13. PLENARTAGUNG

DREIZEHNTE TAGUNG

(Straßburg, 30. Mai – 1. Juni 2006)

                                                          Empfehlung 190 (2006)1

über

die Wasserwirtschaft:
Der Beitrag Europas zum 4. Weltwasserforum

(1) Diskussion und Annahme durch den Kongress am 31. Mai 2006, 2. Sitzung (siehe Dok. CG(13)8, Empfehlungsentwurf vorgelegt durch K. Whitmore (Vereinigtes Königreich, R, GILD), Berichterstatter.


1. Wasser ist ein Grundelement des Lebens und das gemeinsame Gut der Menschheit. Das Wasser, eine begrenzte und schützenswerte Ressource, ist unentbehrlich für die Umwelt und die nachhaltige Entwicklung unseres Planeten;

2. Die heute verfügbaren Wasserressourcen sind sowohl in Bezug auf die Menge, als auch auf die Qualität ernsthaft gefährdet und die weltweite Wasserkrise wird in den nächsten Jahren ein nie da gewesenes Ausmaß annehmen. Eine der großen Herausforderungen zu Beginn des 21. Jahrhunderts wird sein, die Nachhaltigkeit der Wasserressourcen, gleichberechtigten Zugang und eine demokratische Wasserwirtschaft zu erreichen;

3. Der Kongress ist besorgt darüber, dass die Gesundheit des Wasserökosystems der Erde am Rande des Abgrunds steht, dass mehr als 1,2 Milliarden Menschen (fast jeder Fünfte) keinen garantierten Zugang zu Trinkwasser hat, dass mehr als 2,6 Milliarden keinen Zugang zu den elementarsten Sanitäreinrichtungen haben und dass Wasserkrankheiten die Hauptursache für die große Kindersterblichkeit auf unserem Planeten sind;

4. Der Kongress ist der Auffassung, dass eine neue Wasserkultur vonnöten ist, um sich dieser Herausforderung zu stellen, die von allen internationalen Instanzen anerkannt wird. Dies würde radikale Veränderungen in unserer Werteskala, in unserer Vorstellung von der Beziehung zur Natur, d.h. unseren ethischen Prinzipien und unserem Lebensstil bedeuten;

5. Das Wasser ist von Natur aus ein öffentliches Gut, es ist weder eine Ware noch ein unbegrenztes Gut. Angesichts seines sozialen, ökologischen, wirtschaftlichen und kulturellen Wertes erfordert die Wasserwirtschaft einen integrierten Ansatz, koordinierte Aktionen und eine geteilte Verantwortung aller Regierungsebenen (kommunale, regionale und nationale);

6. Außerdem ist die Wasserfrage eine äußerst politische Frage und erfordert ein Engagement aller Ebenen: Gemeinden, Regierungen und Parlamente, internationale Regierungsorganisationen, aber auch jedes Einzelnen: Wissenschaftler, Unternehmenschefs, Verantwortliche in den Nichtregierungsorganisationen und aller europäischen Bürger;

7. Daher begrüßt der Kongress insbesondere die Zusage der Staats- und Regierungschefs der 46 Mitgliedstaaten des Europarates, die in der Erklärung und dem Aktionsplan, die beim dritten Gipfel des Europarates (am 17. Mai 2005 in Warschau) zum Ausdruck gebrachten Milleniumsziele zu erreichen. Hier wird auf das „Recht jedes Menschen hingewiesen, in einer ausgewogenen und gesunden Umwelt zu leben“[1]. Er begrüßt darüber hinaus, dass die 46 Mitgliedstaaten sich darauf festgelegt haben, „die Lebensqualität der Bürger zu verbessern“ und zu diesem Zwecke eine „integrierte Umweltpolitik“ unter dem Blickwinkel der nachhaltigen Entwicklung zu entwickeln und zu fördern[2];

8. Der Kongress verweist darauf, dass die Gemeinden und Regionen, insbesondere die der Europäischen Union, immer größere Verantwortung bei der Verwaltung der Wasserdienste und -ressourcen und im Bereich Wasser im Allgemeinen übernehmen. Daher sind die Regierungen verpflichtet, die notwendigen Maßnahmen für die Umsetzung der bestehenden europäischen Instrumente und eine echte institutionelle und finanzielle Beteiligung der Gebietskörperschaften zu ergreifen, die unentbehrlich für die Bewirtschaftung der Ressource ist;

