Empfehlung 146 (2004)1 über das 4. Forum der Städte und Regionen Südosteuropas (10. Wirtschaftsforum) - Prijedor, Bosnien-Herzegowina, 22. – 23. September 2003

Der Kongress,

1. Dankt:

a. der Stadt Prijedor sowie den Behörden der Republika Srpska und Bosnien-Herzegowina für den Empfang beim 4. Forum der Städte und Regionen Südosteuropas (10. Wirtschaftsforum), das am 22. und 23. September 2003 in Prijedor stattfand;

b. den Verantwortlichen des Stabilitätspaktes für Südosteuropa für ihre Unterstützung bei dieser Veranstaltung zugunsten der Entwicklung der Gemeinde- und Regionaldemokratie;

c. den Rednern bei diesem Forum, insbesondere den Gemeinde- und Regionalpolitikern aus Südosteuropa und ihren europäischen Partnern auf kommunaler und regionaler Ebene, den Vertretern der nationalen Behörden, den internationalen Organisationen und den NRO;

2. Erinnert daran, dass das Forum von Prijedor organisiert wurde:

a. in Zusammenarbeit mit der Stiftung für Wirtschaft und nachhaltige Entwicklung der Regionen Europas (FEDRE);

3. Verfolgt sehr aufmerksam die politische und wirtschaftliche Lage in Südosteuropa und die Auswirkungen auf die Gemeinde- und Regionalbehörden und daher:

a. bedauert den tragischen Tod des Präsidenten der „Ehemaligen Jugoslawischen Republik Mazedonien“, Boris Trajkosvski, der das erste Forum der Städte und Regionen Südosteuropas vom 16. bis 18. November 2000 in Skopje in der „Ehemaligen Jugoslawischen Republik Mazedonien“ eröffnete.  Er fordert die Politiker dieses Landes auf, seine Bemühungen fortzusetzen, um ein friedliches Miteinander, das zum gegenseitigen Fortschritt gereicht, zwischen den Gemeinschaften des Landes zu garantieren und hierzu die Friedensabkommen von Ohrid zu achten;

b. begrüßt den Beitritt von Serbien-Montenegro zum Europarat am 3. April 2003; 

c. begrüßt die Annahme der politischen Erklärung von Chisinau über die grenzüberschreitende und interterritoriale Kooperation zwischen den Staaten Südosteuropas durch das Ministerkomitee bei der Tagung am 5. und 6. November 2003 in Moldowa, die sich an die Empfehlung 112 (2002) bezüglich des Forums der Städte und Regionen Südosteuropas (8. und 9. Wirtschaftsforum) von Istanbul und Novi Sad (November 2001 und April 2002) anschließt;

d. begrüßt die Annahme einer Stellungnahme über die Rolle der Regionen und Gemeinden im demokratischen Konsolidierungsprozess der Region des Westbalkans durch den Ausschuss der Regionen der Europäischen Union am 19. November 2003;

e. wünscht, dass die Vorschläge des Europarates zur Dezentralisierung im Kosovo dazu beitragen, eine zufriedenstellende Politik für die verschiedenen Gemeinschaften im Sinne der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung und der Europäischen Menschenrechtskonvention auszuarbeiten;

f. hofft, dass aufgrund der jüngsten politischen Veränderungen in Serbien-Montenegro der Staat seinen Verpflichtungen, die er beim Beitritt zum Europarat eingegangen ist, voll und ganz nachkommen kann und die Stabilität, die für seine soziale und wirtschaftliche Entwicklung notwendig ist, wiederfinden kann;

g. hofft, dass die für Juni 2004 in Serbien vorgesehenen Präsidentschaftswahlen und die für September 2004 in Serbien vorgesehenen Gemeindewahlen, die Gemeindewahlen in Bosnien-Herzegowina am 2. Oktober 2004 und Anfang Oktober 2004 in der „Ehemaligen Jugoslawischen Republik Mazedonien“ gut verlaufen und alle Gemeinschaften sich daran beteiligen;

h. bekräftigt die wichtige Rolle der Gemeinden und Regionen bei der Friedenschaffung, der Aussöhnung der Gemeinschaften, die von den Kriegen gezeichnet sind, die das ehemalige Jugoslawien zerrissen haben und bei der Förderung der politischen Stabilität und der Wirtschaftsentwicklung in Südosteuropa im Rahmen der europäischen Integration;

