Empfehlung 178 (2005)1 über die Gemeindedemokratie in Zypern

Der Kongress, mit Bezug auf einen Vorschlag der Kammer der Gemeinden,

1. Unter Hinweis auf:

a. die Empfehlung 96 (2001) über die Gemeindedemokratie in Zypern, begleitet von einem Begründungstext von Ian Micallef (Malta, EVP/DC) 2001;

b. die Erwiderung des Innenministers der Republik Zypern auf die Empfehlung 96 (2001) vom November 2001;

c. den Begründungstext über die Gemeindedemokratie in Zypern [CPL (12) 8 Teil II], eingereicht von Ian Micallef (Malta, EVP/DC) und Alan Lloyd (VK, SOC);

2. Fordert das Ministerkomitee auf, folgende Schlussfolgerungen bezüglich der gegenwärtigen Situation der Gemeindedemokratie in Zypern (einschließlich des Gebietes der Republik Zypern, das nicht der effektiven Kontrolle der Regierung untersteht) zu berücksichtigen und die zypriotischen Behörden zu ersuchen, folgende Empfehlungen umzusetzen;

A. Allgemeiner Kontext

3. Der Kongress bedauert, dass Zypern nach der türkischen Militärintervention von 1974 immer noch geteilt ist, und nur 63 % des Territoriums der Republik Zypern der effektiven Kontrolle der Regierung der Republik Zypern unterstehen;

4. Der Kongress bedauert, dass die Referenden über den Plan von UN-Generalsekretär Kofi Annan in den beiden zypriotischen Gemeinschaften gescheitert sind und erinnert an die tiefe Enttäuschung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates über das Scheitern der Bemühungen der Völkergemeinschaft, um die Teilung Zyperns zu beenden.;

5. Der Kongress nimmt das Engagement der Versammlung zur Kenntnis, um die internationale Isolation der türkischen Zyprioten zu beenden sowie die Entscheidung, die Vertreter der türkisch zypriotischen Gemeinschaft enger in die Arbeit der Versammlung und ihrer Ausschüsse einzubinden (Entschließung 1376 (2004) der Parlamentarischen der Versammlung über Zypern (29. April 2004);

6. Der Kongress verweist auf Entschließung 170 (2004), in der er beschloss, die gleiche Politik wie die Parlamentarische Versammlung bezüglich der Vertretung der türkisch-zypriotischen Gemeinschaft in den Arbeiten des Kongresses zu verfolgen;

B. Besondere Kennzeichen der Gemeindedemokratie in Zypern

7. Der Kongress stellt fest, dass sich die derzeitige Situation der Gemeinden in Zypern dadurch besonders auszeichnet, dass 9 der 33 Gemeinden aufgrund der Besatzung von 37% des Territoriums der Republik Zypern durch türkische Truppen vertrieben wurden. Diese funktionieren weiterhin nach den Bestimmungen des Gemeindegesetzes der Republik Zypern von 1985;

8. Es ist auch zu unterstreichen, dass die Europäische Charta der kommunalen Selbstverwaltung in dem Gebiet nicht umgesetzt werden kann, das nicht der Kontrolle der Regierung der Republik Zypern untersteht;

C. Umsetzung von Empfehlung 96 (2001)

9. Der Kongress ist darüber enttäuscht, dass es bei der Gemeinderegierung der Republik Zypern nur wenig rechtliche und operationelle Veränderungen gegeben hat, seit der Kongress die Empfehlung 96 verabschiedet hat;

10. Der Kongress ist der Auffassung, dass Empfehlung 96 von den zypriotischen Behörden unterschiedlich aufgenommen wurde. Zu begrüßen ist die neue Verpflichtung der Regierung von 2003, den städtischen und ländlichen Gemeinden ein höheres Finanzvolumen zuzugestehen. Außerdem möchte der Kongress die Regierung auffordern, eine eigene Antwort auf die Empfehlung aus dem Jahre 2001 zu geben und die nachstehenden Bemerkungen zu berücksichtigen;

11. Der Kongress äußerte 2001 die Meinung, dass obwohl die Gemeinden viele Verantwortlichkeiten haben, ihre Verantwortung für die Stadtplanung als Eigenbefugnis gegebenenfalls mit Hilfe der interkommunalen Kooperation ausgedehnt werden sollte (Ziffer 16.1(c));

12. Der Minister sah 2001 Diskussionen über eine Prüfung der Verantwortlichkeit für die Stadtplanung vor. Offensichtlich gab es jedoch keine Veränderungen;

13. Empfehlung: der Kongress fordert die Regierung der Republik Zypern auf, die Diskussionen über eine schrittweise Übertragung der Verantwortung für die Stadtplanung auf die Gemeinden zu beschleunigen;

14. Der Kongress schlug 2001 vor, die Verantwortung für andere Dienste wie die Schulverwaltung ebenfalls auf die Gemeinden zu übertragen (Ziffer 16.1(d));

