Entschliessung 44 (1997)1 betreffend den Beitrag der Roma zum Aufbau eines toleranten Europa

Der Kongress

1. Beklagt die Verbrechen und schweren Gewalttaten, den Rassenhass und die Diskrimination, die zahlreiche Roma überall in Europa erleiden und die für manche von ihnen, auch noch in den allerletzten Jahren, den Tod bedeuteten;

2. Ist besorgt angesichts der allzu passiven, ja bisweilen sogar entgegenkommenden Haltung der Kommunalverwaltungen oder der Polizei diesen Akten der Barbarei, des Fremdenhasses, des Rassismus und der Intoleranz gegenüber;

3. Bedauert die aufgrund bewaffneter Konflikte oder der Auflösung mancher Staaten eingetretene Ungewissheit der Situation und Unsicherheit der Staatszugehörigkeit vieler Roma;

4. Nimmt mit Befriedigung die Antwort des Ministerkomitees auf die Empfehlung 11 (1995) [CG/GT/TSI (3) 1] zur Kenntnis;

5. Begrüsst die Aktivitäten des ECRI (Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz) und drängt sie, bei ihrer Arbeit der rechtlichen Situation der Roma besondere Aufmerksamkeit zu schenken;

6. Bestärkt das BIDDH (Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte) in seiner Aktivität für die Roma;

7. Begrüsst die durch das Ministerkomitee des Europarats besorgte Gründung einer Fachgruppe für Roma (MG-S-ROM) und Einrichtung eines besonderen Haushaltskontos für Aktivitäten im Zusammenhang mit Roma;

8. Beglückwünscht die Europäische Union zu der Durchführung eines Europäischen Antirassismusjahres 1997 nach dem Beispiel des Europarats;

9. Regt das Städtenetz für die Aufnahme von Roma in Gebietskörperschaften an, sich als autonome Vereinigung zu konstituieren;

10. Nimmt gewisse Kritiken an seiner Schreibweise von "Roma" zur Kenntnis;

11. Anerkennt die Notwendigkeit einer genaueren Fassung von Punkt 8, Artikel ix, im Anhang 1 seiner Entschliessung 16 (1995), um dadurch jeder unglücklichen oder irrigen Interpretation vorzubeugen, ist der Satz doch zu verstehen als sich beziehend auf die Bekämpfung der Diskriminierung, Gewalt und anderer Verbrechen gegen Roma;

12. Beschliesst deshalb, dass der Artikel folgendermassen lauten solle:

"ix. Einsatz von Programmen in Zusammenarbeit mit den kommunalen Behörden und der Polizei für die Bekämpfung von Diskriminierung, Delinquenz und Gewalt ";

13. Beschliesst, den Anhang zu der Entschliessung 16 (1995) mit einem neuen Artikel xii. folgenden Wortlauts zu beenden:

"xii. Auf lokaler Ebene Förderung der Zusammenarbeit auf der Grundlage schriftlicher Protokolle ("Pakte", "Absprachen") für die Zusammenarbeit zwischen kommunalen Behörden und Roma-Gemeinschaften";

Es ist anzumerken, dass dieser Text Punkt 7.vi. der Entschliessung 16 (1995) sowie Punkt 6.b.xviii. der Empfehlung 11 (1995) ersetzen soll.

14. Beschliesst, in Zukunft "Rom", "Roma" mit einem einzigen "r" zu schreiben, um sich den Gepflogenheiten des Europarats und der OSZE (Organisation für Zusammenarbeit und Entwicklung in Europa) anzupassen;

15. Beschliesst, im Sinne der leichteren Lektüre und besseren Verständlichkeit der Dokumente, alle Gruppen - wie Roma, Zigeuner, Sinti, Manouches, Gitanos usw. - als "Rom(a)" zu bezeichnen;

16. Regt die Europäische Union an, in enger Zusammenarbeit mit dem Europarat ein Europäisches Observatorium für Rassismus und Fremdenhass zu gründen;

17. Plant entsprechend der Entschliessung 16 (1995)(Artikel 8iii), 1997 in Pardubice (Tschechische Republik) eine dritte Anhörung zum Thema "Unterkunft/Standplätze, Gesundheit, Soziales" durchzuführen, mit welcher die Arbeit des KGRE zu diesem Themenbereich vorläufig beendet sein soll;

18. Heisst die im Anhang figurierenden Schlussfolgerungen des Gesprächs am Runden Tisch von Ploiesti (28./29. November 1996) im grossen ganzen gut und beschliesst, zusammen mit den übrigen betroffenen Stellen des Europarats die Möglichkeit ihrer Umsetzung zu prüfen.