i. in der Überzeugung, dass die Verbesserung der Wirtschaftbedingungen auf kommunaler und regionaler Ebene wesentlich und unentbehrlich für die Entwicklung der demokratischen Institutionen in Südosteuropa ist;

j. in der festen Überzeugung, dass eine integrierte kommunale Entwicklung eine konzertierte Aktion der unterschiedlichen internationalen, nationalen und kommunalen Institutionen erfordert;

k. unterstützt die Aktivitäten der internationalen und europäischen Organisationen, insbesondere das technische Kooperationsprogramm des Europarates gegen Korruption und organisiertes Verbrechen;

l. begrüßt die Unterzeichnung der Abkommen über die Euroregion „Drina-Sava-Majevica“ in Brcko am 7. Mai 2003 und am 21. September 2003 in Sofia über die Euroregion „Sofia-Nis-Skopje“;

m. begrüßt die baldige Eröffnung einer Botschaft der Gemeindedemokratie in Mostar und das Vorhaben eine BLD in Georgien einzurichten;

4. Empfiehlt den Regierungen der Länder Südosteuropas :

a. die Gesetzgebung und Politik an die Europäische Charta der kommunalen Selbstverwaltung, insbesondere die Ressourcen an die Befugnisse der Gemeinden anzupassen und fordert die Behörden von Serbien-Montenegro auf, diesen Text zu unterzeichnen und zu ratifizieren;

b. falls noch nicht geschehen, nämlich Bosnien-Herzegowina, Serbien-Montenegro, der „Ehemaligen Jugoslawischen Republik Mazedonien“, das Europäische Rahmenabkommen über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Gebietskörperschaften des Europarates (STE 106) und ihre beiden Zusatzprotokolle zu unterzeichnen und/oder zu ratifizieren;

c. ein multilaterales Abkommen über die Entwicklung der grenzüberschreitenden und interterritorialen Kooperation zwischen den Gemeinden und Regionen Südosteuropas zu unterzeichnen als Nachfolge der politischen Erklärung von Chisinau, die am 5. und 6. November 2003 vom Ministerkomitee des Europarates verabschiedet wurde;

d. Gesetze zur Sicherung der Investitionen und Bekämpfung der Korruption bei der Verwaltung der Gemeinde– und Regionalbehörden zu verabschieden, damit das Vertrauen der Investoren wiederhergestellt wird und die Bürger ermutigt werden, sich mehr an den öffentlichen Angelegenheiten zu beteiligen;

e. auf die Einhaltung und Umsetzung des europäischen Verhaltenskodex für die politische Integrität der Gemeinde- und Regionalpolitiker zu achten, den der Kongress 1999 verabschiedete;

f. ihre Bemühungen zur Förderung der Reformen der Dezentralisierung zu verstärken ausgehend von der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung und im Rahmen ihrer Verpflichtungen, die sie beim Beitritt zum Europarat eingegangen sind;

g. Ausbildungsstrategien für die Gemeinden und Regionen mit Hilfe des Europarates und des ENTO-Netzes (Europäisches Netz der Schulungszentren für die Gebietskörperschaften) zu entwickeln;

h. den Gemeinden die notwendigen Befugnisse zuzugestehen, um die öffentlichen Güter in ihren jeweiligen Gemeinden zu verwalten, einschließlich der Güter, die privatisiert werden können;

i. eine dauerhafte Rückkehr der Flüchtlinge und Vertriebenen zu unterstützen und den Gemeinden und Regionen die notwendigen Mittel an die Hand zu geben, um den Zugang zu den Sozialrechten (Gesundheit, Bildung, Unterkunft, Renten) zu garantieren und bessere Sicherheitsbedingungen anzubieten;

j. die Visapflicht zu vereinfachen und weitere Maßnahmen zu ergreifen, um grenzüberschreitende Kooperationszonen einzurichten, neue Trennlinien in Europa zu vermeiden und die Entwicklung der grenzüberschreitenden Kooperation zwischen den Ländern Südosteuropas und der Europäischen Union zu fördern;

k. die jeweiligen Gesetzgebungen zu harmonisieren, um sie an die Normen der Europäischen Union anzupassen;

l. die Entwicklung von Eigenstrukturen zu fördern, die einen Dialog zwischen den Zentral-, Kommunal- und Regionalbehörden, ihren Verbänden und internationalen Partnern über die Reformen zur Dezentralisierung und Regionalisierung in Südosteuropa ermöglichen;

