FRÜHJAHRSTAGUNG
Malaga, 13. – 14. März 2008

Die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften für nachhaltigen Konsum

Empfehlung 230 (2008)[1]

1. Der weltweit ständig steigende Konsum wird durch die massive und nicht nachhaltige Ausbeutung natürlicher Ressourcen unterhalten, was schwere und irreparable Schäden der Umwelt zur Folge hat; das Risiko der Selbstzerstörung, dem sich die Menschheit aussetzt, war noch nie so groß wie heute.

2. Es besteht ein schockierendes Ungleichgewicht zwischen dem Überverbrauch der entwickelten Gesellschaften und dem Schicksal der meisten Menschen, denen Lebensmittel und Trinkwasser fehlen. Auch in den entwickelten Ländern gibt es enorme Diskrepanzen zwischen denen, die unter Unterverbrauch und einem sehr limitiertem Zugang zu Produkten leiden.

3. Der Kongress der Gemeinden und Regionen des Europarates ist davon überzeugt, dass radikale Veränderungen wichtig sind, um künftigen Generationen einen sauberen Planeten  zu hinterlassen, und dafür ist auf allen Ebenen der Verwaltung ein starkes politisches Engagement vonnöten, um Vorteile nicht finanzieller Art zu verteidigen und langfristige Ziele zu fördern.

4. Er ist der Meinung, dass die Gebietskörperschaften besser platziert sind, die kollektiven und individuellen Arten des Konsums hin zu einem nachhaltigen Lebensstil zu modellieren, und zwar durch umweltbewußten und umweltverantwortlichen Kauf und Genehmigung von Gütern und Dienstleistungen sowie durch die Umsetzung integrierter Raumordnungspolitik für eine landwirtschaftliche, industrielle und territoriale Entwicklung.

5. Dem Kongress zufolge spielt jede Regierungsebene eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, darauf zu achten, dass die Bevölkerung Zugang zu zuverlässigen Informationen hinsichtlich des Konsums und des verantwortungsvollen Umgangs mit Ressourcen hat. Umweltfragen gegenüber könnten Kinder sehr aufgeschlossen sein und oft sind sie dazu bereit, ihre Kenntnisse ihrem näheren Umfeld zu verbreiten.

6. Der Kongress begrüßt die von einigen Gebietskörperschaften durchgeführte Aktion, um die rein wirtschaftlichen Kriterien zu übertreffen und die Auswirkungen auf die Umwelt, die sozialen und sanitären Auswirkungen bei der Evaluierung und Bereitstellung von Gütern und Dienstleistungen in Erwägung zu ziehen. Er bedauert hingegen, dass die gesetzlichen nationalen und internationalen Gesetze verhindern, den nicht-wirtschaftlichen Kriterien den Vorrang zu geben.

7. Der starke wirtschaftliche Druck, der Einfluss der Medien und der Werbung zwingen zu einer schnellen Produktentwicklung und - kommerzialisierung und machen einen Lebensstil schwierig, bei dem die Bevölkerung weniger, doch verantwortungsbewusster konsumieren würde. Der Kongress ist der Meinung, dass die Behörden in Partnerschaft mit der Zivilgesellschaft Informationen und den notwendigen Rahmen zur Verfügung stellen könnten, um diesen Druck auszugleichen.


8. Zudem implizieren diese Einflüsse, dass die Produkte ohne entsprechende Evaluierung ihrer Umweltrisiken oder eventueller sanitärer Einflüsse auf den Markt kommen. Die Behörden  sollten das Vorsichtsprinzip geltend machen.

9. Der Kongress bestätigt die Wichtigkeit des Verursacherprinzips "wer verschmutzt, zahlt" und begrüßt in diesem Zusammenhang die paneuropäische Strategie der biologischen und landschaftlichen Diversität des Europarates (1995), die eines der ersten internationalen Instrumente war, die bestätigte, dass die Kosten für Maßnahmen zur Vorbeugung, Bewältigung und Reduzierung der Schäden im Rahmen des Möglichen und wenn nötig von der verantwortlichen Partei  getragen werden sollten.

10. Der Kongress ist von der Notwendigkeit einer Gesetzgebung überzeugt, die die Produktion und den Verbrauch an Lebensmitteln regelt, um die Umwelt zu schützen und die nachhaltige Entwicklung zu unterstützen, und zur Gesundheit, dem Wohlergehen und der richtigen Information der Gesellschaft beizutragen so wie es die Parlamentarische Versammlung in ihrer Empfehlung 1786 (2007) für einen verantwortungsvollen Konsum von Lebensmitteln und in ihrer Empfehlung 1636 (2003) über die Entwicklung der biologischen Landwirtschaft betont hat.

