Entschließung 175 (2004)1 über die Migrationströme und den sozialen Zusammenhalt in Südosteuropa: die Rolle der Gemeinden und Regionen
Der Kongress,
1. Nach Prüfung des Berichtes über die „Migrationströme und den sozialen Zusammenhalt in Südosteuropa: Die Rolle der Gemeinden und Regionen";
2. Unter Verweis insbesondere:
a. auf die Verpflichtungen der Völkergemeinschaft, die in Anhang VII der Abkommen von Dayton, die am 21. November 1995 geschlossen wurden, festgelegt sind und das Rückkehrrecht von Flüchtlingen und Vertriebenen nach dem Konflikt im ehemaligen Jugoslawien garantiert;
b. die Arbeitstabelle I über Demokratisierung und Menschenrechte im Rahmen des Stabilitätspaktes für Südosteuropa und insbesondere den interethnischen Dialog;
c. die Bemühungen der Völkergemeinschaft, insbesondere des Amtes des Hochkommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR) und der Europäischen Agentur für Wiederaufbau, die die Erleichterung der Rückkehr der Flüchtlinge durch entsprechende Beihilfen ermöglichen;
d. die Abschlusserklärung des 4. Forums der Städte und Regionen Südosteuropas, 10. Wirtschaftsforum (Prijedor, Bosnien-Herzegowina, 22. –23. September 2003);
e. die Entschließung 135 (2002) des Kongresses betreffend Foren der Städte und Regionen Südosteuropas, 8. und 9. Wirtschaftsforum (Istanbul, Türkei, 2. – 3. November 2001 und Novi-Sad, Bundesrepublik Jugoslawien, 18. – 20. April 2002);
f. die Entschließung 111 (2001) des Kongresses betreffend das Forum der Städte und Regionen Südosteuropas, 7. Wirtschaftsforum (Skopje, 16. – 18. November 2000);
g. den Aufruf des Präsidenten des Kongresses im April 1999, damit die betroffenen Städte und Regionen sich mit den Problemen der Flüchtlinge und Vertriebenen insbesondere in Albanien, der „Ehemaligen Jugoslawischen Republik Mazedonien“ und Montenegro auseinander setzen können;
h. die Empfehlung 1588 (2003) der Parlamentarischen Versammlung des Europarates über die Vertreibung von Bevölkerungen in Südosteuropa: Tendenzen, Probleme, Lösungen“;
i. die Stellungnahme des Ausschusses der Regionen der Europäischen Union vom 19. November 2003 über „die Rolle der Gemeinden und Regionen der Europäischen Union bei der demokratischen Konsolidierung des Westbalkans“;
3. In der Erwägung, dass:
a. die Auflösung der ehemaligen sozialistischen föderativen Republik Jugoslawien die größte Vertreibung in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg auslöste, da mehr als drei Millionen Personen gezwungen waren, ihren Wohnort auf unbestimmte Zeit zu verlassen;
b. trotz der Bemühungen der Völkergemeinschaft und der betroffenen Länder in Südosteuropa etwa 950.000 Flüchtlinge heute noch auf der Suche nach dauerhaften Lösungen für ihre Zukunft sind und die humanitäre Hilfe, die ihnen zugedacht ist, erheblich verringert wird;
c. obwohl sich die Situation und insbesondere die Sicherheitsbedingen für die Rückkehr der Flüchtlinge und Vertriebenen in ihre Herkunftsländer verbessert haben, stehen diese Flüchtlinge und Vertriebenen weiterhin vor zahlreichen administrativen Hindernissen, die ihnen insbesondere von den nationalen und/oder lokalen und regionalen Behörden der Herkunftsländer oder der Länder, in denen sie sich niederlassen möchten, in den Weg gelegt werden;
d. die Hauptgründe für die Entscheidung der Flüchtlinge und Vertriebenen, in ihr Herkunftsland zurückzukehren oder sich in dem Gastland niederzulassen, nicht nur politische oder sicherheitstechnische Gründe sind, sondern in Zusammenhang mit den Schwierigkeiten bei Unterkunft (Rückerstattung der Grundstücke oder der Wohnrechte der Rückkehrwilligen, fehlende Möglichkeiten, die Personen, die illegal die Wohnung eines Anderen in Besitz genommen haben, umzuquartieren), Problemen beim Erwerb der Staatsbürgerschaft oder Nationalität, dem effektiven Zugang zu Beschäftigung, medizinischer Versorgung, Bildung und Sozialdiensten im Allgemeinen stehen;
e. daher den Flüchtlingen und Vertriebenen bessere Bedingungen für die Rückkehr in ihre Herkunftsländer oder die Integration in ihre Gastländer geboten werden sollten, ausgehend von langfristigen Überlegungen und insbesondere im Hinblick auf den Wiederaufschwung der Wirtschaft in den betroffenen Regionen sowie vertrauensbildende Maßnahmen zur Stärkung der friedlichen Koexistenz zwischen den verschiedenen Gemeinschaften der betroffenen Länder;