9. Außerdem, wenn eine dezentralisierte Wasserwirtschaft erforderlich wird, ist aufgrund der im Allgemeinen grenzüberschreitenden Oberwasser und Abflussgebiete in Europa und in der Welt eine internationale Reaktion und eine geteilte Verwaltung der Ressource notwendig. Hierzu verweist der Kongress auf die Notwendigkeit, in Europa eine bessere Kooperation, insbesondere über die Grenzen hinweg, für alle Ebenen der Governance zu entwickeln und den Zugang der Politiker und Akteure vor Ort zu Informationen, Fachwissen und Kenntnissen zu erleichtern;

10. In diesem Zusammenhang erinnert der Kongress an den Beitrag des Europarates durch die Europäische Wassercharta, die das Ministerkomitee 1967 verabschiedete und 2001 revidierte und die Europäische Rahmenkonvention über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Gebietskörperschaften,  die 1985 in Madrid verabschiedet wurde. Er begrüßt auch die Tatsache, dass die Europäische Union über die Wasserrahmenrichtlinie, die am 23. Oktober 2000 verabschiedet wurde, einen Rechtsrahmen in den Mitgliedstaaten eingerichtet hat, der eine integrierte und nachhaltige Wasserwirtschaft sichert;

11. Der Kongress begrüßt die regelmäßige Abhaltung eines Weltwasserforums sowie das Thema „Lokale Maßnahmen für eine globale Herausforderung“ des 4. Weltwasserforums in Mexiko, das vom 16. bis 22. März 2006 stattfand;

12. Der Kongress begrüßt die Ergebnisse, insbesondere die Rolle der Gebietskörperschaften in den Debatten sowie die Ministerkonferenz und ihre Erklärung, die die wichtige Rolle der öffentlichen Akteure und insbesondere der Gebietskörperschaften bei den Herausforderungen beim Wasser und der Verbesserung des Zugangs zu qualitativ einwandfreiem Trinkwasser unterstreicht;

13. Der Kongress begrüßt das Interesse der Parlamentarischen Versammlung an diesen Fragen sowie die gute Kooperation zwischen den gewählten Versammlungen des Europarates anlässlich der gemeinsamen Konferenz über „Wasserwirtschaft, eine geteilte Verantwortung“ am 20. und 21. Oktober 2005;

14. Angesichts des oben Erwähnten empfiehlt der Kongress:

dem Ministerkomitee des Europarates:

a. das Engagement des Europarates fortzusetzen und in das zwischenstaatliche Programm Aktivitäten aufzunehmen, die zu einer integrierten und nachhaltigen Wasserwirtschaft beitragen;

b. sich an den internationalen Anstrengungen in diesem Bereich zu beteiligen und die Ministererklärung, die beim 4. Weltwasserforum verabschiedet wurde, weiter zu verfolgen und dabei auf die Anwendung der Instrumente des Europarates zu achten;

den Mitgliedstaaten des Europarates:

c. eine integrierte und partizipative Politik der qualitativen und quantitativen Wasserwirtschaft zu betreiben;

d. die Governance für Wasser zu verbessern und die Dezentralisierung der Entscheidungsprozesse in Anwendung der europäischen Richtlinie hierzu zu erleichtern, gemäß dem Subsidiaritätsprinzip, das in der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung definiert ist;

e. dafür zu sorgen, dass die Gemeinden und Regionen diese Rolle übernehmen können und ihnen die entsprechenden Ressourcen und Kompetenzen zu übertragen und ihre technischen, menschlichen und finanziellen Kapazitäten aufzustocken;

15. Der Kongress fordert die Parlamentarische Versammlung des Europarates auf:

a. ihre Bemühungen fortzusetzen und die nationalen Parlamente auf die Umsetzung einer angemessenen Gesetzgebung aufmerksam zu machen, die den oben genannten Prinzipien entspricht;

b. seine Kollaboration mit dem Kongress bei Fragen von gemeinsamem Interesse bei der nachhaltigen und integrierten Wasserwirtschaft fortzusetzen und hierzu die Einrichtung einer gemischten Konzertierungsgruppe zu erwägen.



[1] Aktionsplan, IV-3

[2] Aktionsplan, II-7