ANHANG

SCHLUSSFOLGERUNGEN DES GESPRÄCHS AM RUNDEN TISCH
VON PLOIESTI
28.-29. November 1996

Empfehlungen für Vorgehen und Koordination

1. Der KGRE wird aufgefordert, sich weiterhin mit der Lage der Roma zu befassen in Anerkennung ihrer ethnischen/nationalen Identität, insbesondere auch unter Förderung der Benützung ihrer Bezeichnung für sich selbst - "Rom(a)" - in den auf ihre Gemeinschaften bezüglichen Texten, und dabei die Notwendigkeit ihres Schutzes vor auf ethnischen Kriterien beruhender Diskrimination, Ausgrenzung und Gewalt hervorzuheben. Zu diesem Zweck wird der KGRE aufgefordert, eine Reihe von Veranstaltungen in die Wege zu leiten, die dem Thema "Das Bild der Roma: Realität einer ethnischen Identität vs Mythos eines 'Sozialverhaltens'" durchzuführen, um so zur Entwirrung der vielen mit den Roma verknüpften Stereotypen und zur Aufzeigung der realen Dimensionen jener Probleme beizutragen, vor die sich die Gemeinschaften der Roma gestellt sehen.

2. Der KGRE ist aufgefordert, die übrigen Organe des Europarats sowie weitere multilaterale Organisationen zur Zusammenarbeit mit ihm aufzurufen, um die Koordination von regierungsunabhängigen Organisationen, Gruppen und Institutionen zu unterstützen, welche bestrebt sind,

- die Menschenrechtssituation der Roma in Europa zu kontrollieren,

- den Roma rechtlichen Beistand in Menschenrechtsfragen zu bieten,

- zur Information der Roma-Gemeinschaften über die ihnen zur Verfügung stehenden Rechtsmittel beizutragen,

- die die Roma in Menschenrechtsbelangen vertretenden Juristen zu beraten und zum Informationsaustausch innerhalb dieses Personenkreises beizutragen,

- die Medien zur Behandlung der rechtlichen Lage der Roma anzuregen.

3. Zur Erreichung der unter Punkt 2 genannten Ziele wird beim KGRE angeregt, die Zusammenarbeit weiterer Stellen des Europarats zu suchen für

- die Lancierung einer Reihe von Aktivitäten für den Informations- und Erfahrungsaustausch zwischen Juristen oder Fachleuten, welche Roma in Menschenrechtsfragen vertreten;

- die Lancierung einer Reihe von Aktivitäten für den Austausch von Informationen und Sachkenntnis unter den an einer kontinuierlichen Berichterstattung über die rechtliche Situation der Roma interessierten Medienvertretern.

4. Der KGRE wird ersucht, sich an andere Institutionen des Europarats zu wenden und Möglichkeiten für eine fortdauernde rechtliche und menschenrechtliche Überwachung der Situation der Roma abzuklären durch

- die Schaffung einer Einrichtung zur ständigen Überprüfung gemeldeter Fälle von Menschenrechtsverletzungen gegenüber Roma,

- die Unterstützung von Medienprojekten, deren Hauptzweck es ist, die öffentliche Meinung für die rechtliche und menschenrechtliche Lage der Roma zu sensibilisieren.

1 Diskussion und Annahme durch den Ständigen Ausschuss des Kongresses am 7. März 1997 (s. Dok. CG (3) 14 rev., durch Herrn A. Slafkovsky, Berichterstatter, vorgelegter Entschliessungsentwurf)