16. PLENARTAGUNG
Straßburg, 3. - 5. März 2009

Die Zukunft des Kulturtourismus – auf dem Weg zu einem nachhaltigen Modell

Empfehlung 266 (2009)[1]

1. Der Kulturtourismus ist ein wichtiges Gegengewicht zum Massentourismus und der Tendenz hin zur Folklorisierung der Kultur. Es liegt im Interesse der europäischen Städte, den Kulturaustausch und die Aktivitäten zum Erhalt und zur Wiederbelebung ihres materiellen und intellektuellen Erbes zu fördern, das das Hauptelement des kulturellen Reichtums und der Vielfalt Europas darstellt. 

2. Der Kulturtourismus kann einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung des gegenseitigen Verständnisses, der Festigung des Friedens und der Förderung der europäischen Werte leisten. Die Kulturwege können eine Brücke zwischen dem Osten, Westen, Norden und Süden Europas sein und den Touristen ins Bewusstsein rufen, dass die Kultur Städte, Regionen und Menschen über die Grenzen hinaus verbinden und das Bewusstsein für das Kulturerbe, das den Europäern gemeinsam ist, stärken kann.

3. Die nationalen Regierungen und die Regionen haben ein Interesse daran, die Städte für den Kulturtourismus attraktiv zu gestalten, indem sie ihre Vielfalt achten und fördern und ihnen helfen, die notwendigen Räume und Instrumente für den Schutz und die Förderung des Kulturerbes sowie den interkulturellen Austausch in und zwischen den Städten zu schaffen. Sie sollten sie ebenfalls ermutigen, Netze mit Städten ähnlicher Gegebenheiten zu schaffen, damit diese ihre Kräfte und Ressourcen vereinen können.

4. Gleichzeitig sollten die politischen Entscheidungsträger sicherstellen, dass kulturelle und lokale Besonderheiten nicht nur bewahrt, sondern auf lokaler Ebene hervorgehoben werden, um eine kulturelle Stagnierung zu vermeiden. Die Städte sollten keine Museen, sondern lebendige Gemeinschaften sein, die ihre Vergangenheit achten und gleichzeitig offen sind für neue Entwicklungen und Herausforderungen. Die Städte sollten die Umsetzung dieser Strategie kontinuierlich bewerten.

5. Die Förderung der kulturellen Vielfalt beinhaltet die Förderung der Verschiedenheit und der Besonderheit der historischen Stätten in ihrer jeweiligen Umgebung. Bei den historischen Stätten, die der Hauptgegenstand des touristischen Interesses sind, muss ein Gleichgewicht gefunden werden zwischen den Bedürfnissen der modernen Umgebung, der Entwicklung der Infrastruktur und den Einschränkungen einer historischen Stätte. Die historischen Stätten tragen selbst die Hauptverantwortung für die Bewahrung ihrer Besonderheit. Sie wählen und definieren spezifische Gebäude und Kunstfertigkeiten, die von besonderem Interesse für ihre kulturelle Identität sind. Es ist notwendig, dass die Städte und Regionen eine Bestandsaufnahme der unterschiedlichen kulturellen Ausdrucksformen auf ihrem Gebiet durchführen. Die Vielfalt dieser verschiedenen Kunstformen und der Kulturprodukte sollte im Interesse der lokalen Bevölkerung und der Touristen bewahrt werden.

6. Die Regierungen sollten die Städte und Regionen anregen, einen holistischen Ansatz bei der Städteplanung und der Verwaltung zu wählen, um dynamische und moderne Orte zu schaffen, ohne jedoch damit ihre historische und lokale Besonderheit einzuschränken. Der einzigartige Charakter jeder Stätte ist hierbei ein wesentliches Element, auf dessen Wert die lokale Bevölkerung und die Besucher aufmerksam gemacht werden sollten.

