Empfehlung 32 (1997)1 betreffend den Beitrag des KGRE an den II. Gipfel der Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten des Europarats
Der Kongress,
1. gratuliert der Parlamentarischen Versammlung und insbesondere deren Präsidentin zum Gedanken eines II. Gipfels der Staats- und Regierungsachefs der Mitgliedstaaten des Europarats;
2. ist gemeinsam mit der Parlamentarischen Versammlung der Ansicht, dass der Zeitpunkt gekommen sei, da der Europarat eine Bemessung der politischen und praktischen Folgen seiner heutigen geographischen Ausdehnung sowie der anstehenden Verwirklichung seiner dereinst tatsächlich gesamteuropäischen Geltung vornehmen sollte;
3. ermisst den durch die Organisation seit 1993 (dem Jahr des ersten Gipfels) zurückgelegten Weg, auf welchem acht neue Mitgliedstaaten, worunter Russland und die Ukraine, zu ihr stiessen und der sie, gemessen an den Zahlen der heute erfassten Bevölkerungen, zu einer historisch bedeutsamen Etappe führte;
4. ist der Überzeugung, dass ein II. Gipfel der Staats- und Regierungschefs der Europarats-Mitgliedstaaten in der Lage sein wird, den Ansporn und die Unterstützung zu bieten, deren die Organisation bedarf, um sich den im solcherart erweiterten Raum anfallenden, breit gefächerten Aufgaben zu stellen;
5. versichert die Parlamentarische Versammlung und das Ministerkomitee seiner vollen Unterstützung für einen erfolgreichen II. Gipfel, zu welchem der Kongress sowohl mit einem schriftlichen Beitrag und Vorschlägen zur Einarbeitung in die Konklusionen als auch mit einem mündlichen Votum seines Präsidenten während des Gipfeltreffens aktiv beisteuern möchte;
6. erinnert daran, dass die Förderung der demokratischen Sicherheit auf dem europäischen Kontinent eine lokale und regionale Dimension aufweist, die grundlegend ist für die Entfaltung von Frieden und Geborgenheit überall in Europa, sodass die Vertretungsorgane von Regionen und Gemeinden beitragen zur Verwirklichung der Ziele des Europarats;
7. ist besorgt um das Ansehen und die Stellung des Europarats im Gefüge Europas und hat den Wunsch, beizutragen zu dessen Rolle und Stellenwert im Vergleich mit den übrigen europäischen Organisationen;
8. Fordert das Ministerkomitee auf,
- die Vorschläge des Kongresses bezüglich der Vorbereitung des Gipfels zu berücksichtigen und insbesondere dafür zu sorgen, dass die Staats- und Regierungschefs:
a. in Würdigung der treibenden Kraft, welche von der Zusammenarbeit der europäischen Gemeinden und Regionen für den Zusammenhalt und die Befriedung des Kontinents im Zeichen des Subsidiaritätsprinzips und der Achtung des europäischen Bürgerwillens ausgeht, dem an der 4. Plenartagung des KGRE geprüften Entwurf einer Europäischen Charta der regionalen Selbstverwaltung ihre politische Unterstützung gewähren und den Europarat beauftragen, gestützt auf diesen Text unverzüglich eine Konvention nach dem Vorbild der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung zu entwerfen, welche rechtzeitig zum 50. Jahrestag der Gründung der Organisation (am 5. Mai 1999) zur Unterschrift durch die Staaten aufgelegt werden kann;