15. Es gab zwar einige Diskussionen zwischen dem Gemeindeverband und der Zentralregierung über die Übertragung der Verantwortung für die Schulen, aber bisher haben keine Veränderungen stattgefunden. Es gab erneute Diskussionen über die Übertragung der Verantwortung für den Verbraucherschutz, die Einrichtung der Gemeindepolizei und die Verkehrskontrolle, jedoch ohne konkretes Ergebnis;

16. Empfehlung: der Kongress fordert die Regierung der Republik Zypern auf, ein Abkommen mit dem Gemeindeverband für eine schrittweise Übertragung der Befugnisse auf die Gemeinden innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens zu schließen;

17. Der Kongress war 2001 der Auffassung, dass die Artikel 65-66 des Gemeindegesetzes mit der Charta unvereinbar waren, da diese eine Zustimmung des Ministerrates zum Jahreshaushalt vorsehen (Ziffer 16.1(e));

18. Es wurden keine Veränderungen verzeichnet, obwohl sich die Regierung der Republik Zypern verpflichtet hatte, Diskussionen mit dem zypriotischen Gemeindeverband gemäß Empfehlung 96 zu führen;

19. Empfehlung: der Kongress fordert die Regierung der Republik Zypern nachdrücklich auf, diese Bestimmungen im Hinblick auf die Abschaffung der erforderlichen Zustimmung des Ministerrates zum Jahreshaushalt zu überprüfen;

20. Der Kongress begrüßte 2001 die Aufstockung der allgemeinen Zuweisungen an die Gemeinden, zeigte sich jedoch besorgt über die Praxis der Co-Finanzierung bei Stadtentwicklungsprojekten (Ziffer 16.1(g), (h)). Heute stellt der Kongress mit Befriedigung eine Aufstockung der allgemeinen Zuweisungen an die Gemeinden seit 2001 fest;

21. Gleichzeitig bedauert der Kongress, dass ein Großteil der Mittel an zentrale und nicht kommunale Prioritäten gebunden ist, nicht nach klar definierten Kriterien verteilt wird und daher als Ermessensache zu betrachten ist;

22. Empfehlung: der Kongress empfiehlt, ein gerechtes Gleichgewicht zwischen den allgemeinen und den gebundenen Mitteln zu finden und schlägt vor, dass die Regierung kurzfristig vorrangig Mittel für kommunale Prioritäten zur Verfügung stellen sollte;

23. Der Kongress äußerte 2001 einige Bedenken, obwohl er allgemein das Gesetz über ländliche Gemeinschaften begrüßte und verwies auf die Notwendigkeit, den Rechtsstand der kommunalen Vertreter zu verbessern, um sicherzustellen, dass sie ein Anrecht auf finanzielle Zuwendungen oder Entschädigungen erhalten (Ziffer 16.2(a), (b));

24. Offensichtlich gab es hier keine wesentlichen Veränderungen, obwohl der Minister sich 2001 verpflichtete, Diskussionen zu führen. Die Zuweisung eines Jahreshaushaltes an die Gemeinden (CY£ 5.5m im Jahre 2005) verdient jedoch eine Erwähnung;

25. Empfehlung: der Kongress fordert den Innenminister auf, die Diskussionen mit dem Verband der ländlichen Gemeinschaften im Hinblick auf eine Verbesserung des Rechtsstandes der kommunalen Vertreter fortzusetzen und ihnen ein Anrecht auf finanzielle Entschädigungen zu verschaffen;

26. Der Kongress forderte 2001 die Abschaffung von Artikel 174(4) des Gesetzes über ländliche Gemeinschaften, das es der Regierung ermöglicht, unter bestimmten Umständen die Wahlen auszusetzen (Ziffer 16.2(c)). Offensichtlich wurden diese Veränderungen nicht vorgenommen.;

27. Empfehlung: der Kongress wiederholt diese Forderung und empfiehlt der zypriotischen Regierung nachdrücklich, Artikel 174(4) des Gesetzes über ländliche Gemeinschaften abzuschaffen;

28. Der Kongress äußerte sich 2001 besorgt über eine Reihe von Kontrollen der „District Officers“ (Bezirksoffiziere) in den ländlichen Gemeinschaften (Ziffer 16.2(d) (i-vi) und (e)-(g)). Auch hier wurden offensichtlich keine Anpassungen vorgenommen;

29. Empfehlung: der Kongress wiederholt seine Empfehlung zur Einschränkung der Kontrolle der „District officers“ über die ländlichen Gemeinschaften gemäß Empfehlung 96 (2004);

30. Der Kongress war 2001 der Auffassung, dass aufgrund des Bestehens von kleinen Gemeinden und noch kleineren ländlichen Gemeinschaften, obligatorische Kooperationsprogramme zwischen den örtlichen Gebietskörperschaften entwickelt werden müssen (Ziffer 18);

