre Gesetzgebung bezüglich der obligatorische Aufgaben und Funktionen der Gemeinderegierung zu klären;

c. die nationale Gesetzgebung dringend zu ändern, damit den Gemeinden ein größerer Anteil an den Finanzressourcen zur Verfügung steht, damit sie ihrer Verantwortung nach der estnischen Verfassung und dem nationalen Gesetz nachkommen können und es den Gemeinden zu ermöglichen, Gemeindesteuern zu erheben, um ihre Einnahmen zu erhöhen. Diese Änderung der Gesetzgebung wurde bereits in der Empfehlung 81 (2000) gefordert;

d. Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass die Gemeinden einen angemessenen Teil der staatlichen Steuern erhalten und diese transparent verteilen;

e. einen Hilfsfonds für Gemeinden einzurichten, die besonders von der Wirtschaftskrise betroffen sind, so dass sie weiterhin bestimmte soziale Dienste erbringen können;

f. weit reichende Konsultationen mit den Gemeinden über die geplante Finanzreform zu beginnen;

g. das Konsultationsverfahren mit den Gemeinden und den nationalen Gemeindeverbänden zu klären, damit Konsultationen und Diskussionen vor der endgültigen Entscheidungsfindung möglich sind, wie in Artikel 4, Absatz 6 der Charter festgelegt. Diese Konsultationen sollten rechtzeitig und angemessen sein, insbesondere, wenn eine geplante Reform die Gemeinden betrifft oder finanzielle Auswirkungen auf sie haben kann;

h. die estnischen Behörden zu ermutigen, das Zuatzprotokoll zur Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung über das Recht zur Beteiligung an den Angelegenheiten der kommunalen Verwaltung (SEV Nr. 207) so bald wie möglich zu ratifizieren.



[1]L : Kammer der Gemeinden/ R: Kammer der Regionen

GILD: Fraktion der Unabhängigen und Liberalen Demokraten im Kongress

EVP/DC: Fraktion der Europäischen Volkspartei – Christdemokraten im Kongress

SOC: Sozialistische Fraktion

NI: Fraktionsloses Mitglied im Kongress

[2]Vorentwurf der Empfehlung, am 2. Juli 2010 vom Institutionellen Ausschuss der Kammer der Gemeinden angenommen.

Mitglieder des Ausschusses der Kammer der Gemeinden:

E. Calota(Vorsitzender), M. Y. Barcina Angulo, J. Brons, M. Catovic, V. Chilikov (Stellvertreter: D. Ruseva), M. Cohen (Stellvertreter: I. Micallef), B. Collin-Langen, M. Cools, J. Costa (Stellvertreter: A. Torres Pereira), A.Ü. Erzen (Stellvertreter: G. Doganoglu), A. Gravells (Stellvertreter: N. Mermagen), M. Guégan, M. Gulevskiy (Stellvertreter: V. Belikov), G. Illes, W. Kelsch, O. Kidik, I. Kulichenko (Stellvertreter: Y. Kartashov), F. Lec, Y. Mischeriakov, L. O. Molin, J. Mrazek, A. Muzio (Stellvertreter: F. Pellegrini), C. Newbury, P.R. Paun-Jura (Stellvertreter), A. Rokofillou, B. Rope, M.G. Sassi, J. Wienen, E. Yeritsyan (Stellvertreter), D. Zmegac.

N.B. Die Namen der abstimmenden Mitglieder sind kursiv gedruckt.

Ausschusssekretariat: S. Poirel