5. Fordert die Nichtregierungsorganisationen und insbesondere die Versammlung der Regionen Europas (VRE), die Arbeitsgemeinschaft Europäischer Grenzregionen (AGEG), den Rat der Gemeinden und Regionen Europas (RGRE), die vereinigten Städte und Gemeinderegierungen und die Konferenz der maritimen Randregionen (CRPM) auf:

a. technische und menschliche Partnerschaften, Austausch und punktuelle Projekte mit den Städten und Regionen in Südosteuropa in verschiedenen Bereichen wie Energie, Umwelt, Transport, Wasser- und Abwasserverwaltung, Jugend, Bildung und Kultur anzuregen;

b. sich an den Arbeiten des Kongresses zu einer zwischenstädtischen, interregionalen und grenzüberschreitenden Kooperation zwischen den Gemeinden und Regionen Südosteuropas und allgemein an einer dezentralisierten Kooperation zu beteiligen, wie:

i.  das Programm der Botschaften der Gemeindedemokratie (BLD);

ii.  SEDECO (Dienst der dezentralisierten Kooperation in Europa), vom Kongress ins Leben gerufen, das Programm Syni der Stadt Lausanne und das Büro für Projektdienste der Vereinten Nationen (UNOPS) zu unterstützen, damit die Partnerschaften zwischen den europäischen Gemeinden und Regionen an Dynamik gewinnen;

c. die Aktionen in Südosteuropa zu verstärken und ihre Sachkenntnisse bei der Schaffung und Funktionsweise der Euroregionen, insbesondere mit Hilfe von Partnerschaften zwischen den Euroregionen, einzubringen;

6. Fordert die Verantwortlichen des Stabilitätspaktes für Südosteuropa und die Geberländer und Geberorganisationen auf:

a. den Projekten zur Stärkung der Gemeinde- und Regionaldemokratie sowie der grenzüberschreitenden Kooperation in Südosteuropa Priorität zu verleihen und dem Kongress für seine Projekte, insbesondere dem 5. Forum der Städte und Regionen Südosteuropas (11. Wirtschaftsforum), das am 11. und 12. Oktober 2004 in Budva in Montenegro stattfindet, sowie das Programm der BLD, dem NALAS-Netz und dem SEDECO-Projekt finanzielle Unterstützung zukommen zu lassen;

b. in der Arbeitstabelle I den Schwerpunkt auf die kleinen Projekte zur Entwicklung der kommunalen und regionalen Initiativen, die Euroregionen und die örtliche Wirtschaft zu legen;

c. weiterhin die verschiedenen Initiativen zur Entwicklung der grenzüberschreitenden Kooperation zwischen den Gebietskörperschaften in Südosteuropa, insbesondere durch die Entwicklung operationeller Euroregionen zu unterstützen, die ein nützliches Instrument zur Stärkung der guten nachbarschaftlichen Beziehungen sind;

7. Empfiehlt dem Ministerkomitee ausgehend von der Erklärung von Prijedor, die einstimmig am 23. September 2003 verabschiedet wurde:

a. zusätzliche Mittel für die Entwicklung der Gemeinde- und Regionaldemokratie und der Zivilgesellschaft bereit zu stellen;

i. mit Hilfe von freiwilligen Beiträgen;

ii. in den Hilfsprogrammen für Südosteuropa (insbesondere Post-Beitrittsprogramme des Europarates für Bosnien-Herzegowina und Serbien-Montenegro, sowie das Programm für vertrauensbildende Maßnahmen);

b. den Expertenausschuss für die grenzüberschreitende Kooperation (LR-R-CT) aufzufordern, den Ländern Südosteuropas nach Bedarf bei der Verhandlung und dem Abschluss der multilateralen und bilateralen Abkommen zur grenzüberschreitenden Kooperation gemäß der Erklärung von Chisinau und ihren Anhängen zur Seite zu stehen;

c. die Initiativen zur Förderung der grenzüberschreitenden Kooperation in den Regionen Gjilane (Kosovo/Serbien-Montenegro), Kumanovo („Ehemalige Jugoslawische Republik Mazedonien“), Presevo (Südserbien/Serbien-Montenegro), Brcko (Bosnien-Herzegowina) und Trebinje (Bosnien-Herzegowina)/Hercegnovi (Serbien-Montenegro)/Dubrovnik (Kroatien) zu fördern;

d. das Netz der Kommunal- und Regionalverbände in Südosteuropa (NALAS) zu unterstützen, das als eines seiner Ziele den Beitrag zur Ausbildung des Personals der Verbände und der Gemeinden und Regionen in Südosteuropa hat;

