13. PLENARTAGUNG

DREIZEHNTE TAGUNG

(Straßburg, 30. Mai – 1. Juni 2006)

Empfehlung 199 (2006)1

über

die interregionale Kooperation im Schwarzmeerraum

(1) Diskussion und Zustimmung durch die Kammer der Regionen am 31. Mai 2006 und Annahme durch den Ständigen Ausschuss des Kongresses am 1. Juni 2006 (siehe Dok. CPR(13)3, Empfehlungsentwurf vorgelegt durch L. Sfirloaga (Rumänien, R, SOC), und V. Kadokhov (russische Föderation, R, SOC), Berichterstatter).


1. Seit 1989 gab es ein erneutes Interesse am Schwarzmeerraum und es wurden verschiedene Maßnahmen ergriffen für seine weitere sozioökonomische Entwicklung und Annäherung an Europa, insbesondere an die Europäische Union;

2. Die jüngste Erweiterung der Europäischen Union kurbelte in der Tat die Kooperation in der Region an, deren politisches Gewicht sich durch den kommenden Beitritt von Bulgarien und Rumänien noch verstärken wird;

3. Angesichts der geopolitischen Merkmale der Region wird der Schwarzmeerraum außerdem ein sozioökonomischer Raum werden, in dem verschiedene europäische und internationale Organisationen sich für die Förderung der regionalen Kooperation und Stabilität einsetzen werden;

4. Der Kongress befürwortet diese Ansicht und begrüßt daher die Kooperationsorgane, die seit 1989 in der Region bestehen, insbesondere die Arbeit der WZSM[1], PVWZSM[2]. Er nimmt mit Interesse die jüngste Initiative des Präsidenten Georgiens und der Ukraine zur Kenntnis zur Schaffung einer Allianz der Demokratien, die von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer reicht, die vor kurzem von den Präsidenten Georgiens und der Ukraine gefördert wurde;

5. In diesem Sinne ist ein Forum für interregionale Kooperation entstanden, das es den Anrainerregionen des Schwarzen Meeres ermöglicht, gemeinsam darüber zu entscheiden, wie der Raum am besten zu bewirtschaften ist und gleichzeitig die spezifischen Bedürfnisse erfüllt werden können. Dies ist ein wichtiger Schritt zu Frieden, Stabilität und sozioökonomischer Entwicklung in der Region;

6. Außerdem möchte der Kongress besonders auf die extrem kritische Lage der Umwelt im Schwarzmeerraum hinweisen, insbesondere aufgrund der weit verbreiteten Eutrophierung, die schädlich für die Artenvielfalt, die Feuchtgebiete und die Fischerei ist, aber auch aufgrund der Ölverschmutzung an den Küsten und dem Ablassen von Abwässern;

7. Auch hier könnte eine interregionale Kooperation zwischen den Anrainerstaaten des Schwarzen Meeres dazu beitragen, eine Lösung zu finden oder zumindest diese schwerwiegenden Probleme zu mildern;

8. Bezüglich der verschiedenen Ebenen der Kooperation ist der Kongress der Auffassung, dass die Regionen eine immer größere Rolle bei der Raumentwicklung in ihren jeweiligen Ländern und in Europa im Allgemeinen zu spielen haben. Daher ist es wichtig, dass jede Form der interregionalen Kooperation sich harmonisch in die Institutionen auf anderen Ebenen einfügt, sei es Regierungen, Parlamente oder europäische Institutionen;

9. Angesichts dieses neuen Faktors begrüßt der Kongress insbesondere die Verpflichtungen der Regierungen der Anrainerstaaten des Schwarzen Meeres, eine Plattform zur interregionalen Kooperation einzurichten, die auch für die Förderung und den Beitrag zu institutionellen Reformen, die für eine solche Kooperation nötig sind, zuständig ist;

