Empfehlung 77 (2000)1 betreffend die kommunale und regionale Demokratie in der Tschechischen Republik

Der Kongress,

1. Erinnert an das im November 1999 zusammen mit der Vereinigung der Städte und Gemeinden der Tschechischen Republik in Prag durchgeführte Kolloquium über die Regionalisierung in der Tschechischen Republik;

2. Hat vom 9-11. November 1999 und vom 12.-15. März 2000 eine aus den beiden Berichterstattern Cuatrecasas (Spanien) und Guégan (Frankreich), einem Fachberater und dem Sekretariat bestehende Delegation in die Tschechische Republik entsandt und hat deren Bericht zur Kenntnis genommen;

3. Begrüsst die am 7. Mai 1999 durch das tschechische Parlament erfolgte Ratifikation der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung und erwartet mit Ungeduld die tatsächliche Umsetzung der Prinzipien der Charta in der Tschechischen Republik;

4. Begrüsst die am 20. Dezember 1999 durch das tschechische Parlament erfolgte Ratifikation des Europäischen Rahmenübereinkommens über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Gebietskörperschaften oder -behörden und erwartet mit Ungeduld die tatsächliche Umsetzung von dessen Grundsätzen im Lande;

5. Hat die Entschlossenheit der tschechischen Regierung zur Kenntnis genommen, die gegenwärtig zu ihren Prioritäten gehörenden Reformen, nämlich die Gebietsreform des Landes sowie die allgemeine Reform der öffentlichen Verwaltung, so bald wie möglich durchzuführen;

6. Hat auch von den Schwierigkeiten Kenntnis genommen, unter den tschechischen Politikern einen Konsens über die konkreten Modalitäten der Verwirklichung dieser Reformen herzustellen;

7. Berücksichtigt die vorläufigen Fassungen des Gesetzentwurfs über die Kommunen und desjenigen über die Regionen der tschechischen Republik, die beide den in seinem Bericht vorgestellten Überlegungen zugrunde lagen und seither von der Abgeordnetenkammer des Parlaments angenommen worden sind;

8. Begrüsst die in den letzten Monaten eingetretene Beschleunigung des Gesetzgebungsverfahrens, das die legislative Grundlage für die im Herbst 2000 vorgesehenen ersten Regionalwahlen und die tatsächliche Einsetzung der Regionen anfangs 2001 schaffen soll;

9. Hält es für nötig, die folgenden Empfehlungen an das Parlament und die Regierung der Tschechischen Republik zu richten:

a) die bisher geleistete legislative Arbeit fortzusetzen im Blick auf die tatsächliche Einsetzung von mit echten Machtbefugnissen ausgestatteten Regionen und, über die Organisation von Regionalwahlen, die Einsetzung der für deren Funktionieren unerlässlichen Abgeordnetengremien;

b) nach den passendsten Möglichkeiten zu suchen, während des allmählichen Wegfallens der Bezirke die Rationalisierung der territorialen Delegation der Ministerien voranzutreiben;

c) die eigenen Zuständigkeiten der Gemeinden zu vermehren und dafür ihre aus den ihnen vom Staat delegierten Zuständigkeiten entstehenden Abhängigkeiten abzubauen;

d) den Gemeinden und Regionen im Rahmen eines Beamtenstatuts Vollmachten hinsichtlich ihres Personalwesens zu erteilen;

e) während der Vorbereitung und der Debatte von sie betreffenden Gesetzgebungsentwürfen die Gemeinden und Regionen systematisch zu konsultieren;

f) dafür zu sorgen, dass die Verwaltungsaufsicht über die kommunalen Akte auf einer angemessenen gesetzlichen Grundlage basiert und sich, entsprechend Artikel 8 der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung, im Rahmen der eigenen kommunalen Zuständigkeiten einzig auf die Rechtmässigkeit der Akte und nicht auf ihre Zweckmässigkeit bezieht;

g) eine Verwaltungsgerichtsbarkeit aufzubauen, um über die Ausübung des in Artikel 11 der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung vorgesehenen Rechts auf den Rechtsweg den Rechtsschutz der kommunalen Selbstverwaltung zu sichern; entsprechende Vorkehrungen bezüglich der zukünftigen Regionen vorzusehen;

h) darazf zu achten, dass die Finanzreform nicht diejenigen Gemeinden und Regionen bestraft oder demotiviert, die aktiver und dynamischer für eine Ankurbelung von einträglichen Wirtschaftstätigkeiten sorgen; einen Verteilungsschlüssel für die Steuereinnahmen einzuführen, in den neben der Einwohnerzahl auch noch andere Kriterien eingehen; geeignete Mechanismen für den horizontalen Finanzausgleich zu schaffen;

i) ihre Bemühungen um die Ausbildung von Personal für die Gebietskörperschaften zu intensivieren, da der Erfolg jeder Dezentralisation weitgehend abhängt vom Professionalismus, der Motiviertheit und der Leistungsfähigkeit der in der Gebietsverwaltung tätigen Beamten;

j) die Zusammenlegung von Gemeinden und die Zusammenarbeit zwischen Gemeinden in frei wählbaren Formen zu fördern, um deren übermässige Zersplitterung zu vermeiden und bedeutendere öffentliche Investitionen zweckmässiger einzusetzen;

k) während des derzeit laufenden Reformprozesses in Konsultation und Gedankenaustausch mit den Kongressmitgliedern und seinen Experten den Dialog mit dem Kongress fortzusetzen, um Nutzen zu ziehen aus deren Fachwissen und den Erfahrungen anderer europäischer Länder im Bereich der kommunalen und regionalen Demokratie;

l) die Möglichkeit einer Einschränkung der Breite der durch die Tschechische Republik bei der Ratifizierung der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung abgegebenen Erklärung ins Auge zu fassen;

m) nach der Einsetzung der Regionen und der Wahl ihrer Vertreter so bald wie möglich eine entsprechende Delegation für die Kammer der Regionen des Kongresses zu ernennen;

n) die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der kommunalen und regionalen Gebietskörperschaften zu fördern und die Möglichkeit zu prüfen, den Zusatzprotokollen des Europäischen Rahmenübereinkommens über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Gebietskörperschaften oder -behörden beizutreten.

1 Diskussion durch den Kongress und Annahme am 25. Mai 2000, 3. Sitzung (siehe Dok. CG (7) 4, Empfehlungsentwurf, vorgelegt durch die Herren L. Cuatrecasas und M. Guegan, Berichterstatter).