46. TAGUNG

Kommunalwahlen in der Republik Moldau (5. November 2023)

Empfehlung 509 (2024)[1]

1. Der Kongress der Gemeinden und Regionen verweist auf:

a. Artikel 1, Abs. 2 der Statutarischen Entschließung CM/Res (2020)1 des Ministerkomitees bezüglich des Kongresses der Gemeinden und Regionen des Europarates;

b. die Grundsätze der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung (ETS Nr. 122), die von der Republik Moldau am 2. Oktober 1997 ratifiziert wurde;

c. Kapitel XIX der Geschäftsordnung über die praktische Organisation von Wahlbeobachtungsmissionen;

d. die frühere Kongressempfehlung 443 (2020) zu den Kommunalwahlen in der Republik Moldau (20. Oktober 2019) und den Kongressbericht CG35(2018)22 zu den vorgezogenen Kommunalwahlen in sieben Gemeinden der Republik Moldau (20. Mai 2018);

e. die Einladung der Behörden der Republik Moldau vom 24. März 2023, die allgemeinen Kommunalwahlen im Land am 5. November 2023 zu beobachten.

2. Der Kongress bekräftigt die Tatsache, dass echte demokratische Kommunal- und Regionalwahlen zum Prozess der Etablierung und Aufrechterhaltung einer demokratischen Regierungsführung dazugehören und dass die Beobachtung von Wahlen an der Basis ein Schlüsselelement der Rolle des Kongresses als Hüter der Demokratie auf kommunaler und regionaler Ebene darstellt.

3. Der Kongress erkennt an, dass der rechtliche Rahmen insgesamt für die Durchführung demokratischer Wahlen förderlich ist und dass mit der Verabschiedung des Wahlgesetzes 2022 einige seit langem bestehende Empfehlungen aufgegriffen wurden. Der Kongress ist jedoch der Ansicht, dass stabile Rahmenbedingungen für die Wahlen für das Vertrauen in die Unparteilichkeit des Wahlprozesses von größter Bedeutung sind, und bedauert, dass kurz vor den Wahlen Änderungen des Wahlrechts beschlossen wurden, die zu Rechtsunsicherheit führten und nicht mit dem Kodex der Venedig-Kommission für bewährte Praktiken in Wahlangelegenheiten in Einklang stehen.

4. Der Kongress nimmt mit Befriedigung zur Kenntnis, dass:

a. das Wahlgesetz von 2022 den allgemeinen Rechtsrahmen erheblich gestärkt hat und seit langem bestehende Empfehlungen unter anderem zur künstlichen Wählerwanderung, zur Wählerbeförderung mit Bussen, zur Wahlkampf- und Parteienfinanzierung und zu den Anforderungen an unabhängige Kandidaten berücksichtigt;

b. die Zentrale Wahlkommission an der Spitze einer gut qualifizierten Wahlbehörde trotz begrenzter Ressourcen und Herausforderungen bei der Umsetzung des neuen Wahlgesetzes transparent und effizient vorgegangen ist;


c. der rechtliche Rahmen und die Aufsicht über die Wahlkampf- und Parteienfinanzierung durch die Zentrale Wahlkommission erfolgreich ausgebaut wurden und die Zentrale Wahlkommission in Zusammenarbeit mit den Strafverfolgungsbehörden Verstöße proaktiv und umfassend untersucht und geahndet hat;

d. der Wahlkampf von Wettbewerb geprägt war und sich auf lokale Themen konzentrierte und die Wähler zwischen verschiedenen politischen Alternativen wählen konnten, die in den öffentlichen und unabhängigen Medien weitgehend unparteiisch präsentiert wurden, was sich in einer vielfältigen und pluralistischen politischen Landschaft auf lokaler Ebene niederschlägt;

e. die erstmals auf lokaler Ebene angewandte Quote von 40% für beide Geschlechter auf den Kandidatenlisten sowie die Vorzugsregelungen für Kandidatinnen respektiert wurden und zu einem kleinen, aber bedeutenden Anstieg des Frauenanteils beitrugen;

f. der Wahltag insgesamt ruhig, transparent und gut organisiert verlief, obwohl er unter schwierigen Umständen stattfand; die Wähleridentifizierung und die Kameras funktionierten gut und wurden von Wählern und Beobachtern gleichermaßen positiv wahrgenommen.

