14. PLENARTAGUNG
(Straßburg, 30. Mai – 1. Juni 2007)

Die umweltökonomische Gesamtrechnung für ein verantwortungsvolles Handeln der Gemeinden

Entschliessung 240(2007)[1]


1. Die Gemeinden sind sich immer stärker der Notwendigkeit einer nachhaltigen Umweltpolitik in Reaktion auf die gewaltigen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts bewusst, die durch Klimawandel, den Verlust der Biodiversität, abnehmende natürliche Ressourcen und die wachsende Umweltverschmutzung hervorgerufen werden.

2. Das Konzept der umweltökonomischen Gesamtrechnung, das 1992 auf der UN-Umweltkonferenz in Rio vorgestellt wurde, spiegelt die Notwendigkeit „geeigneter Umweltüberwachungs- und Informationssysteme [wider], die als Grundlage für politische Entscheidungen“ dienen können. Die umweltökonomische Gesamtrechnung wird heute von den UN, der Weltbank, der OECD, der Europäischen Union und der Parlamentarischen Versammlung des Europarats, in seiner Empfehlung 1653 (2004), befürwortet.

3. Die Instrumente für die umweltökonomische Gesamtrechnung sind eine Reaktion auf die Umweltanforderungen, aber auch auf die wirtschaftlichen und demokratischen Erfordernisse. Die gewählten Kommunalvertreter müssen, da sie an vorderster Linie des Umweltmanagements stehen, in der Lage sein, die Effektivität ihrer umweltpolitischen Maßnahmen messen und beurteilen zu können. Diese Instrumente sollen ihnen ermöglichen, über die Aufwendungen und Kosten ihrer Umweltmaßnahmen Rechenschaft abzulegen. Sie sollen auch die Partizipation der Bürger fördern, da die Verbreitung eindeutiger und präziser Informationen die Voraussetzung für eine erfolgreiche Ausübung dieses Rechts ist.

4. Messbarkeit ist der Ausgangspunkt für die Verbesserung von Umweltmaßnahmen und die Entwicklung strukturierter politischer Ansätze. Da bestehende Wirtschaftsinstrumente und –systeme die Umwelt nicht berücksichtigen, benutzen einige kommunale Stellen bereits Instrumente für die ökonomische Umweltgesamtrechnung, um die Kosten und den Einfluss ihrer politischen Maßnahmen zu identifizieren.

5. Die umweltökonomische Gesamtrechnung ist eine Methode, um physikalische und finanzielle Informationen und Messdaten über die Umwelt eines bestimmtes Gebietes zu erstellen. Sie kann auch als Überwachungs- und Bewertungsinstrument verwendet werden, das die erforderliche Verknüpfung des Umweltmanagements herstellt und zu dessen Transparenz beiträgt. Es ist ein Element eines umfassenden Ansatzes guten Regierens und optimiert spezifische Umweltaktivitäten und den verantwortungsvollen Umgang mit lokalen Ressourcen.

6. Der Kongress der Regionen und Gemeinden des Europarats sieht einen dringlichen Handlungsbedarf, Umweltkontroll- und Informationsinstrumente auf allen Verwaltungsebenen einzuführen, damit die Entscheidungsträger die Umwelt bei ihren Entscheidungen besser berücksichtigen können.

7. Er erachtet die natürlichen Ressourcen als gleichwertig mit den wirtschaftlichen Ressourcen. Die Abnahme und der Abbau der natürlichen Ressourcen in Europa als Ergebnis wirtschaftlicher Entwicklung und Urbanisierung erfordert ihre Einbeziehung in ein Berechnungssystem, um sicherzustellen, dass diese Ressourcen in angemessener Weise verwaltet und erhalten werden.

8. Die umweltökonomische Gesamtrechnung trägt zu einem besseren Verständnis der Umweltkosten bei. Sie ist essenziell für die Kompatibilität und Koordinierung der unterschiedlichen politischen Ansätze und die berücksichtigt die Interaktion zwischen territorialen Maßnahmen und unterschiedlichen geografischen Gebieten. Sie produziert Bewertungsindikatoren und verleiht den durchgeführten politischen Maßnahmen Bedeutung.

9. Der Kongress begrüßt die Tatsache, dass seit ca. 15 Jahren die kommunalen Behörden in verschiedenen europäischen Staaten unter dem Sammelbegriff „umweltökonomische Gesamtrechnung“ experimentieren, um ihre Umweltpolitik beurteilen können, wobei sie häufig Informationssysteme aus der Geschäftswelt oder der Regierung an die kommunalen Umstände adaptieren.


10. Obwohl die bisher den kommunalen Behörden zur Verfügung stehenden Umweltinstrumente immer noch unvollständig sind, hat deren Anwendung durch eine Reihe von Gemeinden gezeigt, dass die umweltökonomische Gesamtrechnung reale und praktische Vorteile im Hinblick auf die Optimierung von Maßnahmen, verbesserte Reaktionen auf die Bedürfnisse der Bewohner und die Förderung des allgemeinen Interesses liefern kann.

