Empfehlung 173 (2005)1 über die Regionalmedien und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit
Der Kongress, mit Bezug auf einen Vorschlag der Kammer der Regionen
1. Unter Verweis auf Empfehlung Nr. R (2000) 1 des Ministerkomitees an die Mitgliedstaaten über die Förderung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zwischen den territorialen Gebietskörperschaften oder Behörden im Bereich Kultur und insbesondere Teil III ihres Anhangs über die verschiedenen Aktionsbereiche, in dem insbesondere Absatz v über die Medien Folgendes vorsieht:
a. grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen den lokalen, regionalen und nationalen Fernsehsendern zum Zwecke der Koproduktion und Ausstrahlung von Sendungen von grenzüberschreitendem Interesse;
b. „Zusammenarbeit zwischen den lokalen und regionalen Radiostationen, die Informationen für den gesamten grenzüberschreitenden Sektor verbreiten“;
c. Verbreitung von Bildungsprogrammen in der Sprache des Nachbarlandes durch die lokalen/regionalen Radiosender;
2. Unter Hinweis auf die Empfehlungen der Parlamentarischen Versammlung 1506 (2001) bezüglich der Meinungs- und Informationsfreiheit in den Medien in Europa und 1407 (1999) über die Medien und die demokratische Kultur;
3. Unter Verweis auf die Empfehlungen 54 (1999) betreffend lokale und regionale Informationsgesellschaft und 119 (2002) die Lage der regionalen Presse in Europa:Pluralismus, Unabhängigkeit und Freiheit der regionalen Presse des Kongresses der Gemeinden und Regionen;
4. Im Hinblick auf die Abschlusserklärung der Konferenz von Berlin über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Regionalmedien in Europa, die in Berlin am 15. und 16. Oktober 2004 stattfand;
5. Hebt die Bedeutung der Abschlusserklärung der 7. europäischen Ministerkonferenz über die Massenkommunikationspolitik in Kiew (Ukraine) am 10. und 11. März 2005 hervor, insbesondere die drei verabschiedeten Entschließungen sowie den Aktionsplan im Anhang der Erklärung, die sich auf die Förderung der Meinungsfreiheit, den Pluralismus und die Vielfalt der Kommunikationsdienste und ihren Inhalt sowie den Schutz der Menschenrechte und die Förderung der größtmöglichen Beteiligung aller Menschen an der Informationsgesellschaft konzentrieren;
6. Unter Verweis darauf, dass die lokalen und regionalen Medien besonders gut die multiple Identität und die reiche kulturelle Vielfalt Europas widerspiegeln und wichtige Instrumente für die Annäherung der Bürger sind;
7. Unter Verweis darauf, dass die Kooperation der Medien (Print- und audiovisuelle Medien) ein wesentlicher Bestandteil der nachbarschaftlichen Beziehungen zwischen den verschiedenen Regionen ist und zur Stärkung der Demokratie und Stabilität in Europa beitragen kann;
8. Unter Berücksichtigung des Grundprinzips der Unabhängigkeit der Medien;
9. Verweist auf die Bedeutung der Initiative, dass einige lokale und regionale Medien, lokale und regionale Traditionen der ethnischen und anderer Minderheiten verbreiten;
10. Verweist auf die Bedeutung des Radios und unterstreicht sein großes Potenzial für die Entwicklung der demokratischen Gesellschaften insbesondere auf regionaler und lokaler Ebene;
11. Unter Verweis auf die Empfehlung Nr. R (1999) 1 des Ministerkomitees des Europarates betreffend Maßnahmen zur Förderung des Pluralismus der Medien und im Hinblick auf das Grünbuch der Europäischen Kommission über den Pluralismus und die Zusammenschlüsse der Medien im Binnenmarkt (COM (92) 480 endgültig);
12. Unterstreicht, dass der Europarat eine wichtige Rolle bei der Förderung des gegenseitigen Verständnisses zwischen den Völkern mit unterschiedlichen Kulturen und Religionen spielen kann, sowohl in den europäischen Gesellschaften selbst als auch zwischen Europa und den anderen Regionen;
13. Verweist auf die bestehenden Instrumente der Europäischen Union, von denen die meisten den Kandidatenländern offen stehen, die dazu dienen, Regionen mit verzögerter Entwicklung insbesondere mit Hilfe des Interreg-Programmes zu unterstützen, das die Kooperation zwischen Regionen zum Zwecke der Wirtschaftsentwicklung, einschließlich im kulturellen Bereich, fördert;
14. Wünscht alle Sendungen, Wiederholungen und Regionalzeitungen zu fördern, um das Gebiet, die Kultur und die Traditionen der Nachbarn insgesamt besser bekannt zu machen;
15. Unterstützt die transregionale Kooperation zwischen den Medien (Print- und audiovisuelle Medien) sowohl intern als auch international zur Förderung des kulturellen Austauschs und der Toleranz;
16. Begrüßt die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der bestehenden Regionalmedien, die durch die Beispiele für gute Praktiken, die im Folgenden angeführt werden, veranschaulicht wird. Diese werden auch im Bericht Regionalmedien: Grenzüberschreitende Zusammenarbeit angesprochen;
17. Verweist darauf, dass die „must carry“ im digitalen Bereich ein Grundinstrument bleibt, das den Zugang der Verbraucher zu bestimmten Programmdiensten ermöglicht, die von besonderem Interesse für die Gesellschaft sind;