10. Im Hinblick auf die Schaffung der Schwarzmeer-Euroregion wird es auch wichtig sein, die Unterschiede bei der Regionalisierung in den betroffenen Ländern zu berücksichtigen und den Regionalisierungsprozess in der Region zu fördern und zu unterstützen;


11. Daher begrüßt der Kongress das Ergebnis der Konferenz, die zu diesem Thema am 30. März 2006 in Constanta, Rumänien vom Ausschuss für nachhaltige Entwicklung zusammen mit dem rumänischen Vorsitz des Ministerkomitees organisiert wurde und schließt sich der Abschlusserklärung an, die am Ende der Sitzung angenommen wurde, in der die Konferenz die Initiative des Kongresses, eine Schwarzmeer-Euroregion einzurichten, voll und ganz unterstützt;

12. Die Schaffung einer solchen Schwarzmeer-Euroregion wird der multilateralen Kooperation eine institutionelle Ebene geben, die die bereits bestehende Kooperation ergänzt, insbesondere die zwischenstaatliche Kooperation der WZSM oder die interparlamentarische Kooperation der PVWZSM. Zur Vermeidung der Doppelarbeit und um nicht bereits im Schwarzmeerraum tätige Organisationen der Zusammenarbeit zu beeinträchtigen, wäre es wünschenswert, dass der Kongress und die Organisationen der wirtschaftlichen Zusammenarbeit im Schwarzmeerraum Konsultationen durchführen;

13. In Verbindung mit der interparlamentarischen Kooperation und angesichts der Bedeutung der Gesetzgebung der nationalen Parlamente in diesem Bereich freut sich der Kongress, dass die Zusammenarbeit mit der Parlamentarischen Versammlung des Europarates hierbei immer fruchtbar war, insbesondere bei den letzten Arbeiten, die zur Schaffung der Adria-Euroregion führten;

14. Angesichts des Interesses der Versammlung und seiner Arbeit über die Lage im Schwarzmeerraum begrüßt der Kongress die Tatsache, dass die Versammlung die Bereitschaft bekundet hat, bei der Schaffung der Schwarzmeer-Euroregion zu helfen;

15. Angesichts des Vorangegangenen empfiehlt der Kongress dem Ministerkomitee des Europarates:

a  die Schaffung der Schwarzmeer-Euroregion zu unterstützen;

b. die Mitgliedstaaten und insbesondere die betroffenen Staaten aufzufordern, den Regionalisierungsprozess in ihren jeweiligen Ländern anzuregen, damit die künftige Euroregion ihre Rolle voll und ganz übernehmen kann.


ANHANG

Konferenz über die interregionale Kooperation

im Schwarzmeerraum

Constanta (Rumänien) – 30. März 2006

Abschlusserklärung

Die Vertreter internationaler Organisationen, nationaler, regionaler und kommunaler Behörden sowie der Zivilgesellschaft, die in Constanta (Rumänien) am 30. März 2006 bei der Konferenz über interregionale Kooperation im Schwarzmeerraum zusammenkamen:

1.         bedanken sich bei den rumänischen Behörden für die Gastfreundschaft und loben das Engagement Rumäniens für die Probleme des Schwarzmeeres, die sie im Europarat sowie in der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit im Schwarzmeerraum (WZSM) vertreten, in denen sie in beiden derzeit den Vorsitz haben;

2.         danken dem Kongress der Gemeinden und Regionen des Europarates für die besondere Aufmerksamkeit, die er den Problemen von Meeren wie der Adria, Ostsee und dem Mittelmeer schenkt;

3.         nehmen mit Befriedigung die Schaffung der Adria-Euroregion in Venedig am 6. Februar 2006 zur Kenntnis;

4.         verweisen auf die gestiegene geopolitische Bedeutung des Schwarzmeerraums aufgrund der anstehenden und künftigen Erweiterung der Europäischen Union auf einige seiner Anrainerstaaten;