b. den durch den KGRE bereits in seiner Empfehlung 18(1996) geäusserten Vorschlag prüfen, wonach die Grundprinzipien der fundamentalen Rechtstexte der Organisation zu einer "Magna Carta" über die Regeln der Demokratie und die Rechte der europäischen Bürger zusammenzustellen und durch sämtliche Mitgliedstaaten in Bekräftigung jener Grundwerte zu unterzeichnen wären, die sie selbst pflegen und für deren Geltung der Europarat einsteht; in dem Text müssten die Grundprinzipien der Europäischen Sozialcharta, der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung sowie der kommenden Europäischen Charta der regionalen Selbstverwaltung enthalten sein; diese "Magna carta" sollte zum 50. Jahrestag der Gründung des Europarats ausgearbeitet werden und aus der Sicht des Publikums wie aus derjenigen der anderen europäischen Organisationen der Ausgangsbasis für das Wirken des Europarats feste Gestalt verleihen; überdies könnte eine solche "Magna carta" die Basis für die Überwachung der durch die Mitgliedstaaten eingegangenen Verpflichtungen bilden; überdies könnte eine solche "Magna Carta" die Basis für die Überwachung der durch die Mitgliedstaaten eingegangenen Verpflichtungen einschliesslich ihrer Respektierung der kommunalen und regionalen Selbstverwaltungsprinzipien bilden;
c. ihre Unterstützung bekräftigen für das Programm des Europarats, das Hilfe und Zusammenarbeit für die demokratische Entwicklung Zentral- und Osteuropas, auch in ihren lokalen und regionalen Spielformen, beinhaltet; und daher die dem Kongress für diese vordringliche Aufgabe zugebilligten Mittel - worunter insbesondere die Wahlbeobachtung auf kommunaler und regionaler Ebene sowie die Botschaften der Lokaldemokratie - aufstocken, auf dass sie in all jenen Regionen Europas, wo dies ihre Rolle sein kann, Wesentliches beitragen zur Förderung des interethnischen Austauschs, zur Kräftigung der bürgerlichen Gesellschaft und zur Stärkung der demokratischen Sicherheit;
d. ihre politische Unterstützung jenem Vorschlag des Kongresses leihen, wonach als Antwort auf die Herausforderungen, vor die sich die Gesellschaft bei Anbruch des 21. Jahrhunderts gestellt sieht, ein umfassender, multidisziplinärer Aktionsplan betreffend "die Stadt - ein Raum demokratischer Sicherheit" ins Leben zu rufen sei, worin Aktionen für die Förderung der Lebensqualität und nachhaltigen Entwicklung in Städten und Gemeinden, für die Bekämpfung von Unsicherheit und Kriminalität, für den Kampf gegen Ausgrenzung und Arbeitslosigkeit, für die Förderung der kulturellen Vielfalt und eine interkulturelle Haltung, für Bürgerbeteiligung usw. einander ergänzen und woraus sich das Modell einer auf die Menschenrechte und auf Frieden gegründeten, demokratischen Gesellschaft des 21. Jahrhunderts entwickeln lässt;
e. die Gelegenheit dieses II. Gipfels wahrnehmen, um im Hinblick auf den 50. Jahrestag der Gründung des Europarats die Revision der Statuten der Organisation einzuleiten und dabei im Sinne der Erklärung vonseiten des ersten, im Oktober 1993 in Wien durchgeführten Gipfels, die Rolle der Gemeinden und Regionen als Akteure der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Stabilität anerkennen und die statutarische Stellung des KGRE als des der Parlamentarischen Versammlung nebengeordneten politischen Organs des Europarats zu klären;
9. Fordert die Parlamentarische Versammlung und das Ministerkomitee auf
a. die in der vorliegenden Empfehlung und in dem Bericht des Präsidenten des Kongresses enthaltenen Vorschläge zu unterstützen und zu berücksichtigen;
b. den KGRE zu der Vorbereitung des Gipfels und vor allem auch zu den Kontakten mit der Russischen Föderation und der Ukraine beizuziehen, die sich bei dem auf den 10. und 11. Juni 1997 in Sankt Petersburg anberaumten Treffen ergeben werden.
1 Diskussion und Annahme durch den Kongress am 5. Juni 1997, 3. Sitzung (s. Doc. CG (4) 9, Empfehlungsentwurf, vorgelegt von Herrn Claude HAEGI, Berichterstatter)