DREIZEHNTE TAGUNG

(Frühjahrstagung, Straßburg, 27. – 28. März 2007)

Empfehlung 211 (2007) 1

über die Meinungs- und Versammlungsfreiheit von Lesben,

Schwulen, Bisexuellen und Transsexuellen

1 Diskussion und Zustimmung durch die Kammer der Gemeiden am 27. März 2007 und Annahme durch den Ständigen Ausschuss des Kongresses am 28. März 2007 (siehe Dokument CPL(13)9, Empfehlungsentwurf vorgelegt durch V. Prignachi (Italien, L, EVP/CD), im Namen von V. Sharkey (Irland, L, GILD), Berichterstatter).


1. In einer echten Demokratie kann die Meinungs- und Versammlungsfreiheit ohne Einmischung des Staates ausgeübt werden, wie in der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten des Europarates vorgesehen (Art. 10 und 11);

2. Der Schutz dieser Rechte ist wesentlich, um die leitenden Behörden in die Verantwortung zu nehmen und zu reaktivieren und ist daher auch unverzichtbar für den Schutz aller anderen Grundrechte;

3. Außerdem ist das Recht, seine Meinung zu äußern und seine Identität mit anderen zu teilen, ein wesentlicher Bestandteil der Toleranz, ein Prinzip, das die Vielfalt in der Gesellschaft dank eines freien Gedankenaustausches, der eine individuelle oder kollektive Bereicherung sein kann, schützt;

4. Diese Freiheit bringt natürlich Pflichten und Verantwortung mit sich und als solche kann sie von Seiten der nationalen, regionalen oder lokalen Behörden Einschränkungen unterworfen sein, aber nur, wenn diese gesetzlich festgelegt sind, in einer demokratischen Gesellschaft als notwendig erachtet werden und ein legitimes Ziel verfolgen, das in den geltenden internationalen und regionalen Instrumenten im Bereich der Menschenrechte festgelegt ist; 

5. Leider enthüllten homophobe Zwischenfälle in einigen Mitgliedstaaten nicht nur die systematische Verletzung der Grundrechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transsexuellen (LGBT), sondern auch Fälle, in denen Behörden, die offiziell verpflichtet sind ihre Bürger vor jeder Art von Diskriminierung zu schützen, diese Verletzung tolerieren und in einigen Fällen sogar aktiv dieses Unrecht unterstützen oder begehen;

6. Da Meinungs- und Versammlungsfreiheit das Zentrum jeder demokratischen Gesellschaft ist und die Rolle der Gemeinden beim Schutz dieser Rechte grundlegend ist, hat der Kongress der Gemeinden und Regionen angesichts der jüngsten Ereignisse eine allgemeine Bilanz der Umsetzung dieser Rechte auf lokaler Ebene in ganz Europa gezogen und die nachstehenden Empfehlungen abgegeben;

7. Der Kongress empfiehlt dem Ministerkomitee des Europarates, die Mitgliedstaaten aufzufordern:

a. öffentlich Position gegen die Diskriminierung aufgrund von Zugehörigkeit zu einer sexuellen Minderheit zu beziehen und die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Aufhetzung zu Hass gemäß den in der Empfehlung R(97)20 des Ministerkomitees festlegten Prinzipien zu bekämpfen;

b. die Leitlinien über die Freiheit zur friedlichen Versammlung zur Kenntnis zu nehmen, die derzeit von der Expertengruppe des BIDDH/OSCE über die Versammlungsfreiheit ausgearbeitet werden und sie nach Abschluss anzuwenden;

c. mit aller Härte alle Fälle von Gewalt oder Aufhetzung zu Hass zu verfolgen, die bei Veranstaltungen der LGBT oder in Verbindung mit diesen Menschen festgestellt wurden und zu entscheiden, ob Diskriminierung oder Homophobie bei einem Vergehen eine Rolle spielten um sicherzustellen, dass die Täter gerichtlich verfolgt werden; 

d. gegebenenfalls konkrete Maßnahmen zu ergreifen, wie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte dies fordert, um eine effektive Versammlungs- und Meinungsfreiheit auf ihrem Boden, auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene zu gewährleisten; 

e. dafür zu sorgen, dass jede Maßnahme des Zivil-, Straf- oder Verwaltungsrechts, die die Versammlungs- oder Meinungsfreiheit beschränkt, gesetzlich festgelegt ist und einem legitimen Ziel dient (wie in den geltenden internationalen und regionalen Instrumenten vorgesehen) und nicht restriktiver als nötig sind, um dieses Ziel zu erreichen; 

f. LGBT-Gruppen zu konsultieren, wenn es darum geht, eine der vorher genannten Maßnahmen im Interesse des Gemeinwohles aller Betroffenen zu ändern und die Kooperation und nicht die Konfrontation zu suchen; 

g. den Organisatoren von Veranstaltungen, die Einschränkungen unterworfen oder verboten wurden, das Recht auf Zugang zu einem unabhängigen Gericht zu gewähren, damit sie diese Einschränkung anfechten können; 


h. die lokalen Behörden über alle neuen Gesetze und die geltende Rechtsprechung für die Meinungs- und Versammlungsfreiheit und die Maßnahmen zur Bekämpfung der Diskriminierung auf dem Laufenden zu halten;

i. dafür zu sorgen, dass das Gesetz den lokalen Behörden, die ihre Finanzmittel ebenso erhalten wie die Organisatoren von LGBT oder jede andere ähnliche Gruppe, nicht verbietet, Veranstaltungen der LGBT zu unterstützen oder in der Öffentlichkeit bekannt zu machen;

8. Der Kongress fordert den Kommissar für Menschenrechte auf, eng mit seinem Ausschuss für Sozialen Zusammenhalt bei Fragen der Diskriminierung gegenüber Mitglieder der LGBT-Gemeinschaft zum Beispiel im Rahmen einer Kooperation mit den Bürgerbeauftragten zusammenzuarbeiten.