18. Verweist darauf, dass die Kooperation zwischen den Grenzregionen unbedingt zur Bewahrung des Kultur- und Naturerbes sowie zur Umsetzung einer dauerhaften Regionalentwicklung beiträgt, die ebenfalls den Frieden und das internationale Verständnis fördert und bedeutend zum Aufbau eines gemeinsamen Europas beiträgt;
19. Fordert die Mitgliedstaaten auf:
a. den Regionalmedien einen wichtigeren Platz im demokratischen Leben der Staatsbürger und Nicht-Staatsbürger auf allen Ebenen der Verwaltung einzuräumen;
b. den Anwendungsbereich der „must carry rule“ über die Kabelbetreiber hinaus auszuweiten und auch die grenzüberschreitenden Gebietskörperschaften zu berücksichtigen ;
c. die Zusammenarbeit zwischen Regionen im Bereich der Medien anzuregen und diskriminierende Maßnahmen und Regelungen beiseite zu räumen, die die Freizügigkeit der von der Presse und dem Regionalradio gesendeten Informationen stören können;
d. dafür zu sorgen, dass angesichts der wenigen Frequenzen und der intensiven Konkurrenz zwischen den Nutzern des Spektrums die Besonderheit des audiovisuellen Sektors bei der Verwaltung des radioelektrischen Spektrums berücksichtigt wird;
e. die gemeinnützigen Medien der Gemeinschaft als dritten komplementären Sektor zum öffentlich-rechtlichen Dienst und zum privaten Dienst anzuerkennen;
f. eine Regelung für mehrsprachige Medien der Gemeinschaft auszuarbeiten, die für alle Arten der analogen und digitalen gegenwärtigen und künftigen Ausstrahlung gilt, damit die Beteiligung der Bürger an den Medien garantiert und die Integration und Beteiligung der Einzelnen am demokratischen Leben gestärkt wird;
g. die Sendungen in den Regionalsprachen zu unterstützen, die als regionale „lingua franca“ dienen, und mehrsprachige Sendungen mit lokalen und regionalen Themen und Akteuren als Beispiel für gute Praktiken anzusehen und ihre Produktion zu unterstützen,
h. ihre Einbindung in eine regionale pluralistische und vielfältige Medienlandschaft zu bekräftigen und die Bedeutung der unterschiedlichen Regionalmedien im politischen und sozialen Leben der Einzelnen sowie der Regionalgruppen und anderer anzuerkennen;
i finanziell die grenzüberschreitenden und interregionalen Kooperationsprogramme und -projekte der Medien zu unterstützen;
j. den Gemeinden und Regionen zu helfen, zufriedenstellende Partner für ihre Kooperationsprojekte in anderen grenzüberschreitenden Zonen zu finden und die Beteiligung der Gemeinden und Regionen an transnationalen Projekten zu fördern;
20. Fordert den Generalsekretär des Europarates auf, die entsprechenden Dienste zu ersuchen:
a. den Austausch von Journalisten, Herausgebern und Fernsehprogrammen zu unterstützen, die Ethik der Medien zu stärken, die grenzüberschreitende Kooperation anzuregen sowie Ausbildungskurse für Chefredakteure und Journalisten einzurichten;
b. die Möglichkeit zu prüfen, ein „Europäisches Jahr der Medien" auszurufen;
c. mit dem Kongress zusammen künftige Konferenzen und Aktivitäten im Bereich der Regionalmedien zu organisieren;
d. die Zusammenarbeit des Kongresses mit der Medienabteilung des Europarates im Rahmen des Stabilitätspaktes für Südosteuropa zu suchen, um die Umsetzung der Normen des Europarates im Bereich der Medien zu garantieren und ein Klima der Toleranz und des gegenseitigen Verständnisses zu schaffen;
e. Aktionen zur Information und Sensibilisierung, insbesondere in Seminaren und Workshops für die interessierten Fachleute (Gemeinde- und Regionalpolitiker) einzurichten, damit diese auf die Anforderungen an ein unabhängiges und pluralistisches Mediensystem in einer demokratischen Gesellschaft aufmerksam gemacht werden;
21. Fordert die Europäische Kommission auf :
a. dafür zu sorgen, dass die Wettbewerbsregeln den Pluralismus in den regionalen Printmedien begünstigen;
b. einen Mechanismus einzusetzen, der die Übersetzung (Anpassung, Synkronisierung) der Regionalproduktionen begünstigt, damit diese über die Grenzen hinaus verbreitet werden können;
c. Experten auszubilden, die für das regionale und lokale europäische Fernsehen arbeiten;
d. eine kohärente und flexible Politik für die künftigen Außengrenzen auszuarbeiten, so dass die Erweiterung die grenzüberschreitende Zusammenarbeit nicht beeinträchtigt, sondern fördert und hierbei mit dem Europarat zusammenzuarbeiten;
e. die Fälle der kleinen mulikulturellen Länder und grenzüberschreitenden Regionen zu prüfen;
22. Fordert das Europäische Parlament auf, die Methoden zur Bewahrung der pluralistischen und unabhängigen Regionalmedien in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie den Kandidatenländern zu prüfen.
1 Diskussion und Zustimmung durch die Kammer der Regionen am 31. Mai 2005 und Annahme durch den Ständigen Ausschuss des Kongresses am 2. Juni 2005 (siehe Dok. CPR (12) 2, Empfehlungsentwurf vorgelegt durch G. Krug (Deutschland, R, Soc) und K.-H. Lambertz (Belgien, R, Soc), Berichterstatter).