Entschliessung 79 (1999)1 betreffend die Integrität der kommunalen und regionalen Volksvertreter

Der Kongress der Gemeinden und Regionen Europas,

Kenntnis genommen habend von dem durch Herrn Viorel COIFAN (Rumänien) an der gegenwärtigen Tagung vorgelegten Bericht;

Bezugnehmend auf das vom Kongress der Arbeitsgruppe über die politische Integrität der kommunalen und regionalen Volksvertreter übertragene Mandat;

Erinnernd an den Abschnitt III,2 "Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität" aus dem anlässlich des II.Gipfels der Staats- und Regierungschefs der 40 Mitgliedstaaten des Europarats angenommenen Aktionsplan und hier insbesondere an den Unterabschnitt 2, worin die rasche Fertigstellung internationaler Rechtsinstrumente entsprechend dem Aktionsprogramm des Europarats gegen die Korruption gefordert wird;

Daran erinnernd, dass das im November 1996 durch das Ministerkomitee angenommene Aktionsprogramm des Europarats der Ausarbeitung von Verhaltenskodizes für die Volksvertreter im Rahmen des Kampfes gegen die Korruption hohe Priorität einräumt;

Die in den übrigen Sektoren des Europarats, in der Europäischen Union, in der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie in der Organisation der Vereinten Nationen zur Bekämpfung der Korruption und zur Förderung ethischer Werte mittels Verhaltenskodizes geleisteten Arbeiten berücksichtigend;

Berücksichtigend vor allem auch die Arbeiten der Multidisziplinären Gruppe über Korruption an dem Strafrechtsübereinkommen über Korruption, das in der Januartagung 1999 der Parlamentarischen Versammlung des Europarats zur Unterzeichnung aufgelegt wurde;

Berücksichtigend auch die Schlussfolgerungen der Dritten europäischen Konferenz der auf den Kampf gegen Korruption spezialisierten Dienste (Madrid, 28.-30. Oktober 1998) betreffend illegale Finanzierung von Parteien und unstatthafte Beeinflussung, worin die Notwendigkeit betont wird, auf gesamteuropäischer Ebene Verhaltenskodizes für Volksvertreter zu fördern;

1. Begrüsst den Umfang der durch den Europarat und andere internationale Organisationen geleisteten Arbeit im Kampf gegen das Übel Korruption;

2. Beklagt die Zahl der Skandale, in welche kommunale und regionale Volksvertreter verwickelt sind;

3. Bekräftigt nachdrücklich, dass jeder kommunale und regionale Volksvertreter mit dem Willen, die Bedingungen des ihm durch seine Wähler anvertrauten Mandats zu respektieren, die Pflicht hat, sich die ethischen Werte zu eigen zu machen, die ihn bei der Ausübung seines Amtes leiten sollen;

4. Stimmt voll überein mit den in der Entschliessung (97) 24 figurierenden, durch das Ministerkomitee des Europarats angenommenen Grundsätzen, enthaltend zwanzig Leitprinzipien für die Bekämpfung der Korruption, und unterstreicht die Wichtigkeit von Abschnitt 15 dieser Entschliessung, worin empfohlen wird, dass die Volksvertreter Verhaltenskodizes sowie Regeln für die Finanzierung von politischen Parteien und Wahlkampagnen annehmen;

5. Unterstreicht die Bedeutung der Arbeiten der OECD zur Förderung ethischer Werte im öffentlichen Dienst und zur Schaffung einer Ethik-Infrastruktur. Drückt sein Einverständnis aus hinsichtlich der Notwendigkeit, dass sämtliche Volksvertreter ihre volle Bereitschaft zur Förderung ethischer Werte unter Beweis stellen, indem sie die in den Verhaltenskodizes niedergelegten Werte übernehmen;

6. Ruft die Bedeutung der vom Rat der OECD am 23. April 1998 übernommenen zwölf ethischen Prinzipien in Erinnerung, die zu ethisch richtigem Verhalten im öffentlichen Dienst auffordern;

7. Ist, unbeschadet der Notwendigkeit einer strafrechtlichen Bekämpfung der Korruption, der Überzeugung, dass auf gesamteuropäischer Ebene die Förderung von sämtlichen kommunalen und regionalen Volksvertretern des erweiterten Europa gemeinsamen ethischen Mindestnormen notwendig ist im Bestreben, das Korruptionsrisiko herabzusetzen und das Vertrauen der Bürger in die Kommunal- und Regionalpolitiker insgesamt zu stärken;

8. Stellt fest, dass manche Mitgliedstaaten des Europarats die Förderung ethisch richtigen Verhaltens bei der Führung der Gemeindegeschäfte bereits aufgenommen und sie zu einer vorrangigen Aufgabe im Rahmen der Sanierung des öffentlichen Lebens gemacht haben;

9. Beobachtet andererseits, dass in einer Reihe von Staaten keinerlei gesetzgeberische und/oder ethische Bestimmungen vorgesehen sind, um kommunale und regionale Volksvertreter über das bei der täglichen Führung ihrer Amtsgeschäfte zu befolgende Verhalten zu informieren;

10. Ruft daher alle Länder auf, die Förderung von Verhaltenskodizes für ihre kommunalen und regionalen Volksvertreter an die Hand zu nehmen und sich dabei an den in dem im Anhang zu der Empfehlung CG (6) 8 figurierenden Entwurf eines europäischen Verhaltenskodex für die Integrität kommunaler und regionaler Volksvertreter (nachstehend "Verhaltenskodex") enthaltenen Grundsätzen zu orientieren;

11. Stimmt dem Entwurf eines Verhaltenskodex und dem erläuternden Bericht zu diesem Kodex so, wie diese in den Anhängen I und II zum Bericht CG (6) 8 figurieren, zu;

12. Fordert die nationalen Verbände kommunaler und regionaler Volksvertreter auf, in Anlehnung an den Kodex zusammen mit ihren Regierungen ähnliche Verhaltenskodizes auszuarbeiten oder den vom Kongress vorgeschlagenen Kodex zu übernehmen;

13. Ruft in diesem Zusammenhang die nationalen Verbände kommunaler und regionaler Volksvertreter der Mitgliedstaaten auf, mit der Überwachung der Anwendung des Kodex beauftragte Stellen zu schaffen, die bei ihrer Anrufung über die Konformität des Verhaltens eines Volksvertreters mit den in dem Kodex festgelegten Normen entscheiden. Dort, wo es kommunale Vermittler/Ombudsmänner gibt, könnte diesen die Befugnis zur Durchführung entsprechender Untersuchungen und zur Erteilung von Empfehlungen an die betreffenden Stellen der nationalen Verbände erteilt werden.

14. Im Sinne der Förderung einer gesamteuropäischen Verbreitung der massgeblichen ethischen Werte wird vorgeschlagen, dass der im Rahmen der Revision der Charta des KGRE neu vorgesehene Ausschuss des Kongresses für institutionelle Belange die Fragen betreffend die politische Integrität der kommunalen und regionalen Volksvertreter weiterverfolgt.

1 Diskussion und Annahme durch den Kongress am 17. Juni 1999, 3. Sitzung (siehe Dok. CG(6) 8, Entschliessungsentwurf, vorgelegt durch Herrn V. Coifan, Berichterstatter)