29. TAGUNG

Straßburg, 20.-22. Oktober 2015

Eintreten für Kinderrechte in Zeiten von Sparmaßnahmen

Empfehlung 382 (2015)[1]

1. Die anhaltende Wirtschaftskrise und die als Reaktion darauf eingeführten Sparmaßnahmen hatten in vielen europäischen Staaten erhebliche Auswirkungen auf die Bereiche der öffentliche Verwaltung und der sozialen Fürsorge einschl. sozialer Maßnahmen für Kinder und ihre Familien wie Sozialleistungen, Bildung, soziale Dienstleistungen, Wohnraum und Gesundheitsversorgung.

2. Die ärmsten Kinder leiden unverhältnismäßig stark unter den Folgen der Sparmaßnahmen. Die Kinderarmut in Europa hat im Zuge der Wirtschaftskrise zugenommen. Verschärft wird diese bedauerliche Situation dadurch, dass die öffentlichen Leistungen, die wesentlich sind, um die negativen Auswirkungen der Armut auf das Wohlergehen von Kinder zu mindern, in vielen europäischen Staaten reduziert worden sind.

3. Öffentliche Dienstleistungen zum Schutz von Kindern sind gefährdet. Daraus ergibt sich ein größeres Risiko von Ausbeutung und Missbrauch von Kindern. Einrichtungen, die die Teilhabe von Kindern fördern und für die Interessen von Kindern eintreten, sind geschwächt worden. Jetzt ist die Wahrscheinlichkeit, dass Kinder an Entscheidungen, die ihr Leben betreffen, mitwirken, oder dass sie in der Lage sind, gegen Entscheidungen, die ihren Interessen zuwiderlaufen, vorzugehen, geringer geworden. Dies alles gefährdet die Rechte von Kindern und ergibt ein beunruhigendes Bild von der allgemeinen Lage der Kinderrechte in Europa.

4. Die Menschenrechte sollten diejenigen schützen, die aller Wahrscheinlichkeit nach in Zeiten wirtschaftlicher Krisen am stärksten diskriminiert, ausgegrenzt oder einfach vergessen werden. Kinder als gesellschaftliche Gruppe sind  gefährdet in ihren Grundrechten verletzt zu werden. Für einige Kinder, die sich in Situationen erhöhter Gefährdung befinden, ist die Lage sogar noch schlechter. Leider wurde in Europa nicht genug unternommen, um Kinder vor regressiven politischen Maßnahmen und Kürzungen von Dienstleistungen zu schützen, die die Rechte und Garantien untergraben, auf die Kinder einen Anspruch haben.

5. Der Kongress der Gemeinden und Regionen des Europarats ist der Auffassung, dass die Gemeinden und Regionen in Bezug auf die Rechte von Kindern eine Schlüsselrolle spielen. Bei ihnen liegt die Zuständigkeit für eine Reihe von öffentlichen Aufgaben und Programmen, die sich direkt oder indirekt auf Kinder oder deren Familien auswirken.

6. In der Überzeugung, dass entschlossenes Vorgehen und legislative Maßnahmen notwendig sind, um Kinder in Zeiten wirtschaftlicher Krisen und Sparprogramme zu schützen - insbesondere im Zusammenhang mit der Politik bzw. Entscheidungsprozessen betreffend wesentliche Dienstleistungen - ruft der Kongress die nationalen Stellen der Mitgliedstaaten des Europarats dazu auf:

a. sämtliche legislativen und administrativen Maßnahmen zu ergreifen, um bei der Planung und Erbringung von Dienstleistungen für Kinder die Nichtdiskriminierung und Gleichheit hinsichtlich sämtlicher für Kinder relevanter Aspekte zu fördern;

b. bei der Erhebung und Verbreitung von Daten einen systematischen Ansatz zu verfolgen, der insbesondere den Bedarf an Daten über besonders gefährdete Kinder berücksichtigtgegebenenfalls durch die Einführung neuer sozialer Indikatoren - und der eine Weiterleitung der Daten an alle Beteiligten gewährleistet;

c. sicherzustellen, dass die für Kinder anzuwendenden Grundsätze in Zusammenarbeit mit subnationalen öffentlichen Stellen ausgearbeitet werden, und eine nationale Strategie für die Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen verschiedenen Verwaltungsebenen entwickelt wird.



[1] Diskussion und Annahme durch den Kongress am 21. Oktober 2015, 2. Sitzung (Siehe Dokument CG/2015(29)10FINAL, Begründungstext), Berichterstatter: Johan van den HOUT, Niederlande (R, SOC).