5.         nehmen die verschiedenen Initiativen im Schwarzmeerraum zur Kenntnis und begrüßen die laufende Kooperation auf verschiedenen Ebenen: zwischenstaatliche über die WZSM, inter-parlamentarische in der Parlamentarischen Versammlung der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit im Schwarzmeerraum (PVWZSM), kommunale über die Vereinigung der Hauptstädte des Schwarzen Meeres, Kooperation zwischen den Universitäten im Netz der Schwarzmeer-Universität, etc;

6.         sind überzeugt, dass Dialog und Kooperation auf allen institutionellen Ebenen ein Schlüssel zur Verbesserung der Aussichten des Schwarzmeeres sind und loben die ausgezeichnete Arbeit und den qualitativ hochwertigen Dialog, der fruchtbare Synergien zugunsten der nachhaltigen Entwicklung des Schwarzmeerraums schafft;

7.         begrüßen das bereits gezeigte Interesse des Europarates an den Fragen des Schwarzmeeres, insbesondere in den Konferenzen der Parlamentarischen Versammlung und des Kongresses der Gemeinden und Regionen des Europarates;

8.         verweisen auf die bereits erkannte politische Bedeutung der Kooperation zwischen den Gemeinden und Regionen und stimmen zu, dass engere Verbindungen, unter Achtung des institutionellen und legislativen Rahmens der beteiligten Staaten, einen wesentlichen Beitrag zur Sicherung von Frieden, Stabilität und nachhaltiger Entwicklung im Schwarzmeerraum leisten können;


9.         erkennen den wichtigen Beitrag des Europarates und insbesondere des Kongresses der Gemeinden und Regionen des Europarates und der Europäischen Rahmenkonvention für grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Gebietskörperschaften (Madrid 1980) bei der Stärkung der regionalen Kooperation in Europa an und bekräftigen die bestehende Verbindung zwischen der transnationalen regionalen Kooperation, der demokratischen Stabilität und der nachhaltigen Entwicklung der betroffenen Regionen;

10.       weisen darauf hin, dass die natürlichen oder traditionellen Grenzen nicht den Austausch, die Verbindungen und den Dialog zwischen den Völkern und der Zivilisationen im Schwarzmeerraum verhindern dürfen, die das friedliche Zusammenleben in multiethnischen Gesellschaften und den Wert des Multikulturalismus stärken sollen;

11.       würdigen den Beitrag der interregionalen Kooperation zur Verbesserung der Lebensqualität der Bewohner des Schwarzmeerraumes, für den sozialen Zusammenhalt und ein besseres Verständnis der Völker in den Grenzregionen des Schwarzmeerraumes;

12.       sind daher der Auffassung, dass die legitimen Gemeinden und Regionen in diesem Raum, obwohl unterschiedlich in ihren Privilegien und ihrer institutionellen Organisation, jedoch in der Achtung der Werte der Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte geeint und in der Lage sind, einen greifbaren und wertvollen Beitrag zur europäischen Integration mit Hilfe der grenzüberschreitenden, transnationalen und interregionalen Kooperation zu leisten. Die Nutzung der europäischen Erfahrungen bei der Gemeindeverwaltung ist für den Aufbau eines Europas, das sich auf die Prinzipien der Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte gründet, von großer Bedeutung;

13.       sind, unter Berücksichtigung der Tatsache, dass alle Schwarzmeeranrainerstaaten Mitglieder des Europarates sind, der Auffassung, dass der Europarat eine verstärkte Kooperation bei den Gemeinden und Regionen im Schwarzmeerraum fördern und so wesentlich zu dem gemeinsamen Ziel, ein Europa ohne Trennlinien aufzubauen, beitragen sollte;

14.       fordern die Küstenstaaten des Schwarzen Meeres auf, ständig und effektiv die grenzüberschreitende, transnationale und interregionale Kooperation zwischen ihren Gemeinden und Regionen zu unterstützen, um günstige Bedingungen für die Konsolidierung der demokratischen Praxis, Good Governance auf kommunaler Ebene und der nachhaltigen Entwicklung in der Region zu schaffen;