31. Der Minister erklärte 2001 zu diesem Thema, dies sei eine der dringlichsten Aktionen, die dazu dienen, die Fähigkeiten der örtlichen Gebietskörperschaften auszubauen und zu stärken, damit sie ihre Verantwortlichkeiten erweitern und, noch wichtiger, ihre Verantwortung erfüllen können. Die Regierung bedarf jedoch der ausdrücklichen Unterstützung des Gemeindeverbandes und des Verbandes der ländlichen Gemeinschaften, damit die obligatorischen Kooperationsprogramme nicht von den örtlichen Gebietskörperschaften als feindliche Übernahme gesehen werden, die aufoktruiert wird;

32. Offensichtlich wurde Artikel 86 des Gemeindegesetzes 2003 zur Verbesserung des Rahmens der interkommunalen Kooperation abgeändert. Dies führte zu einigen Kooperationsbeispielen, insbesondere bei der Abwasserverwaltung in den städtischen Gebieten;

33. Jedoch gibt es immer noch einen beträchtlichen Anwendungsbereich für die Kooperationsprogramme, insbesondere in den ländlichen Gebieten;

34. Empfehlung: Der Kongress ruft die Regierung der Republik Zypern und die Vertreter der Gemeinden dazu auf, die Kooperationsprogramme zwischen Gemeinden und Gemeinschaften weiter auszubauen;

D. Gemeindedemokratie auf dem Gebiet der Republik Zypern, das nicht der effektiven Kontrolle der Regierung von Zypern untersteht

35. Der Kongress weist darauf hin, dass gemäß der Resolution 550 (1984) des UN-Sicherheitsrates „Wahlen”, die im besetzten Teil der Republik Zypern abgehalten werden, als illegal und ungültig erachtet werden;

36. Der Kongress unterstreicht erneut, dass nach seiner Auffassung die Europäische Charta der kommunalen Selbstverwaltung nicht auf dem Gebiet umgesetzt werden kann, das nicht der effektiven Kontrolle der Regierung der Republik Zypern untersteh;

37. Angesichts des oben Angeführten zeigte der Kongress eine Reihe von Problemen bei der Funktionsweise der Gemeinden auf dem Gebiet auf, das nicht unter effektiver Kontrolle der Regierung der Republik Zypern steht;

38. Erstens wird in der Praxis der ländlichen Bevölkerung keine angemessene kommunale Selbstverwaltung garantiert. Das entspricht nicht der Charta;

39. Zweitens scheint es wahrscheinlich, dass selbst in den Gemeinden die Praxis nicht den geltenden Bestimmungen und daher den Vorschriften der Charta entspricht;

40. Der Kongress kommt daher zu dem Schluss, die die meisten Gemeinden nur schwach besiedelt sind und trotz der offiziellen Bestimmungen auf einige wenige Funktionen beschränkt sind. Außerdem sind sie finanziell und personell unterbesetzt. Diese Schwächen der Gemeinden scheinen bei den politischen Parteien im Norden Zyperns allgemein bekannt zu sein und es zeichnet sich ein Konsens für eine Strukturreform ab;

41. Angesichts der entsprechenden Urteile des Europäischen Gerichtshofes für Menschrechte ist der Kongress der Auffassung, dass die Regierung der Republik der Türkei, die die effektive Kontrolle über die besetzten Gebiete ausübt, weiterhin für die allgemeine Situation in dem besagten Gebiet verantwortlich ist;

42. Der Kongress verfolgt diese Angelegenheit weiterhin aufmerksam;

E. Kooperation zwischen beiden Gemeinschaften

43. Allgemein lässt sich sagen, dass im Interesse der Gemeindedemokratie die individuelle und kollektive Kooperation zwischen den griechisch-zypriotischen und den türkisch-zypriotischen Gemeinschaften ausdrücklich gefördert und verbessert werden sollte;

44. Der Kongress fordert:

a. das Ministerkomitee auf, diese Empfehlung an die Regierung der Republik Zypern weiterzuleiten und sie zur Umsetzung aufzufordern;

b. die Regierung der Republik Zypern auf, diese Empfehlungen des Kongresses zu prüfen und Pläne für ihre Umsetzung bei einer der kommenden Sitzungen des Kongresses vorzulegen;

c. die Parlamentarische Versammlung des Europarates auf, die Schlussfolgerungen des Kongresses über die Situation der Gemeindedemokratie in der Republik Zypern zu berücksichtigen.

1 Diskussion und Zustimmung durch die Kammer der Gemeinden am 8. November 2005 und Annahme durch den Ständigen Ausschuss des Kongresses am 8. November 2005 (siehe Dok. CPL (12) 8, Empfehlungsentwurf vorgelegt durch Dr. I. Micallef (Malta, L, EVP/CD) und A. Lloyd (Vereinigtes Königreich, L, Soc), Berichterstatter).