Empfehlung 175 (2005)1 über Regionen in äußerster Randlage: Eine Herausforderung für eine ausgewogene und nachhaltige Entwicklung des europäischen Raumes

Der Kongress, mit Bezug auf den Vorschlag der Kammer der Regionen,

1. Angesichts:

a. des Entschließungsvorschlages, der von Alberto Joao Jardim (Portugal, R, EVP/CD), Calin Chirita (Rumänien, L, FL), Giovanni Di Stasi (Italien, R, PSE), Miljenko Doric Kroatien, R, GILD), Günther Krug (Deutschland, R, PSE), Yavuz Mildon (Türkei, R, EVP/CD), Hans Martin Tschudi (Schweiz, R, GILD), Luciano Valaguzza (Italien, R, FL), Stanislav Vavilov (Russische Föderation, R, GILD) und Keith Whitmore (Vereinigtes Königreich, R, GILD) vorgelegt wurde [Dokument GC (10) 27)];

b. Empfehlung 101 (2001) betreffend die Auswirkungen der Globalisierung auf die Regionen, die der Europäischen Union empfiehlt, die Unterstützung der Regionen, insbesondere der Regionen in äußerster Randlage fortzusetzen und zu verstärken;

2. In der Erwägung dass:

a. die sieben sogenannten Regionen in äußerster Randlage, die diesen Status in der Europäischen Union erhalten haben, aufgrund ihrer besonderen Charakteristiken bei ihrem Entwicklungsprozess benachteiligt sind;

b. die fraglichen Regionen sich durch die Besonderheit unterscheiden, einerseits geographisch sehr weit abgelegenen europäischen Räumen und andererseits einem Raum physischer Nähe anzugehören, der durch das Fehlen entwickelter Märkte geprägt ist;

c. die andauernde Kombination einer Reihe von Faktoren – große Abgelegenheit, Insellage, geringe Größe, schwierige Boden- und Klimabedingungen sowie wirtschaftliche Abhängigkeit von einer geringen Anzahl von Erzeugnissen - ihnen eine Eigenidentität geben, die mit keiner anderen Situation in der Gemeinschaft und in Europa vergleichbar ist und sie in die Nähe der kleinen gefährdeten Wirtschaften rückt;

d. solche Benachteiligungen von der Europäischen Union in Artikel 299 Abs. 2 des Amsterdamer Vertrages anerkannt wurden, der eine andere Behandlung dieser Regionen vorsieht sowie im Verfassungsvertrag der Europäischen Union in den Artikeln IV – 440 -2 ; IV – 440 – 7 und III – 424;

e. durch die Schaffung dieser Rechtsgrundlage ein System für Regionen in äußerster Randlage eingerichtet wurde, in dem im primären Recht ohne Zweifel eine neue Realität, die in Europa einzigartig ist, anerkannt wurde;

f. der Entwicklungsprozess dieser Regionen, der sich größtenteils auf die Europäische Solidarität gründet, durch die gegenwärtigen Veränderungen beim Aufbau eines neuen Europas in Frage gestellt werden könnte, die sich insbesondere aus der Erweiterung, der Reform verschiedener Bereiche der Europapolitik und der wirtschaftlichen Globalisierung ergeben;

g. aufgrund der äußersten Randlage dieser Regionen ein neuer Ansatz notwendig ist, der gleichzeitig dazu beiträgt, die Benachteiligung zu verringern und das Potential in den Schlüsselsektoren oder Bereichen hervorzuheben, die einen Mehrwert darstellen;

h. der politische Wille der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaftsinstanzen entscheidend ist bei der Suche nach Lösungen für die spezifischen Probleme, vor denen die am weitesten entfernten europäischen Regionen stehen;

i. die Regionen in äußerster Randlage nicht die gleichen Chancen wie andere europäische Regionen haben;

3. Angesichts der Tatsache, dass eine Reihe von Regionen, die von der Europäischen Union nicht als „Regionen in äußerster Randlage“ eingestuft wurden, unter großen wirtschaftlichen und geographischen Nachteilen leiden und dringend Maßnahmen benötigen, damit die Entwicklung angekurbelt und diese zweite Kategorie der benachteiligten Regionen unterstützt wird;

4. Bezüglich der Regionen, die als „Regionen in äußerster Randlage“ eingestuft werden, fordert die Regierungen der Mitgliedstaaten, in denen sich diese Regionen befinden auf, Strategien, einschließlich Hilfsinstrumente aufzuzeigen und vorzuschlagen, die an die Besonderheiten und die Bedürfnisse der Regionen in äußerster Randlage angepasst sind und ein spezifisches Entwicklungsmodell für diese Regionengruppe zu erstellen, fordert die Europäische Union auf:

a. in Zukunft den Regierungen in äußerster Randlage Finanzmittel zu garantieren, die für sie unverzichtbar sind, damit sie ihre Entwicklung fortsetzen und konsolidieren können;

b. eine Verringerung der Finanzbeihilfen zu vermeiden, denn dies würde diese Regionen angesichts ihrer ständigen Benachteiligung bestrafen, sowie das Risiko des wirtschaftlichen Rückgangs aufgrund einer solchen Maßnahme verstärken;

5. Bezüglich der Regionen, die nicht als „Regionen in äußerster Randlage“ von der Europäischen Union eingestuft wurden, fordert das Ministerkomitee des Europarates auf:

a. die Analyse der spezifischen Situation der Regionen in äußerster Randlage zu berücksichtigen, die der Ausschuss für Nachhaltige Entwicklung der Kammer der Regionen in der Begründung zur vorliegenden Empfehlung ausgearbeitet hat [Dokument CPR (12) 4, Teil II];

b. die europäische Konferenz der Minister zuständig für Raumordnung (CEMAT) aufzufordern, die Analyse der Benachteiligungen dieser Regionen zu vertiefen und, zusammen mit dem Kongress, eine Empfehlung auszuarbeiten, um dieser zweiten Kategorie von benachteiligten Regionen zu helfen.

c. zusammen mit dem Kongress die Einsetzung eines Rahmens zur Unterstützung aller Regionen zu prüfen, die unter ständigen natürlichen oder demographischen Benachteiligungen leiden, wie die nördlichsten Regionen, die Regionen mit einer geringen Bevölkerungsdichte sowie die Insel-, Grenz- und Bergregionen, damit ihr finanzieller, sozialer und territorialer Zusammenhalt gesichert ist;

d. Maßnahmen zur Förderung der gesamteuropäischen Kooperation für die sehr weit entfernt liegenden Regionen sowie den Zugang solcher Regionen aus Nicht-Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu den Errungenschaften und den Kooperationsmechanismen der Europäischen Union vorzusehen.

1 Diskussion und Zustimmung durch die Kammer der Regionen am 1. Juni 2005 und Annahme durch den Ständigen Ausschuss des Kongresses am 2. Juni 2005,(siehe Dok. CPR (12) 4, Empfehlungsentwurf vorgelegt durch I. Linge (Schweden, R, EVP/CD), Berichterstatter