11. Der Kongress ist überzeugt, dass die kommunalen Behörden, in ihrer Funktion als Koordinatoren unterschiedlichster politischer Maßnahmen, die das Ökosystem und das tägliche Leben ihrer Bewohner beeinflussen, eine entscheidende Rolle bei der Integration der unterschiedlichen, in ihrem Territorium durchgeführten politischen Maßnahmen spielen.

Angesichts dessen empfiehlt der Kongress, dass die kommunalen Behörden als Mitglied des Europarats:

a. in Ausübung ihrer Befugnisse in systematischer Weise die umweltökonomische Gesamtrechnung einbinden, wo Ressourcen ein Teil des Naturerbes und Ausgaben für die Umwelt eine Investition mit positiven Ergebnissen für die Gemeinde sind;

b. als erste Stufe jene Maßnahmen ergreifen, die den spezifischen Umständen der Gemeinden entsprechen und die rasch eingeführt werden können (z. B. Kohlenstoffberechnung oder ein Register des Umweltvermögens);

c. eine Analyse der für ihre Bedürfnisse am besten geeigneten Instrumente durchführen, indem:

i.          sie einen bereichsübergreifenden Ansatz bei Umweltfragen zugrundelegen, mit dem langfristigen Ziel, alle kommunalen politischen Ansätze und Maßnahmen einzuschließen;

ii.          sie Instrumenten für die Überwachung kommunaler Umweltpolitik den Vorrang einräumen, da kommunale Behörden unmittelbar für den Ausgang dieser Politik verantwortlich sind;

iii.         den Instrumenten den Vorrang einräumen, die die Interaktionen von umweltpolitischen Ansätzen und deren Auswirkungen mit der allgemeinen Kompatibilität im Laufe der Zeit und in verschiedenen geografischen Gebieten beurteilen;

iv.         die Instrumente wählen, die am besten zu bestehenden kommunalen Informationssystemen passen, die die Verwaltungen leicht benutzen und anpassen können und die neue Themen, die momentan nicht in den Umweltbereich fallen, in Zukunft aufnehmen können;

d. die richtigen Bedingungen für diesen Ansatz etablieren, indem:

i.          sie von Anfang an die Beteiligung von Partnern sicherstellen, um alle auf kommunaler Ebene verfügbaren Informationen zu bestimmten Aspekten zu vereinen, ungeachtet der institutionellen Rahmenbedingungen des Landes;

ii.          eine langfristige Ergänzung bestehender kommunaler Systeme anstreben, die wirtschaftliche, finanzielle und gesellschaftliche Daten liefern;

iii.         Schritt für Schritt vollständige Informationssysteme etablieren, die sowohl die Aufwendung von Geldern und Vermögenswerten als auch physikalische und wirtschaftliche Umweltmessdaten berücksichtigen;

iv.         verlässliche und relevante Daten über die Umweltauswirkungen ihrer politischen Maßnahmen erstellen und Partnerschaften mit Agenturen erneuern, die bestimmte Daten liefern können;

v.         Arbeitsmethoden einführen, die auf eine verstärkte bereichsübergreifende Zusammenarbeit der unterschiedlichen Abteilungen und gewählten Vertreter abzielen und die alle kommunalen Entscheidungsträger stärker einbeziehen.

vi.         die Fortbildung des Behördenpersonals zu fördern, die die gemeinsamen Werte verschiedener Kulturen und eine gemeinsame Verantwortung für Projekte betont, und die mit einem bereichsübergreifenden Ansatz experimentiert, der für kommunale Verwaltungsstellen oftmals neu ist;

e. externe Partner zu mobilisieren, indem:

i.          sie Informationen und Erfahrungen unter den verschiedenen Verwaltungsebenen innerhalb desselben geografischen Gebiets austauschen;

ii.          Partnerschaften mit Forschungseinrichtungen und lokalen Universitäten eingehen;

iii.         den Erfahrungsaustausch mit anderen europäischen Gemeinden suchen und von der Arbeit vielfältiger Vereinigungen kommunaler Stellen profitieren;

f. die Prinzipien und Ziele einer nachhaltigen Entwicklung in ihre Politik aufnehmen und die Verpflichtungen der Lokalen Agenda-21 und die in Aalborg weiterentwickelten Vereinbarungen umsetzen.

12. Der Kongress fordert den Ausschuss der Regionen der Europäischen Union auf:

a. in Ergänzung der Umweltmanagementsysteme sofortige Maßnahmen zur Verbreitung des Konzepts der umweltökonomischen Gesamtrechnung als Instrument zur Überwachung umweltpolitischer Maßnahmen und Aktivitäten zu ergreifen;

b. den Austausch von Informationen und Erfahrungen im Hinblick auf die umweltökonomische Gesamtrechnung zu fördern;

c. über die Entwicklung geeigneter kommunaler Ökoeffizienzindikatoren eine ergebnisorientierte Kultur im Umweltbereich zu etablieren.



[1] Diskussion und Zustimmung durch die Kammer der Gemeinden am 31. Mai 2007 und Annahme durch den Kongress am 1. Juni 2007, 3. Sitzung (siehe Dokument CPL(14)5RES, Entschliessungsentwurf vorgelegt durch S. James (Vereinigtes Königreich, L, ILDG), Berichterstatter).