e. die Einrichtung der Programme (darunter das Programm gegen Korruption und organisiertes Verbrechen in Südosteuropa – PACO – des Europarates) und die spezifischen Aktivitäten zur Bekämpfung der Korruption in den Gemeinden und Regionen Südosteuropas – darunter einen permanenten Prozess zur Erziehung der Bürger - und insbesondere die Einrichtung eines kommunalen und regionalen Anti-Korruptionsnetzes, das die verschiedenen Dienste, Organe usw. miteinander verbindet, zu unterstützen und beauftragt ist, Aktivitäten zur Bekämpfung der Korruption in den verschiedenen Gemeinden und Regionen Südosteuropas durchzuführen;

f. eine Gesetzgebung zu verabschieden, die die Rückerstattung von Gütern an ihre legitimen Eigentümer begünstigt;

8. Fordert die Europäische Kommission auf:

a. sich dafür einzusetzen, die Rolle der Gemeinden und Regionen der Länder der Europäischen Union im demokratischen Konsolidierungsverfahren im westlichen Teil Südosteuropas zu stärken, insbesondere im Rahmen der „neuen Nachbarschaftsinstrumente“ für die Nachbarländer der Europäischen Union, dem sich der Europarat soweit wie möglich anschließen sollte;
 
b. die Initiativen für die Gemeinden und Regionen in Südosteuropa, insbesondere im Rahmen des CARDS-Programms zu unterstützen und zu verstärken;

c. weiterhin die globalen Projekte des Verbandes der Botschaften der Gemeindedemokratie (VBLD) zu unterstützen, der derzeit elf Botschaften aus Südosteuropa umfasst (Kroatien, Bosnien-Herzegowina, Serbien-Montenegro, Kosovo/Serbien-Montenegro, die „Ehemalige Jugoslawische Republik Mazedonien“ und Albanien) und eine wichtige Rolle bei der Förderung der Gemeinde- und Regionaldemokratie, der grenzüberschreitenden und regionalen Kooperation, dem interkulturellen Dialog und der örtlichen Wirtschaftsentwicklung in den Ländern Südosteuropas spielt;

d. unverzüglich die Hilfsprogramme für Partnerschaften, die die Europäische Kommission eingerichtet hat, auf die Partnerschaftsprogramme auszudehnen, die die Städte und Gemeinden Südosteuropas umfassen (Kroatien, Bosnien-Herzegowina, Serbien-Montenegro, die „Ehemalige Jugoslawische Republik Mazedonien“ und Albanien), um die europäischen Bürger für die Probleme dieses Teils Europas zu sensibilisieren und die Solidarität Europas zum Ausdruck zu bringen;

e. finanzielle Unterstützung zu geben für:

i.   Projekte des NALAS-Netzes

ii.  sowie für SEDECO (Dienst der dezentralisierten Kooperation in Europa), vom Kongress ins Leben gerufen, das Programm Syni der Stadt Lausanne und UNOPS, um die Partnerschaften zwischen den europäischen Gemeinden und Regionen dynamischer zu gestalten;

f. die Initiativen der Regierungen, Gemeinden und NRO der Länder Südosteuropas, um eine dauerhafte Rückkehr der Heimkehrer/Flüchtlinge und Vertriebenen zu unterstützen,

9. Fordert das Hochkommissariat der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR) auf:

a. die Vorschläge für die dauerhafte Rückkehr der Flüchtlinge und Vertriebenen in Südosteuropa zu berücksichtigen, die in der Schlusserklärung von Prijedor (insbesondere Punkt 5) und in dieser Empfehlung aufgeführt werden;

b. die Arbeiten und konkreten Aktionen des Kongresses für Flüchtlinge in Südosteuropa, die sich aus dem Bericht über „Migrationströme und sozialer Zusammenhalt : Die Rolle der Gemeinden und Regionen“ ergeben, der vom Ausschuss für sozialen Zusammenhalt bei der 11. Plenartagung des Kongresses vorgelegt wurde, aufmerksam zu verfolgen und, wenn möglich, zu unterstützen.

1 Diskussion und Annahme durch den Kongress am 27. Mai 2004, 3. Sitzung (siehe Dok. CG (11) 8, Empfehlungsentwurf vorgelegt durch S. Sofianski (Bulgarien, L, EVP,/CD) und N. Polic (Bosnien-Herzegowina, R, NI) Berichterstatter)