11. Der Kongress ist sich der Wichtigkeit der Initiativen bewusst, die Partnerschaften, Netzwerke und den Austausch guter Praktiken zwischen der öffentlichen Hand und der Zivilgesellschaft ausmachen und begrüßt in diesem Zusammenhang das europäische Zwischen-Netzwerk ethischer und solidarischer Initiativen (IRIS), das den Dialog über den verantwortungsvollen Konsum anregen und fördern soll.

12. Der Kongress ist von der Notwendigkeit überzeugt, den verantwortungsvollen Konsum in der ganzen Welt zu fördern, um damit den Übergang zu einem nachhaltigen Konsum und einer nachhaltigen Produktion zu beschleunigen. Er begrüßt, dass das Programm der Vereinten Nationen für die Umwelt (PNUE) den Prozess von Marrakesch eingeleitet hat und dass ein Rahmenprogramm über zehn Jahre für Modelle des Konsums und der nachhaltigen Produktion für 2011-2021 in der Ausarbeitung ist.

13. Mit Blick auf das Vorhergehende, empfiehlt der Kongress dem Ministerkomitee des Europarates, die Mitgliedsstaaten einzuladen:

a. darauf zu achten, dass alle Ebenen der Regierung alle zur Verfügung stehenden steuerlichen und finanziellen Mittel einsetzen, um verantwortungsvolles Handeln im Bereich der Umwelt anzuregen (geringere MWST für ökologische Güter und Dienstleistungen, Anreize für ökonomische und erneuerbare Energien, abschreckende Maßnahmen, damit Fahrzeuge im Allgemeinen oder stark umweltverschmutzende Fahrzeuge weniger oft eingesetzt werden;

b. die Einrichtung und Verstärkung einer Strategie für die Etikettierung im Zusammenhang mit der Produktion der Güter und Dienstleistungen, die für die Öffentlichkeit gratis sind (Ökomanagement-System, Führer für die Öko-Etikettierung, grüne Labels für umweltfreundliche Produkte) ;

c. Gesetzesrahmen und Regelwerke zur Verringerung der Umwelteinflüsse des Verbrauchs einzuschränken:

i.        Normen für den Umweltschutz aufzuerlegen wie z.B. der Level der Luftqualität und der Wasserqualität sowie der Lärmverschmutzung und darauf zu achten, dass die Gebietskörperschaften über die notwendigen Zuständigkeiten verfügen, diese umzusetzen und sie zu evaluieren;

ii.       das Verursacherprinzip "wer verschmutzt, zahlt" anzunehmen und die Umsetzung der Vorkehrungen für Einzahlungen/Rückzahlungen und der Steuern auf die Verschmutzung anzupassen;

iii.      unter den Kriterien bei öffentlichen Ausschreibungen und allen Aspekten öffentlicher Aktionen die sozialen und umweltbeeinflussenden Auswirkungen und die Kosten des Lebenszyklus zu berücksichtigen;

iv.      Hilfen für Evaluierungsmethoden der Umweltpolitik zu fördern, um insbesondere zu verifizieren, dass die Risiken für die Umwelt während des steigenden oder fallenden Produktionsprozesses oder in einem anderen Zusammenhang neu definiert werden ;


d. insbesondere die Transportpolitik der Güter und Personen zu überprüfen, um die exzessive Inanspruchnahme der Straßen- und Lufttransporte zu verringern;

e. auf nationaler und internationaler Ebene die Forschung, die Ausarbeitung und den Austausch guter Praktiken zu fördern, um die energetische Effizienz und die eigentlichen Technologien zu verbessern.

f. die solidarischen sozialen Unternehmen zu unterstützen, die versuchen, Wirtschaftsleistung und sozialen und ökologischen Mehrwert besser miteinander zu vereinbaren;

g. die breite Öffentlichkeit auf das Konsumproblem und die Notwendigkeit eines verantwortungsbewussten Verhaltens aufmerksam zu machen und:

i. gemeinsam mit allen Betroffenen das Erlernen von Verhaltensweisen und Grundkenntnissen zu fördern und Informationsprogramme über die Bedeutung des nachhaltigen Konsums auszuarbeiten;

ii. die Jugendlichen und Kinder zu informierten Verbrauchern zu erziehen, indem die Erziehung zum nachhaltigen Konsum in die Schul- und Bildungsprogramme aufgenommen wird.

14. Der Kongress lädt die Parlamentarische Versammlung des Europarates ein, ihre Anstrengungen dahingehend einzusetzen, die nationalen Parlamente auf die Notwendigkeit aufmerksam zu machen, die entsprechende Gesetzgebung so auszuarbeiten, dass sie auf die einschneidenden Änderungen eine Antwort geben.



[1] Diskussion und Annahme durch den Ständigen Ausschuss des Kongresses am 13. März 2008, (siehe Dokument CG(14)32REC, Empfehlungsentwurf vorgelegt durch V. Kadokhov (Russische Föderation, R, SOC), Berichterstatter).