7. Angesichts des oben Gesagten ist der Kongress

a.der Auffassung, dass einer der kulturellen Vorzüge der Städte die Vielfalt und das Kulturerbe der Bevölkerung ist und dass die Entdeckung und die Achtung der Traditionen, Bräuche und der kulturellen Vielfalt des Gastlandes ein wesentlicher Bestandteil der Programme des Kulturtourismus sein sollte;

b.überzeugt von dem wertvollen Beitrag, den das Weißbuch des Europarates über den interkulturellen Dialog zur Förderung der Initiativen und Programme des Kulturtourismus leistet, damit verschiedene kulturelle Ausdrucksformen bekannt und geachtet werden;

c. der Auffassung, dass der Kulturtourismus die grenzüberschreitende Vernetzung und Kooperation in Grenzregionen ermöglichen kann. Dies erhöht ihr Wirtschaftspotential und ermöglicht es den europäischen Bürgern, ihre Nachbarn kennen zu lernen und Vielfalt in ihr Leben zu bringen;

d.überzeugt von der Notwendigkeit, die Einrichtung neuer lokaler Strukturen für Entwicklung und Management zu unterstützen, um eine bessere Koordinierung zwischen den Anbietern des privaten und staatlichen Sektors, die für den Tourismusbereich zuständig sind, herbeizuführen;

e. überzeugt von der Notwendigkeit, die in der Entschließung des Kongresses 185 (2004) zur „Förderung von kulturellem Tourismus als Faktor der Regionalentwicklung” dargelegten Hauptprinzipien zu unterstützen.

8. Empfiehlt dem Ministerkomitee, die Mitgliedstaaten aufzufordern:

a. sicherzustellen, dass die Gebietskörperschaften, auf deren Gebiet sich die historischen Stätten befinden, sich ihres kulturellen Wertes für den Erhalt ihres Erbes sowie der wirtschaftlichen Neubelebung ihrer Region bewusst sind;

b. sicherzustellen, dass die Städte und Regionen sich des Wertes ihrer kulturellen Vielfalt für die wirtschaftliche Neubelebung ihrer Region mit Hilfe des Kulturtourismus bewusst sind;  

c.Strategien zu entwickeln, die Privatleute und Unternehmen dazu bewegen, in den Schutz des Erbes zu investieren, indem Steuererleichterungen für Investitionen angeboten werden, die die Wiederbelebung des Erbes und die Sanierung historischer Gebäude und Stätten im Einklang mit den nationalen und europäischen Standards zum Schutz des Kulturerbes ermöglichen;

d.die Gemeindeverbände dazu anzuregen, sich stärker zu beteiligen und mehr Verantwortung für das Kulturerbe zu übernehmen;

e.sicherzustellen, dass der Kulturtourismus ordentlich verwaltet wird und die Authentizität und der Wert des Erbes bewahrt werden;

f.eine angemessene Schulung der Beamten sicherzustellen, die für die Verwaltung des Kulturerbes in den Gemeinden und Städten zuständig sind. Sie sollten aktiv in die Tourismusverwaltung einbezogen und regelmäßig über die Hauptaktivitäten in ihren Städten und Regionen auf dem Laufenden gehalten werden;

g.das Bewusstsein und Interesse der Öffentlichkeit für die Bedeutung des Kulturerbes für den Kulturtourismus zu fördern und nationale Partnerschaften und Programme mit den Medien einzurichten, damit ausgewogen und informiert über den Wert spezifischer Kulturstätten berichtet wird;

h.Reiseverkehrsfachleute aufzufordern, eine große Bandbreite von Instrumenten zu entwickeln, z.B. thematische Veröffentlichungen, Kulturprogramme, Kulturmessen, Besuche und Ausflüge zu Kulturstätten, Ausstellungen, Workshops, Vorlesungen, Seminare und Fernsehprogramme, damit das Potential des kulturellen Zielortes vergrößert wird;

i. den verstärkten Einsatz neuer Technologien (IKT) zu fördern, um neue Stätten und Ziele des Kulturtourismus bekannt zu machen, die Ziele besser zu verfolgen und das Interesse des Tourismus an weniger bekannten Zielen und Stätten anzuregen;

j.das kulturelle Umfeld der historischen Stätten zu bewahren und hervorzuheben und die derzeitigen und künftigen Generationen auf ihr Kulturerbe aufmerksam zu machen. Dies sind zwei grundlegende Aufgaben der Verwaltung des Kulturerbes, die in enger Kooperation mit den Reiseverkehrsfachleuten erfüllt werden sollten.



[1] Diskussion und Zustimmung durch die Kammer der Regionen am 4. März 2009 und Annahme durch den Kongress am 5. März 2009, 3. Sitzung (siehe Dokument CPR(16)4REP, Begründungstext, Berichterstatter: G. Krug (Deutschland, R, SOC)).