15.       heben jedoch hervor, dass, angesichts der Umweltprobleme, Maßnahmen gegen die Probleme der Schwarzmeerregion nicht nur allein auf die Anrainerstaaten beschränkt sein dürfen, sondern auf einen weiteren geographischen Raum ausgedehnt werden müssen, einschließlich des Donaubeckens und der Länder des Südkaukasus;

16.       erachten es als wichtig, dass dieser Dialog durch konkrete und laufende Verpflichtungen unterstützt wird, die in der Praxis der Gemeinden und Regionen oder nationalen Strukturen mit ähnlichen Verantwortlichkeiten fest verankert sind;

Die Teilnehmer fordern:

17.       den Kongress der Gemeinden und Regionen des Europarates auf, sein Engagement für den Schwarzmeerraum fortzusetzen und zur Schaffung einer Euroregion bis Ende 2007 ähnlich der der Adria-Euroregion beizutragen, die den Anrainerstaaten des Schwarzen Meeres ein Instrument für einen effektiven Dialog und zur Kooperation zwischen den Gemeinden und Regionen gibt, sowie konzertierte und integrierte Ansätze für die Probleme der Region bringt;

18.       das Ministerkomitee des Europarates auf, diese Initiativen zu unterstützen und unter anderem die Kooperation zwischen dem Kongress und den nationalen Behörden hierbei zu erleichtern;

19.       folgende Ziele bei der Erstellung des Projektes für die Schwarzmeer-Euroregion zu berücksichtigen:

-        Förderung der Kooperation zwischen den Schwarzmeerländern auf kommunaler und regionaler Ebene,

-        Festigung der demokratischen Stabilität und Förderung von Good Governance,

-        Beitrag zur Förderung der nachhaltigen Entwicklung, einschließlich eines besseren sozialen und wirtschaftlichen Zusammenhaltes,

-        Verbesserung der gegenseitigen Beziehungen zwischen den Anwohnern und den Institutionen in diesem Raum als Vorbedingung für die Verbesserung des Wissens, des Verständnisses und der Kooperation;

-        bessere Verwendung der regionalen Ressourcen zur Stärkung der Managementfähigkeiten der Gemeinden;

-        Förderung eines effektiven Erfahrungsaustausches bei der Suche nach Finanzmitteln für gemeinsame Projekte der Gemeinden und Regionen, einschließlich der Hilfsprogramme der EU;

-        Förderung der Ausübung des Bürgerrechts, sich an der staatlichen Verwaltung auf kommunaler Ebene zu beteiligen;

20. die teilnehmenden internationalen Organisationen und die nationalen, regionalen und kommunalen Behörden auf, sich in den kommenden Monaten darauf zu konzentrieren, die Verhandlungen zu folgenden Themen abzuschließen:

§  Übereinkommen, das den Status der Schwarzmeer-Euroregion festlegt und

§  Einrichtung eines kleinen Sekretariats mit einem technischen Mandat, das den Gedankenaustausch erleichtern und die notwendigen Unterlagen vorbereiten soll. Hierbei geht der Dank an die rumänischen Behörden und das Angebot Rumäniens zur Unterstützung der Einrichtung eines ständigen Sekretariates der künftigen Schwarzmeer-Euroregion wird zur Kenntnis genommen.

Zur Erinnerung, die betroffenen Länder sind:

1.         Bulgarien, Georgien, Moldawien, Rumänien, Russland (als Beobachter), Türkei, Ukraine sowie            Armenien, Aserbaidschan und Griechenland

3.         Zu einem späteren Zeitpunkt: andere interessierte Staaten



[1] Wirtschaftliche Zusammenarbeit im Schwarzmeerraum

[2] Parlamentarische Versammlung der Wirtschaftlichen Zusammenarbeit im Schwarzmeerraum