5. Gleichzeitig bringt der Kongress seine Besorgnis über die folgenden Punkte zum Ausdruck:

a. die zahlreichen und glaubwürdigen Berichte über Korruption bei den Wahlen, illegale Wahlkampf- und Parteienfinanzierung und die Einmischung ausländischer und/oder krimineller Gruppen mit dem Ziel, den Wählerwillen bei den Kommunalwahlen zu verfälschen, haben die Institutionen erheblich belastet und der kommunalen Demokratie geschadet;

b. der verfassungsrechtliche Streit und die Rechtsunsicherheit in Bezug auf das Wahlrecht im Zusammenhang mit den Änderungen des Wahlgesetzes sorgten weder für ideale Wahlkampfbedingungen noch ließen sie genügend Zeit für individuelle Sanktionen und Einlegung von Rechtsmitteln;

c. der Ausnahmezustand, der der Kommission für Ausnahmesituationen weitreichende Befugnisse einräumte, und der Zeitpunkt ihrer Entscheidungen wirkten sich negativ auf den Wahlprozess aus, insbesondere auf das Wahlrecht und die Meinungsfreiheit;

d. die Zeit nach den Wahlen war von Rechtsstreitigkeiten geprägt und wurde durch widersprüchliche Rechtsprechung und Entscheidungen der Wahlbehörde und der Gerichte im Zusammenhang mit der Validierung von Mandaten beeinträchtigt, was zu Verwirrung und Verzögerungen führte;

e. die anhaltenden Berichte über den Missbrauch von Verwaltungsmitteln sowie über vorzeitige Wahlkampfaktionen kamen einigen Amtsinhabern ungebührlich zugute;

f. am Wahltag gab es kleinere Probleme, darunter einige Fälle von unzureichender Ausstattung der Wahllokale, Menschenansammlungen vor den Wahllokalen und die Lenkung und Auszählung der Wähler litten unter einigen verfahrenstechnischen Unstimmigkeiten; trotz einiger nennenswerter Bemühungen war die Zugänglichkeit der Wahllokale für Wähler mit Behinderungen in den meisten besuchten Wahllokalen weiterhin unzureichend;

g. die höheren Alters- und Bildungsanforderungen für die Kandidatur für das Amt des Bürgermeisters stehen nicht im Einklang mit der bewährten Praxis und der Empfehlung 375 (2015) des Kongresses zu den Kriterien für die Kandidatur bei Kommunal- und Regionalwahlen;

h. einige Bestimmungen des Wahlgesetzes von 2022 waren nur schwer umsetzbar, wie z. B. die wöchentlichen Finanzberichte, die Mindestanforderungen für die beiden Wahlgänge und die Überwachung der von den Behörden veröffentlichten Informationen durch die Wahlkommission;

i. die Registrierung von Bürgern, die de facto im Ausland leben, um an den Kommunalwahlen teilzunehmen, wurde fortgesetzt, obwohl keine echte Verbindung zur Gemeinde besteht;


j. die anhaltende Medienkonzentration und die Desinformationskampagnen in den sozialen Medien trugen dazu bei, dass ein ansonsten recht offenes Medienumfeld aus dem Gleichgewicht geriet, einhergehend mit den drastischen Entscheidungen der Kommission für Ausnahmesituationen, Dutzende von Medienunternehmen aus Gründen der nationalen Sicherheit mit einem Verbot zu belegen;

k. nicht zuletzt wurden Frauen trotz einiger Verbesserungen nach wie vor seltener zu Bürgermeisterinnen gewählt, waren in den Medien weniger präsent und kandidierten zu oft für Mandate ohne Aussicht auf Erfolg. Das Gleiche gilt für jüngere Kandidaten.

