17. PLENARTAGUNG
Straßburg, 13. – 15. Oktober 2009

Die globale Herausforderung des Klimawandels: Gegenmaßnahmen auf örtlicher Ebene

Empfehlung 271 (2009)[1]

1. Die Erderwärmung stellt eine der hauptsächlichsten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts dar. Der unleugbare Klimawandel und das wachsende Ausmaß seiner Folgen erfordern dringendes und weltweites Handeln aller politisch Verantwortlichen sowie entsprechende Anstrengungen des einzelnen Bürgers, der sein Verhalten und seine Lebensweise umstellen muss. 

2. Der Kongress der Gemeinden und Regionen des Europarats bekräftigt sein dauerhaftes Engagement zugunsten nachhaltiger Entwicklung und betont aufs Neue die im Rahmen seiner jüngsten Arbeiten zum Klimawandel[2] zum Ausdruck gebrachten Ansichten und insbesondere seine Überzeugung, dass die Gebietskörperschaften in erster Linie zum Kampf gegen den Klimawandel berufen sind, um sowohl seine Folgen abzuschwächen als auch ihr Gebiet entsprechend anzupassen, und dass ihnen entscheidende Rolle zukommt, wenn es um wirksamen Energieverbrauch geht. 

3. Der Kongress fürchtet, dass die gegenwärtige Finanz- und Wirtschaftskrise als Vorwand zur weiteren Verringung der Mittel für ehrgeizige Maßnahmen gegen die Erderwärmung herhalten muss. Er ist im Gegenteil der Meinung, dass diese Krise den Staaten die Chance bietet, sich wieder stärker in grüner Politik zu engagieren und entsprechende Investitionen vorzunehmen, was auch neue Arbeitsplätze schaffen würde.

4. Schon jetzt lässt sich sagen, dass die Stabilisierung des Klimas sich schwieriger als vorausgesehen gestalten wird. Es kommt mithin in den nächsten zehn Jahren entscheidend auf integrierte Initiativen zur Verminderung des Ausstoßes von Treibhausgasen und zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels an. Jede Verzögerung im Kampf gegen den Klimawandel wird später noch viel drastischere Maßnahmen erfordern, um die Tendenz umzukehren.

5. Der Kongress ist überzeugt, dass es möglich ist, der Herausforderung des Klimawandels zu begegnen, und dass dies notwendigerweise koordinierte Klima- und Energiepolitik sowie eine Abstimmung der entsprechenden Politik zwischen den verschiedenen Verwaltungsebenen erfordert. Er betont erneut, dass es dabei entscheidend auf die kommunale und regionale Ebene ankommt, wenn es gilt, innovative Maßnahmen zu ergreifen und die Bevölkerung zu einer Änderung ihrer Verwaltensweisen zu bringen.

6. Außerdem wirken sich die Folgen des Klimawandels unmittelbar auf das menschliche Leben aus und beeinträchtigen somit eine Anzahl von Grundrechten (Recht auf Leben und angemessene Lebensbedingungen, Recht auf Sicherheit, auf Nahrung und Unterkunft, Recht auf Gesundheit, auf Wasser usw.). Wenn sich auch die Diskussion in der ersten Zeit auf die physischen und natürlichen Auswirkungen des Klimawandels konzentriert hat, so ist es jetzt doch an der Zeit, auch die Folgen für die menschliche Gesellschaft abzuschätzen.

7. Der Kongress ist der Ansicht, dass das Ziel nachhaltiger Entwicklung mittlerweile auch einen demokratischen Aspekt aufweist und die wechselseitige Abhängigkeit von Menschenrechten und nachhaltiger Entwicklung Realität geworden ist. Daher würde die Einbeziehung der Menschenrechte in ein Abkommen zur Bekämpfung des Klimawandels auch dauerhaftere Antworten auf diese globale Herausforderung ermöglichen.

8. Der Kongress glaubt, dass die Klimapolitik in hervorragender Weise die Notwendigkeit, « global zu denken und vor Ort zu handeln » illustriert, weshalb er die Vertragsparteien des Übereinkommens zum Klimawandel der Vereinten Nationen dazu aufruft, die Gebietskörperschaften an den diesbezüglichen diplomatischen Verhandlungen voll zu beteiligen.

9. Der Kongress begrüßt die Bemühungen der Europäischen Union und einiger europäischer Staaten in Sachen Klima und insbesondere die EU-Initiativen zur Anerkennung der Rolle der Gebietskörperschaften und ihrer Mobilisierung nach Art des « Pakts der Bürgermeister/innen », der Gemeinden zusammenbringt, die sich um nennenswerte und bezifferbare Verringerung des CO2-Ausstoßes und um wirksame Energienutzung auf ihrem Gebiet bemühen.