f. die positiven und überzeugenden Erfahrungen der Verbindungsbüros für örtliche Demokratie insbesondere in Prijedor (Bosnien-Herzegowina) zu unterstreichen sind, die dazu beitragen, Projekte zur beruflichen Wiedereingliederung mit Hilfe von Partnerschaften mit den Städten, Regionen und europäischen Nichtregierungsorganisation durchzuführen:
4. Empfiehlt den Gemeinden und Regionen der Staaten Südosteuropas:
a. alles in die Tat umzusetzen, insbesondere durch die effektive Anwendung der geltenden Rechtsnormen, um die Wiedereingliederung der Heimkehrer an ihren ursprünglichen Wohnort oder ihren gegenwärtigen Aufenthaltsort für Flüchtlinge und/oder Vertriebene zu erleichtern;
b. jede Art von Diskriminierung und administrativen Hindernissen aus dem Weg zu räumen, die den Zugang der Heimkehrer, Flüchtlinge und Vertriebenen zu den lokalen und/oder regionalen Sozialdiensten behindern (Gesundheit, Wohnung, Beschäftigung, Bildung, Sozialhilfe/Renten);
c. insbesondere bei den Unterkünften die reibungslose Abwicklung der Rückerstattung von Grundstücken oder Wohnrechten der Rückkehrwilligen zu kontrollieren und gleichzeitig, soweit möglich, Maßnahmen zur Umquartierung der Personen zu ergreifen, die illegal die Wohnung Anderer besetzen;
d. die Möglichkeiten der Entwicklungsbank des Europarates stärker zu nutzen;
e. aktiv Partnerschaften mit den Gemeinden und Regionen der anderen Mitgliedstaaten des Europarates anzustreben;
f. der Situation der Roma-Minderheit besondere Aufmerksamkeit zu schenken;
5. Empfiehlt den Gemeinden und Regionen der anderen Mitgliedstaaten des Europarates:
a. entschlossen ihre Partnerschaften und dezentralisierten Kooperationsprojekte mit den Städten und Regionen Südosteuropas auszubauen, die Flüchtlinge und Vertriebene aufnehmen oder in den Gebieten liegen, die von der Rückkehr betroffen sind, insbesondere in den Bereichen Beschäftigung, Bildung, Gesundheit und Ausbildung der Politiker und Angestellten von Gemeinden und Regionen;
b. sich auf die Netze und Instrumente des Kongresses insbesondere den Verband der Verbindungsbüros für örtliche Demokratie, das Netz der Kommunal- und Regionalverbände Südosteuropas (NALAS) und den dezentralisierten Kooperationsdienst (SEDECO) zu stützen, um mögliche Städte zu finden, mit denen echte Partnerschaften eingerichtet werden können, die effektiv die Rückkehr und Wiedereingliederung der Flüchtlinge in ihre Ursprungsgemeinde fördern;
6. Fordert:
a. das Netz der Verbindungsbüros für örtliche Demokratie auf, seine Programme für die Rückkehr der Flüchtlinge und Vertriebenen und die Wiedereinrichtung des interkulturellen Dialogs fortzusetzen;
b. das Netz der nationalen Verbände der Gemeinden Südosteuropas auf :
i. die Gemeinden, die Mitglied der verschiedenen Verbände des Netzes sind, auf die Schlussfolgerungen des Berichtes über die „Migrationströme und den sozialen Zusammenhalt in Südosteuropa : Die Rolle der Gemeinden und Regionen“ aufmerksam zu machen, das Dokument in die Sprachen der betroffenen Länder in Südosteuropa zu übersetzen und für eine möglichst weite Verbreitung zu sorgen;
ii. die Gemeinden, die Mitglied der verschiedenen Verbände des Netzes sind, bei der konkreten Einsetzung der in dem erwähnten Bericht angesprochenen Grundsätze sowie die damit verbundene Empfehlung und die vorliegende Entschließung zu unterstützen und rasch ein regionales Seminar über die Rolle der Gemeinden und Regionen in diesem Bereich abzuhalten;
c. den Ausschuss für sozialen Zusammenhalt und die Arbeitsgruppe der Gemeinde- und Regionalpolitiker Südosteuropas des Kongresses auf, eine Informationssitzung über die Möglichkeiten der Gemeinden und Regionen der Länder Südosteuropas abzuhalten, Zugang zu den Programmen und Anleihen der Entwicklungsbank des Europarates zu erhalten.
1 Diskussion und Annahme durch den Kongress am 27. Mai 2004, 3. Sitzung (siehe Dok. CG (11) 9, Entschliessungsentwurf vorgelegt durch M. Nazir (Vereinigtes Königreich, R, SOZ), Berichterstatter).