6. In Anbetracht der obigen Ausführungen fordert der Kongress die Behörden der Republik Moldau auf:

a. die Untersuchungen fortzusetzen und die Kapazitäten der Wahlbehörde und der Strafverfolgungsbehörden auszubauen, um die Korruption bei Wahlen zu bekämpfen und die Wähler für unzulässige Aktivitäten zu sensibilisieren;

b. Änderungen des rechtlichen Rahmens unmittelbar vor Beginn des Wahlkampfs zu vermeiden und ausreichend Zeit für Konsultationen und die möglichst frühzeitige Beilegung von Verfassungs- und Rechtsstreitigkeiten einzuplanen, um gleiche Wahlkampfbedingungen für alle Kandidaten zu gewährleisten;

c. die weitreichenden Befugnisse der Kommission für Ausnahmesituationen zu prüfen und von pauschalen Verboten politischer Parteien und der Einschränkung der demokratischen Freiheiten während des Wahlkampfs durch die Kommission für Ausnahmesituationen abzusehen;

d. das Einspruchs- und Beschwerdeverfahren zu vereinfachen, um es weniger komplex zu gestalten und sicherzustellen, dass alle mit der Registrierung zusammenhängenden Beschwerden rechtzeitig vor dem Wahltag bearbeitet werden; gleichzeitig sollten die Bestimmungen in Artikel 174 des Wahlgesetzes, die den Bezirkswahlausschüssen die Bestätigung der Ergebnisse und die Validierung der Mandate übertragen, überdacht werden;

e. die bestehenden Gesetze und Vorschriften in Bezug auf den Missbrauch öffentlicher Mittel umzusetzen und für zeitnahe Ermittlungen und abschreckendere Sanktionen im Falle von Verstößen zu sorgen;

f. die Bemühungen fortzusetzen, um gegen Regelverstöße am Wahltag vorzugehen und sicherzustellen, dass die Wahllokale für Wähler mit Mobilitätseinschränkungen zugänglich sind; gewisse Anpassungen in Betracht zu ziehen, um eine Überlastung der Mitglieder der Wahlbüros in den Bezirken zu vermeiden;

g. Artikel 161.2 des Wahlgesetzes zu überprüfen und die Alters- und Bildungsanforderungen für die Kandidatur bei Bürgermeisterwahlen zu senken;

h. die Zentrale Wahlkommission mit angemessenen Mitteln auszustatten, damit sie die Wahlkampf- und Parteienfinanzierung in vollem Umfang überwachen und kontrollieren sowie den Missbrauch öffentlicher Mittel in Echtzeit verhindern kann; die Abschaffung der Anforderungen an die Wahlbeteiligung bei Kommunalwahlen zu erwägen;

i. das Problem der Medienkonzentration und der Desinformation durch Transparenz in Bezug auf die Eigentümer von Medien und eine stärkere Regulierung der Online-Medien und der sozialen Medien durch den Rat für audiovisuelle Medien in Angriff zu nehmen;

j. mehr Anreize zu schaffen, um die Beteiligung von Frauen und Jugendlichen in den Medien sowie als Spitzenkandidaten für Kommunal- und Bezirkswahlen und als Bürgermeister zu stärken.

7. Der Kongress fordert das Ministerkomitee und die Parlamentarische Versammlung des Europarates auf, diese Empfehlung zu den allgemeinen Kommunalwahlen 2023 in der Republik Moldau und den Begründungstext bei ihren Aktivitäten in Bezug auf dieses Mitgliedsland zu berücksichtigen.



[1] Diskussion und Zustimmung durch die Kammer der Gemeinden in der 46. Tagung am 27. März 2024 und Annahme durch den Kongress am 27. März 2024 (siehe Dokument CPL(2024)46-04, Begründungstext), Berichterstatter: Vladimir PREBILIC, Slowenien (L, SOC/G/PD).