10. Die Konferenz der Vertragsparteien des Rahmenübereinkommens zum Klimawandel der Vereinten Nationen (COP 15), die im Dezember 2009 in Kopenhagen stattfinden wird, sollte zu einem neuen ehrgeizigen internationalen Abkommen zum Klimawandel führen, das nach 2012 das Kyoto-Protokoll ablöst. Es bleibt zu hoffen, dass die ärgsten Umweltverschmutzer von jetzt an mit gutem Beispiel vorangehen werden.

11. Infolgedessen bittet der Kongress das Ministerkomitee :

a. aufgrund des Beobachterstatus beim Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen zum Klimawandel auf hochrangiger Ebene an der Klima-Konferenz der Vereinten Nationen (COP 15), die im Dezember 2009 in Kopenhagen stattfinden wird, teilzunehmen und dabei einen ehrgeizigen Beitrag zu den Auswirkungen des Klimawandels auf die Menschenrechte sowie zur erforderlichen Einbeziehung der Gebietskörperschaften in die diplomatischen Klima-Verhandlungen und bei der nationalen Verwirklichung der Ziele eines neuen internationalen Abkommens zu leisten. 

b. im Rahmen der zwischenstaatlichen Arbeiten des Europarats die Folgen des Klimawandels zu berücksichtigen, vor allem, wenn es um Fragen der Bevölkerungsbewegungen, des sozialen Zusammenhalts, der Bürgerrechte, des Gesundheitswesens und der Umwelt geht, und die Lenkungsausschüsse aufzufordern zu prüfen, wie sich das Problem des Klimawandels in ihr jeweiliges Arbeitsprogramm einbauen lässt.

12. Der Kongress fordert das Ministerkomitee des Europarats auf, die Mitglieds- und Beobachterstaaten zu ersuchen :

a. die tragende Rolle der Gebietskörperschaften bei allen Bemühungen im Kampf gegen den Klimawandel anzuerkennen, sei es, um die Folgen des Klimawandels abzuschwächen oder um das jeweilige Gebiet dem Klimawandel anzupassen;

b. den Gebietskörperschaften zu gestatten, an den Verhandlungen über ein neues Klimaabkommen unmittelbar teilzunehmen und zwar insbesondere durch Aufnahme ihrer Vertreter in die jeweiligen nationalen Delegationen und die Möglichkeit, sich als wesentliche Partner bei den vorzusehenden Maßnahmen während der Konferenz der Vertragsparteien zum Klimawandel zu Wort zu melden. 

13. Ferner bittet der Kongress das Ministerkomitee, die Europäische Union aufzufordern, beim Kampf gegen den Klimawandel stärker als bisher die Bemühungen der Gebietskörperschaften zur Abschwächung der Auswirkungen des Klimawandels und zur Anpassung ihres Gebiets an die veränderten Bedingungen anzuerkennen, indem sie ihnen leichteren Zugang zu verfügbaren Finanzmitteln verschafft und ihre Vernetzung zum Zwecke der Zusammenarbeit und des Erfahrungsaustausches fördert.

14. Der Kongress fordert die Parlamentarische Versammlung des Europarats auf, sich für die Berücksichtigung der Rolle der Gebietskörperschaften bei den diplomatischen Verhandlungen zum Klimawandel einzusetzen und sich weiterhin darum zu bemühen, dass sich auch die nationalen Parlamente in diesem Sinn einsetzen. Der Kongress unterstützt den Vorschlag der Versammlung, ein Zusatzprotokoll zur Europäischen Menschenrechtskonvention abzufassen, welches das Recht auf gesunder Umwelt anerkennt, und erbietet sich, aktiv zu den entsprechenden Arbeiten beizutragen.

15. Der Kongress fordert den Menschenrechtskommissar des Europarats auf, bei seiner Arbeit zum Schutz der Menschenrechte auch die Umweltproblematik einzubeziehen.



[1] Diskussion und Annahme durch den Kongress am 14. Oktober 2009, 2. Sitzung (siehe Dokument CG(17)8, Begründungstext, Berichterstatter : J.J. Nygaard, Dänemark (L, NR)).

[2]Entschließung 236 (2007) Angesichts des Klimawandels : die Maßnahmen der Gebietskörperschaften

Entschließung 248 (2008) Klimawandel : Stärkung der Anpassungsfähigkeit der Gemeinden und Regionen

Entschließung 262 (2008) Öffentliche Maßnahmen auf Gebietsebene : für eine neue Energiekultur